Der versteckt liegende Flachdachbungalow der Familie auf dem Bonner Heiderhof mit seinen klaren Linien, Madonnen, Stichen, dem Garten und der Musik war Thomas de Maizières politische Wiege. Das Wohnzimmer mit schmalen Deckenfenstern und den Treppenstufen hatte die Anmutung einer lichten Höhle. Von dort fuhr der Sohn hinunter zum Aloisius-Kolleg der Jesuiten in Godesberg gleich hinter dem Redoutenpark. Es war ein Schulweg von einer preußisch zu einer mediterran anmutenden Vegetation, vom intellektuellen Militär zum intellektuellen Katholizismus. Der junge Thomas fuhr ihn täglich hin und zurück.
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Auf dem Umsturz-Parteitag der Ost-CDU Mitte November 1989, der Lothar de Maizière zum neuen Parteichef berief, konnte man Thomas de Maizière in Aktion erleben; „Strippenzieher“ wird so etwas weniger höflich genannt. Das innere Leuchten, seine leise, zielgerichtete Art verriet damals schon einiges darüber, dass er nicht nur klassische Musik liebt, sondern auch die Macht. Er galt und gilt Chefs als vorbildlicher Mitarbeiter, als exzellenter Erster Geiger im Orchester. Das liegt einer Hugenottenfamilie im Blut. Aber im damaligen Referatsleiter der Berliner Staatskanzlei schimmerte eine größere Ambition durch.
Er hat, sagt seine Frau, nie wieder so viel gearbeitet wie in den ersten Jahren nach dem Mauerfall. In der neuen Landesregierung in Schwerin bis 1998, dann in Sachsen bis 2005 hat Thomas de Maizière das föderale Staatswesen Bundesrepublik mit aufgebaut. Er hat zugleich ein weiteres Mal mitgeholfen, in Deutschland eine aufgeklärte Mitte zu finden. Ohne Blessuren ging das nicht ab. Unnahbar wirkt er manchmal; der schelmische intellektuelle Humor seiner grauen Brillenaugen erschließt sich nicht jedem. In der musischen Familie de Maizière ist es nicht Tradition, kämpferisch oder schulterklopfend aufzutreten. Das sorgt für Irritationen.