Bielefeld.
Ein Mann, der mit seiner Bewerbung für den Justizvollzugsdienst in einem Gefängnis abgeblitzt ist, will 7.500 Euro Entschädigung vom Land Nordrhein-Westfalen. Er klagt vor dem Bielefelder Arbeitsgericht. Der Fall wurde am Mittwoch verhandelt. Er ist pikant. Denn der Kläger hat in einem Bewerbungsgespräch verschwiegen, dass zwei seiner Brüder Kapitalverbrechen begangen haben.
Einer der beiden Brüder tötete eine Frau in Melle, der andere brachte seine Vermieterin in Bielefeld um. Beide Täter wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Der dritte Bruder, Dogan M. (Name geändert), will angeblich ein ganz anderes Leben führen und auf die Verbrecher in hoheitlicher Funktion aufpassen. Im vergangenen Jahr bewarb sich Dogan M., ein Deutscher türkischer Herkunft, für den allgemeinen Vollzugsdienst in einem Bielefelder Gefängnis – ausgerechnet dort, wo einer seiner Brüder eine lange Haftstrafe verbüßte.
In dem Bewerbungsverfahren, das zwei Tage lang dauerte, wurden zahlreiche Tests absolviert und Gespräche geführt, um die Tauglichkeit der Bewerber für den verantwortungsvollen Job zu erkunden. Wer Justizbeamter werden will, muss von untadeligem Charakter sein. Ein Sicherheitsrisiko ist möglichst auszuschließen.
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Dogan M. wurde auch von einer Psychologin untersucht. Dieser fiel auf, dass der Kandidat über die Gewaltverbrechen seiner Brüder kein einziges Wort verlor und zudem seine Motivation für eine Arbeit als Vollzugsbediensteter kaum erklären konnte. Ein Gremium entschied daraufhin, dass Dogan M. für die Arbeit im Gefängnis nicht geeignet sei – die Gründe dafür lägen in seiner Persönlichkeit.
Der gescheiterte Kandidat argumentiert nun, dass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz vorliege und er wegen seiner beiden Brüder in Sippenhaft genommen werde. Außerdem, so sein Anwalt vor Gericht, dürfe das Gutachten der Psychologin nicht in der Akte seines Mandanten bleiben. "Mir wurde die Chance genommen, einen besonderen Beruf zu erlernen", sagte Dogan M. vor Gericht.
Eine Rechtsvertreterin des Gefängnisses betonte, der Kandidat sei "nicht wegen seiner beiden Brüder" sondern wegen "mangelnder Offenheit" in dem Bewerbungsgespräch abgelehnt worden. Er könne sich "jederzeit in einem anderen Gefängnis bewerben". Das Bielefelder Arbeitsgericht hat noch kein Urteil gesprochen, sondern einen Verkündungstermin anberaumt.