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Thema: Fukushima-Reaktorkatastrophe / Sammelstrang

  1. #1151
    Mitglied Benutzerbild von Dr Mittendrin
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von SAMURAI Beitrag anzeigen
    Auf einmal bringst DU PI wenn es Dir in den Kram passt.

    12 Euro pro Haushalt und Monat. Quellen habe ich schon längst geliefert.

    Warum jabbeltst DU nicht gegen die Benzinpreise, Heizöl, Gas - das sind die Monopolisten die DU anscheinend nicht siehst. DU siehst nur die EEG.
    Stört mich genauso.

    Aber der Hauptschuldige ist der Staat und in zweiter Linie der Monopolist.

    Der Staat hat 92 cent pro Liter nicht der Monopolist.

    Nur Idioten wie du haben das falsche Feindbild.

    Auf einem gerechten Markt würden so viele Windräder, Solarmodule stehen, wie Leute für Ökostrom löhnen wollen.

    Wie bei Hühnereiern.

    Angebot und Nachfrage.
    Geändert von Dr Mittendrin (03.04.2012 um 16:30 Uhr)
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  2. #1152
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von Dr Mittendrin Beitrag anzeigen
    Stört mich genauso.

    Aber der Hauptschuldige ist der Saat und in zweiter Linie derr Monopolist.

    Der Staat hat 92 cent pro Liter nicht der Monopolist.

    Nur Idioten wie du haben das falsche Feindbild.

    Auf einem gerechten Markt würden so viele Windräder, Solarmodule stehen, wie Leute für Ökostrom löhnen wollen.

    Wie bei Hühnereiern.

    Angebot und Nachfrage.
    Fällt also auf die gleichen Füsse ?

    Was hast DU gegen den Benzinpreise gemacht ?

    ÖKO-Strom ist Anschubfinanzierung, genau wie beim Atomstrom. Das war auch eine politiusche Entscheidung. Kein Bürger wurde gefragt: Wollt ihr Atom-Strom.

  3. #1153
    Mitglied Benutzerbild von Dr Mittendrin
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von SAMURAI Beitrag anzeigen
    Fällt also auf die gleichen Füsse ?

    Was hast DU gegen den Benzinpreise gemacht ?

    ÖKO-Strom ist Anschubfinanzierung, genau wie beim Atomstrom. Das war auch eine politiusche Entscheidung. Kein Bürger wurde gefragt: Wollt ihr Atom-Strom.

    Ich hab wegen Bezinpreis contra rotgrüngewählt.

    Du zahlst in 20 Jahren noch Anschub.
    Ein grösserees Netz wird in hundert jahren mehr kosten und alles was zusätzlich nötig ist.

    Man merkt nur Dumme wie du können so argumentieren.


    Wetten ein AKW hält länger als ein Solarmodul und ein Wechselrichter.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  4. #1154
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von Dr Mittendrin Beitrag anzeigen
    Ich hab wegen Bezinpreis contra rotgrüngewählt.

    Du zahlst in 20 Jahren noch Anschub.
    Ein grösserees Netz wird in hundert jahren mehr kosten und alles was zusätzlich nötig ist.

    Man merkt nur Dumme wie du können so argumentieren.


    Wetten ein AKW hält länger als ein Solarmodul und ein Wechselrichter.
    Nur Dumme sind noch pro AKW. Die glauben, die Welt steht still.

  5. #1155
    Mag keine Schleimer :( Benutzerbild von Hoamat
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Du spinnst. Energie ist ein Grundbedürfnis, und die Energieversorgung stellt der Markt problemlos und zu vernünftigen Preisen zur Verfügung, solange er nicht von regulierungswütigen Spinnern daran gehindert wird.

    Woher soll ein Kummerl (Kommunist) wissen, was der freie Markt ist

    Wir bezahlen in Ö nur die Hälfte von dem für Strom, als Ihr in D bezahlt. Aber Wir hatten ja auch nie Rot-Grün, sondern Schwarz-Blau + EU-Sanktionen

  6. #1156
    Mitglied Benutzerbild von Dr Mittendrin
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von SAMURAI Beitrag anzeigen
    Nur Dumme sind noch pro AKW. Die glauben, die Welt steht still.


    Du kapierst nur nicht dass jede Technik effizienter wird.
    Wir führen eine uneffiziente und teure ein.
    Sie gleicht den früheren Windmühlen.


    Hier die modernsten Atomkraftwerke.


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    Die wahre Energiewende

    Diese Wundermaschine ist keine Utopie. Sie wurde bereits gebaut und war als Versuchsanlage am Oak Ridge National Laboratory in den USA von 1965 bis 1969 in Betrieb. In dieser Zeit wurde nicht nur ihre grundsätzliche Funktionsfähigkeit evaluiert, sondern auch die erforderlichen Materialien für Ventile, Pumpen und Rohrleitungen und die chemische Verfahrenstechnik für die kontinuierliche Abtrennung von Uran und Spaltprodukten aus den flüssigen Salzen entwickelt. Die damals aufgebaute technische Kompetenz ist gut dokumentiert auch heute noch verfügbar. Man könnte mit dem Bau eines Thorium-Flüssigsalzreaktors jederzeit beginnen. Tatsächlich hat man schon begonnen. Im Januar 2011 gab die chinesische Akademie der Wissenschaften bekannt, binnen 5 Jahren einen Demonstrationsreaktor dieses Typs errichten zu wollen. Dies sei das erste von vier Projekten zur Erringung einer „strategischen Führerschaft in Wissenschaft und Technologie“. Auch in Indien finden aufgrund seiner erheblichen Thorium-Vorkommen solche Entwicklungen statt. Geprägt durch amerikanische Wissenschaftler haben sich längst globale Netzwerke etabliert, durch welche die Thorium-Technologie promotet wird. Nicht nur angelsächsische Medien, auch amerikanische und britische Politiker aller Richtungen haben die Relevanz der Thematik erkannt und sich unterstützend geäußert. Firmen wie Google sponsern Konferenzen und Finanziers wie Bill Gates bekennen sich zu innovativer Nukleartechnologie.

    Deutsche Namen, gleich ob aus Wirtschaft, Politik oder Wissenschaft, findet man in diesen Netzwerken nur selten. Deutsche Medien ignorieren das Thema fast vollständig, Deutschland ist das Tal der Ahnungslosen in einer Welt im Aufbruch. Der Thorium-Flüssigsalzreaktor ist in Wahrheit nur eines von sechs fortgeschrittenen, völlig neuen Reaktorkonzepten, die im Rahmen eines internationalen Forschungsverbundes, des „Generation IV International Forums“, entwickelt werden. Von den führenden Industrienationen fehlt in diesem Projekt nur eine, Deutschland.

    Es ist ziemlich offensichtlich: Die Entscheidung der Amerikaner in den 1960er Jahren, von allen zur Verfügung stehenden Konzepten nur die Leichtwasserreaktoren auf Basis des Uran-Plutonium-Brennstoffkreislaufes weiterzuentwickeln und mit dieser Technologie die Welt zu versorgen, hatte einen Innovationsstau in der Kerntechnik zur Folge. Und unter geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen können sich spezifische Eigenschaften technischer Systeme (etwa die Erzeugung von Plutonium und die Möglichkeit zur Skalierung auch für mobile Applikationen) von Vorteilen in Nachteile verwandeln. In Deutschland aber scheinen Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft, ja im Prinzip eine ganze Gesellschaft mit wenigen Ausnahmen der irrigen Vorstellung anheimgefallen zu sein, solche Nachteile würden das Wesen der friedlichen Nutzung der Kernenergie ausmachen, wären prinzipieller und unvermeidbarer Natur. In Wahrheit ist das Wesen der Kernenergie nur dieses: Masse und Energie sind einander äquivalent. Und daraus kann man nicht aussteigen. Die Natur bietet uns diese Möglichkeit, Energie in optimaler Weise zu gewinnen, freimütig an. Die Politik hat entschieden, dieses Angebot an einem bestimmten Ort (Deutschland) und zu einer bestimmten Zeit (bis auf weiteres) zurückzuweisen. Die Natur wird es, gänzlich unbeirrt, natürlich dennoch unbegrenzt aufrecht erhalten. Die Aufgabe verantwortungsvoller Politik kann daher nur sein, darüber zu entscheiden, wie wir nutzen, was wir von der Natur gelernt haben. Denn die Nachteile der Kernenergie, die uns in Deutschland aktuell bewegen, Risiken und Schadenspotentiale der aktuellen Reaktortypen und des durch diese bedingten Brennstoffkreislaufes, sind bauart- und nicht prinzipbedingt.

    Viele Kommentatoren werten den durch die schwarzgelbe Regierung forcierten Ausstieg als gelungenes Manöver, der Opposition, insbesondere den Grünen, ein wichtiges Mobilisierungsthema zu nehmen. Wäre es nicht noch klüger, die Argumente der Gegner, statt sie aus opportunistischen Überlegungen zu übernehmen, durch eine innovative Technologie schlicht gegenstandslos zu machen? Durch den Thorium-Flüssigsalzreaktor können Risiken und potentielle Schäden auf ein Maß minimiert werden, das eine Neubewertung der Kernenergie auch in Deutschland erzwingt. Eine Gesellschaft mit dem Wunsch zu einer Energiewende sollte diese Neubewertung vornehmen. Andernfalls findet die wirkliche Wende ohne Deutschland statt.


    Einleitung

    In Deutschland läuft zurzeit ein Sozialexperiment ab, das erhebliche Folgen haben wird. Mehrere Jahre lang wurden die Menschen von den Medien systematisch einseitig und sachlich falsch über das Energieproblem informiert – also desinformiert -, was zu irrealen Vorstellungen über Chancen, Kosten, Gefährdungen und Auswirkungen von Energietechniken geführt hat. Profiteure dieser Entwicklung sind politische Parteien, die diese Entwicklung nach Kräften gefördert haben, wobei die Verbreitung von Angst als Mittel der Politik mit beängstigendem Erfolg eingesetzt wurde. Bereits vor dem Fukushima-Unglück hatte die Regierung vor den Medien kapituliert – das Energiekonzept vom Herbst 2010 ist der Beweis dafür. Die extreme Angstwelle, die die deutschen Medien – als einzige auf der Welt – aus der Fukushima-Katastrophe erzeugten, stürzte die hilflose Regierung in einen hektischen Aktionismus, der in seinen Widersprüchen auch noch die Reste einer Energiepolitik ruinierte. Von einem besonnenen, verantwortlichen Handeln ist nichts zu erkennen. Im Ausland beobachtet man Deutschland mit Befremden. Vom G8-Gipfel wurde berichtet, dass die übrigen Industrieländer die Entwicklung in Deutschland als seltsames, riskantes Experiment ansehen, das mit einem wirtschaftlichen Desaster enden könnte. Die Bundesregierung hatte am 28.9.2010 ihr Energiekonzept für eine „umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ vorgelegt. Zu den wichtigsten Vorhaben zählen darin:
    •Die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 80% bis 95% gegenüber dem Wert des Jahres 1990; um 40% bis zum Jahre 2020.
    •Der Ausbau der erneuerbaren Energie auf einen Anteil von 60% am Bruttoendenergieverbrauch bzw. 80% am Bruttostromverbrauch. Für 2020 sollen das 18% bzw. 35% sein.
    •Eine Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 um 50% gegenüber 2008 (2020: 20%). In Deutschland bestünden angeblich „weiterhin ganz erhebliche Potentiale zur Energie- und Stromeinsparung.“
    •„Die Laufzeit der Kernkraftwerke werden wir um durchschnittlich 12 Jahre verlängern.“

    Allein diese wenigen Zeilen enthalten eine hohe Konzentration an stark übertriebenen und unrealistischen und auch sehr kurzlebigen Zielvorgaben; im Falle Kernkraft eine 180-Grad-Wende innerhalb weniger Wochen. Bereits der erste Satz stellt ein bemerkenswertes Beispiel von Schönfärberei dar, denn – wie in den folgenden Kapiteln dargelegt wird – dieses Energiekonzept würde Deutschland in eine sehr unzuverlässige, unbezahlbare und zudem ganz und gar nicht umweltschonende Energieversorgung befördern, wenn es denn jemals ernsthaft versucht wird. Bereits der Versuch würde große wirtschaftliche Schäden anrichten und es ist ein nur schwacher Trost, dass die vollständige Umsetzung dieses Energiekonzeptes ohnehin unerreichbar ist, weil bei einem bestimmten Ausmaß der angerichteten Schäden – Arbeitslosigkeit, Einbruch der Steuereinnahmen, Auswandern der Industrie, Verarmung der sozial Schwachen - die Regierung davongejagt werden würde. Die Bundesregierung selbst hat nun gerade einmal 5½ Monate nach der Verabschiedung dieses bis zum Jahre 2050 reichenden Energiekonzepts und 3 Monate nach der zu diesem Konzept gehörenden Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke (am 14.12.10 in Kraft getreten) mit dessen Verbrennung begonnen. Das Kernkraftmoratorium und die wohl folgende Stilllegung von mehreren Kernkraftwerken, deren Laufzeit soeben noch verlängert wurde, und die 180-Grad-Wende in der Nuklearpolitik, die plötzlich verkündet wird, befördern Deutschland in das mit teuren „Erneuerbaren“ angereicherte Kohle- und Gaszeitalter zurück und mit den Klimabroschüren des BMU kann man nun sein Haus heizen.

    Es lag nahe, alle Widersprüche dieser Energiepolitik, die eigentlich diese Bezeichnung nicht verdient, zu kommentieren, wobei sich die Erzählform, die die Gebrüder Grimm begründet haben, als Rahmen anbot.



    Nr. 1: Das Märchen vom deutschen Vorbild

    Es ist schon erstaunlich, wie oft von Politikern erzählt wird, dass Deutschland für den Rest der Welt mit seiner Umwelt- und Energiepolitik ein Vorbild ist, dem in Kürze alle nacheifern würden. Abgesehen davon, dass es seit Jahrzehnten in Deutschland eine langfristige, schlüssige und dem Standort dienende Energiepolitik, der man hätte nacheifern können, niemals gegeben hat, stellt diese Ansicht nur einen Beleg für die völlige Unkenntnis der Meinungen über Deutschland im Ausland dar – und darüber hinaus ein Zeugnis von sehr unangebrachter Überheblichkeit ( “Am deutschen Wesen…”).

    Eine Betrachtung der Meinung ausländischer Regierungen zur Erdbeben- und Tsunamikatastrophe von Fukushima und deren Konsequenzen für die Nutzung der Kernkraft ergibt ein eindeutiges Bild: Alle Länder, die selbst Kernkraftwerke bauen und betreiben, bleiben dabei. Ebenso alle Länder, die Kernkraftwerke nur betreiben - eventuell mit Ausnahme der Schweiz. Und von allen Ländern, die deren Bau planten, gibt es bisher nur ein einziges, das seine Pläne zurückgestellt hat: Venezuela.

    “Die Welt versteht die deutsche Energiewende nicht“, titelte der Bonner Generalanzeiger am 27. Mai seinen Bericht über das G8-Treffen in Deauville. Zu den abrupten Stillegungs- und Ausstiegsplänen des weder von Erdbeben noch von Tsunamis bedrohten Deutschland gab es im Ausland vor allem Kommentare, die von Unverständnis bis zu beißender Ironie reichten. Schließlich hat ja Deutschland soeben seine stolze Vorbildrolle als Klimaschützer abgebrochen und will jetzt zu Kohle- und Gasstrom zurückkehren. Die zugesagten nationalen Klimaziele sind Makulatur geworden: Wird die bisherige Stromerzeugung aus deutschen Kernkraftwerken je zur Hälfte aus (Atom-) Stromimporten und neue hiesige Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt, dann würden im Jahre 2018 allein durch die deutsche Energiewirtschaft 62 Millionen Tonnen CO2 mehr emittiert. Allein in den 3 Monaten des Atommoratoriums vom März 2011 werden in Deutschland rund 8 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich erzeugt. Wer sich jetzt noch als Vorbild vorkommt und das auch noch verkündet, läuft Gefahr, nur noch Mitleid zu erregen.

    Es wächst aber auch Ärger in unseren Nachbarländern über die deutsche Schnellabschaltung von sieben Kernkraftwerken: So sehr Frankreich und Tschechien ihre Kernkraft-Neubaupläne von Flamanville, Penly und Temelin auf den massiven Atomstromexport für ihre angsterfüllten deutschen Nachbarn ausgerichtet haben, stört sie doch die plötzliche Ausstiegs-Hektik der deutschen Regierung. Zum einen fürchten sie das Überspringen deutscher Netz-Zusammenbrüche über das europäische Stromverbundnetz auf ihr Land. Zum anderen bringt der durch die beträchtlichen Kraftwerks-Abschaltungen nötig gewordene plötzliche Stromexport nach Deutschland die Preise an den Strombörsen zum Steigen – auch für unsere Nachbarn. So erhöhte sich dadurch der Börsenstrompreis schon jetzt um 12% und die Emissionszertifikate, die Kohle- und Gaskraftwerks-Betreiber kaufen müssen, stiegen im Preis um 10%. (Siehe: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke).

    Seit dem 17. März 2011 importiert Deutschland im Mittel täglich eine Energiemenge von durchschnittlich 45 Millionen Kilowattstunden (KWh) – überwiegend aus Frankreich und Tschechien, aber auch aus Polen und der Schweiz. Das ist überwiegend Atomstrom. Die Betreiber dieser Kraftwerke orientieren sich für ihren Abgabepreis an dem Niveau der Strombörsen – und der liegt um rund 50 Euro pro 1000 KWh über den Kosten der stillgelegten deutschen Kernkraftwerke. Damit zahlen die Deutschen seit dem 17. März täglich gut 7 Millionen Euro mehr für ihren Stromverbrauch. Die ausländischen Atomkraftwerke zahlen ihre Steuern nicht in Deutschland, auch nicht die Brennelementesteuer.

    Die Kanzlerin hatte übrigens zu dem Energiekonzept 2010, in dem zum Ärger der Regierung in mehreren der dem Konzept zugrunde gelegten Szenarien erhebliche Stromimporte zum Ausgleich der abzuschaltenden Kohle- und Kernkraftwerke prognostiziert waren, verkündet, dass Stromimporte – die weitgehend Kernkraftstrom betreffen - nicht in Frage kämen. Sie hatte dabei übersehen, dass das ihre Regierung gar nicht beeinflussen kann, denn im freien europäischen Energiemarkt entscheiden das die Händler an den Strombörsen – und zwar nach Verfügbarkeit und Preis. Im Übrigen: Das größte Land der Welt, China, nimmt mit konsequenter Regelmäßigkeit alle 4 Tage ein neues Kohlenkraftwerk in Betrieb und hält unverändert an seinen massiven Kernkraft-Ausbauplänen fest. Gottlob, könnte man sagen, denn sonst würde China für jedes nicht gebaute Kernkraftwerk zusätzlich ein bis zwei weitere Kohlenkraftwerke errichten.

    Eine wirkliche Energiewende wird es vermutlich weltweit geben, wenn die verschiedenen, inhärent sicheren – also aus physikalischen Gründen zu keinem Kernschmelze-GAU fähigen – Kernkraftwerks-Konstruktionen der 4. Generation, die derzeit in der Entwicklung sind, auf den Markt kommen. Leider kann Deutschland bei dieser Energiewende kein Vorbild sein, weil hier die Reaktorentwicklung seit Jahren politisch verhindert wurde und Deutschland deshalb aus dem inzwischen auf 7 Nationen angewachsenen Kreis der Hersteller endgültig ausgeschieden ist. Der gewollte Verlust dieses Milliardenmarktes kann auch nicht durch Beschwörungsfloskeln über großartige Exportchancen von Windmühlen, die inzwischen die verbliebenen Kunden selber bauen können, wegdiskutiert werden.



    Nr. 2: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke

    Als die Regierung in einer überstürzten Aktion, als drohe in den nächsten Tagen ein Tsunami, das sog. Moratorium beschloss, das 7 ältere Kernkraftwerke stilllegte, erhob sich bei der SPD und den Grünen sowie in den diesen Parteien zugetanen Medien großer Jubel, weil es nicht sofort landesweite Blackouts gab. Damit war nach Ansicht dieser selbsternannten Energieexperten bewiesen, dass diese Kernkraftwerke – und vielleicht auch noch weitere – von Anfang an vollkommen überflüssig gewesen seien. Auf die Idee, dass die Betreiber dieser Kraftwerke, allesamt börsennotierte Aktiengesellschaften, diese Anlagen nicht allein als Hobby oder zum Ärgern der Grünen am Laufen hielten, sondern deren Strom in Deutschland und Europa tatsächlich verkauften, kamen sie nicht. Und dass sie zusammen mit den Netzbetreibern in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber ihren Kunden und ihren europäischen Nachbarn sämtliche Register zogen – auch recht problematische (s.u.) - um Netzzusammenbrüche trotz der Panik-Abschaltung zu verhindern, wurde ignoriert.

    Was aber im Hintergrund und ohne Medienbegleitung tatsächlich passierte, sah ganz anders aus: Die Netzbetreiber verzichteten wegen der angespannten Stromnetz-Situation teilweise auf Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten am Höchstspannungsnetz, da auch zeitweilige Abschaltungen das Risiko flächendeckender Stromausfälle zu sehr erhöht haben würden.

    Auch Bauarbeiten sind betroffen: So mussten die Arbeiten zur Erneuerung des Umspannwerkes Großkrotzenburg unterbrochen werden. E.On-Chef Teyssen teilte mit, dass E.On seine Gas- und Kohlekraftwerke hochgefahren und fällige Wartungsarbeiten verschoben hat, um Stromausfälle zu verhindern. Auch Reparaturen wurden verschoben. Die Netzbetreiber hätten darum gebeten, weil sie kurzfristige Blackouts infolge der abgeschalteten Kernkraftwerke befürchteten. Teyssen: “Wir verschieben auf Bitten der Netzbetreiber auch Revisionen von Kraftwerken.” Die Bundesnetzagentur
    warnte deshalb öffentlich vor weiteren politischen Abschaltungsverfügungen.

    Für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit wurden sofort Stromimporte notwendig; sie wurden essentiell. Die 4 großen Übertragungsnetz-Betreiber Tennet (früher E.On-Netz), Amprion, 50hertz (früher Vattenfall-Netz) und EnBW warnten am 23.5.2011 vor drohenden Versorgungsproblemen im kommenden Winter, wenn der Solarstrom ausfällt, die Windkraft eine Zeitlang nichts liefert und unsere Nachbarn ihren Strom selber brauchen. Zurzeit sei die Situation nur durch den Solarstrom und vor allem hohe Stromimporte von mindestens 8.000 MW zu beherrschen, wobei alle hiesigen konventionellen Kraftwerke bereits bis zu ihrer Leistungsgrenze hochgefahren wurden. „Das Netz ist gerade noch gemäß EU-Mindest-Sicherheitsstandards zu betreiben“. Im Winter würde eine andauernde Stilllegung der 7+1 Kernkraftwerke (das achte ist das Z.Zt. außer Betrieb befindliche KKW Krümmel) an kalten, windarmen Tagen zu Netzzusammenbrüchen führen. Auch nach
    einem Bericht der Bundesnetzagentur vom 11.4.2011 wird Deutschland als Stütze für das europäische Netz ausfallen.

    Von den Befürwortern des Kernkraftausstiegs werden die Stromimporte herunter gespielt und es wird auf deutsche Stromexporte verwiesen. Das ist ein Täuschungsversuch, denn auf diese Exporte kann wahrlich niemand stolz sein: Wenn wieder einmal Starkwind herrscht und das deutsche Verbundnetz durch das plötzliche Überangebot von Windstrom instabil zu werden droht, müssen diese überflüssigen Kontingente um jeden Preis ins Ausland verkauft werden. Dieses “um jeden Preis” ist wörtlich zu nehmen, denn die deutschen EVU, die diesen Windstrom ankaufen mussten, bekommen für diese Stromexporte nicht etwa Geld; sie müssen noch erheblich draufzahlen, damit man ihnen den Ökostrom überhaupt abnimmt. Das ist eine der im Grunde irrsinnigen Folgen des zwangssubventionierten Aufbaus riesiger Überkapazitäten bei der deutschen Windkraft - der jetzt verstärkt weiter geht. (Prof. H. Alt, FH Aachen).

    Dass auch schon vor dem Fukushima-Unglück und der folgenden Reaktorabschaltung in Deutschland Teile der Regierung erhebliche Sorgen hatten, zeigt der Elektrizitätsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums vom 20.1.2011, in dem vor Stromausfällen infolge überlasteter Netze durch den Ausbau “erneuerbarer” Energien gewarnt wurde. Währenddessen sucht die Regierung nun nachträglich eine technische Begründung, um die jetzt abgeschalteten Kernkraftwerke endgültig stillzulegen. (1)


    Nr. 3: Das Märchen von den geringen Kosten der “Energiewende”

    Politische Befürworter der sog. Energiewende behaupten, dass deren Zusatzkosten – insbesondere beim Strompreis – sehr gemäßigt ausfallen würden. Sie sind sich sehr darüber im Klaren, dass sich die Bürger derartige Wenden nicht gefallen lassen werden, wenn sie sich durch exorbitante Preissteigerungen ausgeplündert vorkommen. Umfragen zeigen bereits, dass die Zustimmung zum Kernkraft-Ausstieg stark abnimmt, wenn diese Aussichten angedeutet werden. Deshalb muss den Bürgern, damit sie still halten, durch optimistische Berechnungen diese Angst genommen werden.
    Wenn erst alles beschlossen und eingeleitet ist, so die Spekulation, werden es die Menschen schon hinnehmen.

    An optimistischen bzw. extrem geschönten Rechnungen herrscht kein Mangel. Bei der Expertenbefragung des Ethikrates zum Kernkraftausstieg erläuterte einer der Wissenschaftler, dass es von sogenannten Expertisen nur so wimmele, “in denen die Kostensteigerungs-Schätzungen zum Kernkraftausstieg und der damit verbundenen Energiewende zwischen dem Faktor 1 und dem Faktor 100 liegen.” Mit anderen Worten: Diese Expertisen sind zwar wissenschaftlich dekoriert, aber der größte Teil davon verdient die Bezeichnung Expertise nicht, was durch diese unglaubliche Streuung der Ergebnisse bewiesen wird. Es handelt sich dabei vielmehr um Scharlatanerie und Gefälligkeits-“Gutachten”, die politisch genutzt werden. Die Energiewirtschaft ist ein durch eindeutige Daten und bekannte Abläufe präzise erfasster Bereich, in dem die Gesetze der Mathematik bzw. der Betriebswirtschaft sowie die der Physik gelten und in dem es bei seriöser Herangehensweise vielleicht eine Streuung der Ergebnisse um den Faktor 1,5 aber niemals um den Faktor 100 geben kann.

    Im Grunde kann aber jeder schon heute recht gut abschätzen, ob die Energiewende für ihn teuer wird: Der Schlüssel dazu sind die Vergütungssätze (Einspeisevergütung für Ökostrom gem. EEG) für jede Kilowattstunde (KWh) Wind-, Solar- und Biomassestrom im Vergleich zu den Gestehungskosten (ohne Steuern, Abgaben, Verteilungskosten, Gewinn) für Strom aus Kohle-, Kernkraft- und Gas-Dampf-Kombikraftwerke (GuD). Die Höhe der Einspeisevergütungen ist ja genau danach bestimmt worden, was die Erzeugung durch die betreffende Energieanlagen kostet – plus einer Rendite. Deshalb sind die Einspeisevergütungen pro eingespeister Kilowattstunde (KWh) ein exzellentes Maß für den Vergleich – und für das, was die Stromkunden bei ihrem weiteren starken Ausbau erwartet.


    Tabelle 1: Gestehungskosten für die konventionelle Stromerzeugung



    Braunkohlekraftwerke
    Steinkohlekraftwerke
    Kernkraftwerk (abgeschrieben)
    Kernkraftwerk-Neubau
    GuD-Gaskraftwerke


    4,6 Cent / KWh (davon 20% Brennstoffkosten)
    4,9 Cent / KWh ( davon 42% Brennstoffkosten)
    2,2 Cent / KWh (davon 27% Brennstoffkosten)
    5,0 Cent / KWh (davon 8,1% Brennstoffkosten)
    5,7 Cent / KWh (davon 74% Brennstoffkosten)



    (Daten aus: Panos Konstantin: „Praxisbuch Energiewirtschaft“, 2009, VDI-Buch)


    Tabelle 2: Einspeisevergütung gem. Erneuerbare Energien-Gesetz (für 2011)



    Windstrom: Landanlagen

    9,2 Cent / KWh



    Windstrom: Offshoreanlagen

    15,0 Cent / KWh



    Biomasse-Strom: Grundvergütung:



    bis 150 KW:
    5 MW – 20 MW:

    11,67 Cent / KWh, absinkend bis
    7,79 Cent / KWh



    Dazu kommen zahlreiche Boni:
    Nawaro-Bonus incl. Gülle-Bonus,
    Technologie-Bonus,
    Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus, Formaldehyd-Bonus



    Photovoltaik-Solarstrom (nach Inbetriebnahmezeitpunkt):



    1.1. - 30.6.2011:
    1.7. - 30.9.2011:

    28,74 Cent / KWh
    24,43 Cent / KWh



    Da sich an den zusätzlichen Kosten wie Steuern und Abgaben nichts ändern würde, weil der Staat das Geld braucht und sich die Netzkosten auch noch wegen der gewaltigen Erweiterungen für den Nord-Süd-Transport des Windstroms massiv erhöhen würden, steigen selbstverständlich die Strompreise deutlich. Der ehemalige Wirtschaftsminister Brüderle legte am 21.3.2011 Eckpunkte für den Stromnetzausbau vor: “Für den ehrgeizigen Ausbau der erneuerbaren Energien würden etwa 3.600 km neue Leitungen benötigt.” Die Deutsche Energie-Agentur dena rechnet jedoch mit erforderlichen 4.500 km an zusätzlichen Höchstspannungsleitungen. Der dena-Geschäftsführer Stephan Kohler erwartet einen Strompreisanstieg von 20% bei einem Kernkraftausstieg bis 2020/25.

    Der VDE wies bereits in seiner Prognose von 2008 auch darauf hin, dass ein Netzausbau mit Hochspannungs-Freileitungen “zunehmend an der ablehnenden Haltung der Bürger scheitert.” Die Folge sei der Bau von unterirdischen Leitungen, die jedoch “das Drei- bis Sechsfache einer Freileitung kosten.” Immerhin prognostizierten sowohl Kanzlerin Merkel als auch Herr Brüderle, dass auf die Verbraucher damit höhere Strompreise zukommen würden. Zahlen nannten sie nicht. Im Dilemma zwischen Reaktorstillegungen, Klimaschutz-Verpflichtungen und drohenden Stromsperren tendiert die Regierung zu mehr Gaskraftwerken, da diese eine bessere CO2-Bilanz als Kohlekraftwerke haben und somit das „kleinere Übel“ darstellen – obwohl das die teuerste Art der konventionellen Stromerzeugung ist, deren Preis auch noch von Monopolisten abhängt.

    Die Russen finden die deutsche Energiewende deshalb großartig: Gazprom-Chef Alexej Miller schätzt, dass schon bis Dezember 2011 der Preis für 1000 Kubikmeter Erdgas von heute 354 Dollar auf 500 Dollar steigen wird. Sie haben durch die Schlafmützigkeit der letzten deutschen Regierungen eine bequeme Monopolstellung bekommen, weil Deutschland seit vielen Jahren auf den Bau eines Terminals für LNG (verflüssigtes Erdgas) in Wilhelmshaven verzichtet hat, was die Anlandung von Erdgas aus anderen Lieferländern – z.B. aus Nordafrika – ermöglicht hätte. Unsere westeuropäischen Nachbarn haben diese Chance konsequent genutzt. Auch dieses Kapitel gehört zum Generalthema “Nichtexistenz einer deutschen Energiepolitik.” Analysten gehen im Gegensatz zu der deutschen Rettungs-Vision “Gaskraftwerke statt Reaktoren” davon aus, dass eine durch Kernkraft-Abschaltung entstehende Versorgungslücke keineswegs durch neue Gaskraftwerke gefüllt werden kann. Sie sagen voraus, dass die Stromversorger erst dann in neue Gaskraftwerke investieren werden, wenn die Gasimport-Kapazitäten stark erhöht werden. Und damit meinen sie nicht noch mehr Leitungen zum Monopolisten Gazprom.

    Wie wäre es dann mit Kohle? Erich Schmitz, Geschäftsführer des Vereins der Kohleimporteure, sagt: “Würden wir die Kapazität der jetzt vom Netz genommenen Atomkraftwerke vollständig durch Steinkohle ersetzen, müssten wie pro Quartal bis zu 3 Millionen Tonnen mehr einführen.” Und der Vorsitzende der Industriegewerkschaft IGBCE (Bergbau, Chemie, Energie) Michael Vassiliadis forderte bereits einen kräftigen Wiedereinstieg in die Kohleverstromung – Braun- und Steinkohle – bei einem Kernkraft-Ausstieg. Der SPD-Vorsitzende Siegmar Gabriel hat das vernommen und verwies bereits darauf, dass “wir die acht bis zehn Kohlekraftwerke brauchen, die sich derzeit im Bau befinden.” Offenbar sieht die SPD jetzt die Chance, ihre Atomausstiegs-Forderungen mit gewerkschaftlichen Wünschen in Einklang zu bringen.

    “Bei einer konstanten Stromnachfrage werden bereits ab 2016 neue Gas- und Kohlekraftwerke als Ersatz für alte Anlagen benötigt. Um den Strombedarf im Jahr 2020 zu decken, wären 15 neue Kohlekraftwerke erforderlich. Bis 2030 müssten sogar 30 neue Kohlekraftwerke in Betrieb sein. Doch so viele fossile Kraftwerke sind derzeit nicht einmal in der Planung. Zu den Kosten: Werden allein die notwendigen fossilen Kraftwerke gebaut, die bei einem konstanten Strombedarf bis 2030 erforderlich sind, kommt man auf ein Investitionsvolumen von 34,7 Milliarden Euro.” (2). “In Planung befinden sich Kohlekraftwerke mit einer Leistung von rund 13.000 MW. Projekte mit noch einmal dieser Leistung wurden in den letzten Jahren vor allem wegen öffentlicher Proteste aufgegeben. Das heißt: Der notwendige Investitionsbedarf ist bei weitem nicht durch die Planungen gedeckt.” (3)

    Wie es aussieht, hat sich die Regierung völlig in eine Sackgasse hinein manövriert. Die Regierung wird die Kohleoption am Ende nutzen müssen, wenn sie nicht eine erneute Kehrtwendung (“Wir brauchen die Kernkraft nun doch…”) machen will. Aber ganz ohne Kehrtwendungen geht es jetzt nicht mehr weiter.

    Ein plötzlicher Abschied von bislang unantastbaren Umweltzielen steht ins Haus. Nach einer Studie des BDI kämen durch den Kernkraftausstieg bis 2020 Mehrkosten von 33 Milliarden Euro zusammen; davon 24 Mrd. Euro für Industrie- und Gewerbekunden und 9 Mrd. Euro für private Verbraucher. Rechne man noch die Kosten für den Ausbau der “Erneuerbaren” und des Stromnetzes (s.o.) hinzu, würden aus den 33 Mrd. sogar 51 Mrd. Euro. E.On-Chef Teyssen befürchtet bei steigenden Strompreisen eine De-Industrialisierung. 830.000 Arbeitsplätze seien in Gefahr. “Wenn die energieintensive Grundstoff- und Chemieindustrien uns verlassen, ist das für die ganze Wirtschaft schlimm.” In einer Wirtschaft ohne Grundstoffindustrie, ohne Stahl- und Aluminiumerzeugung, gebe es auch keine heimische Werkzeugmaschinenindustrie mehr. “Dann werden auch keine Windkraftanlagen mehr bei uns gebaut.”

    Werden die Gewerkschaften dem zu befürchtenden Exodus der deutschen Industrie, vor dem bereits der EUEnergiekommissar Oettinger gewarnt hat, weiterhin tatenlos zusehen?



    Nr. 4: Das Märchen von den umweltfreundlichen „erneuerbaren“ Energien

    Dass Energie nicht erneuerbar ist, lernt man im Physikunterricht. Das widerspricht nämlich den Hauptsätzen der Thermodynamik. Deshalb sagt die Tatsache, dass die Deutschen einem energiepolitischen Gesetz diese falsche Bezeichnung gaben, bereits einiges über die Kenntnisse der Gesetzesmacher aus. Genauer ist die Bezeichnung regenerative Energie. Gemeint sind Windstrom, Solarstrom- und –Wärme, Wasserkraft-Strom, energetische Biomassenutzung und Geothermie.

    Was die bisherige Biomasse-Nutzung anbelangt, hat Umweltminister Norbert Röttgen schon den Rückzug angetreten. In seiner Verteidigungsrede für den von den Autofahrern abgelehnten E 10–Sprit behauptete er schon gar nicht mehr, dass dieser der Umwelt nutzen würde. Zu groß war die Kritik von allen Seiten, sogar vom hauseigenen Umweltbundesamt: Verbrennung von Lebensmitteln bei weltweit – gerade deshalb – steigenden Lebensmittelpreisen, Hunger, Abholzung von Tropenwäldern für den Anbau von Ölpalmen, riesiger Flächenverbrauch, Monokulturen, Rückgang der Artenvielfalt, großer Düngemitteleinsatz, dazu noch eine negative CO2-Bilanz. Eine Studie des WWF beklagt den durch das EEG ausgelösten Kampf um Agrarflächen: Die EEGSubvention liegt mit 3.000 Euro pro Hektar (ha) fast 10-fach über der EU-Subvention von 340 Euro/ha für traditionelle Bauern. Die Landwirte geraten in Bedrängnis, da sie bei Neuverpachtung nicht mit den Betreibern der Biogasanlagen konkurrieren können. (4). Eine dermaßen die Menschen und die Umwelt schädigende Energietechnik, die wegen ihrer negativen CO2-Bilanz auch nicht das Etikett “erneuerbar” verdient, hat es noch nicht gegeben.

    Dennoch gehört auch diese Technik zu den Hoffnungsträgern der Energiewende, denn im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom kann man mit Biogas zu jeder Zeit Strom erzeugen, obwohl statt dessen die Veredelung zu Erdgas und dessen Einspeisung in das Gasnetz die im Biogas steckende Energie wesentlich effizienter nutzen würde – was der deutlich kleinere Unfug wäre. Aber seit die Grünen an der Regierung waren, ist „erneuerbare“ Stromerzeugung zu buchstäblich jedem Preis – siehe Photovoltaik-Solarstrom – ein energiepolitisches Prinzip jeder Bundesregierung. Auch wenn der hauptsächliche Energieverbrauch in unserem nicht vom Klima verwöhnten Land weit überwiegend in die Hausheizung geht und weil deshalb z.B. die Solarthermie, die Pelletheizung, die Wärmepumpe, die Modernisierung von Heizungsanlagen oder die Fernwärmenutzung Priorität vor jedem Stromerzeugungs-Krampf haben müssten. Das wäre ideologiefreie Energiepolitik. Beschwichtigungsversuche unter Verweis auf die noch tief im Versuchsstadium steckende Biomassenutzung „der 2. Generation“ (ohne Lebensmittel-Verbrennung) gehören zum Thema Hoffnungstechnologien – siehe: „Das Märchen vom Technologiesprung“ – und sollten nicht ernst genommen werden, da dies bis zur Marktreife und –Durchdringung noch ca. 20 Jahre dauern wird. Das Flächenverbrauchs-Argument trifft aber ebenso auf die Windkraft und den Solarstrom im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken zu:

    Windkraft

    Um die Strommenge eines Kernkraftwerks der Größe des Meilers Philippsburg 2 (Nettoleistung 1.400 MW) zu erzeugen, wären 3690 Windräder an Land (2MWp mit je 0,2 km2 Flächenbedarf) nötig. Das Kernkraftwerk produzierte 2010 die Strommenge von 11,8 Milliarden Kilowattstunden. Der Flächenbedarf für die Windräder wäre etwa 370-mal so groß wie für das Kernkraftwerk. Insgesamt würden sie 738 Quadratkilometer beanspruchen. (Angaben für die Windkraft: Wolf v. Fabeck, Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., 27.8.2009) Würde Deutschland
    im Jahr 2050 seinen Strom komplett “erneuerbar” erzeugen, benötigten die Windräder (dann 4 MWp, á 0,32 km2) für ihren Anteil an geschätzten 870 Mrd. KWh etwa eine Fläche von 43.500 Quadratkilometern. Das wäre 90% der Fläche Niedersachsens.

    Biogas-Kraftwerke

    Würde mit Biomasse – etwa Mais – das Gas erzeugt, um ein herkömmliches Gas-Dampf-Kombikraftwerk (GuD) zu betreiben, wären 667 Quadratkilometer Anbaufläche nötig. Dies entspricht etwa dem 11.500-fachen der GuD-Kraftwerksfläche und 93.417 Fußballfeldern. Hierzulande wären 10.100 Quadratkilometer nötig für den Biomasseanteil einer komplett auf “erneuerbaren” Quellen basierenden Stromerzeugung. Das wäre dann 174.137-mal die GuD-Fläche – und entspricht 6 Prozent der Landwirtschaftsfläche in Deutschland.

    Solarstromanlagen

    Für den Solaranteil am Strommix der Zukunft berechnete die T.U. München zusammen mit Siemens einen Flächenbedarf von 1.073 km2. Aus der DLR-Studie (s.u.) gehen 700 – 900 km2 hervor. Der größte Teil davon kann auf Dächern Platz finden. (Daten zu den 3 o.g. Stromerzeugungs-Methoden beruhen auf der “Leitstudie 2010” des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, DLR)

    Im Vergleich

    Ein 1.400-MW-Kernkraftwerk besetzt maximal 2 km2 an Fläche. Der neue 1.600-MW-Europäische Druckwasserreaktor der 3. Generation EPR (in Finnland und Frankreich im Bau) besetzt 60 Hektar = 0,6 km2. Für Steinkohlenkraftwerke gilt das Gleiche. Bei Braunkohlenkraftwerken Muss der Tagebau eingerechnet werden: 10 – 20 km2.


    Rechnet man die Ziele der Energiewende für den Anteil der “Erneuerbaren” an der Stromerzeugung in den Flächenverbrauch um, dann müsste Deutschland seine Landwirtschaft weitgehend einstellen – außer natürlich für Mais, Weizen und Raps.



    Nr. 5: Das Märchen vom großen Energie-Einsparpotenzial

    Zum festen Bestandteil aller geschönten und grenzenlos optimistischen Prognosen über den kommenden Siegeszug der “Erneuerbaren” gehört das Märchen vom enormen Einsparungspotenzial an Primärenergie und insbesondere Strom. Denn setzt man große fiktive Einsparungsmöglichkeiten in seinem Konzept an, hat das den schönen Vorteil, dass man viel weniger regenerative Energiequellen und auch nicht so viele Stromspeicher braucht, um die Phantasieziele wenigstens auf dem Papier zu erreichen.

    Kein Wunder also, dass auch wieder im Energiekonzept der Bundesregierung hoffnungsvolle Sätze stehen, wie “In Deutschland bestehen weiterhin ganz erhebliche Potenziale zur Energie- und Stromeinsparung” und “In der deutschen Industrie besteht nach wissenschaftlichen Studien ein wirtschaftliches Einsparpotenzial von jährlich 10 Mrd. Euro.” Und dann auch noch: “(Es) bedarf aber noch vielfältiger Anstöße, um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen.” In den quantitativen Zielen des Energiekonzeptes steht dann auch als eine der wichtigsten Vorgaben: “Die Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis zum Jahre 2050 um 50% gegenüber 2008; und bis 2020 eine Verminderung um 20%. Das erfordert pro Jahr eine Steigerung der Energieproduktivität um durchschnittlich 2,1%, bezogen auf den Endenergieverbrauch.” Und weiter: “Wir streben an, bis 2020 den Stromverbrauch gegenüber 2008 in einer Größenordnung von 10% und bis 2050 von 25% zu vermindern.”

    Zur Energieproduktivität

    Üblicher ist es, die Energieintensität einer Volkswirtschaft zu verfolgen, das ist diejenige Energiemenge, die zur Erzeugung eines bestimmten Brutto-Inlandsproduktes BIP erforderlich ist. Gemessen wird sie international in Tonnen Öl-Äquivalent pro 1000 US-$ BIP. Die Energieintensität ist somit umgekehrt proportional zur Energieproduktivität – die Wirtschaft arbeitet folglich rationeller, wenn die Energieintensität sinkt; also weniger Energie für den gleichen Produktionswert benötigt wird. Die obige Forderung bedeutet also, dass die Energieintensität jährlich um 2,1% sinken sollte.

    Zu den Tatsachen: Das statistische Bundesamt hat berichtet, dass die Energieintensität in Deutschland vom Jahre 1991 – das man mit 100 Punkten angesetzt hat – bis zum Jahre 2006 auf 80,5 Punkte, also um 19,5%, zurückgegangen ist. Und das ganz ohne Energiekonzept einer Regierung, sondern durch die ständigen Bemühungen der Industrie, die die Aufgabe der rationellen Energieverwendung seit den 50er Jahren als eine Selbstverständlichkeit systematisch betreibt. Die Energieintensität ist folglich 15 Jahre lang mit durchschnittlich 1,3% jährlich gesunken – und das ist ein großartiges Ergebnis. Diese unter hohen Kosten und Anstrengungen über einen langen Zeitraum erzielte Erfolgsquote kann nicht durch das Bedrucken von Papier mit der Zahl 2,1% erhöht
    werden.

    “Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung soll der Energieverbrauch in den nächsten 10 Jahren deutlich schneller sinken, als in den vergangenen 20 Jahren. Dieser Schuss kann jedoch nach hinten losgehen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht: Denn energieintensive Branchen könnten abwandern, was zwar den hiesigen Energieverbrauch senkt, gleichzeitig aber auch der Wirtschaft schadet.” (5)

    Interessant ist auch ein Blick auf die Nachbarländer: Unter 25 europäischen Ländern liegt Deutschland in der Spitzengruppe an 5. Stelle bezüglich einer niedrigen Energieintensität. Geringfügig besser sind Dänemark, Irland, Österreich und Italien. Berücksichtigt man aber die Tatsache, dass Deutschland mit seiner erfreulicherweise noch vorhandenen Schwerindustrie sowie weiteren energieintensiven Grundstoffindustrien und dem Maschinen- und Fahrzeugbau eine Industriestruktur besitzt, die wesentlich stärker als die der genannten Länder ist und deshalb für seine Produktion auch mehr Energie benötigt, dann erkennt man, dass Deutschland hier unter den Industrieländern eine Spitzenposition einnimmt. “Deutschland hat mit dem Energieinhalt von 110 kg Öl für die Erwirtschaftung eines BIP im Wert von 1.000 Euro die fünfthöchste Energieeffizienz unter den 29 wichtigsten Industrieländern. Diese starke Position ist nicht selbstverständlich, denn in Deutschland sind zahlreiche Industrieunternehmen zuhause, die viel Energie verbrauchen. In vielen anderen Ländern gibt es diese Betriebe kaum noch - dennoch sind diese Staaten im Ranking weit hinter Deutschland platziert. Japan etwa erbraucht gut 20% mehr Energie, um in der Industrie 1.000 Euro Wertschöpfung zu erzielen.” (5) Es bedarf deshalb keiner “Anstöße” durch eine Regierung, “um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen”, denn Deutschland ist längst der Spitzenreiter.



    Zum Energieverbrauch, speziell zum Stromverbrauch

    Auch hierzu gibt es für jedes Jahr präzise Zahlen. Der Bruttostromverbrauch betrug in den alten Bundesländern:
    •1981: 375 Mrd. KWh
    •1995: 462 Mrd. KWh

    Das war eine Steigerung von 23,2% in 15 Jahren.

    In Gesamtdeutschland verlief der Stromverbrauch wie folgt:
    •1990: 550,7 Mrd. KWh
    •1991, 1992 und 1993 ein Rückgang um 4,2% bis auf 528,0 Mrd. KWh
    •1994 bis 2007 ein stetiger Anstieg auf 618,1 Mrd. KWh
    •2008 und 2009 ein Rückgang um 5,8% auf 582,5 Mrd. KWh
    •2010 mit einem kräftigen Anstieg um 4,3% auf den Endstand von 607,5 Mrd. KWh.

    Das war eine Steigerung von 10,3% in 20 Jahren.

    Daraus kann man folgende Erkenntnisse ableiten:
    •Der Stromverbrauch steigt stetig und nur Wirtschafts- und Finanzkrisen können diesen Trend kurzfristig unterbrechen.
    •Das Wirtschaftswachstum des Industrielandes Deutschland führt automatisch zu einem Anstieg des Stromverbrauchs.
    •Die dank der Anstrengungen der Industrie sinkende Energieintensität – s.o. – verlangsamt den Anstieg des Stromverbrauchs – aber es bleibt ein Anstieg.
    •Der einzige Weg zu einem deutlichen Rückgang des Stromverbrauchs ist eine harte Wirtschaftskrise. Genau das hat man beim Zusammenbruch des Ostblocks gesehen.

    Insofern sind die Wunschzahlen im Energiekonzept zu einer Verringerung des Stromverbrauchs wirklichkeitsfremd. Sie sprechen ein hartes Urteil über das Niveau des Sachverstands und das Vorherrschen reinen Wunschdenkens bei den Verfassern. Und ein ebenso hartes Urteil über die Regierung. Wenn es der Regierung um eine realistische Energiepolitik ginge, hätte sie z.B. die VDE-Prognose von 2008 “Effizienz und Einsparpotenziale elektrischer Energie in Deutschland – Perspektiven bis 2025 und Handlungsbedarf” beachtet und ernst genommen. Darin wurden die tatsächlich noch vorhandenen Einsparpotenziale identifiziert, vor allem bei:
    •Kraft- und Wärme-Kopplung;
    •Haushaltsgeräten;
    •Wirkungsgraden von Kleinmotoren;
    •und der Optimierung von Gesamtanlagen.

    Es wurden optimistische und pessimistische Szenarien durchgerechnet und das dazwischen liegende, wahrscheinliche Ergebnis präsentiert: “Unter der Annahme realistischer Verbrauchs- und Effizienzprognosen wird der Stromverbrauch bis 2025 um rund 30% zulegen.” Der VDE erklärte zu diesem Ergebnis: “Bei diesem Szenario gibt es eine deutlich verbesserte Effizienz der Stromnutzung (s.o), jedoch einen Mehrverbrauch bei neuen und zusätzlichen Anwendungen.”

    Man benötigt wenig Phantasie, um sich vorzustellen, was aus den “ehrgeizigen” (ein von vorsichtigen Kritikern an Stelle des Wortes “unrealistisch” gern benutztes Adjektiv) Zielen des Energiekonzeptes der Bundesregierung geworden wäre, wenn man den Schätzungen diesen Anstieg des Stromverbrauchs zusammen mit der Speicher-Misere und den absehbaren Stromnetz-Engpässen zu Grunde gelegt hätte.



    Nr. 6: Das Märchen von den neuen Stromspeichern

    Seit der Einführung des Erneuerbare Energien-Gesetzes EEG, mit dem der Wetter- und Tageszeit-abhängige, deshalb wild schwankende und unzuverlässige Wind- und Solarstrom massiv durch Zwangssubventionen über den Strompreis gefördert wird, sind 10 Jahre vergangen. Dass dieses Stromangebot, das für die Stromnetzbetreiber der reine Alptraum ist, bei Erreichen einer bestimmten Größe mit seinen schnellen Schwankungen die Stabilität des Netzes ruiniert und damit durch Blackouts die Stromversorgung gefährdet ist, haben die seither drei Regierungen 10 Jahre lang nicht
    bemerkt. Sie haben aber in dieser Zeit fleißig neue Windparks und Solarstrom-Farmen eingeweiht, was gute Pressefotos einbrachte.

    Jetzt aber ist Groschen Nr.1 gefallen, nachdem die Warnungen immer unüberhörbarer wurden: Man sah tatsächlich ein Problem mit dem Ökostrom. Anschließend folgte die Erkenntnis: Wenn die zum Ausgleich dieser Schwankungen eingesetzten konventionellen Kraftwerke nicht mehr ausreichen, braucht man riesige Stromspeicher. Dann fiel Groschen Nr.2: Diese Speicher hatte man gar nicht. Es gibt zwar einige Pumpspeicherwerke, aber deren Speicherleistung von 6.020 MW deckt im Idealfalle – fast leere Speicher bei Beginn der Starkwindphase – nur 17% Prozent der bereits heute benötigten Kapazität ab (s.u.).Die AG Energiebilanzen e.V. hat zu dieser Situation folgendes veröffentlicht (1.2.2011): Ende 2010 hatte an Deutschlands ges. Stromerzeugung von 621 Mrd. KWh.
    •die Windenergie einen Anteil von 5,9% (bei 25.800 MWp Leistung lt. VGB PowerTech);
    •und die Photovoltaik nur 1,9% Anteil (bei 9.800 MWp lt. VGB PowerTech).

    Die trotz hoher Maximalleistung geringen Anteile kommen von den geringen Vollaststunden pro Jahr: Windstrom 18,3 - 20%; Photovoltaik 9 -10%. Deshalb sind sie für die Grundlastversorgung nicht zu gebrauchen. Angenommen, dass die von dieser großen Wind- und Solarstrom-Kapazität in einer Starkwindphase eingespeiste Leistung nur 10.000 MW beträgt, müssten bereits Speicher bereit stehen, die diese Leistung für 30 Stunden aufnehmen, also eine Speicherkapazität von 300.000 MWh (Megawatt-Stunden) besitzen. Die deutschen Pumpspeicherwerke haben aber nur eine Gesamtleistung von 6.020 MW.

    Selbst wenn man annimmt, dass zu Beginn dieser Starkwindphase alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke fast leer sind – eine unrealistische Annahme – dann könnten diese Speicher nur eine Energiemenge von 50.000 MWh aufnehmen, also gerade einmal 17 % der erforderlichen Menge. Es bliebe nur die Wahl zwischen sofortiger Abtrennung der Windräder vom Netz oder Netzzusammenbruch. Auch bei einem gerade noch möglichen Ausbau der Pumpspeicherwerke könnte maximal eine Erhöhung der Speicherkapazität von 3 % erreicht werden (Prof. Dr. Helmut Alt, FH Aachen).

    Was tun?

    Auf die unangenehmen Erkenntnisse folgte eine politische Lösung: Es begann entsprechend dem „Märchen vom Technologiesprung“ mit völlig neuen Stromspeichern, die bald die Lösung bringen würden. An einen riesigen Ausbau der Pumpspeicher, die leider die einzig verfügbare und auch nur mit geringen Verlusten von etwa 20 bis 25% arbeitende Speichertechnik ist, wagte man gar nicht erst zu denken. Mit Recht, denn die Bürgerproteste, die den Bau sowohl des vermutlich letzten großen Pumpspeicherwerks Atdorf/Schwarzwald, das eine Leistung von 1.400 MW haben soll, sowie auch die Baupläne wesentlich kleinerer Anlagen begleiten, machen wenig Hoffnung (s.u.). Eine Regierung, die eine ehrliche und rationale Energiepolitik betreibt, würde nun nach dieser Erkenntnis die Errichtung aller neuen Windkraftanlagen und auch Photovoltaikanlagen stoppen und vielleicht noch versuchen, den immer wahrscheinlicher werdenden Blackout durch raschen Zubau von teuren, schnellen Gasturbinen-Kraftwerken unwahrscheinlicher zu machen. Die Bundesregierung aber macht das Gegenteil: Noch stärkerer Ausbau von Offshore-Windstrom und unveränderte Förderung von Solarstrom stehen im BMUEntwurf des Erfahrungsberichts 2011 zum EEG. Im Gegenzug will man die Abschaltung der Kernkraftwerke, die – allgemein unbeachtet und in der deutschen Fundamental-Ablehnungsstimmung auch unangenehm – tatsächlich die heute schnellste Leistungsregelung (Lastfolgeregelung) aller Kraftwerksarten (außer Gasturbinen) bieten und ironischer weise die sicherste Stütze für den Windstrom darstellen. Aber man hat versäumt, diesen Beitrag der Kernkraftwerke rechtzeitig herauszustellen. Jetzt noch damit zu kommen, traut sich niemand mehr.

    Damit verschärft die Regierung das Problem – und verlagert es teilweise auf unsere Nachbarn, die seit der Abschaltung der ersten 7 Kernkraftwerke kräftig Importstrom liefern und einigermaßen besorgt sind (siehe: „Das Märchen vom deutschen Vorbild“, ebenfalls: „Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke“). Das von ihr selbst verschuldete und jetzt nochmals verschlimmerte Problem der Versorgungs-Unsicherheit bekämpft die Regierung nunmehr rhetorisch durch das Beschwören von neuen Speichertechniken, die es allerdings erst einmal zu entwickeln gilt. Am 21. April 2011 stellte dann die Regierung eine gemeinsame „Förderinitiative Energiespeicher“ vor, in deren Einleitung
    nach der Zitierung des Energiekonzeptes vom 28.9.2010 und dessen unglaublich hoch gesteckten Zielen der bemerkenswerte Satz steht: „Leider stehen den notwendigen Fortschritten auf dem Gebiet der Energiespeicher vielfältige und nach wie vor zum Teil grundlegende (!) technologische Hürden entgegen.“ Dieser Mut zur Wahrheit ist zu begrüßen. Es stellt sich dann aber die Frage, wie man angesichts dieses Fehlens der wichtigsten Schlüsseltechnik für die stärkere Nutzung von Wind- und Solarstrom überhaupt dieses Energiekonzept beschließen konnte. Die großen und wirtschaftlichen Stromspeicher waren im September 2010 noch die Katze im Konzept-Sack; schon im April 2011 stellt sich nun regierungsamtlich heraus, dass in dem Sack gar keine Katze drin ist. Dass die Förderinitiative Energiespeicher von drei Bundesministerien (BMBF, BMWi und BMU) präsentiert wird, zeigt zugleich die Zersplitterung der Zuständigkeiten.

    Unter den im Förderkonzept genannten Speichertechnologien ist einzig die „Entwicklung von großen zentralen adiabatischen Druckluftspeichern“ eine für genannten Zweck der Netzstabilisierung interessante und brauchbare Möglichkeit. Alle anderen dort genannten Techniken haben entweder andere Anwendungen – vor allem Elektroautos (siehe “Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher”.) – oder sind noch viel weiter von einer Realisierung entfernt, als es die adiabatischen Druckluftspeicher sind – so die „unterirdischen Pumpspeicherwerke“. Die Hoffnungen der Regierung auf irgendwann verfügbare große und bezahlbare Stromspeicher ruhen auf folgenden Techniken:

    Druckluftspeicher

    Der zu speichernde Strom treibt Kompressoren an (Wärmeverlust), die Luft in unterirdische Kavernen pressen. Später treibt diese Druckluft Turbinen und diese wiederum Stromgeneratoren an, die den Strom ins Netz einspeisen. Bisher musste die komprimierte Luft zusätzlich mit einer Gas-Zusatzheizung auf hohe Turbinen-Eintrittstemperatur gebracht werden; eine verlustreiche Technik. Es existieren weltweit zwei Prototypanlagen, eine in Huntorf/Deutschland und eine in McIntosh/USA – letztere nutzt bereits einen Teil der beim Verdichten entstehenden Verlustwärme (Rekuperator-Technik). Das Aushöhlen der Kavernen ist zudem ein Umweltproblem. Deshalb ist gegenüber den nur 20 bis 25% Verlust bei den Pumpspeicherwerken der bislang erreichte technische Stand der Druckluftspeicher völlig unbefriedigend. Man will deshalb künftig versuchen, durch zusätzliche Wärmespeicher die bei der Kompression entstandene Verlustwärme aufzufangen und sie der zu verdichtenden Frischluft zuzuführen (adiabatische Kompression), was die Gas-Zusatzheizung im Idealfalle überflüssig macht und für einen Speicherwirkungsgrad sorgen würde, den optimistische Fachleute mit 71% in der Nähe des Niveaus der Pumpspeicherwerke sehen, den andere jedoch niedriger erwarten. Ein erstes Entwicklungsprojekt für adiabatische Druckluftspeicherung namens ADELE stellte am 22.11.2010 die RWE Power zusammen mit ihren Partnern General Electric, Züblin und der DLR in Staßfurt/Sachsen-Anhalt vor. Dort betreibt RWE bereits einen großen Erdgasspeicher in den Salzformationen des Staßfurter Sattels. Zuerst sollen lt. RWEVorstand Prof. Gerd Jäger folgende Voraussetzungen geschaffen werden: „Erfolgreiches Abschließen der technischen Untersuchungen und Planungen; Finanzierung einschließlich der erforderlichen (!) Förderung; Geologie des Standortes.“ Zu den technischen Entwicklungsaufgaben derartiger Speicher gehören:
    •Die Kompressionswärme bei sehr hohen Drücke (bis 150 bar) und Temperaturen (bis 650 Grad) zu speichern. D.h. die Entwicklung von Hochtemperatur-Wärmespeichern (keramische oder Flüssigsalz-Speicher) mit einer Kapazität von bis zu 1200 MWtherm : DLR Stuttgart;
    •Neuentwicklungen der Hochdruckverdichter, um hohe Austrittstemperaturen zu erreichen; hoher Wirkungsgrad, variabler Durchsatz, schnelle Verfügbarkeit in wenigen Minuten;
    •Luftturbinen, die durch Expansion der verdichteten Heißluft auf Atmosphärenniveau Leistungen von 300 MW erreichen. Das bedeutet hohe Leistungsdichte, hohe Eintrittstemperatur, große Volumen-Ströme und –Änderungen, hoher Wirkungsgrad über den gesamten Lastbereich bei niedrigen spezifischen Kosten

    Ein derartiges Speicherkraftwerk arbeitet wirtschaftlich, wenn die Druckluft maximal eine Woche gespeichert werden kann. Mit dem Bau der ersten Demonstrationsanlage soll ab 2013 begonnen werden. Es soll eine Speicherkapazität von max. 360 MWh und eine elektrische Leistung von 90 MW haben, womit nach RWE-Angaben über etwa 4 Stunden rund 50 Windräder ersetzt werden könnten. Ende 2010 standen in Deutschland bereits 21.607 Windräder mit einer installierten Maximalleistung von 25.800 MW.

    Diese Technik ist vielversprechend und vermutlich realisierbar. Aber sie befindet sich gerade am Anfang und die Erfahrungen mit vergleichbaren Entwicklungen lassen einen Zeitbedarf bis zu einem umfangreichen und damit wirksamen Ausbau von fertig entwickelten und erprobten Speichern im Netz von 25 bis 30 Jahren erwarten. Sinnvoll, aber viel zu spät, um die akuten Probleme im deutschen Stromnetz zu lösen und ebenfalls viel zu spät, um einen Beitrag zur Verwirklichung des Energiekonzepts der Bundesregierung zu leisten.

    Die Seekabel-Verbindung zu den norwegischen Wasserkraftwerken

    Ein solches Kabel soll es bis Anfang 2017 geben: Das 530 km lange Nord Link. Es soll 1.400 MW übertragen. Das entspricht der Leistung eines Kernkraftwerks und gerade einmal 4 Prozent der schon jetzt in Deutschland installierten Windstromleistung. Fünf bis zehn dieser Seekabel wären wohl nötig, geplant sind sie nicht, und es gibt noch andere Probleme: Die meisten norwegischen Wasserkraftwerke sind keine in beiden Richtungen (bergauf und bergab) arbeitenden Pumpspeicherwerke. Sie müssten teuer und langwierig umgebaut werden – wenn es die Norweger überhaupt wollen. Außerdem wollen alle Nordseeanrainer, die ebenfalls Windkraftanlagen gebaut haben, ebenfalls mit Seekabeln an die norwegische Wasserkraft heran. Holland hat es schon getan. Damit fällt für jeden weniger Speicherkapazität ab. Und schließlich: Schon jetzt kämpfen Bürgerinitiativen in Norddeutschland gegen die Umspannstation an Land und die neuen Hochspannungsleitungen.

    Elektroautos

    siehe “Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher”.

    Pumpspeicher-Kraftwerke

    Obwohl klar ist, dass die Leistung der deutschen Pumpspeicherwerke bei weitem nicht ausreicht, werden hier die letzten Planungen für Neubauten und Erweiterungen vorgestellt:
    •Atorf/Südschwarzwald: Bauherr: Schluchseewerke. Geplante Leistung 1.400 MW. Zwei weitere Staubecken und ein Kavernenkraftwerk. Inbetriebnahme 2020 und 2030. Speichervermögen 3,7 Mrd. KWh. Die dena (Deutsche Energieagentur) stellte dazu fest, dass auch dieses neue Werk nur 8% der Strommenge puffern könne, die die Wind- und Solaranlagen bereits im Jahre 2009 erzeugt hätten. Der Schwarzwaldverein als Interessenvertreter der Bevölkerung hatte in den Anhörungen kritisiert, die “Region dürfe nicht bloß das Objekt für energiewirtschaftliche Ausbeutung werden.” Die Vertreter des EVU räumten ein, dass sich die Landschaft deutlich verändern werde, “da werde man sich sicher erst dran gewöhnen müssen.” Der Kreisverband der B90/Die Grünen / Waldshut sprach sich gegen das Projekt aus.
    •Riedl/Bayern. Geplante Leistung 300 MW. Bauzeit bis 2018. Das Projekt ist politisch umstritten; eine Bürgerinitiative hat sich dagegen gebildet.
    •Blautal / Birkhau. Bauherr: Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. Geplante Leistung 60 MW. Die Planung begann Mitte 2005; massive Bürgerproteste in Arnegg und Markbronn führten zu erheblichen Pla-nungsänderungen – auch bezüglich des Ortes der Anlage. Zurzeit werden Sicherheitsbedenken geltend gemacht; der Widerstand hält auch nach 6 Jahren an; ein Baubeginn ist nicht absehbar.

    Die Deutschen haben in den vergan-genen 20 Jahren gelernt, dass sie mit Bürgerinitiativen recht erfolgreich gegen Bauprojekte aller Art vorgehen können. Besonders die Grünen haben das vorgeführt. Inzwischen hat sich das Spektrum der zu verhindernden Vorhaben auf nahezu alles ausgedehnt und es sind jetzt besonders die angeblich dem Umwelt- oder Klimaschutz dienenden Projekte, die den stärksten Widerstand hervorrufen. Windräder, Hochspannungsleitungen für die Energiewende, Erdspeicher für CO2, Transformatorstationen für das Seekabel, großflächige Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen – und besonders Pumpspeicherwerke, die extreme Eingriffe in die Landschaft verursachen. So werden selbst die wenigen theoretisch noch möglichen neuen Speicherwerke faktisch unrealisierbar.

    Es gibt außerhalb des Energiekonzepts weitere Vorschläge für große Stromspeicher, die sich aber alle durch immense Kosten und meist auch größte Verluste im Bereich von 70 bis 80 Prozent auszeichnen. So gehören alle Vorschläge, die mit einer elektrolytischen Spaltung von Wasser durch Windstrom beginnen und danach den entstandenen Wasserstoff, der ja nur noch ein Brenngas ist, wieder in Strom zurück verwandeln wollen (mit Gasmotoren oder gar teuren Brennstoffzellen), zu der Gruppe kostspieligster Energievernichtungsanlagen. Trotzdem werden solche Vorschläge selbst in bislang seriösen Zeitschriften kritiklos als Zukunftstechnologien vorgestellt. Ein typisches Merkmal aller dieser Technikvorschläge ist das absichtliche Weglassen aller Angaben zum Gestehungspreis einer Kilowattstunde und zu den Kapitalkosten, die jedes von der Anlage erzeugtes Kilowatt Leistung verursacht. Am Fehlen dieser Angaben kann man gut die fehlende Seriosität sowohl der Erfinder und Anbieter als auch der Journalisten erkennen.

    Es gibt noch eine weitere schlechte Nachricht – und sie ist von grundsätzlicher Natur: Stromspeicher können nicht den kompletten Bedarf an Reservekraftwerken für den Ausgleich der Einspeise-Schwankungen ersetzen: Sie reduzieren nur den notwendigen Netzausbau und teilen sich die Spitzenlastversorgung mit schnell regelbaren Gaskraftwerken.

    Fazit

    Die einzigen genügend großen Stromspeicher, mit denen man überhaupt rechnen kann, sind die noch zu entwickelnden adiabatischen Druckluftspeicher – und sie kommen viel zu spät, während der Ausbau von Windstrom und Solarstrom immer weiter geht. Das europäische Verbundnetz kann deren Schwankungen bald nicht mehr auffangen und ausgleichen. Im Gegenteil: Um nicht in das absehbare Chaos im deutschen Verbundnetz hineingezogen zu werden, müssten sich unsere Nachbarn abkoppeln. Diese Entwicklung ist wohl zwangsläufig. Aber die Regierung hat anscheinend die Hoffnung, dass sie die Medien beruhigen und bis zur nächsten Bundestagswahl Zeit gewinnen kann, bevor die Probleme übermächtig werden. Dann wird man weiter sehen.



    Nr. 7: Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher

    “Millionen von Elektroautos können mit ihren Batterien das Speicherproblem des Wind- und Solarstroms lösen”. So oder so ähnlich liest man es häufig. Eine doppelte Illusion: In den nächsten 10 –15 Jahren wird es keine nennenswerte Anzahl von Elektroautos geben, da es trotz des technischen Wunderglaubens von Politikern, die selbst allen technischen Fächern ziemlich fern stehen, noch sehr lange keine bezahlbaren, für den Winterbetrieb geeigneten und mit ausreichender Energiekapazität ausgestatteten Batterien geben wird. Die sehr deutlichen Warnungen der Fachleute der physikalischen Chemie werden geflissentlich überhört. So betonte Christoph Huß von der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik “dass wir nicht vergessen dürfen, dass die technisch-physikalischen Grenzen elektrochemischer Energiespeicher nicht durch politische Sonntagsreden außer Kraft gesetzt werden können.“

    Illusion Nr.2: Selbst wenn es einmal eine größere Anzahl von Elektroautos gibt, wird kaum einer der Besitzer bereit sein, es per Netzanschluss und Datenleitung dem Stromversorger zum Ausgleich von dessen Einspeisungs-Schwankungen zu überlassen – also die Autobatterie je nach Bedarf des EVU zu laden oder zu entladen. Denn dem E-Auto-Besitzer wird vom Hersteller sehr deutlich klar gemacht, dass die Lebensdauer seiner teuren Batterie nicht etwa durch ihr Alter, sondern vor allem durch die Anzahl der Lade-Entlade-Vorgänge bestimmt wird.

    Wer sich auf die Benutzung seiner Antriebsbatterie als beliebig auf- und entladbarer Speicher für seinen Stromversorger einlässt, verkürzt die Batterielebensdauer erheblich. Das müsste zu ganz erheblichen Nutzungszahlungen der Stromversorger führen, zu denen sie wohl kaum bereit wären.

    Der Glaube an das Elektroauto als umweltfreundliches Verkehrsmittel könnte sich sehr leicht in sein Gegenteil verkehren, wenn die abgeschalteten Kernkraftwerke – wie abzusehen ist – in erster Linie durch neue Kohlekraftwerke und ergänzend durch Gaskraftwerke ersetzt werden. Ohne regenerative Energien aber wäre der grüne Plan ein Eigentor: Wenn aus der Steckdose neben Import-Atomstrom viel mehr Kohlestrom kommt, dann “ist jeder gefahrene Kilometer mit einem E-Auto deutlich CO2-intensiver als sein konventionell betriebenes Gegenstück”, erklärt Lino Guzzella, Professor für Thermotronik der ETH Zürich. Ein Großein-satz von E-Autos würde den Klimawandel beschleunigen, statt ihn zu bremsen – falls die Theorie vom CO2 als das Klima beeinflussendes Spurengas überhaupt stimmt. Aber das ist ein anderes Gefechtsfeld. (6)

    Die Elektroauto-Euphorie bietet im Übrigen nicht etwa eine Chance, sondern stellt vielmehr eine Gefahr für den Standort Deutschland dar, was die Regierung wie üblich nicht erkennt. Ein Elektroauto ist bis auf die teure Batterie, die möglicherweise nicht in Deutschland hergestellt wird, ein vergleichsweise einfaches Produkt. Zahlreiche Komponenten wie Otto- bzw. Dieselmotoren, Getriebe, Kompressoren, Einspritzsysteme, Abgaseinigungssysteme, Anlasser oder Kühler entfallen. Wer die Batterien zukauft, kann auf recht einfache Weise E-Autos bauen, deren Kosten dann hauptsächlich in deren Montage liegen. Dies wird sowohl Auswirkungen auf
    einen Großteil der Metallindustrie und den Maschinenbau, aber natürlich vor allem auf die Automobilindustrie in Deutschland haben (7). Im Kapitel “Das Märchen von der Sonne, die keine Rechnung schickt” ist eingehend beschrieben worden, weshalb die angebliche deutsche Zukunftstechnologie Photovoltaik-Produktion - ein ehemaliger Hoffnungsträger deutscher Politiker - von China übernommen wurde. Wenn man nur noch eine Fahrzeugbatterie zukaufen muss - es sei denn, man produziert auch die selbst - und der Rest der Fertigungskosten eines E-Autos dann überwiegend Montagekosten sind, dann blüht der deutschen Autoindustrie das gleiche Schicksal. Fast jedes Land kann dann seine Autos selbst bauen; China vorneweg. Abgesehen vom Platzen der Seifenblase vom umweltfreundlichen E-Mobil (s.o.) erscheint die Elektroauto-Euphorie auch im Lichte dieser Fakten naiv und kurzsichtig.

    Die Politiker-Vision vom elektrisch angetriebenen Autoverkehr gab es übrigens schon einmal: Die Regierung von Bundeskanzler Kohl hatte bereits im Jahre 1992 die neue Elektroauto-Epoche angekündigt. Zwischen 1992 und 1995 führte die Regierung – begeistert befürwortet durch Forschungsminister Heinz Riesenhuber und eine gewisse Angela Merkel, Umweltministerin, - einen großen Feldtest für Elektroautos auf Rügen durch. Und der damalige Innenminister Manfred Kanther gab das Ziel aus, dass mindestens 10 Prozent aller neu zugelassenen KFZ im Jahre 2000 Elektroautos sein sollten. Das erleben wir nun zum zweiten Mal.



    Nr. 8: Das Märchen von der Sonne, die keine Rechnung schickt

    Der Werbespruch “Die Sonne schickt keine Rechnung” ist gewiss der Anwärter für den Hauptgewinn im Volksverdummungs-Wettbewerb. Spötter haben dazu festgestellt, dass auch die geologischen Epochen Carbon und Perm keine Rechnung für die damals erzeugte Kohle schicken und dass die kosmische Katastrophe, die das Sonnensystem mit seinen Uranvorräten hervorbrachte, ebenfalls netterweise auf die Versendung von Rechnungen verzichtet hat. Was mit diesem Verdummungsspruch verschleiert werden soll: Die Sonne scheint in Deutschland – wenn sie scheint - mit einer Leistungsdichte von nur ca. 1000 Watt (thermisch) pro Quadratmeter, woraus eine Silizium-Photovoltaikzelle etwa 90 Watt (elektrisch) erzeugt. Hoffnungen, dass sich das in Zukunft wesentlich verbessert, sind unbegründet und gehören zum technologiepolitischen Wunderglauben (siehe das Märchen vom Technologiesprung). Diese sehr alte Technik ist in den vielen Jahrzehnten bis dicht an ihre physikalische Grenze herangebracht worden; wundersame Verbesserungen, “Technologiesprünge”, wird es nicht geben.

    Dieser bei voller und möglichst senkrecht einfallender Sonne seine 90 Watt abgebende Quadratmeter kostet echtes Geld. Die Anschaffungskosten für ein Einfamilienhaus-Dach belaufen sich auf 13.000 Euro für eine Spitzenleistung von 2,5 KWp. Für den Anteil der Solarzellen daran zahlt man derzeit bis 10.000 Euro – das übrigens zu gut zwei Dritteln nach China fließt, denn die chinesischen Hersteller haben die deutsche Konkurrenz längst in Grund und Boden konkurriert: Deutschland konnte 2010 gerade einmal Solarzellen für 138 Millionen Euro nach China exportieren – während von dort Konkurrenzware für 5,9 Milliarden Euro kam.

    Dass China jetzt den Photovoltaik-Markt derart dominiert und die deutschen Hersteller beiseite gedrängt hat, haben unsere Medien kaum berichtet. Es ist zu peinlich. Das Sinken der Modulpreise hat man aber bemerkt. Teilweise wird dazu die Behauptung verbreitet, dies läge an großen Fortschritten der Produktionstechnologie. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Die Technik der Herstellung von kristallinen Silizium-Solarzellen, die gegenüber den Dünnschichtzellen einen deutlich höheren Umwandlungs-Wirkungsgrad besitzen und trotz höherer Preise den Markt dominieren, ist durch eine lange Kette von schwierigen Bearbeitungsschritten gekennzeichnet, die sich sämtlich einer Automatisierung entziehen. Es beginnt mit dem langwierigen Ziehen der großen Siliziumkristalle aus der Schmelze, gefolgt vom Sägen dünner Scheiben, dem Schleifen, Läppen und Polieren, dann dem Ätzen und Reinigen. Es folgen die Prozesse der Silizium-Halbleitertechnik: Dotieren der Si-Scheiben entweder im Diffusionsofen oder durch den Beschuss mit elektrisch beschleunigten Atomen (Implantieren), wieder Reinigungsarbeiten, dann Kontaktieren durch Aufdampfprozesse im Vakuum, anschließend Zuschneiden der Zellen. Die meisten dieser Arbeiten müssen unter Reinraumbedingungen erfolgen. Sie erfordern an allen Stationen in extremer Weise Handarbeit durch geschultes Laborpersonal - und der begleitende Energieverbrauch ist dermaßen hoch, dass die Solarzellen zwei bis drei Jahre arbeiten müssen, bevor sie die für ihre Herstellung aufgewendete Energie wieder “verdient” haben. Eine Kostenreduktion durch Erhöhung des Produktionsvolumens, wie es bei allen Verfahrenstechniken möglich ist, wird durch die technologiebedingt kleinen Anlagen (Ausnahme: die Implantationsaggregate) und deren Bedienung verhindert: Für die zehnfache Produktion braucht man auch zehnmal mehr Anlagen und zehnmal mehr Personal.
    Es sind diese beiden prinzipiellen Handicaps, die deutsche Hersteller von Anfang an in eine fast aussichtslose Position gegenüber chinesischen Herstellern gebracht haben: Der sehr hohe Lohnanteil und der hohe Energieverbrauch. Hier konnte China seine großen Vorteile ausspielen, die mit Technologie nichts zu tun haben. Sowohl die Löhne als auch die Strompreise sind hierzulande viel höher. So kam es rasch zu deutlichen Preissenkungen und einer Eroberung des Photovoltaik-Marktes durch chinesische Hersteller. Zwar gab es auch technologische Fortschritte bei der Effizienz der Zellen, aber das trug nur in geringem Maße zum Preisrückgang bei.

    Wäre in der rot-grünen Regierung, die das Milliarden verschlingende Erneuerbare Energien-Gesetz EEG verabschiedete, etwas Sachverstand über die sehr speziellen Fertigungsbedingungen der Photovoltaik vorhanden gewesen, man hätte den unvermeidlichen Verlust dieser lohnintensiven Technologie vorausgesehen und hätte sich wohl auch die großspurigen Reden über die viele tausend Arbeitsplätze schaffende Solarstromindustrie verkniffen. So fördern die deutschen vom EEG gerupften Verbraucher am Ende nur noch die chinesische Industrie.

    An dieser Stelle muss auch mit dem Glauben an die Photovoltaik als Hochtechnologie aufgeräumt werden. Sie gehört zwar fachlich zur Halbleiter-Technik, ist aber hinsichtlich ihrer nicht vorhandenen Komplexität und ihrer relativ bescheidenen Ansprüche an die Fertigungseinrichtungen, das Reinraum-Niveau und die Mitarbeiter-Qualifikation in keiner Weise mit der Mikroelektronik (“Chip-Technologie”) zu vergleichen. Letztere befindet sich permanent an den Grenzen des gerade technologisch Machbaren, verbunden mit extremem apparativem Aufwand und ausgeklügelter Design-Software, stets auf dem Wege weiterer Verkleinerung und Verdichtung der Schaltkreise bei Erhöhung ihrer Arbeitsgeschwindigkeit nebst Verringerung des Energieverbrauchs. Zwischen der ins Sub-Mikroskopische und Hyper-Komplexe gehenden Chip-Technologie und der Photovoltaik im Postkatenformat liegen technologische Lichtjahre. Auch wenn es manchen Ideologen weh tut: Die Photovoltaik war immer “Low-Tec” - und deshalb konnte sie Deutschland nicht halten und verteidigen.

    Die Deutschen sind jetzt die Hauptabnehmer der chinesischen Solarzellenfabriken. China selbst jedoch nicht. Obschon etwas größer als Deutschland und auch von der Sonne bestrahlt, hat China für seine Stromerzeugung andere Pläne: Das Riesen-reich installierte 2010 nur den achtzehnten Teil der 7.300 Megawatt Solaranlagen, die Deutschland ans Netz brachte. Jürgen Heraeus, der China-Beauftragte der deut-schen Wirtschaft, stellte dazu fest: “Das haben wir uns selbst eingebrockt.” Erst das Erneuerbare-Energien-Gesetz habe die chinesischen Solarunternehmen zu einer derartigen Konkurrenz gemacht. (8)

    Zu den happigen Preisen für den Kollektor selbst kommen noch der Wechselrichter (deutsches Produkt), die Montage, die Wartung, die Versicherung hinzu. So wurde vor 10 Jahren die alte bewährte Nischentechnik Photovoltaik, die für die Versorgung entlegener Plätze ohne Stromversorgung wie Bojen, Jagdhütten, Segelyachten, Telefonmasten in dünnbesiedelten Regionen etc. schon immer ihren Sinn hatte, durch den krampfhaften grün-roten Versuch, Kernkraftwerke durch irgendetwas ökologisch irgendwie Strom Erzeugendes zu ersetzen – möglichst mit Hilfe der symbolhaften Sonne, die keine Rechnungen schickt – zu einer extrem teuren, Milliarden verschlingenden Großtechnik aufgebaut. Die trotz einer Ende 2010 bereits installierten Spitzenleistung von ca. 16.900 MW wegen ihres sehr geringen Nutzungsgrades auch nur einen geringfügigen Anteil von 1,9 Prozent an der Gesamtstromerzeugung von Deutschland (621 Mrd. KWh) hatte.

    Dieser klägliche Beitrag kostet die deutschen Verbraucher, die das mit ihren Stromrechnungen bezahlen müssen, insgesamt unglaubliche 85,4 Milliarden Euro – diese Summe ist den Betreibern teils schon ausgezahlt worden, teils fällt sie noch an, da diese Einnahmen per EEG für 20 Jahre garantiert sind. (8) Der größte Teil dieser Milliarden dient der Anschaffung der Anlagen und den verdient jemand. Den Löwenanteil chinesische Hersteller, der Rest Zellen-Zusammenbauer und Handwerker. Es ist aber nicht die Sonne, so viel ist richtig.



    Nr. 9: Das Windstrom-Märchen: “Der Windpark XY kann Z-tausend Haushalte versorgen.”

    Eine derartige Behauptung ist ein fester Bestandteil jeder Pressemitteilung über die Einweihung eines Windparks. Tatsächlich kann auch der größte Windpark keinen einzigen Haushalt sicher und zuverlässig mit Strom versorgen. Das liegt am bekanntlich unvorhersehbaren und extrem schwankenden Windangebot, was regelmäßig dazu führt, dass bei den sowohl im Sommer als auch im Winter beliebten windstillen Hochdrucklagen alle Windmühlen viele Stunden und oft Tage still stehen. Das würde Stromsperren bedeuten und wäre für die Industrie tödlich.

    Wenn man eine grafische Darstellung der Windstrom-Erzeugung über den Zeitraum eines Jahres , zum Beispiel von 2010 , betrachtet, kann man bereits an diesen zerrissenen, wüst schwankenden Stromerzeugungs-“Schüben” kennen, wie ungeeignet eine solche Art der Energiegewinnung für die Versorgung eines Industrielandes ist. (Siehe hierzu das Informationsmaterial von Prof. H. Alt, FH Aachen). Diese extremen Schwankungen sind physikalisch begründet und damit politisch nicht beeinflussbar: Die Leistung einer Windkraftanlage steigt und fällt mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Sinkt die Windgeschwindigkeit also z.B. auf die Hälfte des maximal zulässigen Wertes, bei dem die Anlage ihre stets betonte Auslegungs- bzw. Maximalleistung abgibt, dann sinkt ihre Leistung bereits auf ein Achtel, also auf 12,5%. Bei noch weniger Wind, den man immer noch für kräftig halten mag, wird praktisch kein Strom mehr erzeugt. Deshalb arbeiten diese Anlagen nur bei höheren Windgeschwindigkeiten mit nennenswerter Leistung – und schalten aus Sicherheitsgründen schlagartig ab, wenn ihre maximal zulässige Windstärke überschritten wird. Das ist dann der Alptraum der Netzbetreiber, da plötzlicher Starkwind Hunderte von Windmühlen, die eben noch volle Leistung abgaben, zum Stillstand bringen kann. So schnell kann kein Reservekraftwerk hochgefahren werden.

    Da von Verteidigern der “Erneuerbaren” gerne das Argument gebracht wird, wie viele Kernkraftwerke (es sind immer nur Kernkraftwerke) von den Windkraftanlagen ersetzt werden können, kann man durch einfaches Ausmessen dieser Grafik feststellen, wie viel Tage im Jahr die vereinigten deutschen Windmühlen – Ende 2010 waren es 21.607 Stück – wenigstens eine Strommenge erzeugt hatten, die täglich von einem einzigen Kernkraftwerk geliefert wird. Bereits Mitte 2010 betrug ja die “installierter Leistung” (die Leistung, die die Windmühlen maximal erzeugen würden, wenn sie alle ihre maximal verkraftbare Windstärke erhalten würden) enorme 26.387 MW. Da sollte es doch kein Problem sein, eine große Anzahl konventioneller Kraftwerke vollkommen – d.h. kontinuierlich und zuverlässig das ganze Jahr über – durch diese mächtige Windkraft zu ersetzen.

    Das ist nur ein Öko-Märchen. Denn die Realität ist deprimierend: Im Jahre 2010 erreichte die eingespeiste Leistung aller Windkraftanlagen an 13 % aller Tage nicht einmal die Leistung eines einzelnen Kernkraftwerks von 1.400 MW. Noch trauriger sah es aus, wenn die Windmühlen zwei dieser 1.400-Megawatt-Kernkraftwerke “ersetzen” sollten: An 34 % aller Tage des Jahres 2010 blieben sie darunter. Und an 46 % aller Tage des Jahres 2010 reichte der gesamtdeutsche Windmühlenstrom nicht aus, um drei dieser Grundlastkraftwerke zu ersetzen.

    Aus diesem Grunde konnte bisher trotz des enormen und durch Milliarden an von Stromkunden bezahlten Zwangsabgaben (EEG-Gesetz) subventionierten Ausbaus der Windkraft kein einziges konventionelles Kraftwerk ersetzt, also abgeschaltet werden. Im Gegenteil: Es müssen zusätzliche Gaskraftwerke gebaut werden, die die extremen Schwankungen des Windstroms durch schnelles Herauf- und Herunterfahren ausgleichen müssen, damit das Stromnetz nicht zusammen bricht. Der einzige verbleibende Vorteil der Windkraft ist eine Brennstoffeinsparung der vorübergehend herunter gefahrenen Kraftwerke. Ihr enormer Nachteil ist die nun doppelt vorhandene teure Stromerzeugungs-Kapazität, die den Strompreis nach oben treibt. Zusätzliche Stromspeicher, die das Netz stabilisieren könnten, gibt es nicht und wird es auch in 20 Jahren nicht geben (siehe „Das Märchen von den neuen Stromspeichern“ und „Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher“).



    Nr. 10: Das Geothermie-Märchen

    Mit heißem Wasser aus der Tiefe Strom in Deutschland erzeugen zu wollen, erfüllt im Grunde den Straftatbestand des groben Unfugs – in Verbindung mit der Verschwendung von Steuergeldern, sofern die zurzeit laufenden Projekte öffentlich gefördert werden. Es ist der hoffnungslose Versuch, die Gesetze der Physik zu betrügen: Bei einer Temperaturdifferenz von etwa 80 Grad zwischen dem etwa 100 Grad heißen Wasser aus dem Bohrloch und der Kühlseite des daran angeschlossenen Niederdruck-Dampfkraftwerks ist der Umwandlungs-Wirkungsgrad von Wärmeenergie in elektrische Energie dermaßen klein, dass die allenfalls optisch eindrucksvollen Versuchskraftwerke – die tatsächlich gebaut worden sind – nur minimal Strom erzeugen können. Aus diesem Grund wird in den Beschreibungen dieser Projekte stets jegliche Angabe des elektrischen Wirkungsgrades sowie der anteiligen Anlagenkosten pro erreichtem Kilowatt an erzeugter elektrischer Leistung peinlichst vermieden. Die Leistungsbilanz sowohl der 4 errichteten und der 5 geplanten Geothermiekraftwerke ist insgesamt: 7,4 Megawatt. Ein einziges Kohlekraftwerk erzeugt jedoch 900 bis 1.400 MW; ein Kernkraftwerk 1200 bis 1.400 MW. Sinnvoll wäre allein die Nutzung der Geothermiewärme zu Heizzwecken über Fernwärme – sofern sich ein Neubaugebiet in der Nähe der Anlage befindet. Aus dem soeben bekannt gewordenen EEG-Erfahrungsbericht des BMU, der zugleich die künftige Planung bekannt gibt, geht hervor, dass “die Förderung der Geothermie stark ausgebaut werden soll”. Damit sind höchstwahrscheinlich wieder “Kraftwerke” wie die oben genannten gemeint. Das Motto scheint zu sein: Je hoffnungsloser und sinnloser die Vorhaben, desto stärker die Förderung.



    Nr. 11: Das Märchen vom Technologiesprung

    Es fällt auf, dass nur Politiker auf an-geblich sicher kommende Technologie-sprünge hinweisen, wenn sie die peinliche Tatsache von für die Energiewende fehlen-den Techniken (z.B. effiziente, bezahlbare Stromspeicher) hinwegreden möchten. Fachleute hüten sich vor solchen Äußerungen. In Wahrheit verlaufen technische Entwicklungen ohne spektakuläre Sprünge langsam und gleichmäßig, was die langen Zeiträume zwischen erster Idee, Labor- oder Technikumsmuster, Prototypentwicklung, Konstruktion der ersten marktreifen Anlage und dann noch den schwierigen Prozess der Marktdurchdringung erklärt. Tatsächlich brauchen technische Entwicklungen – außerhalb der in dieser Hinsicht für schnelle Verbesserungen prinzipiell sehr geeigneten Mikroelektronik - daher bis zu ihrer Markteinführung oft 30 Jahre, nicht selten auch 50 Jahre. Hierzu einige Beispiele:
    •die erste Anwendung der Wärmepumpe geschah in den 40er Jahren in der Schweiz;
    •die ersten Elektroautos gab es schon vor über 100 Jahren;
    •Silizium-Photovoltaik-Solarzellen wur-den 1953 erstmals in den Bell Labs produziert;
    •mit Brennstoffzellen als Treibstoff-Strom-Wandler bestückte Fahrzeuge gab es in Deutschland bereits um 1970;
    •der Stirlingmotor, der jetzt als Mini-Kraft-Wärme-Einheit (Motor plus Stromgenerator) für Häuser angeboten wird, wurde 1816 von dem Geistlichen Robert Stirling erfunden. Er diente bislang nur seit 1996 als Antrieb schwedischer U-Boote der Gotland-Klasse
    •Windmühlen als Stromerzeuger gibt es seit mindestens 80 Jahren.

    Wer von kommenden Technologie-sprüngen redet, zeigt damit nur, dass er keine Sachargumente hat, stattdessen aber meint, technologische Entwicklungen durch politische Sonntagsreden beschleunigen zu können. (siehe hierzu: , „Das Märchen von den neuen Stromspeichern“, „Das Elektroauto-Märchen“, „Das Geothermie-Strom-Märchen“)

    Der Kardinalfehler der letzten drei Regierungen in ihrer Energiepolitik war “die Festlegung auf einen bestimmten Energiemix. Die staatliche Aufgabe besteht eher in der Setzung eines fairen Rahmens als im Vorschreiben konkreter Technologien.” (9). Anstatt ideologisch bevorzugte, unakzeptabel teure Techniken ohne deren bitter nötige Weiterentwicklung mit Milliardensubventionen in den Markt zu drücken, wäre mehr Forschung und Entwicklung erforderlich. “Doch der Bund hat seine Ausgaben für die Energieforschung in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgefahren. Waren diese Mittel bis 1982 auf fast 1,5 Milliarden Euro gestiegen, bewegen sie sich aktuell auf einem Niveau von ca. 500 Millionen Euro.” (5) Vielleicht hätte man dazu die 1,4 Milliarden Euro gebraucht, die die Kraftwerksbetreiber eigentlich im Zuge der jetzt wieder abgeblasenen KKW-Laufzeitverlängerung allein 2016 in einen “Energie- und Klimafonds” zahlen sollten.



    Nr. 12: Das Märchen vom Segen der Dezentralisierung

    Schon lange wird als ein Gegenmodell zur stets bösen Großtechnologie – gemeint sind vor allem normale Kraftwerke – die Vision von unzähligen kleinen Stromerzeugern in den Häusern als die ideale Stromversorgungs-Struktur für unser Land propagiert. Die technische Lösung sieht immer gleich aus: Ein Gas- oder Dieselmotor treibt einen kleinen Stromgenerator an; die Abwärme kann in den Wintermonaten der Hausheizung zugeführt werden. Wegen der vielen Erzeuger ist die Versorgungssicherheit in einem derart dezentralisierten Netz ähnlich hoch wie bei der Nutzung unseres Verbundnetzes, an dem ebenfalls viele Kraftwerke – allerdings zumeist Großkraftwerke – hängen.

    Würde man in einem Land mit maroder Infrastruktur leben, dessen Stromversorgung durch ständige Blackouts gekennzeichnet ist, dann wäre ein solches dezentralisiertes System unverzichtbar. Im Grunde müsste jeder Betrieb und fast jedes Haus so eine eigene kleine Stromerzeugungsanlage besitzen, wie wir sie nur als Notstromversorgung in extrem stromabhängigen Nutzern kennen: Kliniken, Rechenzentren, Flugplätze, Telefonzentren, Polizei, Feuerwehr. In einem solchen maroden Land leben wir aber glücklicherweise nicht. Deshalb sticht das Argument der Versorgungssicherheit eines dezentralen Systems nicht – und das ist dessen einziger positiver Aspekt. Betrachtet man allerdings seine Nachteile, dann kommt einiges zusammen:
    •Ein durch viele Kleinerzeuger aufgebautes Stromversorgungsnetz benötigt zu 100 Prozent chemische Energieträger: Erdgas (auch veredeltes Biogas), Benzin oder Diesel (ebenfalls ggf. mit Biosprit-Anteilen). In der Realität wäre Erdgas mit Abstand der häufigste Brennstoff. Damit ist der Betrieb dieser Kleinanlagen von den Mineralöl- und Erdgaspreisen bestimmt – und zu mindestens 95% von Importen abhängig. Die Preise be-stimmen dann der Öl-Spotmarkt und Gazprom.
    •Dieses weit überwiegend mit fossilen Energieträgern betriebene System erzeugt weitaus mehr CO2 als das System der CO2-freien Kernkraftwerke, der modernen Kohle- und Gaskraftwerke (GuD) mit ihren den Gas- und Dieselmotoren deutlich überlegenen höheren Wirkungsgraden. Für das dezentrale Stromnetz bedeutet das einen wesentlich höheren CO2-Ausstoß als beim Verbundnetz.
    •Neben den hohen Brennstoffkosten spielen auch die erheblich höheren Investitionskosten bei den Kleinanlagen– gemessen in Euro pro erzeugter elektrischer Leistung in Euro / Kilowatt – eine Rolle.
    •Für den Ersatz eines 1000-MW-Kohlenkraftwerks wären ca. 330.000 Kleinanlagen á 3 KW erforderlich. Eine solche Kleinanlage kostet 8.000 – 22.000 Euro; das sind 3.700 – 7.500 Euro / KW. Zum Vergleich: Die Investitionskosten eines Kohlekraftwerks führen zu Kosten von 1.140 – 1.480 Euro / KW. (10)

    Zusammengefasst
    •Gegenüber einem durch Kohlenkraftwerke versorgten Verbundnetz wäre ein durch Kleinanlagen dominiertes Versorgungsnetz wesentlich teurer, wozu noch der Netzausbau im Mittelspannungs- und Niederspannungsnetz hinzu käme.
    •Die benötigten Import-Brennstoffe sind wesentlich teurer als heimische Braunkohle. oder Uran (Beispiel: anteilige Urankosten einer Kernkraft-Kilowattstunde 27% bei abgeschriebener Anlage, 8,1% bei KKW-Neubau; Erdgaskosten-Anteil bei GuD-Gaskraftwerken 74%).
    •Deshalb würde der Strom im dezentra-len Netz deutlich mehr kosten.
    •Der CO2-Ausstoß würde sich deutlich erhöhen.
    •Die dezentrale Stromerzeugung hätte gegenüber dem jetzigen System keinen Vorteil bezüglich der Versorgungssicherheit.

    Das dezentrale Stromversorgungssystem besitzt also keinen Vorteil, hat aber mehrere erhebliche Nachteile.



    Nr. 13: Das Jobwunder-Märchen: “Erneuerbare” Energien schaffen viele Arbeitsplätze”

    Dieses Argument wird ständig ge-bracht, aber exakt das Gegenteil dieser Be-hauptung stimmt: Jeder Arbeitsplatz, der durch Subventionen geschaffen wird, führt zur Vernichtung von mindestens 2,2 Arbeitsplätzen in der übrigen Wirtschaft. Bei der besonders teuren Photovoltaik werden sogar doppelt so viele Arbeitsplätze pro geschaffenem subventionierten Öko-Arbeitsplatz vernichtet. Der Mechanismus dieses Zerstörungsvorgangs, der übrigens für alle Subventionen gilt, ist simpel: Subventionen für Unternehmen oder deren Produkte, die am freien Markt keine Chance hätten, entziehen den Bürgern und der Wirtschaft Geld, das diese ansonsten für Konsum, Investitionen, Dienstleistungen etc. ausgeben würden. Das vernichtet Arbeitsplätze in diesen Branchen. Hinzu kommt, dass die so künstlich geschaffenen Arbeitsplätze in der “Grünen Industrie” zum großen Teil nicht dauerhaft sind, da sie überwiegend nur für die Produktion von Anlagen eingesetzt werden, nach deren Verkauf die Arbeit beendet ist. Arbeitsplätze, die dauerhaft mit dem Betrieb, der Wartung und Reparatur von Anlagen befasst sind, gibt es dort vergleichsweise wenig. Diese Erkenntnisse sind in der internationalen Wirtschaftswissenschaft mehrfach bestätigt worden. (s. Gabriel C. Alvarez et al, Universität Rey Carlos de Madrid, März 2009).

    Das Institut der deutschen Wirtschaft IW Köln vergleicht die Beschäftigungswirkungen der erneuerbaren Energien mit Herrn Tur Tur, dem Scheinriesen aus dem Kinderbuch über Jim Knopf und Lukas, den Lokomotivführer, der von weitem riesig wirkt, aber beim Näherkommen auf Normalmaß zusammenschrumpft. Nach Angaben der Erneuerbaren-Branche arbeiteten dort über 300.000 Menschen. “Wenn man genauer hinschaut, bleibt von diesem Jobwunder wenig übrig”, stellt das IW Köln fest (1.9.2010). Nach einer BMU-Studie arbeitet weit mehr als die Hälfte dieser 300.000 - nämlich 184.000 Personen - nur dank laufender Investitionen in diesem Sektor. Ohne diesen Aufbaueffekt sehe es bei Sonne, Wind, Wasser, Biogas und Biomasse längst nicht so positiv aus: Nur etwa 53.000 Personen betreiben und warten die Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Insgesamt kommt die Energieversorgung in Deutschland auf 239.000 Beschäftigte. Der Beschäftigung bei den Erneuerbaren steht zudem ein Abbau an anderer Stelle - bei den Industrieunternehmen, die unter den erhöhten Energiekosten leiden - entgegen. “Betrachte man den Beschäftigungsaufbau in der Erzeugung von erneuerbaren Energien auf der einen und die negativen Effekte in den übrigen Energiesparten auf der anderen Seite, sind keine positiven Wirkungen für den Arbeitsmarkt zu erkennen.” “Gemessen an allen 27,5 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland ist die Zahl der Arbeitsplätze (bei den Erneuerbaren) alles andere als beeindruckend: Nur 0,2% aller Arbeitnehmer kümmern sich um den laufenden Betrieb von Anlagen, die grünen Strom produzieren.” (11)

    Deutsche Unternehmen exportieren erfolgreich Anlagen für Umweltschutz-Zwecke. Aber die Hoffnungen von den “Erneuerbaren” als Exportschlager für die Industrie sind längst geplatzt. 2006 fanden sich unter den zehn weltgrößten Windkraftanlagen-Herstellern noch vier deutsche. 2010 standen nur noch zwei Namen auf der Liste – wohl aber vier chinesische. Deutschland exportierte 2010 Solarstromanlagen für 138 Millionen Euro nach China; China exportierte im Gegenzug solche Anlagen im Wert von 5,9 Milliarden Euro nach Deutschland.



    Nr. 14: Das Märchen vom Ökostrom

    Viele Deutsche meinen es gut und geben Geld aus, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Das ist natürlich anzuerkennen. Aber freigiebig locker gemachtes Geld lockt gewisse Leute an, die es gerne hätten, ohne die damit verbundenen Wünsche ernst zu nehmen. Schon länger fließt etliches Geld aus Deutschland über den Atlantik, um dort zum Beispiel eine Patenschaft für eine Fledermaus in Nicaragua, einen Ara in Brasilien oder ein paar Quadratmeter Regenwald in Costa Rica zu finanzieren. Manches davon mag seriös sein, aber seit längerem hat sich in Übersee für das treuherzige, unkritische Finanzieren gut gemeinter Projekte der böse Begriff “Stupid German Money” (Deutsches Idiotengeld) eingebürgert.

    Auch in Deutschland selbst kann man zum Beispiel durch seine Stromrechnung die Heimat angeblich etwas grüner machen, vorausgesetzt, man kauft bei einem der zahlreichen Anbieter “Ökostrom”. Als Techniker ist man von diesen Vorgängen zunächst verwirrt, denn eins ist absolut klar: Aus der Steckdose eines jeden Kunden kommt überall der gleiche Strom, über dessen Quellen man sich erst am Jahresende ein Bild machen kann, wenn bilanziert wird, welche Erzeuger wieviel Strom eingespeist haben. Für 2010 sah dieser Strommix folgendermaßen aus:
    •Kernenergie 22%
    •Erdgas 14%
    •Braunkohle 24%
    •Steinkohle 19%
    •Wind 6,2%
    •Wasserkraft 3,2%
    •Biomasse 5,6%
    •Photovoltaik 2%
    •Sonstige (Müll, Öl, Grubengas; Klärgas) 5%

    Die im EEG genannten “Regenerativen” (s.u.) haben also zusammen knapp 20%. Wie sehen nun die Ökostrom-Angebote aus? Und was steckt tatsächlich dahinter?


    Variante A ist das Angebot, Wasserkraftstrom aus Deutschland zu liefern. Das bieten mehrere Stromversorger an. Einer dieser Anbieter schreibt: “In jedem Fall erhalten Sie ohne CO2-Emissionen produzierten Strom aus 100% Wasserkraft mit TÜV Nord-Zertifikat. Sie bestimmen, welcher Strom für Sie persönlich produziert wird. Aber nicht nur das: Sie sorgen dafür, dass der Anteil von Ökostrom im gesamten Netz immer größer wird.” Bewertung: Die beiden ersten Sätze sind irreführend und haben mit der Realität nichts zu tun. Der dritte Satz würde nur dann eine Winzigkeit Wahrheit enthalten, wenn sich dieser Anbieter verpflichtet hätte, seine Gewinne selbst in neue Anlagen der regenerativen Energieerzeugung zu investieren. (Siehe Variante D). Davon ist aber in seiner Werbung nicht die Rede. Dass der Kunde den vom Anbieter gekauften Wasserkraftstrom komplett erhält, ist schon physikalisch unmöglich. Ebenfalls unmöglich ist aber sogar, dass durch diesen Kauf der gläubige Ökostromkunde oder auch irgendein anderer Stromkunde auch nur eine Winzigkeit mehr regenerativen Strom an seiner Steckdose ankommen sieht. Das verhindert nämlich das Erneuerbare Energie-Gesetz (EEG). Es bestimmt, dass die öffentlichen Netzbetreiber verpflichtet sind, sämtliche von den im EEG genannten Erzeugern (Wasserkraftwerke; Biomassekraftwerke; Geothermiekraftwerke; Windkraftanlagen; Photovoltaikanlagen; Stromerzeuger mit Deponiegas, Klärgas und Grubengas) produzierten Strommengen vorrangig - und das heißt restlos - gegen die gesetzlich festgelegte Vergütung anzukaufen. Anschließend müssen sie diesen Strom an einer Strombörse vermarkten. Das bedeutet: Sämtlicher in Deutschland erzeugter regenerativer Strom wird qua Gesetz den Produzenten abgekauft - nichts bleibt an ungenutzten Kapazitäten übrig, deren Strom man noch extra als Ökostrom ankaufen und weiterverkaufen könnte. Ebenso unmöglich ist es, dass der Ökostromkunde “selbst bestimmt, welcher Strom für ihn persönlich produziert wird.” Er bekommt wie alle anderen Verbraucher, die nichts extra bezahlen, z.Zt. knapp 20% Ökostrom - und kein bisschen mehr.


    Variante B: Wenn der Ökostrom nicht aus Wasserkraft, sondern angeblich aus anderen im EEG genannten regenerativen Quellen in Deutschland kommt, gilt das oben Gesagte genau so.


    Variante C: Ein Anbieter schreibt: “Es ist garantiert kein Atomstrom.” Und: “Unser Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Norwegen wird aus Wasserkraft gewonnen. Aus 100% Wasserkraft.” Bewertung: Abermals gilt das oben zu der Unmöglichkeit der Beeinflussung des Strommixes an der Steckdose des Ökostromkunden Gesagte. Selbstverständlich erhält auch dieser Kunde seine ca. 20% regenerativ erzeugten Strom - und Wasserkraft hat daran (s.o.) ihre 3,2%. Deutsche Wasserkraft, selbstverständlich. Das EEG-Argument gilt in diesem Falle nicht, denn es wird ja in Norwegen Strom eingekauft. Das klingt zwar besser, ist es aber auch wieder nicht. Norwegen hat viel Wasserkraft, aber nicht genug davon. Das hat zwei Konsequenzen: Zum einen brauchen und verbrauchen die Norweger ihren Wasserkraftstrom selbst. Und weil das nicht reicht, importieren sie Strom aus Schweden - und zwar Kernkraftstrom. Kaufen Ausländer wie der deutsche Ökostromanbieter den norwegischen Wasserkraftwerken Strom ab, fehlt dieser im dortigen Netz. Weil die Wasserkraftwerke wegen des deutschen Käufers auch nicht mehr als ohne ihn produzieren, ist der Umweltnutzen dieses Geschäfts Null. Es muss nur mehr Kernkraftstrom in gleicher Menge importiert werden. Und weil man im norwegischen Netz genau wie im deutschen einen Strommix hat - in diesem Falle Wasserkraftstrom und schwedischen Kernkraftstrom - , ist auch in dem nach Deutschland gelieferten Ökostrom doch zusätzlicher Atomstrom dabei - der sich dann im deutschen Netz mit dem deutschen Atomstrom vereinigen würde, wenn das bei Strom überhaupt ginge. An der Steckdose des Kunden ist wieder “garantiert” 22% Atomstrom entnehmbar. Ob der deutsche Ökostrom-Aufkäufer die Norweger zu einem weiteren Ausbau ihrer Wasserkraft veranlassen kann, ist eine gute Frage. Aber nur wenn genau das der Fall wäre, hätte es einen Einfluss auf den Strommix im norwegischen und deutschen Netz.


    Variante D: Der Ökostromanbieter erklärt verbindlich, dass er seine Gewinne in neue Anlagen der regenerativen Energieerzeugung investieren wird. Dies finden die Umweltverbände gut, denen die anderen Varianten verständlicherweise wohl weniger überzeugend vorkommen.

    Aber auch hierbei scheint der Umweltnutzen nur marginal zu sein: Es sind ja nicht die vom Kunden überwiesenen Ökostromkosten gemeint - der Löwenanteil davon geht an die vom EEG begünstigten Einspeiser, dann gibt es noch Verteilungskosten etc. - sondern nur die Gewinne, sofern sie anfallen. Außerdem befinden sich die Ökostromanbieter dann auf einem durch das EEG (d.h. durch die Zwangsabgaben der Verbraucher) recht lukrativ gewordenen Markt, in dem sich kapitalkräftige Investmentgesellschaften, EVU´s, Kommunen und andere Geldgeber tummeln. Der Einfluss der Ökostromanbieter, hier noch Zusatzkapazitäten zu errichten, die man überhaupt quantitativ bemerkt, dürfte überschaubar sein. Auch der Atomausstieg wird die vermeintlichen Ökostrombezieher nicht von dem 65-Prozent-Atomstrom-Kohlestrom-Alptraum aus ihrer Steckdose befreien, denn zum einen wird ja der deutsche Kernkraftstrom weitestgehend durch Atomstromimporte aus Frankreich und Tschechien ersetzt; zum anderen wird sich mittelfristig der Kohlestrom-Anteil erhöhen. Nur der weitere Ausbau von Wind- und Solarstrom kann diese 65% etwas absenken, aber der Preis dafür wird hoch (siehe das Märchen von den geringen Kosten der “Energiewende”). Dennoch haben die Ökostromkunden in unserem Wirtschaftssystem eine Wirkung, wenn auch eine nicht von ihnen beabsichtigte: Ihre Nachfrage nach regenerativ erzeugtem Strom bewirkt an den Strombörsen, an denen der Übertragungsnetzbetreiber seinen teuren EEG-Strom verkaufen muss, einen Preisanstieg. Den Netzbetreiber, der diesen Strom ursprünglich bei den Wasserkraftwerken und den anderen EEG-begünstigten Erzeugern ankaufen musste, freut das, denn er zahlt beim Ökostrom immer kräftig zu, weil der Strompreis-Erlös an den Börsen viel niedriger liegt als der gesetzlich festgelegte Ankaufspreis. Jetzt bekommt er also etwas mehr Geld an der Börse und seine Verluste, die er auf alle Stromkunden umlegen darf, sinken etwas. Das Ökostromgeschäft führt somit zwar nicht zu mehr Ökostrom, - weder bei der Erzeugung noch beim Verbraucher - entlastet aber RWE, E.ON & Co. finanziell. Solche Wege nimmt die Entwicklung, wenn gutgemeinte Fördermechanismen auf Marktwirklichkeit stoßen. Eigentlich müsste nun gemäß der Marktlogik auch der Endverbraucher-Strompreis etwas sinken. Aber mächtige Kräfte wirken in die entgegengesetzte Richtung: Die Stilllegung preisgünstiger Grundlast-Kernkraftwerke, der Ersatz ihrer Strommengen durch teureren Importstrom, die Errichtung teuer produzierender schneller Gaskraftwerke für den Ausgleich der Solar- und Windkraft-Schwankungen, der riesenhaft geplante Ausbau des Höchstspannungsnetzes, der weiter gehende gewollte Ausbau der “Erneuerbaren”, deren Strom teuer angekauft und ins Netz eingespeist werden muss.


    Wenn man es freundlich ausdrücken will, dann ist die deutsche Ökostrom-Liebe eine sympathische Liebhaberei. Diese Bezeichnung ist genau so gemeint, wie es die Finanzämter auch meinen, wenn sie das Tun der Steuerzahler einschätzen.



    Nr. 15: Märchen von der wirklich ergebnisoffenen Suche nach einem Endlager-Standort

    Nach dem Willen der Regierung wird jetzt die lange vorbereitete Wahl des Atommüll-Endlagers Gorleben zur Seite geschoben und eine neue landesweite Suche angekündigt. Die Ministerpräsidenten der Länder wurden damit schauspielerisch hart gefordert, denn sie mussten große Freude darstellen, während sie sich die Reaktion ihrer Bürger vorstellten, falls das absolut endgültige Suchergebnis in ihr Land fallen würde. Dabei kam eine besondere Begabung der Spitzenpolitiker in der Disziplin des gehobenen politischen Ausdruckstanzes zum Einsatz: Der Eiertanz. An der bayerischen Landesregierung konnte man das besonders schön sehen: Der urplötzlich ergrünte Ministerpräsident Seehofer spielte eine schwierige Doppelrolle, indem er die Pläne der Kanzlerin, jetzt überall nach geeigneten Atommüll-Endlagerstätten zu suchen, wärmstens befürwortete, aber zugleich durchblicken ließ, dass doch wohl Bayern nicht gemeint sein könne. Auch andere Ministerpräsidenten bezeugten zähneknirschend ihre Freude über das Kuckucksei.

    Weshalb ist dies alles ein Märchen?

    Die Antwort lieferte am 17.6.2011 Dr. Klaus Tägder in einem “Aufgabe erfüllt” getitelten Leserbrief an den Bonner Generalanzeiger. Zitat: “Diverse Politiker haben die Debatte um einen Endlagerstandort wieder angestoßen. Alle geologischen Aspekte müssten auf den Prüfstand, Deutschland müsse erst mal ausgeleuchtet werden. Ihnen sei gesagt - und eigentlich sollten sie es wissen: Diese Aufgabe hat das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe bereits vor Jahren erfüllt. In seinem im August 2006 vorgelegten Bericht fasst das Amt die Forschungsergebnisse über Regionen mit den in Deutschland potenziell geeigneten Gesteinsformationen Steinsalz, Kristallin und Tongestein zusammen. Als Grundlage der Bearbeitung dienten alle verfügbaren Daten aus Karten, Archivmaterial und Bohrungen, heißt es in dem Bericht. Fernerhin: “Für die Auswahl von potenziellen Wirtsgesteinen für die Endlagerung ....in tiefen geologischen Formationen in Deutschland wurden international anerkannte geowissenschaftliche Auswahlkriterien und Mindestanforderungen sowie zusätzliche aus geowissenschaftlicher Sicht als maßgeblich zu betrachtende Kriterien herangezogen.” Die Eigenschaften potenzieller Wirtsgesteine wurden vergleichend bewertet. In einer Karte sind die untersuchungswürdigen Regionen mit Steinsalz- und Tonformationen zusammengestellt. Kristallgestein (zum Beispiel Granit) wurde wegen eindeutiger Nachteile gegenüber Steinsalz- und Tonformationen in der Karte nicht mit aufgenommen.”

    Für diesen Artikel hat Klaus Tägder nun weitere, ausführlichere Informationen über die bald unendliche deutsche Endlagergeschichte beigesteuert: “Die bereits in den frühen 60er Jahren getroffene Empfehlung für Salz als Wirtsgestein für die Endlagerung basiert vorrangig auf der Undurchlässigkeit und der Kriecheigenschaft (Konvergenz) des Steinsalzes und somit auf dem vollständigen Einschluss der Abfälle, ferner auf der guten Wärme(ab)leitfähigkeit - eine für hochradioaktive und daher wärmeentwickelnde Abfälle wesentliche Eigenschaft. Überdies sind die Kenntnisse über Steinsalzvorkommen in Deutschland im Vergleich zum Kenntnisstand über Tongesteins- und Kristallinvorkommen (z.B. Granit) nach Aussage des Bundesamtes BGR wesentlich größer. Erinnert sei auch an die Erklärung der Bundesregierung zur Salzstockerkundung in Gorleben, die sie im Rahmen der Vereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen vom 14.06.2000 abgab. Darin heißt es (Zitat): “Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit (Nutzung des Salzstocks für den vorgesehenen Zweck) des Salzstocks Gorleben nicht entgegen.” Gleichwohl erließ die Regierung ein mindestens dreijähriges, höchstens zehnjähriges Moratorium (d.h. Untätigkeit) in der Salzstockerkundung zur zwischenzeitlichen Klärung sicherheitstechnischer Fragen. Diese Klärung lieferte im Ergebnis keine neuen Erkenntnisse. Dieses Moratorium war somit ein politischer Schachzug, um das Argument der fehlenden Endlagerung so lange wie möglich aufrecht erhalten zu können.

    Wieso war die Wahl auf Gorleben gefallen?

    Die Standortsuche, die bereits 1964 einsetzte, war ein 12-jähriger mehrstufiger Prozess, an dessen Ende von ursprünglich 166 in Augenschein genommenen Standorten nach zuvor festgelegten, breit gefächerten Auswahl- und Ausschlusskriterien nur zwei gleichwertige Standorte, beide in Niedersachsen, übrig blieben. Einer davon war der Standort Gorleben, für den sich die Niedersächsische Landesregierung 1976 entschied. Die Entscheidung fiel im Konsens zwischen Bund, Land, Standortregion und -gemeinde! Über Einzelheiten des Entscheidungsprozesses gibt die vom Niedersächsischen Umweltministerium 2010 vorgelegte Expertise zur Standortauswahl ausführlich Auskunft. Sind sich die Politiker, die Deutschland auf weitere Standorte hin “durchleuchten” lassen wollen, eigentlich darüber im Klaren, dass sie eine Kette von Untersuchungen fordern, von denen jede einzelne auf die Erarbeitung des umfassenden Kenntnisstandes hinausläuft, den man gegenwärtig über den Salzstock Gorleben hat? Nur so ließe sich ein wirklicher Vergleich durchführen. Ein derartiger Vergleich bedeutet nichts anderes als die vielfache Anwendung der gleichen Untersuchungstiefe, die nach Absolvierung der Standort-Vorauswahl schließlich bei Gorleben angewendet wurde. Und das würde sehr teuer werden: Die Kosten allein der Salzstockerkundung in Gorleben belaufen sich bisher auf ca. 1,6 Milliarden Euro, die nach dem Verursacherprinzip fast vollständig von den Abfallverursachern bereits aufgebracht werden mussten. Angesichts der von der Bundesregierung bestätigten positiven Untersuchungsergebnisse zum Salzstock Gorleben hätten sie nun wohl gute Aussichten, sich gerichtlich gegen die erneute Kostenübernahme von alternativen Standort-Intensivuntersuchungen zu wehren, die in jedem Einzelfall abermals um eine Milliarde kosten können. Eine intensive Suche nach anderen Standorten könnte unter Umständen dazu führen, dass man einen findet, der gewisse Vorteile gegenüber Gorleben hat, aber ebenso auch wieder Nachteile. Auf jeden Fall würde viel Zeit vergehen und sehr viel Geld verbraucht werden.

    Wie müsste die Regierung vorgehen, um möglichst rasch und mit dem geringsten Geldaufwand zu einer Entscheidung über ein Endlager zu kommen? Sehr einfach: Die Prüfung von Gorleben zu Ende bringen. Eine endgültige Entscheidung über die Eignung dieses Standortes ist in Kürze möglich und würde ca. eine weitere Milliarde Euro kosten. Bei einem “ja” wäre die Hängepartie zu Ende. Nur bei einem “nein” müsste man eine Suche nach alternativen Standorten beginnen. Aber bei diesem Vorgehen hätte man in absehbarer Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, die sich aus den bisherigen gründlichen Vorarbeiten ergibt, das geeignete Endlager gefunden: Gorleben. Es wäre der Abschied von dem Dauerargument der ungelösten Endlager-Frage und es sieht nicht danach aus, dass jemand ehrlich eine Antwort wünscht.



    Schlusswort

    Die deutsche Angstpolitik ist nun Wirklichkeit. Für eine Hoffnung auf eine Rückkehr zu einer realistischen Politik besteht für mehrere Jahre kein Anlass. Erst nachdem massive Schäden eingetreten sind, die sich politisch auszuwirken beginnen, könnte es zu einer Rückbesinnung kommen, allerdings wohl nicht innerhalb der zurzeit im Bundestag vertretenen Parteien. Dass sich ein führendes Industrieland ohne real existierende Probleme nur aus Angst selbst wirtschaftlich ruiniert, ist in der Geschichte einzigartig. Der Autor hat nicht die Hoff-nung, mit seinen Zeilen noch irgendetwas an diesem Prozess aufzuhalten; das wäre realitätsfern. Das musste nur einfach aufge-schrieben werden, damit es jemand liest. Tatsächlich ist es kein Artikel, sondern ein Nachruf.
    Merke dir dir BRD ist nicht das modernste Land der Welt. Wo nimmst du die Überheblichkeit her du dummer Bauer.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  7. #1157
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von SAMURAI Beitrag anzeigen
    Nur Dumme sind noch pro AKW. Die glauben, die Welt steht still.


    Du kapierst nur nicht dass jede Technik effizienter wird.
    Wir führen eine uneffiziente und teure ein.
    Sie gleicht den früheren Windmühlen.


    Hier die modernsten Atomkraftwerke.


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    Die wahre Energiewende

    Diese Wundermaschine ist keine Utopie. Sie wurde bereits gebaut und war als Versuchsanlage am Oak Ridge National Laboratory in den USA von 1965 bis 1969 in Betrieb. In dieser Zeit wurde nicht nur ihre grundsätzliche Funktionsfähigkeit evaluiert, sondern auch die erforderlichen Materialien für Ventile, Pumpen und Rohrleitungen und die chemische Verfahrenstechnik für die kontinuierliche Abtrennung von Uran und Spaltprodukten aus den flüssigen Salzen entwickelt. Die damals aufgebaute technische Kompetenz ist gut dokumentiert auch heute noch verfügbar. Man könnte mit dem Bau eines Thorium-Flüssigsalzreaktors jederzeit beginnen. Tatsächlich hat man schon begonnen. Im Januar 2011 gab die chinesische Akademie der Wissenschaften bekannt, binnen 5 Jahren einen Demonstrationsreaktor dieses Typs errichten zu wollen. Dies sei das erste von vier Projekten zur Erringung einer „strategischen Führerschaft in Wissenschaft und Technologie“. Auch in Indien finden aufgrund seiner erheblichen Thorium-Vorkommen solche Entwicklungen statt. Geprägt durch amerikanische Wissenschaftler haben sich längst globale Netzwerke etabliert, durch welche die Thorium-Technologie promotet wird. Nicht nur angelsächsische Medien, auch amerikanische und britische Politiker aller Richtungen haben die Relevanz der Thematik erkannt und sich unterstützend geäußert. Firmen wie Google sponsern Konferenzen und Finanziers wie Bill Gates bekennen sich zu innovativer Nukleartechnologie.

    Deutsche Namen, gleich ob aus Wirtschaft, Politik oder Wissenschaft, findet man in diesen Netzwerken nur selten. Deutsche Medien ignorieren das Thema fast vollständig, Deutschland ist das Tal der Ahnungslosen in einer Welt im Aufbruch. Der Thorium-Flüssigsalzreaktor ist in Wahrheit nur eines von sechs fortgeschrittenen, völlig neuen Reaktorkonzepten, die im Rahmen eines internationalen Forschungsverbundes, des „Generation IV International Forums“, entwickelt werden. Von den führenden Industrienationen fehlt in diesem Projekt nur eine, Deutschland.

    Es ist ziemlich offensichtlich: Die Entscheidung der Amerikaner in den 1960er Jahren, von allen zur Verfügung stehenden Konzepten nur die Leichtwasserreaktoren auf Basis des Uran-Plutonium-Brennstoffkreislaufes weiterzuentwickeln und mit dieser Technologie die Welt zu versorgen, hatte einen Innovationsstau in der Kerntechnik zur Folge. Und unter geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen können sich spezifische Eigenschaften technischer Systeme (etwa die Erzeugung von Plutonium und die Möglichkeit zur Skalierung auch für mobile Applikationen) von Vorteilen in Nachteile verwandeln. In Deutschland aber scheinen Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft, ja im Prinzip eine ganze Gesellschaft mit wenigen Ausnahmen der irrigen Vorstellung anheimgefallen zu sein, solche Nachteile würden das Wesen der friedlichen Nutzung der Kernenergie ausmachen, wären prinzipieller und unvermeidbarer Natur. In Wahrheit ist das Wesen der Kernenergie nur dieses: Masse und Energie sind einander äquivalent. Und daraus kann man nicht aussteigen. Die Natur bietet uns diese Möglichkeit, Energie in optimaler Weise zu gewinnen, freimütig an. Die Politik hat entschieden, dieses Angebot an einem bestimmten Ort (Deutschland) und zu einer bestimmten Zeit (bis auf weiteres) zurückzuweisen. Die Natur wird es, gänzlich unbeirrt, natürlich dennoch unbegrenzt aufrecht erhalten. Die Aufgabe verantwortungsvoller Politik kann daher nur sein, darüber zu entscheiden, wie wir nutzen, was wir von der Natur gelernt haben. Denn die Nachteile der Kernenergie, die uns in Deutschland aktuell bewegen, Risiken und Schadenspotentiale der aktuellen Reaktortypen und des durch diese bedingten Brennstoffkreislaufes, sind bauart- und nicht prinzipbedingt.

    Viele Kommentatoren werten den durch die schwarzgelbe Regierung forcierten Ausstieg als gelungenes Manöver, der Opposition, insbesondere den Grünen, ein wichtiges Mobilisierungsthema zu nehmen. Wäre es nicht noch klüger, die Argumente der Gegner, statt sie aus opportunistischen Überlegungen zu übernehmen, durch eine innovative Technologie schlicht gegenstandslos zu machen? Durch den Thorium-Flüssigsalzreaktor können Risiken und potentielle Schäden auf ein Maß minimiert werden, das eine Neubewertung der Kernenergie auch in Deutschland erzwingt. Eine Gesellschaft mit dem Wunsch zu einer Energiewende sollte diese Neubewertung vornehmen. Andernfalls findet die wirkliche Wende ohne Deutschland statt.


    Einleitung

    In Deutschland läuft zurzeit ein Sozialexperiment ab, das erhebliche Folgen haben wird. Mehrere Jahre lang wurden die Menschen von den Medien systematisch einseitig und sachlich falsch über das Energieproblem informiert – also desinformiert -, was zu irrealen Vorstellungen über Chancen, Kosten, Gefährdungen und Auswirkungen von Energietechniken geführt hat. Profiteure dieser Entwicklung sind politische Parteien, die diese Entwicklung nach Kräften gefördert haben, wobei die Verbreitung von Angst als Mittel der Politik mit beängstigendem Erfolg eingesetzt wurde. Bereits vor dem Fukushima-Unglück hatte die Regierung vor den Medien kapituliert – das Energiekonzept vom Herbst 2010 ist der Beweis dafür. Die extreme Angstwelle, die die deutschen Medien – als einzige auf der Welt – aus der Fukushima-Katastrophe erzeugten, stürzte die hilflose Regierung in einen hektischen Aktionismus, der in seinen Widersprüchen auch noch die Reste einer Energiepolitik ruinierte. Von einem besonnenen, verantwortlichen Handeln ist nichts zu erkennen. Im Ausland beobachtet man Deutschland mit Befremden. Vom G8-Gipfel wurde berichtet, dass die übrigen Industrieländer die Entwicklung in Deutschland als seltsames, riskantes Experiment ansehen, das mit einem wirtschaftlichen Desaster enden könnte. Die Bundesregierung hatte am 28.9.2010 ihr Energiekonzept für eine „umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ vorgelegt. Zu den wichtigsten Vorhaben zählen darin:
    •Die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 80% bis 95% gegenüber dem Wert des Jahres 1990; um 40% bis zum Jahre 2020.
    •Der Ausbau der erneuerbaren Energie auf einen Anteil von 60% am Bruttoendenergieverbrauch bzw. 80% am Bruttostromverbrauch. Für 2020 sollen das 18% bzw. 35% sein.
    •Eine Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 um 50% gegenüber 2008 (2020: 20%). In Deutschland bestünden angeblich „weiterhin ganz erhebliche Potentiale zur Energie- und Stromeinsparung.“
    •„Die Laufzeit der Kernkraftwerke werden wir um durchschnittlich 12 Jahre verlängern.“

    Allein diese wenigen Zeilen enthalten eine hohe Konzentration an stark übertriebenen und unrealistischen und auch sehr kurzlebigen Zielvorgaben; im Falle Kernkraft eine 180-Grad-Wende innerhalb weniger Wochen. Bereits der erste Satz stellt ein bemerkenswertes Beispiel von Schönfärberei dar, denn – wie in den folgenden Kapiteln dargelegt wird – dieses Energiekonzept würde Deutschland in eine sehr unzuverlässige, unbezahlbare und zudem ganz und gar nicht umweltschonende Energieversorgung befördern, wenn es denn jemals ernsthaft versucht wird. Bereits der Versuch würde große wirtschaftliche Schäden anrichten und es ist ein nur schwacher Trost, dass die vollständige Umsetzung dieses Energiekonzeptes ohnehin unerreichbar ist, weil bei einem bestimmten Ausmaß der angerichteten Schäden – Arbeitslosigkeit, Einbruch der Steuereinnahmen, Auswandern der Industrie, Verarmung der sozial Schwachen - die Regierung davongejagt werden würde. Die Bundesregierung selbst hat nun gerade einmal 5½ Monate nach der Verabschiedung dieses bis zum Jahre 2050 reichenden Energiekonzepts und 3 Monate nach der zu diesem Konzept gehörenden Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke (am 14.12.10 in Kraft getreten) mit dessen Verbrennung begonnen. Das Kernkraftmoratorium und die wohl folgende Stilllegung von mehreren Kernkraftwerken, deren Laufzeit soeben noch verlängert wurde, und die 180-Grad-Wende in der Nuklearpolitik, die plötzlich verkündet wird, befördern Deutschland in das mit teuren „Erneuerbaren“ angereicherte Kohle- und Gaszeitalter zurück und mit den Klimabroschüren des BMU kann man nun sein Haus heizen.

    Es lag nahe, alle Widersprüche dieser Energiepolitik, die eigentlich diese Bezeichnung nicht verdient, zu kommentieren, wobei sich die Erzählform, die die Gebrüder Grimm begründet haben, als Rahmen anbot.



    Nr. 1: Das Märchen vom deutschen Vorbild

    Es ist schon erstaunlich, wie oft von Politikern erzählt wird, dass Deutschland für den Rest der Welt mit seiner Umwelt- und Energiepolitik ein Vorbild ist, dem in Kürze alle nacheifern würden. Abgesehen davon, dass es seit Jahrzehnten in Deutschland eine langfristige, schlüssige und dem Standort dienende Energiepolitik, der man hätte nacheifern können, niemals gegeben hat, stellt diese Ansicht nur einen Beleg für die völlige Unkenntnis der Meinungen über Deutschland im Ausland dar – und darüber hinaus ein Zeugnis von sehr unangebrachter Überheblichkeit ( “Am deutschen Wesen…”).

    Eine Betrachtung der Meinung ausländischer Regierungen zur Erdbeben- und Tsunamikatastrophe von Fukushima und deren Konsequenzen für die Nutzung der Kernkraft ergibt ein eindeutiges Bild: Alle Länder, die selbst Kernkraftwerke bauen und betreiben, bleiben dabei. Ebenso alle Länder, die Kernkraftwerke nur betreiben - eventuell mit Ausnahme der Schweiz. Und von allen Ländern, die deren Bau planten, gibt es bisher nur ein einziges, das seine Pläne zurückgestellt hat: Venezuela.

    “Die Welt versteht die deutsche Energiewende nicht“, titelte der Bonner Generalanzeiger am 27. Mai seinen Bericht über das G8-Treffen in Deauville. Zu den abrupten Stillegungs- und Ausstiegsplänen des weder von Erdbeben noch von Tsunamis bedrohten Deutschland gab es im Ausland vor allem Kommentare, die von Unverständnis bis zu beißender Ironie reichten. Schließlich hat ja Deutschland soeben seine stolze Vorbildrolle als Klimaschützer abgebrochen und will jetzt zu Kohle- und Gasstrom zurückkehren. Die zugesagten nationalen Klimaziele sind Makulatur geworden: Wird die bisherige Stromerzeugung aus deutschen Kernkraftwerken je zur Hälfte aus (Atom-) Stromimporten und neue hiesige Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt, dann würden im Jahre 2018 allein durch die deutsche Energiewirtschaft 62 Millionen Tonnen CO2 mehr emittiert. Allein in den 3 Monaten des Atommoratoriums vom März 2011 werden in Deutschland rund 8 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich erzeugt. Wer sich jetzt noch als Vorbild vorkommt und das auch noch verkündet, läuft Gefahr, nur noch Mitleid zu erregen.

    Es wächst aber auch Ärger in unseren Nachbarländern über die deutsche Schnellabschaltung von sieben Kernkraftwerken: So sehr Frankreich und Tschechien ihre Kernkraft-Neubaupläne von Flamanville, Penly und Temelin auf den massiven Atomstromexport für ihre angsterfüllten deutschen Nachbarn ausgerichtet haben, stört sie doch die plötzliche Ausstiegs-Hektik der deutschen Regierung. Zum einen fürchten sie das Überspringen deutscher Netz-Zusammenbrüche über das europäische Stromverbundnetz auf ihr Land. Zum anderen bringt der durch die beträchtlichen Kraftwerks-Abschaltungen nötig gewordene plötzliche Stromexport nach Deutschland die Preise an den Strombörsen zum Steigen – auch für unsere Nachbarn. So erhöhte sich dadurch der Börsenstrompreis schon jetzt um 12% und die Emissionszertifikate, die Kohle- und Gaskraftwerks-Betreiber kaufen müssen, stiegen im Preis um 10%. (Siehe: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke).

    Seit dem 17. März 2011 importiert Deutschland im Mittel täglich eine Energiemenge von durchschnittlich 45 Millionen Kilowattstunden (KWh) – überwiegend aus Frankreich und Tschechien, aber auch aus Polen und der Schweiz. Das ist überwiegend Atomstrom. Die Betreiber dieser Kraftwerke orientieren sich für ihren Abgabepreis an dem Niveau der Strombörsen – und der liegt um rund 50 Euro pro 1000 KWh über den Kosten der stillgelegten deutschen Kernkraftwerke. Damit zahlen die Deutschen seit dem 17. März täglich gut 7 Millionen Euro mehr für ihren Stromverbrauch. Die ausländischen Atomkraftwerke zahlen ihre Steuern nicht in Deutschland, auch nicht die Brennelementesteuer.

    Die Kanzlerin hatte übrigens zu dem Energiekonzept 2010, in dem zum Ärger der Regierung in mehreren der dem Konzept zugrunde gelegten Szenarien erhebliche Stromimporte zum Ausgleich der abzuschaltenden Kohle- und Kernkraftwerke prognostiziert waren, verkündet, dass Stromimporte – die weitgehend Kernkraftstrom betreffen - nicht in Frage kämen. Sie hatte dabei übersehen, dass das ihre Regierung gar nicht beeinflussen kann, denn im freien europäischen Energiemarkt entscheiden das die Händler an den Strombörsen – und zwar nach Verfügbarkeit und Preis. Im Übrigen: Das größte Land der Welt, China, nimmt mit konsequenter Regelmäßigkeit alle 4 Tage ein neues Kohlenkraftwerk in Betrieb und hält unverändert an seinen massiven Kernkraft-Ausbauplänen fest. Gottlob, könnte man sagen, denn sonst würde China für jedes nicht gebaute Kernkraftwerk zusätzlich ein bis zwei weitere Kohlenkraftwerke errichten.

    Eine wirkliche Energiewende wird es vermutlich weltweit geben, wenn die verschiedenen, inhärent sicheren – also aus physikalischen Gründen zu keinem Kernschmelze-GAU fähigen – Kernkraftwerks-Konstruktionen der 4. Generation, die derzeit in der Entwicklung sind, auf den Markt kommen. Leider kann Deutschland bei dieser Energiewende kein Vorbild sein, weil hier die Reaktorentwicklung seit Jahren politisch verhindert wurde und Deutschland deshalb aus dem inzwischen auf 7 Nationen angewachsenen Kreis der Hersteller endgültig ausgeschieden ist. Der gewollte Verlust dieses Milliardenmarktes kann auch nicht durch Beschwörungsfloskeln über großartige Exportchancen von Windmühlen, die inzwischen die verbliebenen Kunden selber bauen können, wegdiskutiert werden.



    Nr. 2: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke


    Als die Regierung in einer überstürzten Aktion, als drohe in den nächsten Tagen ein Tsunami, das sog. Moratorium beschloss, das 7 ältere Kernkraftwerke stilllegte, erhob sich bei der SPD und den Grünen sowie in den diesen Parteien zugetanen Medien großer Jubel, weil es nicht sofort landesweite Blackouts gab. Damit war nach Ansicht dieser selbsternannten Energieexperten bewiesen, dass diese Kernkraftwerke – und vielleicht auch noch weitere – von Anfang an vollkommen überflüssig gewesen seien. Auf die Idee, dass die Betreiber dieser Kraftwerke, allesamt börsennotierte Aktiengesellschaften, diese Anlagen nicht allein als Hobby oder zum Ärgern der Grünen am Laufen hielten, sondern deren Strom in Deutschland und Europa tatsächlich verkauften, kamen sie nicht. Und dass sie zusammen mit den Netzbetreibern in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber ihren Kunden und ihren europäischen Nachbarn sämtliche Register zogen – auch recht problematische (s.u.) - um Netzzusammenbrüche trotz der Panik-Abschaltung zu verhindern, wurde ignoriert.

    Was aber im Hintergrund und ohne Medienbegleitung tatsächlich passierte, sah ganz anders aus: Die Netzbetreiber verzichteten wegen der angespannten Stromnetz-Situation teilweise auf Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten am Höchstspannungsnetz, da auch zeitweilige Abschaltungen das Risiko flächendeckender Stromausfälle zu sehr erhöht haben würden.

    Auch Bauarbeiten sind betroffen: So mussten die Arbeiten zur Erneuerung des Umspannwerkes Großkrotzenburg unterbrochen werden. E.On-Chef Teyssen teilte mit, dass E.On seine Gas- und Kohlekraftwerke hochgefahren und fällige Wartungsarbeiten verschoben hat, um Stromausfälle zu verhindern. Auch Reparaturen wurden verschoben. Die Netzbetreiber hätten darum gebeten, weil sie kurzfristige Blackouts infolge der abgeschalteten Kernkraftwerke befürchteten. Teyssen: “Wir verschieben auf Bitten der Netzbetreiber auch Revisionen von Kraftwerken.” Die Bundesnetzagentur
    warnte deshalb öffentlich vor weiteren politischen Abschaltungsverfügungen.

    Für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit wurden sofort Stromimporte notwendig; sie wurden essentiell. Die 4 großen Übertragungsnetz-Betreiber Tennet (früher E.On-Netz), Amprion, 50hertz (früher Vattenfall-Netz) und EnBW warnten am 23.5.2011 vor drohenden Versorgungsproblemen im kommenden Winter, wenn der Solarstrom ausfällt, die Windkraft eine Zeitlang nichts liefert und unsere Nachbarn ihren Strom selber brauchen. Zurzeit sei die Situation nur durch den Solarstrom und vor allem hohe Stromimporte von mindestens 8.000 MW zu beherrschen, wobei alle hiesigen konventionellen Kraftwerke bereits bis zu ihrer Leistungsgrenze hochgefahren wurden. „Das Netz ist gerade noch gemäß EU-Mindest-Sicherheitsstandards zu betreiben“. Im Winter würde eine andauernde Stilllegung der 7+1 Kernkraftwerke (das achte ist das Z.Zt. außer Betrieb befindliche KKW Krümmel) an kalten, windarmen Tagen zu Netzzusammenbrüchen führen. Auch nach
    einem Bericht der Bundesnetzagentur vom 11.4.2011 wird Deutschland als Stütze für das europäische Netz ausfallen.

    Von den Befürwortern des Kernkraftausstiegs werden die Stromimporte herunter gespielt und es wird auf deutsche Stromexporte verwiesen. Das ist ein Täuschungsversuch, denn auf diese Exporte kann wahrlich niemand stolz sein: Wenn wieder einmal Starkwind herrscht und das deutsche Verbundnetz durch das plötzliche Überangebot von Windstrom instabil zu werden droht, müssen diese überflüssigen Kontingente um jeden Preis ins Ausland verkauft werden. Dieses “um jeden Preis” ist wörtlich zu nehmen, denn die deutschen EVU, die diesen Windstrom ankaufen mussten, bekommen für diese Stromexporte nicht etwa Geld; sie müssen noch erheblich draufzahlen, damit man ihnen den Ökostrom überhaupt abnimmt. Das ist eine der im Grunde irrsinnigen Folgen des zwangssubventionierten Aufbaus riesiger Überkapazitäten bei der deutschen Windkraft - der jetzt verstärkt weiter geht. (Prof. H. Alt, FH Aachen).

    Dass auch schon vor dem Fukushima-Unglück und der folgenden Reaktorabschaltung in Deutschland Teile der Regierung erhebliche Sorgen hatten, zeigt der Elektrizitätsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums vom 20.1.2011, in dem vor Stromausfällen infolge überlasteter Netze durch den Ausbau “erneuerbarer” Energien gewarnt wurde. Währenddessen sucht die Regierung nun nachträglich eine technische Begründung, um die jetzt abgeschalteten Kernkraftwerke endgültig stillzulegen. (1)


    Nr. 3: Das Märchen von den geringen Kosten der “Energiewende”


    Politische Befürworter der sog. Energiewende behaupten, dass deren Zusatzkosten – insbesondere beim Strompreis – sehr gemäßigt ausfallen würden. Sie sind sich sehr darüber im Klaren, dass sich die Bürger derartige Wenden nicht gefallen lassen werden, wenn sie sich durch exorbitante Preissteigerungen ausgeplündert vorkommen. Umfragen zeigen bereits, dass die Zustimmung zum Kernkraft-Ausstieg stark abnimmt, wenn diese Aussichten angedeutet werden. Deshalb muss den Bürgern, damit sie still halten, durch optimistische Berechnungen diese Angst genommen werden.
    Wenn erst alles beschlossen und eingeleitet ist, so die Spekulation, werden es die Menschen schon hinnehmen.

    An optimistischen bzw. extrem geschönten Rechnungen herrscht kein Mangel. Bei der Expertenbefragung des Ethikrates zum Kernkraftausstieg erläuterte einer der Wissenschaftler, dass es von sogenannten Expertisen nur so wimmele, “in denen die Kostensteigerungs-Schätzungen zum Kernkraftausstieg und der damit verbundenen Energiewende zwischen dem Faktor 1 und dem Faktor 100 liegen.” Mit anderen Worten: Diese Expertisen sind zwar wissenschaftlich dekoriert, aber der größte Teil davon verdient die Bezeichnung Expertise nicht, was durch diese unglaubliche Streuung der Ergebnisse bewiesen wird. Es handelt sich dabei vielmehr um Scharlatanerie und Gefälligkeits-“Gutachten”, die politisch genutzt werden. Die Energiewirtschaft ist ein durch eindeutige Daten und bekannte Abläufe präzise erfasster Bereich, in dem die Gesetze der Mathematik bzw. der Betriebswirtschaft sowie die der Physik gelten und in dem es bei seriöser Herangehensweise vielleicht eine Streuung der Ergebnisse um den Faktor 1,5 aber niemals um den Faktor 100 geben kann.

    Im Grunde kann aber jeder schon heute recht gut abschätzen, ob die Energiewende für ihn teuer wird: Der Schlüssel dazu sind die Vergütungssätze (Einspeisevergütung für Ökostrom gem. EEG) für jede Kilowattstunde (KWh) Wind-, Solar- und Biomassestrom im Vergleich zu den Gestehungskosten (ohne Steuern, Abgaben, Verteilungskosten, Gewinn) für Strom aus Kohle-, Kernkraft- und Gas-Dampf-Kombikraftwerke (GuD). Die Höhe der Einspeisevergütungen ist ja genau danach bestimmt worden, was die Erzeugung durch die betreffende Energieanlagen kostet – plus einer Rendite. Deshalb sind die Einspeisevergütungen pro eingespeister Kilowattstunde (KWh) ein exzellentes Maß für den Vergleich – und für das, was die Stromkunden bei ihrem weiteren starken Ausbau erwartet.


    Tabelle 1: Gestehungskosten für die konventionelle Stromerzeugung



    Braunkohlekraftwerke
    Steinkohlekraftwerke
    Kernkraftwerk (abgeschrieben)
    Kernkraftwerk-Neubau
    GuD-Gaskraftwerke


    4,6 Cent / KWh (davon 20% Brennstoffkosten)
    4,9 Cent / KWh ( davon 42% Brennstoffkosten)
    2,2 Cent / KWh (davon 27% Brennstoffkosten)
    5,0 Cent / KWh (davon 8,1% Brennstoffkosten)
    5,7 Cent / KWh (davon 74% Brennstoffkosten)



    (Daten aus: Panos Konstantin: „Praxisbuch Energiewirtschaft“, 2009, VDI-Buch)


    Tabelle 2: Einspeisevergütung gem. Erneuerbare Energien-Gesetz (für 2011)



    Windstrom: Landanlagen

    9,2 Cent / KWh



    Windstrom: Offshoreanlagen

    15,0 Cent / KWh



    Biomasse-Strom: Grundvergütung:



    bis 150 KW:
    5 MW – 20 MW:

    11,67 Cent / KWh, absinkend bis
    7,79 Cent / KWh



    Dazu kommen zahlreiche Boni:
    Nawaro-Bonus incl. Gülle-Bonus,
    Technologie-Bonus,
    Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus, Formaldehyd-Bonus



    Photovoltaik-Solarstrom (nach Inbetriebnahmezeitpunkt):



    1.1. - 30.6.2011:
    1.7. - 30.9.2011:

    28,74 Cent / KWh
    24,43 Cent / KWh




    Da sich an den zusätzlichen Kosten wie Steuern und Abgaben nichts ändern würde, weil der Staat das Geld braucht und sich die Netzkosten auch noch wegen der gewaltigen Erweiterungen für den Nord-Süd-Transport des Windstroms massiv erhöhen würden, steigen selbstverständlich die Strompreise deutlich. Der ehemalige Wirtschaftsminister Brüderle legte am 21.3.2011 Eckpunkte für den Stromnetzausbau vor: “Für den ehrgeizigen Ausbau der erneuerbaren Energien würden etwa 3.600 km neue Leitungen benötigt.” Die Deutsche Energie-Agentur dena rechnet jedoch mit erforderlichen 4.500 km an zusätzlichen Höchstspannungsleitungen. Der dena-Geschäftsführer Stephan Kohler erwartet einen Strompreisanstieg von 20% bei einem Kernkraftausstieg bis 2020/25.

    Der VDE wies bereits in seiner Prognose von 2008 auch darauf hin, dass ein Netzausbau mit Hochspannungs-Freileitungen “zunehmend an der ablehnenden Haltung der Bürger scheitert.” Die Folge sei der Bau von unterirdischen Leitungen, die jedoch “das Drei- bis Sechsfache einer Freileitung kosten.” Immerhin prognostizierten sowohl Kanzlerin Merkel als auch Herr Brüderle, dass auf die Verbraucher damit höhere Strompreise zukommen würden. Zahlen nannten sie nicht. Im Dilemma zwischen Reaktorstillegungen, Klimaschutz-Verpflichtungen und drohenden Stromsperren tendiert die Regierung zu mehr Gaskraftwerken, da diese eine bessere CO2-Bilanz als Kohlekraftwerke haben und somit das „kleinere Übel“ darstellen – obwohl das die teuerste Art der konventionellen Stromerzeugung ist, deren Preis auch noch von Monopolisten abhängt.

    Die Russen finden die deutsche Energiewende deshalb großartig: Gazprom-Chef Alexej Miller schätzt, dass schon bis Dezember 2011 der Preis für 1000 Kubikmeter Erdgas von heute 354 Dollar auf 500 Dollar steigen wird. Sie haben durch die Schlafmützigkeit der letzten deutschen Regierungen eine bequeme Monopolstellung bekommen, weil Deutschland seit vielen Jahren auf den Bau eines Terminals für LNG (verflüssigtes Erdgas) in Wilhelmshaven verzichtet hat, was die Anlandung von Erdgas aus anderen Lieferländern – z.B. aus Nordafrika – ermöglicht hätte. Unsere westeuropäischen Nachbarn haben diese Chance konsequent genutzt. Auch dieses Kapitel gehört zum Generalthema “Nichtexistenz einer deutschen Energiepolitik.” Analysten gehen im Gegensatz zu der deutschen Rettungs-Vision “Gaskraftwerke statt Reaktoren” davon aus, dass eine durch Kernkraft-Abschaltung entstehende Versorgungslücke keineswegs durch neue Gaskraftwerke gefüllt werden kann. Sie sagen voraus, dass die Stromversorger erst dann in neue Gaskraftwerke investieren werden, wenn die Gasimport-Kapazitäten stark erhöht werden. Und damit meinen sie nicht noch mehr Leitungen zum Monopolisten Gazprom.

    Wie wäre es dann mit Kohle? Erich Schmitz, Geschäftsführer des Vereins der Kohleimporteure, sagt: “Würden wir die Kapazität der jetzt vom Netz genommenen Atomkraftwerke vollständig durch Steinkohle ersetzen, müssten wie pro Quartal bis zu 3 Millionen Tonnen mehr einführen.” Und der Vorsitzende der Industriegewerkschaft IGBCE (Bergbau, Chemie, Energie) Michael Vassiliadis forderte bereits einen kräftigen Wiedereinstieg in die Kohleverstromung – Braun- und Steinkohle – bei einem Kernkraft-Ausstieg. Der SPD-Vorsitzende Siegmar Gabriel hat das vernommen und verwies bereits darauf, dass “wir die acht bis zehn Kohlekraftwerke brauchen, die sich derzeit im Bau befinden.” Offenbar sieht die SPD jetzt die Chance, ihre Atomausstiegs-Forderungen mit gewerkschaftlichen Wünschen in Einklang zu bringen.

    “Bei einer konstanten Stromnachfrage werden bereits ab 2016 neue Gas- und Kohlekraftwerke als Ersatz für alte Anlagen benötigt. Um den Strombedarf im Jahr 2020 zu decken, wären 15 neue Kohlekraftwerke erforderlich. Bis 2030 müssten sogar 30 neue Kohlekraftwerke in Betrieb sein. Doch so viele fossile Kraftwerke sind derzeit nicht einmal in der Planung. Zu den Kosten: Werden allein die notwendigen fossilen Kraftwerke gebaut, die bei einem konstanten Strombedarf bis 2030 erforderlich sind, kommt man auf ein Investitionsvolumen von 34,7 Milliarden Euro.” (2). “In Planung befinden sich Kohlekraftwerke mit einer Leistung von rund 13.000 MW. Projekte mit noch einmal dieser Leistung wurden in den letzten Jahren vor allem wegen öffentlicher Proteste aufgegeben. Das heißt: Der notwendige Investitionsbedarf ist bei weitem nicht durch die Planungen gedeckt.” (3)

    Wie es aussieht, hat sich die Regierung völlig in eine Sackgasse hinein manövriert. Die Regierung wird die Kohleoption am Ende nutzen müssen, wenn sie nicht eine erneute Kehrtwendung (“Wir brauchen die Kernkraft nun doch…”) machen will. Aber ganz ohne Kehrtwendungen geht es jetzt nicht mehr weiter.

    Ein plötzlicher Abschied von bislang unantastbaren Umweltzielen steht ins Haus. Nach einer Studie des BDI kämen durch den Kernkraftausstieg bis 2020 Mehrkosten von 33 Milliarden Euro zusammen; davon 24 Mrd. Euro für Industrie- und Gewerbekunden und 9 Mrd. Euro für private Verbraucher. Rechne man noch die Kosten für den Ausbau der “Erneuerbaren” und des Stromnetzes (s.o.) hinzu, würden aus den 33 Mrd. sogar 51 Mrd. Euro. E.On-Chef Teyssen befürchtet bei steigenden Strompreisen eine De-Industrialisierung. 830.000 Arbeitsplätze seien in Gefahr. “Wenn die energieintensive Grundstoff- und Chemieindustrien uns verlassen, ist das für die ganze Wirtschaft schlimm.” In einer Wirtschaft ohne Grundstoffindustrie, ohne Stahl- und Aluminiumerzeugung, gebe es auch keine heimische Werkzeugmaschinenindustrie mehr. “Dann werden auch keine Windkraftanlagen mehr bei uns gebaut.”

    Werden die Gewerkschaften dem zu befürchtenden Exodus der deutschen Industrie, vor dem bereits der EUEnergiekommissar Oettinger gewarnt hat, weiterhin tatenlos zusehen?



    Nr. 4: Das Märchen von den umweltfreundlichen „erneuerbaren“ Energien


    Dass Energie nicht erneuerbar ist, lernt man im Physikunterricht. Das widerspricht nämlich den Hauptsätzen der Thermodynamik. Deshalb sagt die Tatsache, dass die Deutschen einem energiepolitischen Gesetz diese falsche Bezeichnung gaben, bereits einiges über die Kenntnisse der Gesetzesmacher aus. Genauer ist die Bezeichnung regenerative Energie. Gemeint sind Windstrom, Solarstrom- und –Wärme, Wasserkraft-Strom, energetische Biomassenutzung und Geothermie.

    Was die bisherige Biomasse-Nutzung anbelangt, hat Umweltminister Norbert Röttgen schon den Rückzug angetreten. In seiner Verteidigungsrede für den von den Autofahrern abgelehnten E 10–Sprit behauptete er schon gar nicht mehr, dass dieser der Umwelt nutzen würde. Zu groß war die Kritik von allen Seiten, sogar vom hauseigenen Umweltbundesamt: Verbrennung von Lebensmitteln bei weltweit – gerade deshalb – steigenden Lebensmittelpreisen, Hunger, Abholzung von Tropenwäldern für den Anbau von Ölpalmen, riesiger Flächenverbrauch, Monokulturen, Rückgang der Artenvielfalt, großer Düngemitteleinsatz, dazu noch eine negative CO2-Bilanz. Eine Studie des WWF beklagt den durch das EEG ausgelösten Kampf um Agrarflächen: Die EEGSubvention liegt mit 3.000 Euro pro Hektar (ha) fast 10-fach über der EU-Subvention von 340 Euro/ha für traditionelle Bauern. Die Landwirte geraten in Bedrängnis, da sie bei Neuverpachtung nicht mit den Betreibern der Biogasanlagen konkurrieren können. (4). Eine dermaßen die Menschen und die Umwelt schädigende Energietechnik, die wegen ihrer negativen CO2-Bilanz auch nicht das Etikett “erneuerbar” verdient, hat es noch nicht gegeben.

    Dennoch gehört auch diese Technik zu den Hoffnungsträgern der Energiewende, denn im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom kann man mit Biogas zu jeder Zeit Strom erzeugen, obwohl statt dessen die Veredelung zu Erdgas und dessen Einspeisung in das Gasnetz die im Biogas steckende Energie wesentlich effizienter nutzen würde – was der deutlich kleinere Unfug wäre. Aber seit die Grünen an der Regierung waren, ist „erneuerbare“ Stromerzeugung zu buchstäblich jedem Preis – siehe Photovoltaik-Solarstrom – ein energiepolitisches Prinzip jeder Bundesregierung. Auch wenn der hauptsächliche Energieverbrauch in unserem nicht vom Klima verwöhnten Land weit überwiegend in die Hausheizung geht und weil deshalb z.B. die Solarthermie, die Pelletheizung, die Wärmepumpe, die Modernisierung von Heizungsanlagen oder die Fernwärmenutzung Priorität vor jedem Stromerzeugungs-Krampf haben müssten. Das wäre ideologiefreie Energiepolitik. Beschwichtigungsversuche unter Verweis auf die noch tief im Versuchsstadium steckende Biomassenutzung „der 2. Generation“ (ohne Lebensmittel-Verbrennung) gehören zum Thema Hoffnungstechnologien – siehe: „Das Märchen vom Technologiesprung“ – und sollten nicht ernst genommen werden, da dies bis zur Marktreife und –Durchdringung noch ca. 20 Jahre dauern wird. Das Flächenverbrauchs-Argument trifft aber ebenso auf die Windkraft und den Solarstrom im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken zu:

    Windkraft

    Um die Strommenge eines Kernkraftwerks der Größe des Meilers Philippsburg 2 (Nettoleistung 1.400 MW) zu erzeugen, wären 3690 Windräder an Land (2MWp mit je 0,2 km2 Flächenbedarf) nötig. Das Kernkraftwerk produzierte 2010 die Strommenge von 11,8 Milliarden Kilowattstunden. Der Flächenbedarf für die Windräder wäre etwa 370-mal so groß wie für das Kernkraftwerk. Insgesamt würden sie 738 Quadratkilometer beanspruchen. (Angaben für die Windkraft: Wolf v. Fabeck, Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., 27.8.2009) Würde Deutschland
    im Jahr 2050 seinen Strom komplett “erneuerbar” erzeugen, benötigten die Windräder (dann 4 MWp, á 0,32 km2) für ihren Anteil an geschätzten 870 Mrd. KWh etwa eine Fläche von 43.500 Quadratkilometern. Das wäre 90% der Fläche Niedersachsens.

    Biogas-Kraftwerke

    Würde mit Biomasse – etwa Mais – das Gas erzeugt, um ein herkömmliches Gas-Dampf-Kombikraftwerk (GuD) zu betreiben, wären 667 Quadratkilometer Anbaufläche nötig. Dies entspricht etwa dem 11.500-fachen der GuD-Kraftwerksfläche und 93.417 Fußballfeldern. Hierzulande wären 10.100 Quadratkilometer nötig für den Biomasseanteil einer komplett auf “erneuerbaren” Quellen basierenden Stromerzeugung. Das wäre dann 174.137-mal die GuD-Fläche – und entspricht 6 Prozent der Landwirtschaftsfläche in Deutschland.

    Solarstromanlagen

    Für den Solaranteil am Strommix der Zukunft berechnete die T.U. München zusammen mit Siemens einen Flächenbedarf von 1.073 km2. Aus der DLR-Studie (s.u.) gehen 700 – 900 km2 hervor. Der größte Teil davon kann auf Dächern Platz finden. (Daten zu den 3 o.g. Stromerzeugungs-Methoden beruhen auf der “Leitstudie 2010” des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, DLR)

    Im Vergleich

    Ein 1.400-MW-Kernkraftwerk besetzt maximal 2 km2 an Fläche. Der neue 1.600-MW-Europäische Druckwasserreaktor der 3. Generation EPR (in Finnland und Frankreich im Bau) besetzt 60 Hektar = 0,6 km2. Für Steinkohlenkraftwerke gilt das Gleiche. Bei Braunkohlenkraftwerken Muss der Tagebau eingerechnet werden: 10 – 20 km2.


    Rechnet man die Ziele der Energiewende für den Anteil der “Erneuerbaren” an der Stromerzeugung in den Flächenverbrauch um, dann müsste Deutschland seine Landwirtschaft weitgehend einstellen – außer natürlich für Mais, Weizen und Raps.



    Nr. 5: Das Märchen vom großen Energie-Einsparpotenzial


    Zum festen Bestandteil aller geschönten und grenzenlos optimistischen Prognosen über den kommenden Siegeszug der “Erneuerbaren” gehört das Märchen vom enormen Einsparungspotenzial an Primärenergie und insbesondere Strom. Denn setzt man große fiktive Einsparungsmöglichkeiten in seinem Konzept an, hat das den schönen Vorteil, dass man viel weniger regenerative Energiequellen und auch nicht so viele Stromspeicher braucht, um die Phantasieziele wenigstens auf dem Papier zu erreichen.

    Kein Wunder also, dass auch wieder im Energiekonzept der Bundesregierung hoffnungsvolle Sätze stehen, wie “In Deutschland bestehen weiterhin ganz erhebliche Potenziale zur Energie- und Stromeinsparung” und “In der deutschen Industrie besteht nach wissenschaftlichen Studien ein wirtschaftliches Einsparpotenzial von jährlich 10 Mrd. Euro.” Und dann auch noch: “(Es) bedarf aber noch vielfältiger Anstöße, um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen.” In den quantitativen Zielen des Energiekonzeptes steht dann auch als eine der wichtigsten Vorgaben: “Die Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis zum Jahre 2050 um 50% gegenüber 2008; und bis 2020 eine Verminderung um 20%. Das erfordert pro Jahr eine Steigerung der Energieproduktivität um durchschnittlich 2,1%, bezogen auf den Endenergieverbrauch.” Und weiter: “Wir streben an, bis 2020 den Stromverbrauch gegenüber 2008 in einer Größenordnung von 10% und bis 2050 von 25% zu vermindern.”

    Zur Energieproduktivität

    Üblicher ist es, die Energieintensität einer Volkswirtschaft zu verfolgen, das ist diejenige Energiemenge, die zur Erzeugung eines bestimmten Brutto-Inlandsproduktes BIP erforderlich ist. Gemessen wird sie international in Tonnen Öl-Äquivalent pro 1000 US-$ BIP. Die Energieintensität ist somit umgekehrt proportional zur Energieproduktivität – die Wirtschaft arbeitet folglich rationeller, wenn die Energieintensität sinkt; also weniger Energie für den gleichen Produktionswert benötigt wird. Die obige Forderung bedeutet also, dass die Energieintensität jährlich um 2,1% sinken sollte.

    Zu den Tatsachen: Das statistische Bundesamt hat berichtet, dass die Energieintensität in Deutschland vom Jahre 1991 – das man mit 100 Punkten angesetzt hat – bis zum Jahre 2006 auf 80,5 Punkte, also um 19,5%, zurückgegangen ist. Und das ganz ohne Energiekonzept einer Regierung, sondern durch die ständigen Bemühungen der Industrie, die die Aufgabe der rationellen Energieverwendung seit den 50er Jahren als eine Selbstverständlichkeit systematisch betreibt. Die Energieintensität ist folglich 15 Jahre lang mit durchschnittlich 1,3% jährlich gesunken – und das ist ein großartiges Ergebnis. Diese unter hohen Kosten und Anstrengungen über einen langen Zeitraum erzielte Erfolgsquote kann nicht durch das Bedrucken von Papier mit der Zahl 2,1% erhöht
    werden.

    “Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung soll der Energieverbrauch in den nächsten 10 Jahren deutlich schneller sinken, als in den vergangenen 20 Jahren. Dieser Schuss kann jedoch nach hinten losgehen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht: Denn energieintensive Branchen könnten abwandern, was zwar den hiesigen Energieverbrauch senkt, gleichzeitig aber auch der Wirtschaft schadet.” (5)

    Interessant ist auch ein Blick auf die Nachbarländer: Unter 25 europäischen Ländern liegt Deutschland in der Spitzengruppe an 5. Stelle bezüglich einer niedrigen Energieintensität. Geringfügig besser sind Dänemark, Irland, Österreich und Italien. Berücksichtigt man aber die Tatsache, dass Deutschland mit seiner erfreulicherweise noch vorhandenen Schwerindustrie sowie weiteren energieintensiven Grundstoffindustrien und dem Maschinen- und Fahrzeugbau eine Industriestruktur besitzt, die wesentlich stärker als die der genannten Länder ist und deshalb für seine Produktion auch mehr Energie benötigt, dann erkennt man, dass Deutschland hier unter den Industrieländern eine Spitzenposition einnimmt. “Deutschland hat mit dem Energieinhalt von 110 kg Öl für die Erwirtschaftung eines BIP im Wert von 1.000 Euro die fünfthöchste Energieeffizienz unter den 29 wichtigsten Industrieländern. Diese starke Position ist nicht selbstverständlich, denn in Deutschland sind zahlreiche Industrieunternehmen zuhause, die viel Energie verbrauchen. In vielen anderen Ländern gibt es diese Betriebe kaum noch - dennoch sind diese Staaten im Ranking weit hinter Deutschland platziert. Japan etwa erbraucht gut 20% mehr Energie, um in der Industrie 1.000 Euro Wertschöpfung zu erzielen.” (5) Es bedarf deshalb keiner “Anstöße” durch eine Regierung, “um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen”, denn Deutschland ist längst der Spitzenreiter.



    Zum Energieverbrauch, speziell zum Stromverbrauch

    Auch hierzu gibt es für jedes Jahr präzise Zahlen. Der Bruttostromverbrauch betrug in den alten Bundesländern:
    •1981: 375 Mrd. KWh
    •1995: 462 Mrd. KWh

    Das war eine Steigerung von 23,2% in 15 Jahren.

    In Gesamtdeutschland verlief der Stromverbrauch wie folgt:
    •1990: 550,7 Mrd. KWh
    •1991, 1992 und 1993 ein Rückgang um 4,2% bis auf 528,0 Mrd. KWh
    •1994 bis 2007 ein stetiger Anstieg auf 618,1 Mrd. KWh
    •2008 und 2009 ein Rückgang um 5,8% auf 582,5 Mrd. KWh
    •2010 mit einem kräftigen Anstieg um 4,3% auf den Endstand von 607,5 Mrd. KWh.

    Das war eine Steigerung von 10,3% in 20 Jahren.

    Daraus kann man folgende Erkenntnisse ableiten:
    •Der Stromverbrauch steigt stetig und nur Wirtschafts- und Finanzkrisen können diesen Trend kurzfristig unterbrechen.
    •Das Wirtschaftswachstum des Industrielandes Deutschland führt automatisch zu einem Anstieg des Stromverbrauchs.
    •Die dank der Anstrengungen der Industrie sinkende Energieintensität – s.o. – verlangsamt den Anstieg des Stromverbrauchs – aber es bleibt ein Anstieg.
    •Der einzige Weg zu einem deutlichen Rückgang des Stromverbrauchs ist eine harte Wirtschaftskrise. Genau das hat man beim Zusammenbruch des Ostblocks gesehen.

    Insofern sind die Wunschzahlen im Energiekonzept zu einer Verringerung des Stromverbrauchs wirklichkeitsfremd. Sie sprechen ein hartes Urteil über das Niveau des Sachverstands und das Vorherrschen reinen Wunschdenkens bei den Verfassern. Und ein ebenso hartes Urteil über die Regierung. Wenn es der Regierung um eine realistische Energiepolitik ginge, hätte sie z.B. die VDE-Prognose von 2008 “Effizienz und Einsparpotenziale elektrischer Energie in Deutschland – Perspektiven bis 2025 und Handlungsbedarf” beachtet und ernst genommen. Darin wurden die tatsächlich noch vorhandenen Einsparpotenziale identifiziert, vor allem bei:
    •Kraft- und Wärme-Kopplung;
    •Haushaltsgeräten;
    •Wirkungsgraden von Kleinmotoren;
    •und der Optimierung von Gesamtanlagen.

    Es wurden optimistische und pessimistische Szenarien durchgerechnet und das dazwischen liegende, wahrscheinliche Ergebnis präsentiert: “Unter der Annahme realistischer Verbrauchs- und Effizienzprognosen wird der Stromverbrauch bis 2025 um rund 30% zulegen.” Der VDE erklärte zu diesem Ergebnis: “Bei diesem Szenario gibt es eine deutlich verbesserte Effizienz der Stromnutzung (s.o), jedoch einen Mehrverbrauch bei neuen und zusätzlichen Anwendungen.”

    Man benötigt wenig Phantasie, um sich vorzustellen, was aus den “ehrgeizigen” (ein von vorsichtigen Kritikern an Stelle des Wortes “unrealistisch” gern benutztes Adjektiv) Zielen des Energiekonzeptes der Bundesregierung geworden wäre, wenn man den Schätzungen diesen Anstieg des Stromverbrauchs zusammen mit der Speicher-Misere und den absehbaren Stromnetz-Engpässen zu Grunde gelegt hätte.



    Nr. 6: Das Märchen von den neuen Stromspeichern

    Seit der Einführung des Erneuerbare Energien-Gesetzes EEG, mit dem der Wetter- und Tageszeit-abhängige, deshalb wild schwankende und unzuverlässige Wind- und Solarstrom massiv durch Zwangssubventionen über den Strompreis gefördert wird, sind 10 Jahre vergangen. Dass dieses Stromangebot, das für die Stromnetzbetreiber der reine Alptraum ist, bei Erreichen einer bestimmten Größe mit seinen schnellen Schwankungen die Stabilität des Netzes ruiniert und damit durch Blackouts die Stromversorgung gefährdet ist, haben die seither drei Regierungen 10 Jahre lang nicht
    bemerkt. Sie haben aber in dieser Zeit fleißig neue Windparks und Solarstrom-Farmen eingeweiht, was gute Pressefotos einbrachte.

    Jetzt aber ist Groschen Nr.1 gefallen, nachdem die Warnungen immer unüberhörbarer wurden: Man sah tatsächlich ein Problem mit dem Ökostrom. Anschließend folgte die Erkenntnis: Wenn die zum Ausgleich dieser Schwankungen eingesetzten konventionellen Kraftwerke nicht mehr ausreichen, braucht man riesige Stromspeicher. Dann fiel Groschen Nr.2: Diese Speicher hatte man gar nicht. Es gibt zwar einige Pumpspeicherwerke, aber deren Speicherleistung von 6.020 MW deckt im Idealfalle – fast leere Speicher bei Beginn der Starkwindphase – nur 17% Prozent der bereits heute benötigten Kapazität ab (s.u.).Die AG Energiebilanzen e.V. hat zu dieser Situation folgendes veröffentlicht (1.2.2011): Ende 2010 hatte an Deutschlands ges. Stromerzeugung von 621 Mrd. KWh.
    •die Windenergie einen Anteil von 5,9% (bei 25.800 MWp Leistung lt. VGB PowerTech);
    •und die Photovoltaik nur 1,9% Anteil (bei 9.800 MWp lt. VGB PowerTech).

    Die trotz hoher Maximalleistung geringen Anteile kommen von den geringen Vollaststunden pro Jahr: Windstrom 18,3 - 20%; Photovoltaik 9 -10%. Deshalb sind sie für die Grundlastversorgung nicht zu gebrauchen. Angenommen, dass die von dieser großen Wind- und Solarstrom-Kapazität in einer Starkwindphase eingespeiste Leistung nur 10.000 MW beträgt, müssten bereits Speicher bereit stehen, die diese Leistung für 30 Stunden aufnehmen, also eine Speicherkapazität von 300.000 MWh (Megawatt-Stunden) besitzen. Die deutschen Pumpspeicherwerke haben aber nur eine Gesamtleistung von 6.020 MW.

    Selbst wenn man annimmt, dass zu Beginn dieser Starkwindphase alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke fast leer sind – eine unrealistische Annahme – dann könnten diese Speicher nur eine Energiemenge von 50.000 MWh aufnehmen, also gerade einmal 17 % der erforderlichen Menge. Es bliebe nur die Wahl zwischen sofortiger Abtrennung der Windräder vom Netz oder Netzzusammenbruch. Auch bei einem gerade noch möglichen Ausbau der Pumpspeicherwerke könnte maximal eine Erhöhung der Speicherkapazität von 3 % erreicht werden (Prof. Dr. Helmut Alt, FH Aachen).

    Was tun?

    Auf die unangenehmen Erkenntnisse folgte eine politische Lösung: Es begann entsprechend dem „Märchen vom Technologiesprung“ mit völlig neuen Stromspeichern, die bald die Lösung bringen würden. An einen riesigen Ausbau der Pumpspeicher, die leider die einzig verfügbare und auch nur mit geringen Verlusten von etwa 20 bis 25% arbeitende Speichertechnik ist, wagte man gar nicht erst zu denken. Mit Recht, denn die Bürgerproteste, die den Bau sowohl des vermutlich letzten großen Pumpspeicherwerks Atdorf/Schwarzwald, das eine Leistung von 1.400 MW haben soll, sowie auch die Baupläne wesentlich kleinerer Anlagen begleiten, machen wenig Hoffnung (s.u.). Eine Regierung, die eine ehrliche und rationale Energiepolitik betreibt, würde nun nach dieser Erkenntnis die Errichtung aller neuen Windkraftanlagen und auch Photovoltaikanlagen stoppen und vielleicht noch versuchen, den immer wahrscheinlicher werdenden Blackout durch raschen Zubau von teuren, schnellen Gasturbinen-Kraftwerken unwahrscheinlicher zu machen. Die Bundesregierung aber macht das Gegenteil: Noch stärkerer Ausbau von Offshore-Windstrom und unveränderte Förderung von Solarstrom stehen im BMUEntwurf des Erfahrungsberichts 2011 zum EEG. Im Gegenzug will man die Abschaltung der Kernkraftwerke, die – allgemein unbeachtet und in der deutschen Fundamental-Ablehnungsstimmung auch unangenehm – tatsächlich die heute schnellste Leistungsregelung (Lastfolgeregelung) aller Kraftwerksarten (außer Gasturbinen) bieten und ironischer weise die sicherste Stütze für den Windstrom darstellen. Aber man hat versäumt, diesen Beitrag der Kernkraftwerke rechtzeitig herauszustellen. Jetzt noch damit zu kommen, traut sich niemand mehr.

    Damit verschärft die Regierung das Problem – und verlagert es teilweise auf unsere Nachbarn, die seit der Abschaltung der ersten 7 Kernkraftwerke kräftig Importstrom liefern und einigermaßen besorgt sind (siehe: „Das Märchen vom deutschen Vorbild“, ebenfalls: „Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke“). Das von ihr selbst verschuldete und jetzt nochmals verschlimmerte Problem der Versorgungs-Unsicherheit bekämpft die Regierung nunmehr rhetorisch durch das Beschwören von neuen Speichertechniken, die es allerdings erst einmal zu entwickeln gilt. Am 21. April 2011 stellte dann die Regierung eine gemeinsame „Förderinitiative Energiespeicher“ vor, in deren Einleitung
    nach der Zitierung des Energiekonzeptes vom 28.9.2010 und dessen unglaublich hoch gesteckten Zielen der bemerkenswerte Satz steht: „Leider stehen den notwendigen Fortschritten auf dem Gebiet der Energiespeicher vielfältige und nach wie vor zum Teil grundlegende (!) technologische Hürden entgegen.“ Dieser Mut zur Wahrheit ist zu begrüßen. Es stellt sich dann aber die Frage, wie man angesichts dieses Fehlens der wichtigsten Schlüsseltechnik für die stärkere Nutzung von Wind- und Solarstrom überhaupt dieses Energiekonzept beschließen konnte. Die großen und wirtschaftlichen Stromspeicher waren im September 2010 noch die Katze im Konzept-Sack; schon im April 2011 stellt sich nun regierungsamtlich heraus, dass in dem Sack gar keine Katze drin ist. Dass die Förderinitiative Energiespeicher von drei Bundesministerien (BMBF, BMWi und BMU) präsentiert wird, zeigt zugleich die Zersplitterung der Zuständigkeiten.

    Unter den im Förderkonzept genannten Speichertechnologien ist einzig die „Entwicklung von großen zentralen adiabatischen Druckluftspeichern“ eine für genannten Zweck der Netzstabilisierung interessante und brauchbare Möglichkeit. Alle anderen dort genannten Techniken haben entweder andere Anwendungen – vor allem Elektroautos (siehe “Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher”.) – oder sind noch viel weiter von einer Realisierung entfernt, als es die adiabatischen Druckluftspeicher sind – so die „unterirdischen Pumpspeicherwerke“. Die Hoffnungen der Regierung auf irgendwann verfügbare große und bezahlbare Stromspeicher ruhen auf folgenden Techniken:

    Druckluftspeicher

    Der zu speichernde Strom treibt Kompressoren an (Wärmeverlust), die Luft in unterirdische Kavernen pressen. Später treibt diese Druckluft Turbinen und diese wiederum Stromgeneratoren an, die den Strom ins Netz einspeisen. Bisher musste die komprimierte Luft zusätzlich mit einer Gas-Zusatzheizung auf hohe Turbinen-Eintrittstemperatur gebracht werden; eine verlustreiche Technik. Es existieren weltweit zwei Prototypanlagen, eine in Huntorf/Deutschland und eine in McIntosh/USA – letztere nutzt bereits einen Teil der beim Verdichten entstehenden Verlustwärme (Rekuperator-Technik). Das Aushöhlen der Kavernen ist zudem ein Umweltproblem. Deshalb ist gegenüber den nur 20 bis 25% Verlust bei den Pumpspeicherwerken der bislang erreichte technische Stand der Druckluftspeicher völlig unbefriedigend. Man will deshalb künftig versuchen, durch zusätzliche Wärmespeicher die bei der Kompression entstandene Verlustwärme aufzufangen und sie der zu verdichtenden Frischluft zuzuführen (adiabatische Kompression), was die Gas-Zusatzheizung im Idealfalle überflüssig macht und für einen Speicherwirkungsgrad sorgen würde, den optimistische Fachleute mit 71% in der Nähe des Niveaus der Pumpspeicherwerke sehen, den andere jedoch niedriger erwarten. Ein erstes Entwicklungsprojekt für adiabatische Druckluftspeicherung namens ADELE stellte am 22.11.2010 die RWE Power zusammen mit ihren Partnern General Electric, Züblin und der DLR in Staßfurt/Sachsen-Anhalt vor. Dort betreibt RWE bereits einen großen Erdgasspeicher in den Salzformationen des Staßfurter Sattels. Zuerst sollen lt. RWEVorstand Prof. Gerd Jäger folgende Voraussetzungen geschaffen werden: „Erfolgreiches Abschließen der technischen Untersuchungen und Planungen; Finanzierung einschließlich der erforderlichen (!) Förderung; Geologie des Standortes.“ Zu den technischen Entwicklungsaufgaben derartiger Speicher gehören:
    •Die Kompressionswärme bei sehr hohen Drücke (bis 150 bar) und Temperaturen (bis 650 Grad) zu speichern. D.h. die Entwicklung von Hochtemperatur-Wärmespeichern (keramische oder Flüssigsalz-Speicher) mit einer Kapazität von bis zu 1200 MWtherm : DLR Stuttgart;
    •Neuentwicklungen der Hochdruckverdichter, um hohe Austrittstemperaturen zu erreichen; hoher Wirkungsgrad, variabler Durchsatz, schnelle Verfügbarkeit in wenigen Minuten;
    •Luftturbinen, die durch Expansion der verdichteten Heißluft auf Atmosphärenniveau Leistungen von 300 MW erreichen. Das bedeutet hohe Leistungsdichte, hohe Eintrittstemperatur, große Volumen-Ströme und –Änderungen, hoher Wirkungsgrad über den gesamten Lastbereich bei niedrigen spezifischen Kosten

    Ein derartiges Speicherkraftwerk arbeitet wirtschaftlich, wenn die Druckluft maximal eine Woche gespeichert werden kann. Mit dem Bau der ersten Demonstrationsanlage soll ab 2013 begonnen werden. Es soll eine Speicherkapazität von max. 360 MWh und eine elektrische Leistung von 90 MW haben, womit nach RWE-Angaben über etwa 4 Stunden rund 50 Windräder ersetzt werden könnten. Ende 2010 standen in Deutschland bereits 21.607 Windräder mit einer installierten Maximalleistung von 25.800 MW.

    Diese Technik ist vielversprechend und vermutlich realisierbar. Aber sie befindet sich gerade am Anfang und die Erfahrungen mit vergleichbaren Entwicklungen lassen einen Zeitbedarf bis zu einem umfangreichen und damit wirksamen Ausbau von fertig entwickelten und erprobten Speichern im Netz von 25 bis 30 Jahren erwarten. Sinnvoll, aber viel zu spät, um die akuten Probleme im deutschen Stromnetz zu lösen und ebenfalls viel zu spät, um einen Beitrag zur Verwirklichung des Energiekonzepts der Bundesregierung zu leisten.

    Die Seekabel-Verbindung zu den norwegischen Wasserkraftwerken

    Ein solches Kabel soll es bis Anfang 2017 geben: Das 530 km lange Nord Link. Es soll 1.400 MW übertragen. Das entspricht der Leistung eines Kernkraftwerks und gerade einmal 4 Prozent der schon jetzt in Deutschland installierten Windstromleistung. Fünf bis zehn dieser Seekabel wären wohl nötig, geplant sind sie nicht, und es gibt noch andere Probleme: Die meisten norwegischen Wasserkraftwerke sind keine in beiden Richtungen (bergauf und bergab) arbeitenden Pumpspeicherwerke. Sie müssten teuer und langwierig umgebaut werden – wenn es die Norweger überhaupt wollen. Außerdem wollen alle Nordseeanrainer, die ebenfalls Windkraftanlagen gebaut haben, ebenfalls mit Seekabeln an die norwegische Wasserkraft heran. Holland hat es schon getan. Damit fällt für jeden weniger Speicherkapazität ab. Und schließlich: Schon jetzt kämpfen Bürgerinitiativen in Norddeutschland gegen die Umspannstation an Land und die neuen Hochspannungsleitungen.

    Elektroautos

    siehe “Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher”.

    Pumpspeicher-Kraftwerke

    Obwohl klar ist, dass die Leistung der deutschen Pumpspeicherwerke bei weitem nicht ausreicht, werden hier die letzten Planungen für Neubauten und Erweiterungen vorgestellt:
    •Atorf/Südschwarzwald: Bauherr: Schluchseewerke. Geplante Leistung 1.400 MW. Zwei weitere Staubecken und ein Kavernenkraftwerk. Inbetriebnahme 2020 und 2030. Speichervermögen 3,7 Mrd. KWh. Die dena (Deutsche Energieagentur) stellte dazu fest, dass auch dieses neue Werk nur 8% der Strommenge puffern könne, die die Wind- und Solaranlagen bereits im Jahre 2009 erzeugt hätten. Der Schwarzwaldverein als Interessenvertreter der Bevölkerung hatte in den Anhörungen kritisiert, die “Region dürfe nicht bloß das Objekt für energiewirtschaftliche Ausbeutung werden.” Die Vertreter des EVU räumten ein, dass sich die Landschaft deutlich verändern werde, “da werde man sich sicher erst dran gewöhnen müssen.” Der Kreisverband der B90/Die Grünen / Waldshut sprach sich gegen das Projekt aus.
    •Riedl/Bayern. Geplante Leistung 300 MW. Bauzeit bis 2018. Das Projekt ist politisch umstritten; eine Bürgerinitiative hat sich dagegen gebildet.
    •Blautal / Birkhau. Bauherr: Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. Geplante Leistung 60 MW. Die Planung begann Mitte 2005; massive Bürgerproteste in Arnegg und Markbronn führten zu erheblichen Pla-nungsänderungen – auch bezüglich des Ortes der Anlage. Zurzeit werden Sicherheitsbedenken geltend gemacht; der Widerstand hält auch nach 6 Jahren an; ein Baubeginn ist nicht absehbar.

    Die Deutschen haben in den vergan-genen 20 Jahren gelernt, dass sie mit Bürgerinitiativen recht erfolgreich gegen Bauprojekte aller Art vorgehen können. Besonders die Grünen haben das vorgeführt. Inzwischen hat sich das Spektrum der zu verhindernden Vorhaben auf nahezu alles ausgedehnt und es sind jetzt besonders die angeblich dem Umwelt- oder Klimaschutz dienenden Projekte, die den stärksten Widerstand hervorrufen. Windräder, Hochspannungsleitungen für die Energiewende, Erdspeicher für CO2, Transformatorstationen für das Seekabel, großflächige Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen – und besonders Pumpspeicherwerke, die extreme Eingriffe in die Landschaft verursachen. So werden selbst die wenigen theoretisch noch möglichen neuen Speicherwerke faktisch unrealisierbar.

    Es gibt außerhalb des Energiekonzepts weitere Vorschläge für große Stromspeicher, die sich aber alle durch immense Kosten und meist auch größte Verluste im Bereich von 70 bis 80 Prozent auszeichnen. So gehören alle Vorschläge, die mit einer elektrolytischen Spaltung von Wasser durch Windstrom beginnen und danach den entstandenen Wasserstoff, der ja nur noch ein Brenngas ist, wieder in Strom zurück verwandeln wollen (mit Gasmotoren oder gar teuren Brennstoffzellen), zu der Gruppe kostspieligster Energievernichtungsanlagen. Trotzdem werden solche Vorschläge selbst in bislang seriösen Zeitschriften kritiklos als Zukunftstechnologien vorgestellt. Ein typisches Merkmal aller dieser Technikvorschläge ist das absichtliche Weglassen aller Angaben zum Gestehungspreis einer Kilowattstunde und zu den Kapitalkosten, die jedes von der Anlage erzeugtes Kilowatt Leistung verursacht. Am Fehlen dieser Angaben kann man gut die fehlende Seriosität sowohl der Erfinder und Anbieter als auch der Journalisten erkennen.

    Es gibt noch eine weitere schlechte Nachricht – und sie ist von grundsätzlicher Natur: Stromspeicher können nicht den kompletten Bedarf an Reservekraftwerken für den Ausgleich der Einspeise-Schwankungen ersetzen: Sie reduzieren nur den notwendigen Netzausbau und teilen sich die Spitzenlastversorgung mit schnell regelbaren Gaskraftwerken.

    Fazit

    Die einzigen genügend großen Stromspeicher, mit denen man überhaupt rechnen kann, sind die noch zu entwickelnden adiabatischen Druckluftspeicher – und sie kommen viel zu spät, während der Ausbau von Windstrom und Solarstrom immer weiter geht. Das europäische Verbundnetz kann deren Schwankungen bald nicht mehr auffangen und ausgleichen. Im Gegenteil: Um nicht in das absehbare Chaos im deutschen Verbundnetz hineingezogen zu werden, müssten sich unsere Nachbarn abkoppeln. Diese Entwicklung ist wohl zwangsläufig. Aber die Regierung hat anscheinend die Hoffnung, dass sie die Medien beruhigen und bis zur nächsten Bundestagswahl Zeit gewinnen kann, bevor die Probleme übermächtig werden. Dann wird man weiter sehen.



    Nr. 7: Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher
    “Millionen von Elektroautos können mit ihren Batterien das Speicherproblem des Wind- und Solarstroms lösen”. So oder so ähnlich liest man es häufig. Eine doppelte Illusion: In den nächsten 10 –15 Jahren wird es keine nennenswerte Anzahl von Elektroautos geben, da es trotz des technischen Wunderglaubens von Politikern, die selbst allen technischen Fächern ziemlich fern stehen, noch sehr lange keine bezahlbaren, für den Winterbetrieb geeigneten und mit ausreichender Energiekapazität ausgestatteten Batterien geben wird. Die sehr deutlichen Warnungen der Fachleute der physikalischen Chemie werden geflissentlich überhört. So betonte Christoph Huß von der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik “dass wir nicht vergessen dürfen, dass die technisch-physikalischen Grenzen elektrochemischer Energiespeicher nicht durch politische Sonntagsreden außer Kraft gesetzt werden können.“

    Illusion Nr.2: Selbst wenn es einmal eine größere Anzahl von Elektroautos gibt, wird kaum einer der Besitzer bereit sein, es per Netzanschluss und Datenleitung dem Stromversorger zum Ausgleich von dessen Einspeisungs-Schwankungen zu überlassen – also die Autobatterie je nach Bedarf des EVU zu laden oder zu entladen. Denn dem E-Auto-Besitzer wird vom Hersteller sehr deutlich klar gemacht, dass die Lebensdauer seiner teuren Batterie nicht etwa durch ihr Alter, sondern vor allem durch die Anzahl der Lade-Entlade-Vorgänge bestimmt wird.

    Wer sich auf die Benutzung seiner Antriebsbatterie als beliebig auf- und entladbarer Speicher für seinen Stromversorger einlässt, verkürzt die Batterielebensdauer erheblich. Das müsste zu ganz erheblichen Nutzungszahlungen der Stromversorger führen, zu denen sie wohl kaum bereit wären.

    Der Glaube an das Elektroauto als umweltfreundliches Verkehrsmittel könnte sich sehr leicht in sein Gegenteil verkehren, wenn die abgeschalteten Kernkraftwerke – wie abzusehen ist – in erster Linie durch neue Kohlekraftwerke und ergänzend durch Gaskraftwerke ersetzt werden. Ohne regenerative Energien aber wäre der grüne Plan ein Eigentor: Wenn aus der Steckdose neben Import-Atomstrom viel mehr Kohlestrom kommt, dann “ist jeder gefahrene Kilometer mit einem E-Auto deutlich CO2-intensiver als sein konventionell betriebenes Gegenstück”, erklärt Lino Guzzella, Professor für Thermotronik der ETH Zürich. Ein Großein-satz von E-Autos würde den Klimawandel beschleunigen, statt ihn zu bremsen – falls die Theorie vom CO2 als das Klima beeinflussendes Spurengas überhaupt stimmt. Aber das ist ein anderes Gefechtsfeld. (6)

    Die Elektroauto-Euphorie bietet im Übrigen nicht etwa eine Chance, sondern stellt vielmehr eine Gefahr für den Standort Deutschland dar, was die Regierung wie üblich nicht erkennt. Ein Elektroauto ist bis auf die teure Batterie, die möglicherweise nicht in Deutschland hergestellt wird, ein vergleichsweise einfaches Produkt. Zahlreiche Komponenten wie Otto- bzw. Dieselmotoren, Getriebe, Kompressoren, Einspritzsysteme, Abgaseinigungssysteme, Anlasser oder Kühler entfallen. Wer die Batterien zukauft, kann auf recht einfache Weise E-Autos bauen, deren Kosten dann hauptsächlich in deren Montage liegen. Dies wird sowohl Auswirkungen auf
    einen Großteil der Metallindustrie und den Maschinenbau, aber natürlich vor allem auf die Automobilindustrie in Deutschland haben (7). Im Kapitel “Das Märchen von der Sonne, die keine Rechnung schickt” ist eingehend beschrieben worden, weshalb die angebliche deutsche Zukunftstechnologie Photovoltaik-Produktion - ein ehemaliger Hoffnungsträger deutscher Politiker - von China übernommen wurde. Wenn man nur noch eine Fahrzeugbatterie zukaufen muss - es sei denn, man produziert auch die selbst - und der Rest der Fertigungskosten eines E-Autos dann überwiegend Montagekosten sind, dann blüht der deutschen Autoindustrie das gleiche Schicksal. Fast jedes Land kann dann seine Autos selbst bauen; China vorneweg. Abgesehen vom Platzen der Seifenblase vom umweltfreundlichen E-Mobil (s.o.) erscheint die Elektroauto-Euphorie auch im Lichte dieser Fakten naiv und kurzsichtig.

    Die Politiker-Vision vom elektrisch angetriebenen Autoverkehr gab es übrigens schon einmal: Die Regierung von Bundeskanzler Kohl hatte bereits im Jahre 1992 die neue Elektroauto-Epoche angekündigt. Zwischen 1992 und 1995 führte die Regierung – begeistert befürwortet durch Forschungsminister Heinz Riesenhuber und eine gewisse Angela Merkel, Umweltministerin, - einen großen Feldtest für Elektroautos auf Rügen durch. Und der damalige Innenminister Manfred Kanther gab das Ziel aus, dass mindestens 10 Prozent aller neu zugelassenen KFZ im Jahre 2000 Elektroautos sein sollten. Das erleben wir nun zum zweiten Mal.



    Nr. 8: Das Märchen von der Sonne, die keine Rechnung schickt

    Der Werbespruch “Die Sonne schickt keine Rechnung” ist gewiss der Anwärter für den Hauptgewinn im Volksverdummungs-Wettbewerb. Spötter haben dazu festgestellt, dass auch die geologischen Epochen Carbon und Perm keine Rechnung für die damals erzeugte Kohle schicken und dass die kosmische Katastrophe, die das Sonnensystem mit seinen Uranvorräten hervorbrachte, ebenfalls netterweise auf die Versendung von Rechnungen verzichtet hat. Was mit diesem Verdummungsspruch verschleiert werden soll: Die Sonne scheint in Deutschland – wenn sie scheint - mit einer Leistungsdichte von nur ca. 1000 Watt (thermisch) pro Quadratmeter, woraus eine Silizium-Photovoltaikzelle etwa 90 Watt (elektrisch) erzeugt. Hoffnungen, dass sich das in Zukunft wesentlich verbessert, sind unbegründet und gehören zum technologiepolitischen Wunderglauben (siehe das Märchen vom Technologiesprung). Diese sehr alte Technik ist in den vielen Jahrzehnten bis dicht an ihre physikalische Grenze herangebracht worden; wundersame Verbesserungen, “Technologiesprünge”, wird es nicht geben.

    Dieser bei voller und möglichst senkrecht einfallender Sonne seine 90 Watt abgebende Quadratmeter kostet echtes Geld. Die Anschaffungskosten für ein Einfamilienhaus-Dach belaufen sich auf 13.000 Euro für eine Spitzenleistung von 2,5 KWp. Für den Anteil der Solarzellen daran zahlt man derzeit bis 10.000 Euro – das übrigens zu gut zwei Dritteln nach China fließt, denn die chinesischen Hersteller haben die deutsche Konkurrenz längst in Grund und Boden konkurriert: Deutschland konnte 2010 gerade einmal Solarzellen für 138 Millionen Euro nach China exportieren – während von dort Konkurrenzware für 5,9 Milliarden Euro kam.

    Dass China jetzt den Photovoltaik-Markt derart dominiert und die deutschen Hersteller beiseite gedrängt hat, haben unsere Medien kaum berichtet. Es ist zu peinlich. Das Sinken der Modulpreise hat man aber bemerkt. Teilweise wird dazu die Behauptung verbreitet, dies läge an großen Fortschritten der Produktionstechnologie. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Die Technik der Herstellung von kristallinen Silizium-Solarzellen, die gegenüber den Dünnschichtzellen einen deutlich höheren Umwandlungs-Wirkungsgrad besitzen und trotz höherer Preise den Markt dominieren, ist durch eine lange Kette von schwierigen Bearbeitungsschritten gekennzeichnet, die sich sämtlich einer Automatisierung entziehen. Es beginnt mit dem langwierigen Ziehen der großen Siliziumkristalle aus der Schmelze, gefolgt vom Sägen dünner Scheiben, dem Schleifen, Läppen und Polieren, dann dem Ätzen und Reinigen. Es folgen die Prozesse der Silizium-Halbleitertechnik: Dotieren der Si-Scheiben entweder im Diffusionsofen oder durch den Beschuss mit elektrisch beschleunigten Atomen (Implantieren), wieder Reinigungsarbeiten, dann Kontaktieren durch Aufdampfprozesse im Vakuum, anschließend Zuschneiden der Zellen. Die meisten dieser Arbeiten müssen unter Reinraumbedingungen erfolgen. Sie erfordern an allen Stationen in extremer Weise Handarbeit durch geschultes Laborpersonal - und der begleitende Energieverbrauch ist dermaßen hoch, dass die Solarzellen zwei bis drei Jahre arbeiten müssen, bevor sie die für ihre Herstellung aufgewendete Energie wieder “verdient” haben. Eine Kostenreduktion durch Erhöhung des Produktionsvolumens, wie es bei allen Verfahrenstechniken möglich ist, wird durch die technologiebedingt kleinen Anlagen (Ausnahme: die Implantationsaggregate) und deren Bedienung verhindert: Für die zehnfache Produktion braucht man auch zehnmal mehr Anlagen und zehnmal mehr Personal.
    Es sind diese beiden prinzipiellen Handicaps, die deutsche Hersteller von Anfang an in eine fast aussichtslose Position gegenüber chinesischen Herstellern gebracht haben: Der sehr hohe Lohnanteil und der hohe Energieverbrauch. Hier konnte China seine großen Vorteile ausspielen, die mit Technologie nichts zu tun haben. Sowohl die Löhne als auch die Strompreise sind hierzulande viel höher. So kam es rasch zu deutlichen Preissenkungen und einer Eroberung des Photovoltaik-Marktes durch chinesische Hersteller. Zwar gab es auch technologische Fortschritte bei der Effizienz der Zellen, aber das trug nur in geringem Maße zum Preisrückgang bei.

    Wäre in der rot-grünen Regierung, die das Milliarden verschlingende Erneuerbare Energien-Gesetz EEG verabschiedete, etwas Sachverstand über die sehr speziellen Fertigungsbedingungen der Photovoltaik vorhanden gewesen, man hätte den unvermeidlichen Verlust dieser lohnintensiven Technologie vorausgesehen und hätte sich wohl auch die großspurigen Reden über die viele tausend Arbeitsplätze schaffende Solarstromindustrie verkniffen. So fördern die deutschen vom EEG gerupften Verbraucher am Ende nur noch die chinesische Industrie.

    An dieser Stelle muss auch mit dem Glauben an die Photovoltaik als Hochtechnologie aufgeräumt werden. Sie gehört zwar fachlich zur Halbleiter-Technik, ist aber hinsichtlich ihrer nicht vorhandenen Komplexität und ihrer relativ bescheidenen Ansprüche an die Fertigungseinrichtungen, das Reinraum-Niveau und die Mitarbeiter-Qualifikation in keiner Weise mit der Mikroelektronik (“Chip-Technologie”) zu vergleichen. Letztere befindet sich permanent an den Grenzen des gerade technologisch Machbaren, verbunden mit extremem apparativem Aufwand und ausgeklügelter Design-Software, stets auf dem Wege weiterer Verkleinerung und Verdichtung der Schaltkreise bei Erhöhung ihrer Arbeitsgeschwindigkeit nebst Verringerung des Energieverbrauchs. Zwischen der ins Sub-Mikroskopische und Hyper-Komplexe gehenden Chip-Technologie und der Photovoltaik im Postkatenformat liegen technologische Lichtjahre. Auch wenn es manchen Ideologen weh tut: Die Photovoltaik war immer “Low-Tec” - und deshalb konnte sie Deutschland nicht halten und verteidigen.

    Die Deutschen sind jetzt die Hauptabnehmer der chinesischen Solarzellenfabriken. China selbst jedoch nicht. Obschon etwas größer als Deutschland und auch von der Sonne bestrahlt, hat China für seine Stromerzeugung andere Pläne: Das Riesen-reich installierte 2010 nur den achtzehnten Teil der 7.300 Megawatt Solaranlagen, die Deutschland ans Netz brachte. Jürgen Heraeus, der China-Beauftragte der deut-schen Wirtschaft, stellte dazu fest: “Das haben wir uns selbst eingebrockt.” Erst das Erneuerbare-Energien-Gesetz habe die chinesischen Solarunternehmen zu einer derartigen Konkurrenz gemacht. (8)

    Zu den happigen Preisen für den Kollektor selbst kommen noch der Wechselrichter (deutsches Produkt), die Montage, die Wartung, die Versicherung hinzu. So wurde vor 10 Jahren die alte bewährte Nischentechnik Photovoltaik, die für die Versorgung entlegener Plätze ohne Stromversorgung wie Bojen, Jagdhütten, Segelyachten, Telefonmasten in dünnbesiedelten Regionen etc. schon immer ihren Sinn hatte, durch den krampfhaften grün-roten Versuch, Kernkraftwerke durch irgendetwas ökologisch irgendwie Strom Erzeugendes zu ersetzen – möglichst mit Hilfe der symbolhaften Sonne, die keine Rechnungen schickt – zu einer extrem teuren, Milliarden verschlingenden Großtechnik aufgebaut. Die trotz einer Ende 2010 bereits installierten Spitzenleistung von ca. 16.900 MW wegen ihres sehr geringen Nutzungsgrades auch nur einen geringfügigen Anteil von 1,9 Prozent an der Gesamtstromerzeugung von Deutschland (621 Mrd. KWh) hatte.

    Dieser klägliche Beitrag kostet die deutschen Verbraucher, die das mit ihren Stromrechnungen bezahlen müssen, insgesamt unglaubliche 85,4 Milliarden Euro – diese Summe ist den Betreibern teils schon ausgezahlt worden, teils fällt sie noch an, da diese Einnahmen per EEG für 20 Jahre garantiert sind. (8) Der größte Teil dieser Milliarden dient der Anschaffung der Anlagen und den verdient jemand. Den Löwenanteil chinesische Hersteller, der Rest Zellen-Zusammenbauer und Handwerker. Es ist aber nicht die Sonne, so viel ist richtig.



    Nr. 9: Das Windstrom-Märchen: “Der Windpark XY kann Z-tausend Haushalte versorgen.”


    Eine derartige Behauptung ist ein fester Bestandteil jeder Pressemitteilung über die Einweihung eines Windparks. Tatsächlich kann auch der größte Windpark keinen einzigen Haushalt sicher und zuverlässig mit Strom versorgen. Das liegt am bekanntlich unvorhersehbaren und extrem schwankenden Windangebot, was regelmäßig dazu führt, dass bei den sowohl im Sommer als auch im Winter beliebten windstillen Hochdrucklagen alle Windmühlen viele Stunden und oft Tage still stehen. Das würde Stromsperren bedeuten und wäre für die Industrie tödlich.

    Wenn man eine grafische Darstellung der Windstrom-Erzeugung über den Zeitraum eines Jahres , zum Beispiel von 2010 , betrachtet, kann man bereits an diesen zerrissenen, wüst schwankenden Stromerzeugungs-“Schüben” kennen, wie ungeeignet eine solche Art der Energiegewinnung für die Versorgung eines Industrielandes ist. (Siehe hierzu das Informationsmaterial von Prof. H. Alt, FH Aachen). Diese extremen Schwankungen sind physikalisch begründet und damit politisch nicht beeinflussbar: Die Leistung einer Windkraftanlage steigt und fällt mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Sinkt die Windgeschwindigkeit also z.B. auf die Hälfte des maximal zulässigen Wertes, bei dem die Anlage ihre stets betonte Auslegungs- bzw. Maximalleistung abgibt, dann sinkt ihre Leistung bereits auf ein Achtel, also auf 12,5%. Bei noch weniger Wind, den man immer noch für kräftig halten mag, wird praktisch kein Strom mehr erzeugt. Deshalb arbeiten diese Anlagen nur bei höheren Windgeschwindigkeiten mit nennenswerter Leistung – und schalten aus Sicherheitsgründen schlagartig ab, wenn ihre maximal zulässige Windstärke überschritten wird. Das ist dann der Alptraum der Netzbetreiber, da plötzlicher Starkwind Hunderte von Windmühlen, die eben noch volle Leistung abgaben, zum Stillstand bringen kann. So schnell kann kein Reservekraftwerk hochgefahren werden.

    Da von Verteidigern der “Erneuerbaren” gerne das Argument gebracht wird, wie viele Kernkraftwerke (es sind immer nur Kernkraftwerke) von den Windkraftanlagen ersetzt werden können, kann man durch einfaches Ausmessen dieser Grafik feststellen, wie viel Tage im Jahr die vereinigten deutschen Windmühlen – Ende 2010 waren es 21.607 Stück – wenigstens eine Strommenge erzeugt hatten, die täglich von einem einzigen Kernkraftwerk geliefert wird. Bereits Mitte 2010 betrug ja die “installierter Leistung” (die Leistung, die die Windmühlen maximal erzeugen würden, wenn sie alle ihre maximal verkraftbare Windstärke erhalten würden) enorme 26.387 MW. Da sollte es doch kein Problem sein, eine große Anzahl konventioneller Kraftwerke vollkommen – d.h. kontinuierlich und zuverlässig das ganze Jahr über – durch diese mächtige Windkraft zu ersetzen.

    Das ist nur ein Öko-Märchen. Denn die Realität ist deprimierend: Im Jahre 2010 erreichte die eingespeiste Leistung aller Windkraftanlagen an 13 % aller Tage nicht einmal die Leistung eines einzelnen Kernkraftwerks von 1.400 MW. Noch trauriger sah es aus, wenn die Windmühlen zwei dieser 1.400-Megawatt-Kernkraftwerke “ersetzen” sollten: An 34 % aller Tage des Jahres 2010 blieben sie darunter. Und an 46 % aller Tage des Jahres 2010 reichte der gesamtdeutsche Windmühlenstrom nicht aus, um drei dieser Grundlastkraftwerke zu ersetzen.

    Aus diesem Grunde konnte bisher trotz des enormen und durch Milliarden an von Stromkunden bezahlten Zwangsabgaben (EEG-Gesetz) subventionierten Ausbaus der Windkraft kein einziges konventionelles Kraftwerk ersetzt, also abgeschaltet werden. Im Gegenteil: Es müssen zusätzliche Gaskraftwerke gebaut werden, die die extremen Schwankungen des Windstroms durch schnelles Herauf- und Herunterfahren ausgleichen müssen, damit das Stromnetz nicht zusammen bricht. Der einzige verbleibende Vorteil der Windkraft ist eine Brennstoffeinsparung der vorübergehend herunter gefahrenen Kraftwerke. Ihr enormer Nachteil ist die nun doppelt vorhandene teure Stromerzeugungs-Kapazität, die den Strompreis nach oben treibt. Zusätzliche Stromspeicher, die das Netz stabilisieren könnten, gibt es nicht und wird es auch in 20 Jahren nicht geben (siehe „Das Märchen von den neuen Stromspeichern“ und „Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher“).



    Nr. 10: Das Geothermie-Märchen


    Mit heißem Wasser aus der Tiefe Strom in Deutschland erzeugen zu wollen, erfüllt im Grunde den Straftatbestand des groben Unfugs – in Verbindung mit der Verschwendung von Steuergeldern, sofern die zurzeit laufenden Projekte öffentlich gefördert werden. Es ist der hoffnungslose Versuch, die Gesetze der Physik zu betrügen: Bei einer Temperaturdifferenz von etwa 80 Grad zwischen dem etwa 100 Grad heißen Wasser aus dem Bohrloch und der Kühlseite des daran angeschlossenen Niederdruck-Dampfkraftwerks ist der Umwandlungs-Wirkungsgrad von Wärmeenergie in elektrische Energie dermaßen klein, dass die allenfalls optisch eindrucksvollen Versuchskraftwerke – die tatsächlich gebaut worden sind – nur minimal Strom erzeugen können. Aus diesem Grund wird in den Beschreibungen dieser Projekte stets jegliche Angabe des elektrischen Wirkungsgrades sowie der anteiligen Anlagenkosten pro erreichtem Kilowatt an erzeugter elektrischer Leistung peinlichst vermieden. Die Leistungsbilanz sowohl der 4 errichteten und der 5 geplanten Geothermiekraftwerke ist insgesamt: 7,4 Megawatt. Ein einziges Kohlekraftwerk erzeugt jedoch 900 bis 1.400 MW; ein Kernkraftwerk 1200 bis 1.400 MW. Sinnvoll wäre allein die Nutzung der Geothermiewärme zu Heizzwecken über Fernwärme – sofern sich ein Neubaugebiet in der Nähe der Anlage befindet. Aus dem soeben bekannt gewordenen EEG-Erfahrungsbericht des BMU, der zugleich die künftige Planung bekannt gibt, geht hervor, dass “die Förderung der Geothermie stark ausgebaut werden soll”. Damit sind höchstwahrscheinlich wieder “Kraftwerke” wie die oben genannten gemeint. Das Motto scheint zu sein: Je hoffnungsloser und sinnloser die Vorhaben, desto stärker die Förderung.



    Nr. 11: Das Märchen vom Technologiesprung

    Es fällt auf, dass nur Politiker auf an-geblich sicher kommende Technologie-sprünge hinweisen, wenn sie die peinliche Tatsache von für die Energiewende fehlen-den Techniken (z.B. effiziente, bezahlbare Stromspeicher) hinwegreden möchten. Fachleute hüten sich vor solchen Äußerungen. In Wahrheit verlaufen technische Entwicklungen ohne spektakuläre Sprünge langsam und gleichmäßig, was die langen Zeiträume zwischen erster Idee, Labor- oder Technikumsmuster, Prototypentwicklung, Konstruktion der ersten marktreifen Anlage und dann noch den schwierigen Prozess der Marktdurchdringung erklärt. Tatsächlich brauchen technische Entwicklungen – außerhalb der in dieser Hinsicht für schnelle Verbesserungen prinzipiell sehr geeigneten Mikroelektronik - daher bis zu ihrer Markteinführung oft 30 Jahre, nicht selten auch 50 Jahre. Hierzu einige Beispiele:
    •die erste Anwendung der Wärmepumpe geschah in den 40er Jahren in der Schweiz;
    •die ersten Elektroautos gab es schon vor über 100 Jahren;
    •Silizium-Photovoltaik-Solarzellen wur-den 1953 erstmals in den Bell Labs produziert;
    •mit Brennstoffzellen als Treibstoff-Strom-Wandler bestückte Fahrzeuge gab es in Deutschland bereits um 1970;
    •der Stirlingmotor, der jetzt als Mini-Kraft-Wärme-Einheit (Motor plus Stromgenerator) für Häuser angeboten wird, wurde 1816 von dem Geistlichen Robert Stirling erfunden. Er diente bislang nur seit 1996 als Antrieb schwedischer U-Boote der Gotland-Klasse
    •Windmühlen als Stromerzeuger gibt es seit mindestens 80 Jahren.

    Wer von kommenden Technologie-sprüngen redet, zeigt damit nur, dass er keine Sachargumente hat, stattdessen aber meint, technologische Entwicklungen durch politische Sonntagsreden beschleunigen zu können. (siehe hierzu: , „Das Märchen von den neuen Stromspeichern“, „Das Elektroauto-Märchen“, „Das Geothermie-Strom-Märchen“)

    Der Kardinalfehler der letzten drei Regierungen in ihrer Energiepolitik war “die Festlegung auf einen bestimmten Energiemix. Die staatliche Aufgabe besteht eher in der Setzung eines fairen Rahmens als im Vorschreiben konkreter Technologien.” (9). Anstatt ideologisch bevorzugte, unakzeptabel teure Techniken ohne deren bitter nötige Weiterentwicklung mit Milliardensubventionen in den Markt zu drücken, wäre mehr Forschung und Entwicklung erforderlich. “Doch der Bund hat seine Ausgaben für die Energieforschung in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgefahren. Waren diese Mittel bis 1982 auf fast 1,5 Milliarden Euro gestiegen, bewegen sie sich aktuell auf einem Niveau von ca. 500 Millionen Euro.” (5) Vielleicht hätte man dazu die 1,4 Milliarden Euro gebraucht, die die Kraftwerksbetreiber eigentlich im Zuge der jetzt wieder abgeblasenen KKW-Laufzeitverlängerung allein 2016 in einen “Energie- und Klimafonds” zahlen sollten.



    Nr. 12: Das Märchen vom Segen der Dezentralisierung
    Schon lange wird als ein Gegenmodell zur stets bösen Großtechnologie – gemeint sind vor allem normale Kraftwerke – die Vision von unzähligen kleinen Stromerzeugern in den Häusern als die ideale Stromversorgungs-Struktur für unser Land propagiert. Die technische Lösung sieht immer gleich aus: Ein Gas- oder Dieselmotor treibt einen kleinen Stromgenerator an; die Abwärme kann in den Wintermonaten der Hausheizung zugeführt werden. Wegen der vielen Erzeuger ist die Versorgungssicherheit in einem derart dezentralisierten Netz ähnlich hoch wie bei der Nutzung unseres Verbundnetzes, an dem ebenfalls viele Kraftwerke – allerdings zumeist Großkraftwerke – hängen.

    Würde man in einem Land mit maroder Infrastruktur leben, dessen Stromversorgung durch ständige Blackouts gekennzeichnet ist, dann wäre ein solches dezentralisiertes System unverzichtbar. Im Grunde müsste jeder Betrieb und fast jedes Haus so eine eigene kleine Stromerzeugungsanlage besitzen, wie wir sie nur als Notstromversorgung in extrem stromabhängigen Nutzern kennen: Kliniken, Rechenzentren, Flugplätze, Telefonzentren, Polizei, Feuerwehr. In einem solchen maroden Land leben wir aber glücklicherweise nicht. Deshalb sticht das Argument der Versorgungssicherheit eines dezentralen Systems nicht – und das ist dessen einziger positiver Aspekt. Betrachtet man allerdings seine Nachteile, dann kommt einiges zusammen:
    •Ein durch viele Kleinerzeuger aufgebautes Stromversorgungsnetz benötigt zu 100 Prozent chemische Energieträger: Erdgas (auch veredeltes Biogas), Benzin oder Diesel (ebenfalls ggf. mit Biosprit-Anteilen). In der Realität wäre Erdgas mit Abstand der häufigste Brennstoff. Damit ist der Betrieb dieser Kleinanlagen von den Mineralöl- und Erdgaspreisen bestimmt – und zu mindestens 95% von Importen abhängig. Die Preise be-stimmen dann der Öl-Spotmarkt und Gazprom.
    •Dieses weit überwiegend mit fossilen Energieträgern betriebene System erzeugt weitaus mehr CO2 als das System der CO2-freien Kernkraftwerke, der modernen Kohle- und Gaskraftwerke (GuD) mit ihren den Gas- und Dieselmotoren deutlich überlegenen höheren Wirkungsgraden. Für das dezentrale Stromnetz bedeutet das einen wesentlich höheren CO2-Ausstoß als beim Verbundnetz.
    •Neben den hohen Brennstoffkosten spielen auch die erheblich höheren Investitionskosten bei den Kleinanlagen– gemessen in Euro pro erzeugter elektrischer Leistung in Euro / Kilowatt – eine Rolle.
    •Für den Ersatz eines 1000-MW-Kohlenkraftwerks wären ca. 330.000 Kleinanlagen á 3 KW erforderlich. Eine solche Kleinanlage kostet 8.000 – 22.000 Euro; das sind 3.700 – 7.500 Euro / KW. Zum Vergleich: Die Investitionskosten eines Kohlekraftwerks führen zu Kosten von 1.140 – 1.480 Euro / KW. (10)

    Zusammengefasst
    •Gegenüber einem durch Kohlenkraftwerke versorgten Verbundnetz wäre ein durch Kleinanlagen dominiertes Versorgungsnetz wesentlich teurer, wozu noch der Netzausbau im Mittelspannungs- und Niederspannungsnetz hinzu käme.
    •Die benötigten Import-Brennstoffe sind wesentlich teurer als heimische Braunkohle. oder Uran (Beispiel: anteilige Urankosten einer Kernkraft-Kilowattstunde 27% bei abgeschriebener Anlage, 8,1% bei KKW-Neubau; Erdgaskosten-Anteil bei GuD-Gaskraftwerken 74%).
    •Deshalb würde der Strom im dezentra-len Netz deutlich mehr kosten.
    •Der CO2-Ausstoß würde sich deutlich erhöhen.
    •Die dezentrale Stromerzeugung hätte gegenüber dem jetzigen System keinen Vorteil bezüglich der Versorgungssicherheit.

    Das dezentrale Stromversorgungssystem besitzt also keinen Vorteil, hat aber mehrere erhebliche Nachteile.



    Nr. 13: Das Jobwunder-Märchen: “Erneuerbare” Energien schaffen viele Arbeitsplätze”


    Dieses Argument wird ständig ge-bracht, aber exakt das Gegenteil dieser Be-hauptung stimmt: Jeder Arbeitsplatz, der durch Subventionen geschaffen wird, führt zur Vernichtung von mindestens 2,2 Arbeitsplätzen in der übrigen Wirtschaft. Bei der besonders teuren Photovoltaik werden sogar doppelt so viele Arbeitsplätze pro geschaffenem subventionierten Öko-Arbeitsplatz vernichtet. Der Mechanismus dieses Zerstörungsvorgangs, der übrigens für alle Subventionen gilt, ist simpel: Subventionen für Unternehmen oder deren Produkte, die am freien Markt keine Chance hätten, entziehen den Bürgern und der Wirtschaft Geld, das diese ansonsten für Konsum, Investitionen, Dienstleistungen etc. ausgeben würden. Das vernichtet Arbeitsplätze in diesen Branchen. Hinzu kommt, dass die so künstlich geschaffenen Arbeitsplätze in der “Grünen Industrie” zum großen Teil nicht dauerhaft sind, da sie überwiegend nur für die Produktion von Anlagen eingesetzt werden, nach deren Verkauf die Arbeit beendet ist. Arbeitsplätze, die dauerhaft mit dem Betrieb, der Wartung und Reparatur von Anlagen befasst sind, gibt es dort vergleichsweise wenig. Diese Erkenntnisse sind in der internationalen Wirtschaftswissenschaft mehrfach bestätigt worden. (s. Gabriel C. Alvarez et al, Universität Rey Carlos de Madrid, März 2009).

    Das Institut der deutschen Wirtschaft IW Köln vergleicht die Beschäftigungswirkungen der erneuerbaren Energien mit Herrn Tur Tur, dem Scheinriesen aus dem Kinderbuch über Jim Knopf und Lukas, den Lokomotivführer, der von weitem riesig wirkt, aber beim Näherkommen auf Normalmaß zusammenschrumpft. Nach Angaben der Erneuerbaren-Branche arbeiteten dort über 300.000 Menschen. “Wenn man genauer hinschaut, bleibt von diesem Jobwunder wenig übrig”, stellt das IW Köln fest (1.9.2010). Nach einer BMU-Studie arbeitet weit mehr als die Hälfte dieser 300.000 - nämlich 184.000 Personen - nur dank laufender Investitionen in diesem Sektor. Ohne diesen Aufbaueffekt sehe es bei Sonne, Wind, Wasser, Biogas und Biomasse längst nicht so positiv aus: Nur etwa 53.000 Personen betreiben und warten die Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Insgesamt kommt die Energieversorgung in Deutschland auf 239.000 Beschäftigte. Der Beschäftigung bei den Erneuerbaren steht zudem ein Abbau an anderer Stelle - bei den Industrieunternehmen, die unter den erhöhten Energiekosten leiden - entgegen. “Betrachte man den Beschäftigungsaufbau in der Erzeugung von erneuerbaren Energien auf der einen und die negativen Effekte in den übrigen Energiesparten auf der anderen Seite, sind keine positiven Wirkungen für den Arbeitsmarkt zu erkennen.” “Gemessen an allen 27,5 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland ist die Zahl der Arbeitsplätze (bei den Erneuerbaren) alles andere als beeindruckend: Nur 0,2% aller Arbeitnehmer kümmern sich um den laufenden Betrieb von Anlagen, die grünen Strom produzieren.” (11)

    Deutsche Unternehmen exportieren erfolgreich Anlagen für Umweltschutz-Zwecke. Aber die Hoffnungen von den “Erneuerbaren” als Exportschlager für die Industrie sind längst geplatzt. 2006 fanden sich unter den zehn weltgrößten Windkraftanlagen-Herstellern noch vier deutsche. 2010 standen nur noch zwei Namen auf der Liste – wohl aber vier chinesische. Deutschland exportierte 2010 Solarstromanlagen für 138 Millionen Euro nach China; China exportierte im Gegenzug solche Anlagen im Wert von 5,9 Milliarden Euro nach Deutschland.



    Nr. 14: Das Märchen vom Ökostrom

    Viele Deutsche meinen es gut und geben Geld aus, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Das ist natürlich anzuerkennen. Aber freigiebig locker gemachtes Geld lockt gewisse Leute an, die es gerne hätten, ohne die damit verbundenen Wünsche ernst zu nehmen. Schon länger fließt etliches Geld aus Deutschland über den Atlantik, um dort zum Beispiel eine Patenschaft für eine Fledermaus in Nicaragua, einen Ara in Brasilien oder ein paar Quadratmeter Regenwald in Costa Rica zu finanzieren. Manches davon mag seriös sein, aber seit längerem hat sich in Übersee für das treuherzige, unkritische Finanzieren gut gemeinter Projekte der böse Begriff “Stupid German Money” (Deutsches Idiotengeld) eingebürgert.

    Auch in Deutschland selbst kann man zum Beispiel durch seine Stromrechnung die Heimat angeblich etwas grüner machen, vorausgesetzt, man kauft bei einem der zahlreichen Anbieter “Ökostrom”. Als Techniker ist man von diesen Vorgängen zunächst verwirrt, denn eins ist absolut klar: Aus der Steckdose eines jeden Kunden kommt überall der gleiche Strom, über dessen Quellen man sich erst am Jahresende ein Bild machen kann, wenn bilanziert wird, welche Erzeuger wieviel Strom eingespeist haben. Für 2010 sah dieser Strommix folgendermaßen aus:
    •Kernenergie 22%
    •Erdgas 14%
    •Braunkohle 24%
    •Steinkohle 19%
    •Wind 6,2%
    •Wasserkraft 3,2%
    •Biomasse 5,6%
    •Photovoltaik 2%
    •Sonstige (Müll, Öl, Grubengas; Klärgas) 5%

    Die im EEG genannten “Regenerativen” (s.u.) haben also zusammen knapp 20%. Wie sehen nun die Ökostrom-Angebote aus? Und was steckt tatsächlich dahinter?


    Variante A ist das Angebot, Wasserkraftstrom aus Deutschland zu liefern. Das bieten mehrere Stromversorger an. Einer dieser Anbieter schreibt: “In jedem Fall erhalten Sie ohne CO2-Emissionen produzierten Strom aus 100% Wasserkraft mit TÜV Nord-Zertifikat. Sie bestimmen, welcher Strom für Sie persönlich produziert wird. Aber nicht nur das: Sie sorgen dafür, dass der Anteil von Ökostrom im gesamten Netz immer größer wird.” Bewertung: Die beiden ersten Sätze sind irreführend und haben mit der Realität nichts zu tun. Der dritte Satz würde nur dann eine Winzigkeit Wahrheit enthalten, wenn sich dieser Anbieter verpflichtet hätte, seine Gewinne selbst in neue Anlagen der regenerativen Energieerzeugung zu investieren. (Siehe Variante D). Davon ist aber in seiner Werbung nicht die Rede. Dass der Kunde den vom Anbieter gekauften Wasserkraftstrom komplett erhält, ist schon physikalisch unmöglich. Ebenfalls unmöglich ist aber sogar, dass durch diesen Kauf der gläubige Ökostromkunde oder auch irgendein anderer Stromkunde auch nur eine Winzigkeit mehr regenerativen Strom an seiner Steckdose ankommen sieht. Das verhindert nämlich das Erneuerbare Energie-Gesetz (EEG). Es bestimmt, dass die öffentlichen Netzbetreiber verpflichtet sind, sämtliche von den im EEG genannten Erzeugern (Wasserkraftwerke; Biomassekraftwerke; Geothermiekraftwerke; Windkraftanlagen; Photovoltaikanlagen; Stromerzeuger mit Deponiegas, Klärgas und Grubengas) produzierten Strommengen vorrangig - und das heißt restlos - gegen die gesetzlich festgelegte Vergütung anzukaufen. Anschließend müssen sie diesen Strom an einer Strombörse vermarkten. Das bedeutet: Sämtlicher in Deutschland erzeugter regenerativer Strom wird qua Gesetz den Produzenten abgekauft - nichts bleibt an ungenutzten Kapazitäten übrig, deren Strom man noch extra als Ökostrom ankaufen und weiterverkaufen könnte. Ebenso unmöglich ist es, dass der Ökostromkunde “selbst bestimmt, welcher Strom für ihn persönlich produziert wird.” Er bekommt wie alle anderen Verbraucher, die nichts extra bezahlen, z.Zt. knapp 20% Ökostrom - und kein bisschen mehr.


    Variante B: Wenn der Ökostrom nicht aus Wasserkraft, sondern angeblich aus anderen im EEG genannten regenerativen Quellen in Deutschland kommt, gilt das oben Gesagte genau so.


    Variante C: Ein Anbieter schreibt: “Es ist garantiert kein Atomstrom.” Und: “Unser Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Norwegen wird aus Wasserkraft gewonnen. Aus 100% Wasserkraft.” Bewertung: Abermals gilt das oben zu der Unmöglichkeit der Beeinflussung des Strommixes an der Steckdose des Ökostromkunden Gesagte. Selbstverständlich erhält auch dieser Kunde seine ca. 20% regenerativ erzeugten Strom - und Wasserkraft hat daran (s.o.) ihre 3,2%. Deutsche Wasserkraft, selbstverständlich. Das EEG-Argument gilt in diesem Falle nicht, denn es wird ja in Norwegen Strom eingekauft. Das klingt zwar besser, ist es aber auch wieder nicht. Norwegen hat viel Wasserkraft, aber nicht genug davon. Das hat zwei Konsequenzen: Zum einen brauchen und verbrauchen die Norweger ihren Wasserkraftstrom selbst. Und weil das nicht reicht, importieren sie Strom aus Schweden - und zwar Kernkraftstrom. Kaufen Ausländer wie der deutsche Ökostromanbieter den norwegischen Wasserkraftwerken Strom ab, fehlt dieser im dortigen Netz. Weil die Wasserkraftwerke wegen des deutschen Käufers auch nicht mehr als ohne ihn produzieren, ist der Umweltnutzen dieses Geschäfts Null. Es muss nur mehr Kernkraftstrom in gleicher Menge importiert werden. Und weil man im norwegischen Netz genau wie im deutschen einen Strommix hat - in diesem Falle Wasserkraftstrom und schwedischen Kernkraftstrom - , ist auch in dem nach Deutschland gelieferten Ökostrom doch zusätzlicher Atomstrom dabei - der sich dann im deutschen Netz mit dem deutschen Atomstrom vereinigen würde, wenn das bei Strom überhaupt ginge. An der Steckdose des Kunden ist wieder “garantiert” 22% Atomstrom entnehmbar. Ob der deutsche Ökostrom-Aufkäufer die Norweger zu einem weiteren Ausbau ihrer Wasserkraft veranlassen kann, ist eine gute Frage. Aber nur wenn genau das der Fall wäre, hätte es einen Einfluss auf den Strommix im norwegischen und deutschen Netz.


    Variante D: Der Ökostromanbieter erklärt verbindlich, dass er seine Gewinne in neue Anlagen der regenerativen Energieerzeugung investieren wird. Dies finden die Umweltverbände gut, denen die anderen Varianten verständlicherweise wohl weniger überzeugend vorkommen.

    Aber auch hierbei scheint der Umweltnutzen nur marginal zu sein: Es sind ja nicht die vom Kunden überwiesenen Ökostromkosten gemeint - der Löwenanteil davon geht an die vom EEG begünstigten Einspeiser, dann gibt es noch Verteilungskosten etc. - sondern nur die Gewinne, sofern sie anfallen. Außerdem befinden sich die Ökostromanbieter dann auf einem durch das EEG (d.h. durch die Zwangsabgaben der Verbraucher) recht lukrativ gewordenen Markt, in dem sich kapitalkräftige Investmentgesellschaften, EVU´s, Kommunen und andere Geldgeber tummeln. Der Einfluss der Ökostromanbieter, hier noch Zusatzkapazitäten zu errichten, die man überhaupt quantitativ bemerkt, dürfte überschaubar sein. Auch der Atomausstieg wird die vermeintlichen Ökostrombezieher nicht von dem 65-Prozent-Atomstrom-Kohlestrom-Alptraum aus ihrer Steckdose befreien, denn zum einen wird ja der deutsche Kernkraftstrom weitestgehend durch Atomstromimporte aus Frankreich und Tschechien ersetzt; zum anderen wird sich mittelfristig der Kohlestrom-Anteil erhöhen. Nur der weitere Ausbau von Wind- und Solarstrom kann diese 65% etwas absenken, aber der Preis dafür wird hoch (siehe das Märchen von den geringen Kosten der “Energiewende”). Dennoch haben die Ökostromkunden in unserem Wirtschaftssystem eine Wirkung, wenn auch eine nicht von ihnen beabsichtigte: Ihre Nachfrage nach regenerativ erzeugtem Strom bewirkt an den Strombörsen, an denen der Übertragungsnetzbetreiber seinen teuren EEG-Strom verkaufen muss, einen Preisanstieg. Den Netzbetreiber, der diesen Strom ursprünglich bei den Wasserkraftwerken und den anderen EEG-begünstigten Erzeugern ankaufen musste, freut das, denn er zahlt beim Ökostrom immer kräftig zu, weil der Strompreis-Erlös an den Börsen viel niedriger liegt als der gesetzlich festgelegte Ankaufspreis. Jetzt bekommt er also etwas mehr Geld an der Börse und seine Verluste, die er auf alle Stromkunden umlegen darf, sinken etwas. Das Ökostromgeschäft führt somit zwar nicht zu mehr Ökostrom, - weder bei der Erzeugung noch beim Verbraucher - entlastet aber RWE, E.ON & Co. finanziell. Solche Wege nimmt die Entwicklung, wenn gutgemeinte Fördermechanismen auf Marktwirklichkeit stoßen. Eigentlich müsste nun gemäß der Marktlogik auch der Endverbraucher-Strompreis etwas sinken. Aber mächtige Kräfte wirken in die entgegengesetzte Richtung: Die Stilllegung preisgünstiger Grundlast-Kernkraftwerke, der Ersatz ihrer Strommengen durch teureren Importstrom, die Errichtung teuer produzierender schneller Gaskraftwerke für den Ausgleich der Solar- und Windkraft-Schwankungen, der riesenhaft geplante Ausbau des Höchstspannungsnetzes, der weiter gehende gewollte Ausbau der “Erneuerbaren”, deren Strom teuer angekauft und ins Netz eingespeist werden muss.


    Wenn man es freundlich ausdrücken will, dann ist die deutsche Ökostrom-Liebe eine sympathische Liebhaberei. Diese Bezeichnung ist genau so gemeint, wie es die Finanzämter auch meinen, wenn sie das Tun der Steuerzahler einschätzen.



    Nr. 15: Märchen von der wirklich ergebnisoffenen Suche nach einem Endlager-Standort


    Nach dem Willen der Regierung wird jetzt die lange vorbereitete Wahl des Atommüll-Endlagers Gorleben zur Seite geschoben und eine neue landesweite Suche angekündigt. Die Ministerpräsidenten der Länder wurden damit schauspielerisch hart gefordert, denn sie mussten große Freude darstellen, während sie sich die Reaktion ihrer Bürger vorstellten, falls das absolut endgültige Suchergebnis in ihr Land fallen würde. Dabei kam eine besondere Begabung der Spitzenpolitiker in der Disziplin des gehobenen politischen Ausdruckstanzes zum Einsatz: Der Eiertanz. An der bayerischen Landesregierung konnte man das besonders schön sehen: Der urplötzlich ergrünte Ministerpräsident Seehofer spielte eine schwierige Doppelrolle, indem er die Pläne der Kanzlerin, jetzt überall nach geeigneten Atommüll-Endlagerstätten zu suchen, wärmstens befürwortete, aber zugleich durchblicken ließ, dass doch wohl Bayern nicht gemeint sein könne. Auch andere Ministerpräsidenten bezeugten zähneknirschend ihre Freude über das Kuckucksei.

    Weshalb ist dies alles ein Märchen?

    Die Antwort lieferte am 17.6.2011 Dr. Klaus Tägder in einem “Aufgabe erfüllt” getitelten Leserbrief an den Bonner Generalanzeiger. Zitat: “Diverse Politiker haben die Debatte um einen Endlagerstandort wieder angestoßen. Alle geologischen Aspekte müssten auf den Prüfstand, Deutschland müsse erst mal ausgeleuchtet werden. Ihnen sei gesagt - und eigentlich sollten sie es wissen: Diese Aufgabe hat das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe bereits vor Jahren erfüllt. In seinem im August 2006 vorgelegten Bericht fasst das Amt die Forschungsergebnisse über Regionen mit den in Deutschland potenziell geeigneten Gesteinsformationen Steinsalz, Kristallin und Tongestein zusammen. Als Grundlage der Bearbeitung dienten alle verfügbaren Daten aus Karten, Archivmaterial und Bohrungen, heißt es in dem Bericht. Fernerhin: “Für die Auswahl von potenziellen Wirtsgesteinen für die Endlagerung ....in tiefen geologischen Formationen in Deutschland wurden international anerkannte geowissenschaftliche Auswahlkriterien und Mindestanforderungen sowie zusätzliche aus geowissenschaftlicher Sicht als maßgeblich zu betrachtende Kriterien herangezogen.” Die Eigenschaften potenzieller Wirtsgesteine wurden vergleichend bewertet. In einer Karte sind die untersuchungswürdigen Regionen mit Steinsalz- und Tonformationen zusammengestellt. Kristallgestein (zum Beispiel Granit) wurde wegen eindeutiger Nachteile gegenüber Steinsalz- und Tonformationen in der Karte nicht mit aufgenommen.”

    Für diesen Artikel hat Klaus Tägder nun weitere, ausführlichere Informationen über die bald unendliche deutsche Endlagergeschichte beigesteuert: “Die bereits in den frühen 60er Jahren getroffene Empfehlung für Salz als Wirtsgestein für die Endlagerung basiert vorrangig auf der Undurchlässigkeit und der Kriecheigenschaft (Konvergenz) des Steinsalzes und somit auf dem vollständigen Einschluss der Abfälle, ferner auf der guten Wärme(ab)leitfähigkeit - eine für hochradioaktive und daher wärmeentwickelnde Abfälle wesentliche Eigenschaft. Überdies sind die Kenntnisse über Steinsalzvorkommen in Deutschland im Vergleich zum Kenntnisstand über Tongesteins- und Kristallinvorkommen (z.B. Granit) nach Aussage des Bundesamtes BGR wesentlich größer. Erinnert sei auch an die Erklärung der Bundesregierung zur Salzstockerkundung in Gorleben, die sie im Rahmen der Vereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen vom 14.06.2000 abgab. Darin heißt es (Zitat): “Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit (Nutzung des Salzstocks für den vorgesehenen Zweck) des Salzstocks Gorleben nicht entgegen.” Gleichwohl erließ die Regierung ein mindestens dreijähriges, höchstens zehnjähriges Moratorium (d.h. Untätigkeit) in der Salzstockerkundung zur zwischenzeitlichen Klärung sicherheitstechnischer Fragen. Diese Klärung lieferte im Ergebnis keine neuen Erkenntnisse. Dieses Moratorium war somit ein politischer Schachzug, um das Argument der fehlenden Endlagerung so lange wie möglich aufrecht erhalten zu können.

    Wieso war die Wahl auf Gorleben gefallen?

    Die Standortsuche, die bereits 1964 einsetzte, war ein 12-jähriger mehrstufiger Prozess, an dessen Ende von ursprünglich 166 in Augenschein genommenen Standorten nach zuvor festgelegten, breit gefächerten Auswahl- und Ausschlusskriterien nur zwei gleichwertige Standorte, beide in Niedersachsen, übrig blieben. Einer davon war der Standort Gorleben, für den sich die Niedersächsische Landesregierung 1976 entschied. Die Entscheidung fiel im Konsens zwischen Bund, Land, Standortregion und -gemeinde! Über Einzelheiten des Entscheidungsprozesses gibt die vom Niedersächsischen Umweltministerium 2010 vorgelegte Expertise zur Standortauswahl ausführlich Auskunft. Sind sich die Politiker, die Deutschland auf weitere Standorte hin “durchleuchten” lassen wollen, eigentlich darüber im Klaren, dass sie eine Kette von Untersuchungen fordern, von denen jede einzelne auf die Erarbeitung des umfassenden Kenntnisstandes hinausläuft, den man gegenwärtig über den Salzstock Gorleben hat? Nur so ließe sich ein wirklicher Vergleich durchführen. Ein derartiger Vergleich bedeutet nichts anderes als die vielfache Anwendung der gleichen Untersuchungstiefe, die nach Absolvierung der Standort-Vorauswahl schließlich bei Gorleben angewendet wurde. Und das würde sehr teuer werden: Die Kosten allein der Salzstockerkundung in Gorleben belaufen sich bisher auf ca. 1,6 Milliarden Euro, die nach dem Verursacherprinzip fast vollständig von den Abfallverursachern bereits aufgebracht werden mussten. Angesichts der von der Bundesregierung bestätigten positiven Untersuchungsergebnisse zum Salzstock Gorleben hätten sie nun wohl gute Aussichten, sich gerichtlich gegen die erneute Kostenübernahme von alternativen Standort-Intensivuntersuchungen zu wehren, die in jedem Einzelfall abermals um eine Milliarde kosten können. Eine intensive Suche nach anderen Standorten könnte unter Umständen dazu führen, dass man einen findet, der gewisse Vorteile gegenüber Gorleben hat, aber ebenso auch wieder Nachteile. Auf jeden Fall würde viel Zeit vergehen und sehr viel Geld verbraucht werden.

    Wie müsste die Regierung vorgehen, um möglichst rasch und mit dem geringsten Geldaufwand zu einer Entscheidung über ein Endlager zu kommen? Sehr einfach: Die Prüfung von Gorleben zu Ende bringen. Eine endgültige Entscheidung über die Eignung dieses Standortes ist in Kürze möglich und würde ca. eine weitere Milliarde Euro kosten. Bei einem “ja” wäre die Hängepartie zu Ende. Nur bei einem “nein” müsste man eine Suche nach alternativen Standorten beginnen. Aber bei diesem Vorgehen hätte man in absehbarer Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, die sich aus den bisherigen gründlichen Vorarbeiten ergibt, das geeignete Endlager gefunden: Gorleben. Es wäre der Abschied von dem Dauerargument der ungelösten Endlager-Frage und es sieht nicht danach aus, dass jemand ehrlich eine Antwort wünscht.



    Schlusswort

    Die deutsche Angstpolitik ist nun Wirklichkeit. Für eine Hoffnung auf eine Rückkehr zu einer realistischen Politik besteht für mehrere Jahre kein Anlass. Erst nachdem massive Schäden eingetreten sind, die sich politisch auszuwirken beginnen, könnte es zu einer Rückbesinnung kommen, allerdings wohl nicht innerhalb der zurzeit im Bundestag vertretenen Parteien. Dass sich ein führendes Industrieland ohne real existierende Probleme nur aus Angst selbst wirtschaftlich ruiniert, ist in der Geschichte einzigartig. Der Autor hat nicht die Hoff-nung, mit seinen Zeilen noch irgendetwas an diesem Prozess aufzuhalten; das wäre realitätsfern. Das musste nur einfach aufge-schrieben werden, damit es jemand liest. Tatsächlich ist es kein Artikel, sondern ein Nachruf.
    Merke dir dir BRD ist nicht das modernste Land der Welt. Wo nimmst du die Überheblichkeit her du dummer Bauer.

    Die Schweiz ist moderner.
    Geändert von Dr Mittendrin (03.04.2012 um 18:07 Uhr)
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  8. #1158
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Dummschwätzer

  9. #1159
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von Dr Mittendrin Beitrag anzeigen
    Du kapierst nur nicht dass jede Technik effizienter wird.
    Wir führen eine uneffiziente und teure ein.
    Sie gleicht den früheren Windmühlen. .....

    .... Hier die modernsten Atomkraftwerke.

    [Links nur für registrierte Nutzer] .....


    Merke dir dir BRD ist nicht das modernste Land der Welt. Wo nimmst du die Überheblichkeit her du dummer Bauer.

    Die Schweiz ist moderner.

    Könntest Du das etwas detailierter erklären ?

  10. #1160
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    Standard AW: 1 Jahr nach Fukushima - die Zukunft der AKW / EEG-Energien

    Zitat Zitat von Hoamat Beitrag anzeigen
    Könntest Du das etwas detailierter erklären ?

    Was genau ? Die Technik mit Thorium.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

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