Halder wird in diesem Zusammenhang oft zitiert. So weit, so gut. Aber man sollte sich hüten, in diese Tagebuch-Auszüge etwas hinein zu interpretieren, was da nicht so steht."Sievert: 18:40 Uhr:
Vorbereitung so treffen, daß 1.9., 04:30 Uhr, angegriffen werden kann.
Falls Verhandlungen in London Verschiebung nötig machen, dann Verschiebung auf 2.9. Dann morgen bis 15:00 Uhr Mitteilungen an uns. HGr. Nord hat Nachricht.
Nach dem 2.9. soll nicht mehr geschlagen werden.
(Göring Widerspruch gegen 04:30 Uhr). Mitteilen an Jeschonnek.
Polen: Zeitpunkt zu schnell.
Reise nach Berlin = Unterwerfung.
Führer hält an Forderung sofortiger Entsendung eines polnischen Vertreters fest.
Führer entwirft Brief an England mit Angabe präziser Forderungen an Polen.
=OQu I: Regelung mit Luftwaffe 04.30 Uhr.
Verstärkung an Kampfgeschwader: nur 2!
Warschau nicht Terrorangriff (nur militärischer).
Befehl für Westen: Kräftezuführung, Stellungen. 22. Div. ab 9.Mob.Tag abds. frei."
Den Tagebuch-Aufzeichnungen Halders ist klar zu entnehmen, dass Hitler in der Tat einen Brief an England entworfen hat, in der Absicht, Polen mit der Angabe "präziser Forderungen" zum Verhandeln zu bewegen. Dass zu diesem Zwecke der Friedenserhaltung ein polnischer Gesandter nach Berlin (oder an einen anderen Ort) hätte kommen müssen, der Handlungsvollmacht besitzen musste, versteht sich von selbst. Der kam aber nicht.
Bei diesem Brief nach London handelt es sich zweifellos um das 16-Punkte-Papier, von dem man sogar in eingeweihten Londoner Kreisen den Eindruck hatte, dass "die Forderungen und Offerten Hitlers doch ganz vernünftig klangen". Waren sie ja auch. Sie gingen weit über das hinaus, was man jemals in Weimar zuzustehen bereit war.
Es zeigt überdies, dass der Frieden noch zu retten gewesen wäre. Man erkennt das am Tagebucheintrag "Nach dem 2.9. soll nicht mehr geschlagen werden".
Man muss auch bedenken, dass derartige Eintragungen in aller Regel kurz und prägnant sind, sein müssen. Man kann schliesslich keine langen Romane schreiben. Deshalb die kurze Eintragung "Unterwerfung", die andeuten sollte, "was der Führer von Polen erwartete". Logisch. Warum sonst wohl hätte er mit dem verhassten Stalin ein paar Tage zhuvor den Ribbentrop-Molotow-Pakt abschliessen sollen.
Das könnte man annehmen und so interpretieren, aber Du vergisst die Gesamtentwicklung zum Krieg zu betrachten. Und da sieht die Situation in der Tat ein wenig anders aus. Spätestens seit Okt 1938 war Hitler klar, dass England und Amerika auf den Krieg zusteuerten. Das ganze Märchen von der "Vertragsbrüchigkeit Hitlers" hinsichtlich des Münchener Abkommens vom Sept 1938 wird zu dem, was es ist, nämlich ein Märchen, wenn man sich die Entwicklung seit Okt 1938 anschaut, u.z. in Deutschland und in England/USA.Ich glaube die ganze Danzig-Nummer die über Monate abgezogen wurde, war lediglich nur ein Verhandlungsvorwand. In Wirklichkeit wollte die deutsche Führung das Polen sich dem deutschen Willen unterwirft. Wenn es in der Danzig-Frage nachgibt, dann ist es die Symbolhandlung das sie dem deutschen Willen nachgibt und seine Ehre aufgibt.
Aber Polen wollte sich eben nicht unterwerfen. Und so interpretiere ich das Zitat als Absage an die deutsche Seit
Polen wurde erst dann gegenüber Hitler wirklich rabiat, als es den britischen Blankoscheck in Händen erhielt. Dieser wurde Polen - angeblich mit Hinblick auf Hitlers "Zerschlagung der Tschechoslowakei - allerdings erst dann gewährt, als Chamberlain vor der Opposition (Churchill, Cooper, u.a.) kapitulierte. Am 15.3.1939 und auch am 23.3.1939 hörte sich das im Unterhaus noch ganz anders an. Da konnte man noch "keinen Bruch der Absprachen" erkennen.