In Kürze sollen nach Vorstellung verschiedener Opfergruppen des Nationalsozialistischen Regimes 22 (zweiundzwanzig!) Gedenkstätten das Bild unserer Bundeshauptstadt prägen.
Doch birgt diese Überflutung mit Mahnmälern nicht die Gefahr in sich, dass die Berliner Bürger, ja der Deutsche gemeinhin des allgemeinen Opferkults in der BRD überdrüssig wird? Und ich spreche hier vom braven, angepassten Deutschen, also einer generellen Stimmung in unserem Land."In Berlin wird nicht nur das Holocaust-Mahnmal errichtet, sondern ein Ensemble von Denkmälern. Dabei entsteht eine Hierarchie der Nazi-Opfer - die einen werden bedacht, die anderen vergessen. Wäre ein Mahnmal für alle Opfer nicht doch sinnvoller gewesen? [...] Ist es nicht absurd, dass nun jede Opfergruppe ihr eigenes Mahnmal will? [...] Thierse weiß nur zu gut, dass es ein Irrsinn ist, die Selektion der Opfer durch die Nazis nun in Mahnmalen nachzustellen. Der zynische Satz aus dem Konzentrationslager Buchenwald 'Jedem das Seine' bekommt so einen neuen Sinn."
Setzen die Stiftungen der ehemaligen Opfer nicht die Aufarbeitung eines Teils deutscher Geschichte für ihre niedrigen Beweggründe aufs Spiel?
"Gut zehn Jahre hat Rosh für das Holocaust-Mahnmal gekämpft. Ihr Motiv scheint weniger die Erinnnerung an das Grauen der NS-Zeit als die Skepsis gegenüber dem deutschen Volk zu sein. 'Vor fünf Jahren hätte es sich niemand getraut in Deutschland, eine Entscheidung gegen den Willen der Juden zu fällen', schimpft sie. Frau Rosh hält die Juden in Deutschland noch immer für eine Gruppe, die ihre Fürsprache nötig hat. Es ist ihre Art, sie zu diskriminieren ..."
Stefan Berg, Henryk M. Broder in: Spiegel, Nr. 2, 2004.