An der Technischen Universität Darmstadt wird eine Wahlpflichtvorlesung „Kernenergie“ für Maschinenbaustudenten mit folgenden Inhalten angeboten:
- Allgemeiner Überblick und Brennstoffversorgung
- Kernphysikalische Grundlagen
- Kettenreaktion, kontrollierte Kernspaltung, Reaktorkernauslegung
- Kernreaktorentwicklung (ausgewählte Beispiele)
- Aufbau, Funktion und Sicherheitskonzept am Beispiel eines Druckwasserreaktors (DWR)
- Bestimmungsgemäßer Betrieb und Auslegungsstörfälle am Beispiel eines DWR
- Unfälle in Kernkraftwerken (Windscale, Three Mile Island und Tschernobyl)
- Auslegungsüberschreitende Störfälle, Notfallmaßnahmen, Sicherheitsüberprüfungen
- Ausblick zur Weiterentwicklung von Reaktorgenerationen
- Entsorgung von Kernkraftwerken, Endlagerkonzepte
- Stilllegung eines Kernkraftwerks, Grundbegriffe des Strahlenschutzes, Meldeverordnung für Vorkommnisse
Eine Vorlesung für angehende Ingenieure also, die sich einen Überblick über naturwissenschaftliche und technische Grundlagen der Kernenergie verschaffen möchten. Im Prinzip nichts Besonderes, möchte man meinen, und auch kein Politikum. Das sieht der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der TU Darmstadt offenbar anders. Dieser fordert einen Stopp der Veranstaltung. „An der TU Darmstadt findet im Sommersemester Freitags um 9.50 Uhr eine Vorlesung „pro Kernkraft“ des Betriebsleiters des Atomkraftwerks Biblis statt. Diese Veranstaltung ist fester Bestandteil der Lehre und wird vor allem von Maschinenbaustudent*innen besucht. „Die vergangenen Vorlesungen und insbesondere die erste Veranstaltung des Sommersemester 2011 lassen keinen Zweifel daran, dass diese Veranstaltung an keiner ernsthaften kritischen Auseinandersetzung mit Kernkraft interessiert ist“ Giulietta Bender (Referentin für Gleichstellung und Feminismus, AStA TU Darmstadt).Der AStA TU Darmstadt verurteilt diese Lobbyveranstaltung als Teil der Lehre an der TU Darmstadt und fordert den Dozierenden Lauer und den Vizepräsident Motzko auf, die Veranstaltung mit sofortiger Wirkung abzusetzen“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung.
Wow. Das ist nicht einfach eine Meinungsäußerung zum Thema Kernenergie. Das ist ein Versuch, die Freiheit der Forschung und der Lehre abzuschaffen. Das wird im zweiten Teil des Statements noch deutlicher: „„Ein Atomausstieg in Deutschland bedeutet auch, dass nicht alleine die deutsche Energieproduktion auf regenerative Energien wechseln muss. Gerade Forschung und Lehre müssen einen aktiven Kernenergieausstieg mittragen. Dies bedeutet auch, dass alle um die Produktion von Kernenergie angesiedelten Ausbildungsgebiete umgedacht werden müssen. Ausstieg heißt Ausstieg und dieser muss konsequent auch in der Wissenschaft vollzogen werden.“ Sebastian Ankenbrand (Referent für Hochschulpolitik, AStA TU Darmstadt)“
Da wissenschaftliche Erkenntnisse sich nicht um dhttp://oekowatch.org/index.php/de/component/content/article/1-beitraege/462-asta-tu-darmstadt-vs-freiheit-von-lehre-und-forschungie politischen Überzeugungen derjenigen scheren, die mit ihnen konfrontiert werden, ist man im AStA Darmstadt wohl zu dem Schluss gekommen, dass man Naturwissenschaft und Technik einer politischen Zensur unterwerfen muss. Es sollte bei der Beurteilung dieses Vorgangs unerheblich sein, ob man selbst für oder gegen die Nutzung der Kernenergie ist. Selbst dem erbittertesten Gegner der Kernenergie dürfte eigentlich klar sein, dass auch ein Ausstieg nicht ohne entsprechend ausgebildete Fachkräfte möglich ist, zumindest wenn man nicht massenhaft Menschenleben gefährden will. Immerhin hat sich die Fachschaft Maschinenbau von der Forderung des AStAs distanziert.
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