Denn immer noch,
seit Stalin vor einem halben Jahrhundert mit seinem großen Bauernlegen die sowjetische Landwirtschaft ruinierte, ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln das große ungelöste Problem des Regimes, stürzen Parteisekretäre und Politbürogrößen eher übers tägliche Brot als über globale Politik.
Solange das Sowjetimperium die Ernährung seiner 267 Millionen Bürger in einem hohen Maß durch Einfuhren sichern S.103 muß, bleibt es zwangsläufig vom kapitalistischen Ausland abhängig. Mit welchen Risiken, zeigte sich, als Washington nach der sowjetischen Afghanistan-Invasion sein Getreide-Embargo verhängte.
Zwar hob Scharfmacher Reagan das Embargo wieder auf -- aber nicht den Russen, allein den eigenen Farmern zuliebe. Und die Amerikaner weigern sich strikt, Garantien gegen eine Wiederholung des Lieferstopps zu geben.
Obwohl sie letztlich auf den riesigen Weizenüberschuß aus der amerikanischen Prärie angewiesen sind, versuchen die sowjetischen Getreidekäufer daher, ihre Abhängigkeit von den USA durch weltweite Diversifikation zu mildern.
Während des Embargos war Argentiniens Pampa zur neuen Kornkammer Rußlands geworden. Die rechte Generalsjunta in Buenos Aires machte dabei mit den Moskauer Kommunisten das Geschäft ihres Lebens: Ihre Verkäufe von Getreide und Futtermitteln vervielfachten sich von knapp zwei Millionen Tonnen im Jahre 1979 auf fast 13 Millionen Tonnen im Vorjahr und sollen in diesem Jahr dieselbe Menge erreichen.
Bis 1984 wird Moskau garantiert mindestens 4,5 Millionen Tonnen jährlich abnehmen, dazu noch bis zu 100 000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr.
Aber auch jene Überschuß-Produzenten, die Amerikas Boykott halbherzig mitgemacht hatten, liefern nun aus vollen Silos an die Russen: Kanada (25 Millionen Tonnen binnen fünf Jahren), Australien und die EG.