Die Agenten beobachteten einen „Contact“ mit der Abkürzung M.K. und einen nicht identifizierten weiteren Verdächtigen bei der Einzahlung von 2,3 Millionen Euro in einer Filiale der Santander Bank. Um 13.50 Uhr bewegten sich die Zielpersonen zur Theresienwiese, wo die Observation endete, als es zu einer Schießerei kam – dem Mord an Michèle Kiesewettter. Im englischen Original ist die Rede von einem „Shooting incident involving BW OPS Officer with right wing operatives and regular police patrol on the scene“. In den Schusswechsel waren demnach drei Parteien inlvolviert:
> „regular police patrol“, also die reguläre Polizeistreife, bestehend aus Michèle Kiesewetter und einem Kollegen;
> „BW OPS officer“, also ein „baden-württembergischer Einsatzbeamter“, vermutlich von einer Landesbehörde wie dem Verfassungsschutz oder dem LKA;
> „right wing operatives“, vom Stern als „Rechtsextreme“ übersetzt.
Das offensichtlichste Skandalon an dieser Auflistung ist der letzte Punkt.
Wenn Mundlos und Böhnhardt gemeint waren – woher wusste der US-Geheim-dienst zu jenem Zeitpunkt, dass es sich dabei um „Rechts-extreme“ handelte? Die ermittelnden Polizeibehörden tappten nach der Heilbronner Bluttat völlig im Dunkeln, der politische Hintergrund des Zwickauer Trios flog erst vier Jahre später auf, und auch optisch waren Mundlos und Böhnhardt nicht als Rechte zu erkennen. Wie konnte das DIA-Team also schon damals – ein solcher Observationsbericht wird zeitnah erstellt – die politische Identität der beiden so klar ausmachen? Aber es gibt noch ein weiteres Problem: „right wing operatives“ heißt eigentlich nicht „Rechtsextreme“. Da wäre der Terminus „right wing activists“ oder „right wing militants“ treffender. Das Englischportal dict.leo.org führt für „operatives“ sieben Übersetzungen an: zwei Mal „Agent“ beziehungsweise „Geheimagent“, einmal „Funktionär“ und vier verschiedene Arten von „Arbeiter“. Ebenso wird der Begriff „operatives“, wie bei der Abkürzung BW OPS, im Sinne von „operative Kräften“ für Armee- oder Polizeieinheiten verwendet.
Waren die „right wing operatives“ Mundlos und Böhnhardt für die DIA also nicht „Rechtsextreme“, sondern „Agenten“ oder „Einsatzkräfte“, die im rechten Spektrum („right wing“) operierten?