Polens Ministerpräsident Donald Tusk will auch weiterhin ein Kruzifix im Sitzungssaal des Parlaments. Bei der Vorstellung des Regierungsprogramms seiner zweiten Amtszeit erteilte er am Freitag im Sejm (Unterhaus) Forderungen nach einer Entfernung des Kreuzes indirekt eine Absage. Tusk mahnte, kein Politiker dürfe Symbole „schänden“, die für die meisten Polen heilig seien. „Das Kreuz sollte kein Grund für einen nächsten politischen Krieg im Sejm oder außerhalb des Gebäudes sein.“ Es dürfe im Kampf gegen politische Gegner nicht als „Keule“ genutzt werden. Er betonte zugleich, niemandem solle der christliche Glaube aufgezwungen oder genommen werden. Der rechtsliberale Ministerpräsident reagierte damit auf die neue antiklerikale „Palikot-Bewegung“, die die Entfernung des christlichen Symbols beantragt hatte. Auch die oppositionellen Sozialdemokraten fordern inzwischen die Verbannung des Kreuzes. Tusk kündigte in seiner Regierungserklärung eine Abschaffung des sogenannten Kirchenfonds an, aus dem der Staat die Sozialversicherungsbeiträge für einen großen Teil der Geistlichen aller Konfessionen zahlt. Er sei auch bereit dazu, das Konkordat mit dem Vatikan zu ändern, wenn dies erforderlich sei. Künftig solle jeder Geistliche selbst Beiträge für die Rentenversicherung zahlen. Die katholische Polnische Bischofskonferenz hatte die Abschaffung des Fonds selbst vorgeschlagen. Sie verknüpfte dies allerdings mit dem Wunsch, bei der Einkommensteuererklärung die Möglichkeit eines freiwilligen Kirchenbeitrags einzuführen. Auf diesen Vorschlag ging der Ministerpräsident jedoch nicht ein. Bislang fließen aus dem Staatshaushalt jedes Jahr rund 25 Millionen Euro in den Kirchenfonds. 2011 machte dies einen Anteil von 0,03 Prozent am Staatsbudget aus. Aus dem Kirchenfonds werden die Krankenkassen- und Rentenbeiträge von Priesteramtskandidaten, im Ausland wirkenden Missionaren und kontemplativen Ordensschwestern beglichen, die keine Einkünfte erzielen. Die meisten Priester entrichten hingegen ihre Sozialversicherungsbeiträge selbst. Den Kirchenfonds hatten 1950 die damaligen kommunistischen Machthaber als Entschädigung für die Verstaatlichung von Kirchengütern eingerichtet.

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