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Thema: Die Agricola des Tacitus

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  1. #1
    Audentes fortuna iuvat Benutzerbild von Gryphus
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    Standard Die Agricola des Tacitus

    Ich lese gerade den Bericht über das Leben und den Charakter des Julius Agricola aus dem Gesamtwerk des römischen Historikers Tacitus, noch etwa 10 Seiten bis ich es durch habe. Aber es stellen sich mir einige Fragen dazu, die jemand mit einigen Sachkenntnissen vielleicht beantworten könnte:

    1.

    Tacitus schreibt:

    "Was für Menschen Britannien ursprünglich bewohnt, ob Eingeborene oder Eingewanderte, ist unter ihnen als Barbaren nicht recht ausgemittelt. Ihr Äußeres ist verschiedentlich gestaltet, und daraus läßt sich manches schließen. Denn das rötliche Haar von Caledoniens Bewohnern und ihr starker Gliederbau spricht für germanische Abkunft. Der Siluren bräunliche Gesichtsfarbe, ihr meist krauses Haar und ihr Wohnsitz Hispanien gegenüber machen es glaublich, dass alte Iberer hinübergeschifft sind und von diesen Gegenden Besitz genommen haben."

    Folgende Frage: Mit Caledonien sind offenbar etwa die heutigen schottischen Highlands, mit den Bewohnern also vermutlich die Pikten gemeint. Aber wo lebten oder wer waren die Siluren?

    2.

    Tacitus schreibt:

    "Das erst ist die Küste des äußersten Meeres, welche damals zuerst eine römische Flotte umschiffte und es so zur Gewissheit brachte, dass Britannien eine Insel sei, so wie sie auch die bis zu der Zeit unbekannten Inseln, welche man Orcaden nennt, auffand und unterjochte. In Sicht kam auch Thyle, weil nur soweit der Befehl ging und der Winter vor der Tür stand."

    Folgende Frage: Mit den Orcaden meint Tacitus die Orkney-Inseln. Über Thyle habe ich nachgeforscht und es ist tatsächlich das berühmt berüchtigte Thule über das Tacitus dort schreibt, eine wie bekannt recht mythische Insel. Doch abseits vom Mythos muss es die Insel die Tacitus mit Thyle meint wirklich geben - gibt es Vermutungen welche Insel das sein könnte? Wäre es arg abwegig zu denken, dass Island damit hätte gemeint sein können?
    "Dem modernen Menschen ist es gleichgültig, in seinem Leben keine Freiheit zu finden, wenn er sie in den Reden jener verherrlicht findet, die ihn unterdrücken." - Nicolás Gómez Dávila

  2. #2
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Ich halte Tacitus für den am meisten überschätzten Geschichtsschreiber....

  3. #3
    Audentes fortuna iuvat Benutzerbild von Gryphus
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Efna Beitrag anzeigen
    Ich halte Tacitus für den am meisten überschätzten Geschichtsschreiber....
    Ich kann mir sogar denken warum - ist es wegen seinen moralischen Ansprüchen? Im Gegensatz zu anderen antiken Geschichtsschreiben sind seine Angaben übrigens sehr genau.
    "Dem modernen Menschen ist es gleichgültig, in seinem Leben keine Freiheit zu finden, wenn er sie in den Reden jener verherrlicht findet, die ihn unterdrücken." - Nicolás Gómez Dávila

  4. #4
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Gryphus Beitrag anzeigen
    Ich kann mir sogar denken warum - ist es wegen seinen moralischen Ansprüchen? Im Gegensatz zu anderen antiken Geschichtsschreiben sind seine Angaben übrigens sehr genau.
    Sein Moralischen anspruch war ein Grund warum, aber eben auch nur einer. Der moralische Anspruch wäre vielleicht gar nicht so fatal gewesen hätten ihn vor allem diejenigen die ihn aufarbeiteten diesen moralischen Anspruch unkritisch übernommen hat. weil er das schrieb was vor allem die Gesellschaft im 19. Jahrhundert von ihn hören wollten. darüber hinaus hat er diesen moralischen Anspruch den Personen die er nicht leiden auch dinge anzudichten die sie nicht taten. Ihn haben wir es zu verdanken das viele Generationen glaubten das nero Rom angezündet hat und das Feuer von seinen Palast aus besungen haben soll. Beides stimmt nicht. Davon aber abgesehen hat Tacitus gerne Klatsch, Tratsch und Gerüchte mit eingebaut und hat vieles nur aus dritter oder vierter Hand.
    Ähnlich überschätzt wird Sueton, bei ihm lag es aber mehr an übertreibung und Sensationsgeilheit...

  5. #5
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Efna Beitrag anzeigen
    (...)
    Sein Moralischen anspruch war ein Grund warum, aber eben auch nur einer. Der moralische Anspruch wäre vielleicht gar nicht so fatal gewesen hätten ihn vor allem diejenigen die ihn aufarbeiteten diesen moralischen Anspruch unkritisch übernommen hat. weil er das schrieb was vor allem die Gesellschaft im 19. Jahrhundert von ihn hören wollten.
    Er hat aber auch recht und es ist gar nicht so übel, dass man im 19. Jahrhundert aus dem Scheitern Roms etwas lernen wollte - wie man heute sieht vergeblich. Trotz einer Reihe von guten Kaisen um diese Zeit herum war die römische Gesellschaft im 1. Jahrhundert (da hat Tacitus etwa gelebt) innerlich schon recht tot und verfallen, das hat Tacitus völlig korrekt beschrieben, ebenso wie die Ursachen - Verfall altrömischer Werte, Kinderlosigkeit, Verwässerung des Blutes mit Sklaven, Überfremdung, Anbiederung an eine fremde Kultur (die griechische) etc. Und zum selben Schluß kommt übrigens nicht nur Tacitus, sondern auch moderne Historiker - Will Durant wäre da so ein Beispiel.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass dir das nicht gefällt.

    darüber hinaus hat er diesen moralischen Anspruch den Personen die er nicht leiden auch dinge anzudichten die sie nicht taten. Ihn haben wir es zu verdanken das viele Generationen glaubten das nero Rom angezündet hat und das Feuer von seinen Palast aus besungen haben soll. Beides stimmt nicht.
    Das ist grober Unfug:

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    "Doch nicht durch menschliche Hilfe, nicht durch kaiserliche Schenkungen, noch durch Sühnungen der Götter ließ sich das schmähliche Gerücht bannen, dass man glaubte, die Feuersbrunst sei befohlen worden."

    Dieses Gerücht, Nero sei der eigentliche Urheber gewesen, kam direkt nach dem Brand auf. Schon Seneca spricht im August 64 andeutungsweise von Brandstiftung. Der Tribun Subrius Flavus wirft sie Nero im April 65 vor. Für Plinius steht – rund zehn Jahre später? – Nero als Urheber fest, genau wie für den anonymen Dichter der Octavia und die Dichter Statius und Iuvenal. Auch Tacitus hält es für möglich, dass das Feuer einer Hinterlist des Imperators entsprang, will aber – als einziger antiker Historiker - zunächst auch einen Unfall nicht ganz ausschließen. Für Sueton ist Nero eindeutig der Brandstifter, zumal er dieses Vorhaben schon zuvor angekündigt habe. Dies überzeugte auch Cassius Dio von Neros Schuld, der noch hinzufügt, dass der Brand an mehreren Stellen zugleich ausgebrochen sei.
    Davon aber abgesehen hat Tacitus gerne Klatsch, Tratsch und Gerüchte mit eingebaut und hat vieles nur aus dritter oder vierter Hand.
    Ähnlich überschätzt wird Sueton, bei ihm lag es aber mehr an übertreibung und Sensationsgeilheit...
    Die allermeisten seiner Angaben lassen sich heute aber fast bis ins Detail bestätigen, sogar aus völlig neuen Quellen die man erst jetzt findet. Im Gegensatz zu anderen Historikern wie etwa Herodot ist Tacitus mit am wahrheitsgetreusten. Das einige Sachen auch falsch sind und seine Schriften auch als Propaganda für die damaligen Römer gedacht waren ist klar, aber das ist bei antiken Geschichtsschreibern fast immer so.

    Ich lese als nächstes die Germania, soweit ich bischer aus anderen Quellen gelesen habe soll das wohl seine am meisten romantisierte Schrift sein.
    "Dem modernen Menschen ist es gleichgültig, in seinem Leben keine Freiheit zu finden, wenn er sie in den Reden jener verherrlicht findet, die ihn unterdrücken." - Nicolás Gómez Dávila

  6. #6
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Efna Beitrag anzeigen
    Ich halte Tacitus für den am meisten überschätzten Geschichtsschreiber....
    Als echte Antideutsche musst Du das ja konsequenterweise:

    Tacitus’ „Germania“ Ein gefährliches Buch
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    Der GROSSE AUSTAUSCH ist der moderne Völkermord:
    Stufe 1: Geburtenreduzierung
    Stufe 2: Besiedlung per Massenmigration


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  7. #7
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Registrierter Beitrag anzeigen
    Als echte Antideutsche musst Du das ja konsequenterweise:

    Tacitus’ „Germania“ Ein gefährliches Buch
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    Ich habe niemals behauptet das das was Tacitus prinzipiel falsch ist, aber man hatte ihn lange gerade bei seiner Germanie viel zu unkritisch gesehen. er hatte in der erforschung der Germanischen Völkerschaften oft absolute Autorität, das dies nicxht mehr ganz so schlimm ist das ist gut. Daraus eine Verschwörung zu machen ist absurd.

  8. #8
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Efna Beitrag anzeigen
    Ich halte Tacitus für den am meisten überschätzten Geschichtsschreiber....
    Dieser Eindruck mag vielleicht auch entstehen, weil in Deutschland aus naheliegenden Gründen der Blickwinkel sehr stark auf seiner "Germania" liegt. Sein Hauptwerk, die leider nicht vollständig erhaltenen "Annalen" und "Historien" sind nicht zu unterschätzen. Sie enthalten jahresweise viele wichtige Informationen zu den Geschehnissen im Reich, wobei der Beschreibungsstil qualitativ wesentlich höher ist als bei den ersten frühmittelalterlichen Annalen, die diese Idee etwa um das 7. Jahrhundert aufgriffen. Für das 1. Jahrhundert nach Christus fehlt es an vergleichbarem, zudem z.B. die Kaiserbiografien von Sueton zwar interessant, aber wesentlich gerüchtehaltiger und zudem nicht strikt chronologisch gehalten sind. Allerdings verdeckt der Ruhm von Tacitus leider etwas die mindestens genausohoch anzusetzenden Leistungen spätantiker Geschichtsschreiber, wie Ammianus Marcellinus und Gregor von Tours.


    Freiheit oder AfD!

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  9. #9
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Zitat Zitat von Efna Beitrag anzeigen
    Ich halte Tacitus für den am meisten überschätzten Geschichtsschreiber....
    Salve,

    Zum Wahrheitsgehalt Tacitus habe ich hier einen interessanten Link für dich...:

    Tacitus und das senatus consultum de Cn. Pisone patre
    Untersuchungen zur historischen Arbeitsweise des Tacitus in den Annalen

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  10. #10
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    Standard AW: Die Agricola des Tacitus

    Nun zu deiner Frage, Ob die Orcan inseln wirklich die Orkney insel weiss man nicht. Zum einen könnte es gut möglich das der begriff aus den keltisch-lateinisch Orcan inseln kommt. allerdings gibt es auch eine Gegenthese die ebenso plausibel ist, das die insel ihren Namen erst von den norwegischen Wikinger erhalten hat von den Begriff "Orkn-eyjar" was soviel heisst wie Seehund inseln. Was ich sogar für wahrscheinlicher halte. Was thule ist die sache angeht, es gab einen griechischen entdecker der die Nord oder Ostsee befahren hat, eine Insel nannte er Thulea was griechisch(wahrscheinlich haben die Ureinwohner die Insel nie so genannt). Schon zur römischen zeit wusste man eigentlich schon nicht mehr wo die Insel war. Naja Tacitus vermutete wohl bei Britannen, heutige Forschungen gehen eher davon aus das sie an der dänischen oder Deutschen Küste gelegen hat. Am wahrscheinlichsten ist wohl Helgoland, einige gehen auch von Rügen aus.

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