Das ist schon eine sehr kühne Behauptung, es hätte Anfang des 19. Jahrhunderts keine "Nichtgläubigen" gegeben. Natürlich, der Bedarf an "höherem Beistand" ist geschrumpft, seit Blitz und Donner nicht mehr höheren Ursprungs, sondern nur Wetterphänomene sind, und in den letzten 100 Jahren hat der Bedarf an "Gottlichkeit und Glauben" schneller abgenommen, als es jemals zuvor der Fall war.
Aber anders als heute, wo Nichtglauben oft einfach der allgemeinen Gleichgültigkeit entspringt, waren die Atheisten früherer Tage solche aus Überzeugung, die sich, kraft Überlegung, vom omnipotenten Gottesbegriff der Religionen entfernt hatten, ihn schließlich negierten - und dafür selbstverständlich Ächtung, Verfolgung und teilweise auch Folter und Mord ausgesetzt waren.
Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einem zunehmenden Atheismus - wenn es diesen überhaupt gibt - und den Geschehnissen des 20. Jahrhunderts herzustellen ist geradezu unredlich, weil allenfalls der Maßstab der Vernichtung neu war, nicht jedoch die Vernichtung als solche. Christliche Ideologie hat für ein halbes Jahrtausend wieder und wieder die Welt in Brand gesetzt, im Rahmen der Kreuzzüge, im 30jährigen Krieg und in zahllosen lokalen Konflikten. In Nordirland z.B. glimmt noch heute die Asche dieses christlichen Weltenbrandes, ganz ohne Beitrag von Atheismus und humanistischen Idealen...