+ Auf Thema antworten
Seite 24 von 32 ErsteErste ... 14 20 21 22 23 24 25 26 27 28 ... LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 231 bis 240 von 319

Thema: Vabanque-Spiel Barbarossa

  1. #231
    Gott mit uns Benutzerbild von spezialeinheit
    Registriert seit
    09.01.2012
    Ort
    Niedersachsen
    Beiträge
    10.740

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von Quo vadis Beitrag anzeigen
    Vorhin bei youtube gefunden. Ich hege keinerlei Groll gegen Russland, weil wir dort, quasi schon in Asien, nichts verloren hatten.
    Bilder aus Stalingrad- Ende der 6. Armee

    [Links nur für registrierte Nutzer]
    Kann man sich das noch anschauen? Die armen Kerle die da verreckt sind...

  2. #232
    GESPERRT
    Registriert seit
    20.11.2011
    Beiträge
    2.659

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von Systemhandbuch Beitrag anzeigen
    Warum sind in der BRD Bücher verboten ?
    ja, warum ? es sind im freisten Staat auf deutschen Boden, immerhin mehr Bücher verboten als im NS.

  3. #233
    Mitglied
    Registriert seit
    07.12.2010
    Beiträge
    9.300

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von Falk Beitrag anzeigen
    Ach Gottchen. Jetzt fehlen im nicht nur die Argumente, jetzt muß er auch noch Formulierungen abschreiben. Wer die Truppenbewegungen behauptet, wird sie auch beweisen müssen. Da führt kein rhetorisches Manöver dran vorbei. Ich habe dies bezogen auf die Wehrmacht bereits getan. Hier noch ein paar ergänzende Links, die meine Feststellung überprüfbar machen. Das LDW dürfte hierzuforum ja wohl über jeden Zweifel erhaben sein.

    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]
    [Links nur für registrierte Nutzer]

    usw., usw.

    Nun bist Du an der Reihe. Es kann ja wohl nicht so schwer sein, Lagebeurteilungen für 1940 zu finden. Hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack:

    - Lagebericht Fremde Heere Ost“ vom 20. März 1941:
    „Die Tatsache, das bisher weit günstigere Gelegenheiten eines Präventivkrieges (schwache Kräfte im Osten, Balkankrieg) von der UdSSR nicht ausgenutzt wurden […] lassen eine Angriffsabsicht unwahrscheinlich erscheinen.“
    - Lagebericht Fremde Heere Ost 15.3.1941:
    "Seit der erkennbaren Verstärkung unserer Kräfte im Osten wurden folgende russische Maßnahmen festgestellt und bestätigt: 1.) Durchführung einer Teil-Mobilmachung...2.) Truppenverlegungen...sowie Marschbewegungen im Baltikum in Richtung auf die deutsche Grenze zeigen, dass die russischen Truppen z.Zt. an der Westgrenze aufschließen...Beurteilung: Teilmobilmachung und Aufschließen russischer Truppen zur Grenze ist Defensiv-Maßnahme und dient lediglich zur Verstärkung der Grenzsicherung."
    (BA-MA Freiburg, RH 19 III/722)

    Daraus geht zweifelsfrei hervor, daß russische Truppenbewegungen erst NACH dem Aufmarsch der Wehrmacht erfolgten. Die von Dir benannte Rede des Föhrers nach dem Angriff hingegen kann erkennbar nur dem Zweck der Rechtfertigung gedient haben.

    Was die Rumänienfrage angeht, gibt’s nur zwei Möglichkeiten. Entweder er hat nicht angegriffen, weil er nicht konnte, oder er hat nicht angegriffen, weil er nicht wollte. Vielleicht fällt Dir ja dazu doch noch etwas ein. Man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben.

    Die Mühe abzuschreiben, mach ich mir gar nicht. Deinen Müll kann man getrost kopieren. Ist alles ganz einfach, genauso wie das Zuschaustellen von Lexika, die seit langem bekannt sind.

    Im übrigen darfst du gern mal zurück blättern. Ich habe durchaus für möglich gehalten, dass Hitler in seiner Rede die Dinge nach seinem Dafürhalten dargestellt hat. Was soll also deine dämliche "Nazi-Jagd"?

    Du solltest überdies durchaus auch mal durchlesen, was du da kopierst. >>>

    - Lagebericht Fremde Heere Ost 15.3.1941:
    "
    Seit der erkennbaren Verstärkung unserer Kräfte im Osten wurden folgende russische Maßnahmen festgestellt und bestätigt: 1.) Durchführung einer Teil-Mobilmachung...2.) Truppenverlegungen...sowie Marschbewegungen im Baltikum in Richtung auf die deutsche Grenze zeigen, dass die russischen Truppen z.Zt. an der Westgrenze aufschließen...Beurteilung: Teilmobilmachung und Aufschließen russischer Truppen zur Grenze ist Defensiv-Maßnahme und dient lediglich zur Verstärkung der Grenzsicherung."
    (BA-MA Freiburg, RH 19 III/722)
    Wenn ich deiner Argumentation folgen würde, dass die deutschen Truppen sich als erste in Richtung Osten in Bewegung gesetzt haben, wird durch deinen Beitrag (Auszug aus dem Wehrmachtsbericht) bereits deutlich, dass von einem "Überfall" der Wehrmacht auf die SU überhaupt keine Rede sein. Immerhin hätte Stalin bereits Anfang März von dem bevorstehenden Angriff der Wehrmacht gewusst oder geahnt. Also schon wieder eines der Eigentore, die letztlich mal wieder das Gegenteil von dem beweisen, was sie eigentlich demonstrieren sollen. Von einem "Überraschungsangriff" kann ja wohl nicht gesprochen werden.

    Aber im Grunde ist das alles ein Historikerstreit, der seit Jahren im Netz nach zu verfolgen ist.

    Ich stelle daher mal den Artikel von Benz hier ein, um den anderen Usern ein Bild darüber zu vermitteln, bei wem du denken lässt


    Die Präventivkriegsthese.
    Zu Ursachen und Charakter des "Unternehmens Barbarossa" 1941
    von Wigbert Benz


    [Links nur für registrierte Nutzer]

    In seinem Aufruf an die „Soldaten der Ostfront“ vom 22.Juni 1941 rechtfertigte Hitler den am gleichen Tag begonnenen Angriff auf die Sowjetunion damit, eigentlich sei der Einmarsch der Wehrmacht in Russland gar kein Angriffskrieg, sondern lediglich eine vorbeugende Militäraktion, um die Absicht der Roten Armee zu durchkreuzen, das Deutsche Reich zu überfallen. Diese ursprünglich von den Nazis aufgestellte These vom Charakter des Russlandfeldzuges als rein vorbeugende Maßnahme – als Präventivkrieg – wird seither in immer neuen Varianten verbreitet. Der Bestsellerautor Paul Carell hat mit seinem Zitat von Hitlers o.g. Aufruf, das er jedem der zahlreichen Auflagen seines Buches „Unternehmen Barbarossa“ vorangestellt hat (S.13f.), maßgeblich zur Verbreitung dieser Behauptung beigetragen, wobei seine Leser meist nicht wissen, dass sich hinter dem Pseudonym „Paul Carell“ der Pressesprecher des NS-Außenministers Joachim von Ribbentrop und SS-Obersturmbannführer Paul Karl Schmidt verbirgt. Die wichtigsten Vertreter der Präventivkriegsthese sind u.a. Joachim Hoffmann, bis 1995 Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr („Stalins Vernichtungskrieg“), Ernst Topitsch, ehemaliger Sozialphilosoph an der Universität Graz („Stalins Krieg“), Walter Post („Unternehmen Barbarossa“) und Viktor Suworow („Der Eisbrecher“), bei dem es sich um den 1983 in den Westen übergelaufenen ehemaligen russischen Geheimdienstoffizier Wladimir Resun handelt.
    Gerade Suworow-Resun hatte mit seinem Bestseller den größten Einfluss zur Verbreitung der Präventivkriegsthese. Seine Arbeit zitiert jedoch nicht nur selektiv, sondern betreibt offensichtliche Quellenverfälschungen. In seinem Buch „Der Eisbrecher“ stilisiert Suworow die Memoiren sowjetischer Spitzenmilitärs – vor allem General Wassilewskis – zu Aussagen von „Kronzeugen“ für einen angeblich im Sommer 1941 unmittelbar bevorstehenden Angriff der Roten Armee hoch. Sein Umgang mit den Quellen wird durch eine Gegenüberstellung der zentralen Aussage General Wassilewskis im Original mit Suworows Zitat nachgewiesen. Für den Hinweis auf die folgende Wassilewski-Quelle, die ich dem Suworow-Zitat gegenüberstellen werde, danke ich Frau Prof. Dr. Bianka Pietrow-Ennker, Osteuropa-Historikerin an der Universität Konstanz; für die Übersetzung der Original-Quelle Herrn Oskar Obracaj, Tübingen:
    Quellenmanipulationen: Das Beispiel Suworow
    1. Wassilewski zitiert bei Suworow:
    „Die zentrale Frage meines Buches lautet: Wenn die Rote Armee weder zurückkehren noch sich lange in den Grenzgebieten aufhalten konnte, was für ein Handlungsspielraum blieb ihr dann? (...) Alle kommunistischen Historiker fürchten sich, diese Frage zu beantworten. Deshalb führe ich die Meinung eines Generals an, der ab Mai 1940 Stellvertreter des Chefs der Operativen Führung im Generalstab ist (...), Marschall der Sowjetunion A.M. Wassilewski, Sie haben das Wort: Die Befürchtungen, dass im Westen Lärm wegen der angeblich aggressiven Absichten der UdSSR entstehen könnte, mussten beiseite geschoben werden. Wir hatten (...; Auslassung bei Suworow. W.B.) den Rubikon des Krieges erreicht, und der Schritt nach vorne musste festen Sinnes getan werden.’ (Militärhistorische Zeitschrift 1978, Nr 2, S. 68).“
    (Wassilewski zitiert in: Viktor Suworow: Der Eisbrecher. Hitler in Stalins Kalkül. Stuttgart 1989, S. 339)
    Was sagt General Wassilewski tatsächlich auf Seite 68 der von Suworow als Quelle genannten sowjetischen Militärhistorischen Zeitschrift?
    2. Wassilewski im Original:
    „Indem er mit der Versetzung der Truppen der Grenzzone in die Gefechtsbereitschaft nicht einverstanden war, wollte Stalin nicht den geringsten Anlass dafür liefern, dass Hitler-Deutschland sich provoziert fühlte und die UdSSR der Aggressivität beschuldigt würde. Zugleich war, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass unser Land für einen großen Krieg noch unzureichend vorbereitet war, bestrebt, Zeit zu gewinnen, um die Verteidigungsfähigkeit des Staates so gut wie möglich zu stärken (...)
    Doch seine Schuld liegt darin, dass er die Grenze nicht gesehen, nicht wahrgenommen hat, jenseits der eine solche Politik nicht nur unnötig, sondern sogar gefährlich wurde. Man musste eine solche Grenze mutig überschreiten, die Streitkräfte so schnell wie möglich in volle Gefechtsbereitschaft versetzen, die Mobilmachung durchführen, das Land in ein Kriegslager verwandeln (...)
    Beweise dafür, dass sich Deutschland darauf vorbereitet hatte, unser Land militärisch zu überfallen, gab es genügend; in unserem Zeitalter ist es schwierig, sie zu verbergen. Befürchtungen, dass im Westen sich Lärm wegen angeblich aggressiver Bestrebungen der UdSSR erhebt, musste man beiseite schieben. Wir waren, weil die Umstände, die nicht von uns abhingen, es so gewollt hatten, an den Rubikon des Krieges gelangt, und man musste einen entschiedenen Schritt vorwärts tun. Dies verlangten die Interessen unserer Heimat.“
    Quelle: A. Vasilevskij: V te surovye gody. In: Voenno-istoriceskij zurnal, 2 (1978), S. 65-72, hier S. 68 (= A. Wassilewski: In jenen harten Jahren. In: Militärhistorische Zeitschrift 2 (1978), S.68). – Quellenhinweis durch Frau Prof. Bianka Pietrow-Ennker, Universität Konstanz; Übersetzung aus dem Russischen: Herr Oskar Obracaj, Tübingen)
    Fazit:
    Die im Original gemachten Aussagen General Wassilewskis erfahren durch Einleitung, Zitierweise und manipulative Auslassungen bei Suworow eine groteske Sinnentstellung.
    In ihrer „Beweisführung“ gehen Suworow, Hoffmann, Post u.a. Vertreter der Präventivkriegsthese übereinstimmend von einer überlegenen machtpolitischen Position der UdSSR im internationalen System 1941 aus, eine Annahme die mit der Realität wenig gemein hat, auf deren Basis aber nichtsdestotrotz sowjetische Truppenmassierungen an der Grenze zum Deutschen Reich ab März 1941 als Angriffsabsicht der Roten Armee gedeutet wird. Zur Seite geschoben wird die Lagebeurteilung dieser Massierung sowjetischer Truppen in Grenznähe durch die eigene Feindaufklärung der Wehrmacht. So bewerten die für den Generalstab des Heeres erstellten Lageberichte der Abteilung Fremde Heere Ost die erst seit März 1941 stattfindenden russischen Truppenkonzentrationen an der deutschen Ostgrenze unmissverständlich als logische Folge der vorhergehenden massiven Verstärkung der Wehrmacht auf der anderen Seite der Grenze und als im Kern eindeutig defensive Maßnahmen der Roten Armee Die Lageberichte aus dem Bundesarchiv-Militärarchiv (BA-MA) Freiburg sind abgedruckt in dem unten genannten Band von Ueberschär/Bezymenskij. Wichtige Auszüge sollen im Folgenden widergegeben werden:
    Lageberichte der Abteilung Fremde Heere Ost im Frühjahr 1941:
    Lagebericht Nr.1 vom 15.3.1941:
    "Seit der erkennbaren Verstärkung unserer Kräfte im Osten wurden folgende russische Maßnahmen festgestellt und bestätigt: 1.) Durchführung einer Teil-Mobilmachung...2.) Truppenverlegungen...sowie Marschbewegungen im Baltikum in Richtung auf die deutsche Grenze zeigen, dass die russischen Truppen z.Zt. an der Westgrenze aufschließen...Beurteilung: Teilmobilmachung und Aufschließen russischer Truppen zur Grenze ist Defensiv-Maßnahme und dient lediglich zur Verstärkung der Grenzsicherung."
    (Quelle: BA-MA Freiburg, RH 19 III/722)
    Feindbeurteilung vom 20.5.1941:
    "Die Rote Armee steht mit der Masse der Verbände des europäischen Teils der UdSSR, d.h. mit rund 130 Schützendivisionen - 21 Kavalleriedivisionen - 5 Panzerdivisionen - 36 mot.-mech. Panzerbrigaden entlang der Westgrenze von Czernowitz bis Murmansk...Die Tatsache, dass bisher weit günstigere Gelegenheiten eines Präventivkrieges (schwache Kräfte im Osten, Balkankrieg) von der UdSSR nicht ausgenutzt wurden, ferner das gerade in letzter Zeit fühlbare politische Entgegenkommen und festzustellende Bestreben der Vermeidung möglicher Reibungspunkte lassen eine Angriffsabsicht unwahrscheinlich erscheinen... Grenznahe, zähe Verteidigung, verbunden mit Teilangriffen zu Beginn des Krieges und während der Operationen als Gegenangriffe gegen den durchgebrochenen Feind...erscheint aufgrund der politischen Verhältnisse und des bisher erkennbaren Aufmarsches am wahrscheinlichsten."
    (Quelle: BA-MA Freiburg, RH 2/1983)
    Lagebericht Nr.5 vom 13.6.1941:
    "Seit 20.5. sind im wesentlichen folgende Veränderungen eingetreten: Die Gesamtstärke der Roten Armee im europäischen Teil der UdSSR hat sich...auf 150 Schützendivisionen - 25 1/2 Kavalleriedivisionen - 7 Panzerdivisionen - 38 mot.-mech. Panzerbrigaden erhöht...Starke bewegliche Gruppen in Südbessarabien und um Czernowitz unmittelbar an der Grenze in Verbindung mit Meldungen über weiteres Aufschließen an der unteren Pruth und Bereitstellung von Übersetzmaterial lassen örtliche Offensivvorstöße der Russen nicht unmöglich erscheinen...Im übrigen ist jedoch nach wie vor im großen gesehen, defensives Verhalten zu erwarten."
    (Quelle: BA-MA Freiburg, RH 19 III/722)

    Einen weiteren „Beweis“ für ihre These sehen die Präventivkriegsbefürworter in Stalins Rede vom 5.Mai 1941 vor Absolventen der sowjetischen Militärakademien, bei der er diese Offiziere auf mögliche künftige Auseinandersetzungen mit Deutschland orientierte. Richtig ist, dass Stalin sich der Realität stellen musste, die einen Krieg zwischen Hitler-Deutschland und der UdSSR immer wahrscheinlicher erscheinen ließ. Die Anzeichen hierfür konnte auch er nicht übersehen. Dennoch sprach er sich schon allein auf Grund des desolaten Zustandes der Roten Armee und der schwachen Stellung der UdSSR im internationalen politischen System dafür aus, den wahrscheinlicher werdenden Krieg so lange wie möglich zu vermeiden.
    Zu den operativen Pläne der Roten Armee
    Als „ultimativer Beweis“ wird dann der Mitte Mai von Generalstabchef Schukow vorgelegte Präventivkriegsplan, „dem Gegner beim Aufmarsch zuvorzukommen“ ins Feld geführt – eine militärische Option , die zum einen erst im letzten Moment in Erwägung gezogen wurde, als der deutsche Aufmarsch offensichtlich war, und von Stalin bekanntlich nicht in die Tat umgesetzt wurde.
    Oleg Wischljow, Historiker an der Akademie der Wissenschaften Russlands schreibt 2002 im Zusammenhang mit den operativen Plänen der Roten Armee: „Die UdSSR trat in den Krieg mit einem operativen Plan unter der Bezeichnung "Erwägungen zum Plan des strategischen Aufmarsches der Streitkräfte der Sowjetunion im Westen und im Osten für die Jahre 1940 und 1941" ein. Dieser Plan war vom Volkskommissar für Verteidigung Timoschenko und dem Chef des Generalstabes der Roten Armee Mereckov unterzeichnet und am 18. September 1940 der sowjetischen Leitung vorgelegt worden. Am 14. Oktober 1940 wurde der Plan von Stalin bestätigt. Dieser Plan (von Walter Post lediglich als "Operationsentwurf" bezeichnet) war die einzige gesetzeskräftige Direktive, von der sich die Rote Armee bei der Vorbereitung zum Krieg leiten ließ. Auf Grund dieses Planes wurden die operativen Pläne der Militärbezirke und der Armeen ausgearbeitet. Alle diese Pläne sind veröffentlicht und für die Forschung zugänglich.
    Der operative Plan vom 18. September 1940 war vom oben dargelegten Prinzip der aktiven Verteidigung bestimmt. Es heißt darin sinngemäß: Der Krieg kann mit einem Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten auf die UdSSR beginnen. Es wurde die Vermutung geäußert, dass die Wehrmacht den Hauptschlag vom Territorium Ostpreußens aus in zwei Richtungen führen würde: gegen Riga und gegen Minsk. Für diesen Fall wurden die Aufgaben der Roten Armee folgendermaßen festgelegt: "Durch die aktive Verteidigung unserer Grenzen in der Phase der Konzentration der Truppen nachhaltig decken" (!) und die Kräfte des Gegners binden. Sobald die sowjetischen Truppen zusammengezogen worden sind, einen Gegenschlag führen (in der Abhängigkeit von der konkreten politischen Lage) in Richtung auf Lublin – Krakau - den Oberlauf der Oder oder aber in Ostpreußen in Richtung Insterburg-Allenstein. Mit keinem Wort besagt der Plan, dass die Sowjetunion die Initiative für die Entfesselung kriegerischer Handlungen übernehmen könnte. Dasselbe Prinzip der aktiven Verteidigung lag auch dem Entwurf einer überarbeiteten Variante der "Erwägungen zum Plan des strategischen Aufmarsches" vom 11. März 1941 zugrunde. Der sowjetische Generalstab nahm an, dass die Hauptstoßrichtung der Wehrmacht im Falle eines ‚bewaffneten Überfalls Deutschlands auf die UdSSR’ (!) die südliche sein könnte, und zwar vom Territorium des Generalgouvernements aus gegen Kiew mit dem Ziel, die Ukraine zu ergreifen. Auch diese Variante der "Erwägungen’ (sie wurde vom Oberkommando der Roten Armee und von Stalin nicht akzeptiert) enthält keine Hinweise und Andeutungen auf die Möglichkeit, dass die UdSSR als erste angreifen könnte. Auch in den operativen Unterlagen der sowjetischen Militärbezirke,, Armeen und Divisionen finden sich keine solche Andeutungen. Diese Dokumente wurden von den russischen Militärhistorikern sorgfältig analysiert. Die Ergebnisse dieser Analyse sind in den russischen historischen Zeitschriften veröffentlicht. Was die Spekulationen der Anhänger der Präventivkriegsthese anbetrifft, es habe bei den Einheiten der Roten Armee streng geheime Operationsunterlagen gegeben, die angeblich Pläne für einen Überfall auf Deutschland enthalten hätten, so können sie dies nicht glaubhaft machen. Die "roten Pakete", die sie erwähnen, Befehlsammlungen, die in den Truppen am 22. Juni 1941 nach dem Eingang des Signals "Groza" ("Das Gewitter") geöffnet wurden, enthielten Anweisungen, wie jede einzelne Einheit zur Grenze geführt bzw. welche Stellung sie beziehen und wie sie mit den anderen Verbänden zusammenwirken sollte, um das Vordringen des Feindes aufzuhalten. Von einem Überfall auf Deutschland ist keine Rede.
    Es sei noch einmal betont, dass der Plan vom 18. September 1940 die einzige Direktive war, von der sich die Rote Armee leiten ließ. Dass er bis zum Überfall auf die UdSSR gültig war, bezeugen die Direktiven Nr. 2 und Nr. 3, die am 22. Juni 1941 von Moskau aus an die Truppen gerichtet wurden. Die Direktive Nr. 2 verordnete, die feindlichen Kräfte, die auf das sowjetische Territorium vorgedrungen waren, zu vernichten. Zugleich untersagte sie der Roten Armee, die Staatsgrenze der UdSSR zu überschreiten. Die Direktive Nr. 3 enthielt die Vorschrift, den deutschen Streitkräften einen Gegenschlaggin den Richtungen zu versetzen, die im Plan vom 18. September 1940 festgelegt waren“ (Wischjlow, S. 49).
    Der Beitrag des russischen Historikers Oleg Wischjlow geht auf seinen Vortrag auf einer wissenschaftlichen Tagung zum 60.Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion zurück, die am 16. und 17.Juni 2001 in Berlin-Karlshorst stattfand und gemeinsam von der Berliner Gesellschaft für Faschismus- und Weltkriegsforschung sowie dem deutsch-russischen Museum in Karlshorst veranstaltet wurde. Da auf dieser Tagung die meisten Aspekte des deutschen Überfalls am 22.Juni 1941 erörtert wurden – Kriegsziele, operative Planungen der Wehrmacht und der Roten Armee, Judenmord, Partisanenbekämpfung, Kriegsgefangene und sog. Ostarbeiter – sei ausdrücklich auf den bei den Literaturangaben genannten von Babette Quinkert herausgegebenen Tagungsband verwiesen. Im Zusammenhang mit der Präventivkriegsthese geht Wischjlow darin auch auf die anderen Argumente der Präventivkriegsvertreter ein: die angeblich aggressive Militärdoktrin; Stalins Rede vom 5.Mai 1941; die operativen Pläne der Roten Armee (oben in Auszügen widergegeben) und die Verlegung zusätzlicher Einheiten der Roten Armee ab dem 13.Mai 1941 an die Westfront.
    Hitlers Entschluss zum Überfall schon im Juli 1940
    Den Befürwortern der Präventivkriegsthese fehlen jedoch nicht nur Beweise für ihre Behauptung, Hitler sei am 22.Juni 1941 einem Angriff Stalins zuvorgekommen. Sie vernachlässigen zudem einschlägige Fakten zur Klärung des Sachverhaltes: Neben den bereits erwähnten Lageberichten der Wehrmacht u.a. auch den historischen Tatbestand, dass Hitler laut Tagebucheintrag seines Generalstabchefs Halder vom 31.Juli 1940 (!) schon zu diesem Zeitpunkt zum Angriff auf Russland entschlossen war und dessen Planungen nun konsequent vorangetrieben wurden – längst vor seiner offiziellen „Weisung Nr.21 Fall Barbarossa“ vom 18.12.1940. Schließlich wird unterschlagen, dass die NS-Führung nicht die geringste Angst vor einem angeblich drohenden sowjetischen Angriff hatte. Über die Stärke der Roten Armee machte sich nicht nur Goebbels nach einer Unterredung mit Hitler in seinem Tagebucheintrag vom 16.Juni 1941, fünf Tage vor dem Überfall, lustig: „Sie (die sowjetischen Truppen) werden glatt aufgerollt. Der Führer schätzt die Aktion auf etwa 4 Monate, ich schätze auf weniger. Der Bolschewismus wird wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Wir stehen vor einem Siegeszug ohnegleichen.“ Auch der deutsche Generalstab und der britische sowie amerikanische Geheimdienst rechneten mit einem Sieg der Wehrmacht. Unter dieser historischen Beweislast fällt die Präventivkriegsthese in sich zusammen. Es war nicht „Stalins Krieg“ (Topitsch) oder „Stalins Vernichtungskrieg“ (Hoffmann), sondern der unprovozierte Eroberungs-, Ausbeutungs- und Vernichtungskrieg Hitlers und der deutschen Wehrmacht auf russischem Territorium.
    Zu Ursachen und Charakter des „Unternehmens Barbarossa“
    Dass Hitlers Entschluss zu diesem unprovozierten Eroberungskrieg ausweislich des Tagebucheintrags von Generalstabschef Halder vom 31.Juli 1940 schon im Jahr vor dem Überfall getroffen war, wurde oben schon gesagt. Betrachten wir im Folgenden ein Schlüsseldokument für den Charakter des „Unternehmens Barbarossa“:
    „1. Der Krieg ist nur weiter zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Russland ernährt wird.
    2. Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.“
    Dieses Ergebnis einer Arbeitsbesprechung des Generalrats der Vierjahresplanbehörde, der die militärischen und wirtschaftlichen Aspekte der Angriffsplanung koordinierte und dem die Staatssekretäre aller wirtschafts- und sozialpolitisch wichtigen Ressorts sowie der Wehrwirtschaftsgeneral des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) Georg Thomas angehörten, bildete eine wesentliche Grundlage für die deutsche Besatzungspolitik in der Sowjetunion. Initiiert wurde der Plan, „zig Millionen Menschen verhungern“ zu lassen, von Göring und Führungsstellen der Wehrmacht, ausgearbeitet in erster Linie von Experten des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, unter dessen Staatssekretär Herbert Backe. Er sollte zum einen die negative Ernährungsbilanz im Reich ausgleichen, dessen Getreidevorräte eineinhalb Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges entscheidend zusammengeschmolzen waren. Zum anderen sollten die Nachschubwege der Wehrmacht bei ihren geplanten gigantischen Vorstößen von allem entlastet werden, was nicht absolut notwendig erschien; d.h. die drei Millionen Soldaten sollten „aus dem Lande“ ernährt werden. Eine wesentliche Einschränkung des Nahrungsmittelverbrauchs in Deutschland galt als Tabu. Eine Situation wie im Ersten Weltkrieg, bei dem der Hunger eine Destabilisierung der „Heimatfront“ bewirkte, sollte unter allen Umständen vermieden werden. Zum Zwecke der „Abschöpfung der für Deutschland nötigen Lebensmittel“ wurde die militärische Abriegelung der Industriezonen von den landwirtschaftlichen Überschussgebieten geplant – mit der in den „Wirtschaftspolitischen Richtlinien für die Wirtschaftsorganisation Ost“ vom 23.Mai 1941 klar ausgesprochenen Konsequenz: „Viele 10 Millionen von Menschen werden in diesem Gebiet überflüssig und werden sterben oder nach Sibirien auswandern müssen.“
    Die im Generalrat der Vierjahresplanbehörde zusammengeschlossenen Staatssekretäre rechneten mit etwa 30 Millionen Hungertoten. Diese Zahl nannte nicht nur der Höhere SS- und Polizeiführer von dem Bach-Zelewski in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, sondern Göring selbst schon im November 1941 gegenüber dem italienischen Außenminister Graf Ciano. Sie wurde durch den konkreten Kriegsverlauf nach dem 22. Juni nicht erreicht. Aber auf dieser Hungerstrategie basierten Befehle, sowjetische Großstädte nicht auf klassischem militärischen Wege zu erobern, sondern mit minimalen eigenen Verlusten und ohne die dortige Zivilbevölkerung ernähren zu müssen, einzuschließen und auszuhungern – eine Vorgehensweise, die allein in Leningrad während der 900 Tage währenden Blockade ca. eine Million Menschen das Leben kostete. Die Gewinnung von Nahrungsmitteln für das Reich und seine Soldaten mit den Folgen der Entstädterung und Entindustrialisierung im Okkupationsbereich, dessen Preis die Menschen in der Sowjetunion – nicht selten mit Hunger und Tod – zu bezahlen hatten, blieb bis 1944 ein wesentliches Ziel der deutschen Besatzungspolitik. Die heutige Forschung, z.B. Hans-Heinrich Nolte, Osteuropa-Historiker an der Universität Hannover, beziffert unter Einbeziehung neuerer russischen Forschungen die sowjetischen Menschenopfer im „Unternehmen Barbarossa“ auf ca. 27 Millionen – darunter allein sieben Millionen Hungertote hinter der Front.
    Nicht verkannt werden sollte, dass Hitlers „Ostprogramm“ ein Amalgam von strategischen, ökonomischen und rassenideologischen Elementen darstellt. Dessen rassenideologische Basis hatte auch eine praktische, sozusagen für den intendierten Eroberungskrieg funktional günstige Seite. Der Kampf um „Lebensraum im Osten“ rechtfertigte den Krieg als Recht des Stärkeren zur Durchsetzung machtpolitischer und wirtschaftlicher Interessen in einer nach der vermeintlichen rassischen Wertigkeit ihrer Völker eingeteilten Welt. Für die geplante Unterwerfung der Sowjetunion war es von Vorteil, die slawischen Völker als „Untermenschen“ anzusehen. Deren entmenschlichter Status ermöglichte den Abbau moralischer Barrieren für die notwendige Entgrenzung von Gewalt im „totalen Krieg“, der zwecks Optimierung seiner Erfolgsaussichten auch mit inhumansten Mitteln geführt werden sollte.
    Die „Endlösung der Judenfrage“ steht in engem Kausalzusammenhang mit dieser vernichtenden Kriegführung. Der weltweit bedeutendste Hitler-Forscher Ian Kershaw fasst diesen Zusammenhang von Russlandfeldzug und Holocaust in seiner neuen jüngst erschienenen Biographie „Hitler 1936 – 1945“ wie folgt zusammen: „Es war kein Zufall, dass der Krieg im Osten zu einem Genozid führte. Das ideologische Ziel der Auslöschung des ‚jüdischen Bolschewismus’ stand im Mittelpunkt, nicht am Rande dessen, was man bewusst als einen Vernichtungskrieg angelegt hatte. Er war mit dem militärischen Feldzug untrennbar verbunden. Mit dem Anrücken der Einsatzgruppen (der SS), das in den ersten Tagen des Angriffs einsetzte und durch die Wehrmacht unterstützt wurde, war die völkermordende Natur dieser Auseinandersetzung bereits eingeleitet. Die deutsche Kriegführung im Russlandfeldzug sollte sich schnell zu einem umfassenden Völkermordprogramm entwickeln, wie es die Welt noch nie gesehen hatte. Hitler sprach während des Sommers und Herbstes 1941 zu seinem engeren Gefolge häufig in den brutalsten Ausdrücken über die ideologischen Ziele des Nationalsozialismus bei der Zerschlagung der Sowjetunion. Während derselben Monate äußerte er sich bei zahllosen Gelegenheiten in seinen Monologen immer wieder mit barbarischen Verallgemeinerungen über die Juden. Das war genau die Phase, da aus den Widersprüchen und dem Mangel an Klarheit in der antijüdischen Politik ein Programm zur Ermordung aller Juden im von den Deutschen eroberten Europa konkrete Gestalt anzunehmen begann“(S.617).
    Ohne hier die Entschlussbildung zur „Endlösung der Judenfrage“ nachzeichnen zu können, muss festgestellt werden, dass der historische Rahmen für die „Endlösung“ durch die Planungen des „Unternehmens Barbarossa“ als Vernichtungskrieg gesetzt wird. In diesem Zusammenhang sollte die Tatsache mehr Beachtung finden, dass dem Entschluss, die europäischen Juden zu ermorden, die Entscheidung darüber vorausgegangen war, aus ökonomischen Gründen viele Millionen Russen verhungern zu lassen. Diese Entscheidung „erleichterte“ die Vernichtung der – zunächst sowjetischen, dann europäischen – Juden ungemein, standen sie in der Rassenhierarchie doch noch unter den Millionen dem Hungertod preisgegebenen „slawischen Untermenschen“.
    Um den für die Eroberung und dessen wirtschaftliche Ausbeutung vorgesehenen „Lebensraum“ von den als überflüssig angesehenen Teilen der sowjetischen Bevölkerung freizumachen, wurden die Aufgaben von Wehrmacht, SS, Vierjahresplanbehörde bzw. deren Wirtschaftsorganisation Ost und Verwaltung nicht etwa klar getrennt, sondern eng miteinander verzahnt. Die „Richtlinien auf Sondergebieten zur Weisung Barbarossa“ vom 13. März 1941 übertrugen Himmler besondere Vollmachten für „Sonderaufgaben im Auftrag des Führers, die sich aus dem endgültig auszutragenden Kampf zweier entgegengesetzter politischer Systeme ergeben“. Zur Erledigung dieses Auftrages wurden vom Reichssicherheitshauptamt vier besondere „Einsatzgruppen“ aus Angehörigen des SD, des Polizeiapparats und der Waffen-SS – insgesamt etwa 3000 Mann -aufgestellt. Sie hatten die Aufgabe, unmittelbar hinter der vorrückenden Wehrmacht alle tatsächlichen oder vermeintlichen „jüdisch-bolschewistischen“ Gegner zu liquidieren. Das Oberkommando des Heeres interessierte in diesem Zusammenhang vor allem die „Vermeidung von Störungen der eigenen militärischen Operationen“. Durch die SS-Einsatzgruppen wurden allein zwischen Ende Juni 1941 und April 1942 mehr als 500000 Menschen getötet – mit den Juden als weitaus größter Opfergruppe. Nach neueren, auf umfassender Quellenbasis vorgenommenen, seriösen Schätzungen der Forschung sind von den ca. fünf Millionen am 22. Juni 1941 im sowjetischen Herrschaftsbereich befindlichen Menschen jüdischer Herkunft durch den NS-Terror und die vom ihm entfesselten Verfolgungsmaßnahmen ca. 2,8 Millionen umgekommen.
    Aufgrund ihrer schon zahlenmäßig begrenzten Stärke konnten die Einsatzgruppen ihre Aufgaben nur mit Wehrmachtsunterstützung durchführen. Dabei gestaltete sich die praktische Zusammenarbeit von Heer und SS hinsichtlich der Aktionen gegen die Juden so, dass die Armeeoberbefehlshaber unmittelbar nach dem Einmarsch in den besetzten Orten die Kennzeichnung und Registrierung der jüdischen Bevölkerung an ihrem Wohnsitz anordneten, so dass den Kommandos der Einsatzgruppen der Zugriff bequem möglich war. Beispielsweise wurde die größte Einzelaktion der Judenvernichtung in der UdSSR, die Erschießung von über 33000 Menschen in der Schlucht von Babi Yar Ende September 1941, bei einer Besprechung des Befehlshabers der Einsatzgruppe C, Emil Otto Rasch, und des Befehlshabers des Sonderkommandos 4a, Paul Blobel, mit dem Stadtkommandanten von Kiew, Generalmajor Eberhardt, organisiert. Die Propagandakompanie der 6. Armee druckte 2000 Plakate, mit denen die Juden zur „Umsiedlung“ aufgerufen wurden. Heerespioniere der 6. Armee besorgten die Absperrung der Schlucht und sprengten – nachdem die Kiewer Juden dann innerhalb von zwei Tagen von Paul Blobels Sonderkommando 4a erschossen worden waren – die Wände der Schlucht ab, um die Leichenberge zu verdecken. Dass es bei dieser Wehrmachtshilfe für die SS, einer Art Beihilfe zum Holocaust, nicht blieb, sondern Wehrmachtseinheiten die „Säuberung“ des flachen Landes von Juden, getarnt als „Partisanenbekämpfung“, in eigener Regie übernahmen, hat die jüngere Forschung insbesondere für Weißrussland nachgewiesen. Wie sehr im ersten Kriegsjahr der angebliche Partisanenkampf als Rechtfertigungsfloskel zur Ermordung von Juden und sonst irgendwie „verdächtiger“ Zivilisten diente, zeigen die Liquidierungszahlen. Alleine die 707. Infanteriedivision, die dem Wehrmachtsbefehlshaber Ostland unterstand, erschoß innerhalb eines Monats von 10940 gefangenen „Partisanen“ 10431, hatte aber selbst bei Kampfhandlungen mit „Partisanen“ lediglich zwei Tote und fünf Verwundete zu beklagen.
    Die ideologische Grundlage für diese Integration der Wehrmacht in den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg bildete, so der ehemalige Leitende Historiker des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes der Bundeswehr, Wilhelm Deist, „ein ausgeprägter, aggressiver Antikommunismus, ein zwar weniger aggressiver, aber um so tiefer sitzender Antisemitismus und Antislawismus, die die führenden Offiziere mit der Mehrheit der Deutschen teilten.“ Liest man die Befehle der im Osten eingesetzten Wehrmachtsstäbe, so stößt man häufig auf die Vorstellung, einem undurchsichtigen Konglomerat von Kommunisten, Juden und Kriminellen gegenüberzustehen, dies gilt, mit allen Mitteln zu vernichten. Diese Befehle wurden keineswegs nur von hitlerhörigen Nazigenerälen erteilt. So erließ beispielsweise der später als Widerstandskämpfer des „20. Juli 1944“ hingerichtete Befehlshaber der Panzergruppe 4, Generaloberst Hoepner, noch vor Ergehen des Kommissarbefehls eigenständig einen Befehl, in dem er zur „Abwehr des jüdischen Bolschewismus die völlige Vernichtung des Feindes“ forderte. Die Generäle und ihre Soldaten konnten sich der kirchlichen Unterstützung für diesen Krieg gewiß sein. Das in beiden christlichen Konfessionen eindeutig vorhandene totale Feindbild vom Bolschewismus trug zur moralischen Rechtfertigung der deutschen Kriegführung bei und förderte die Bagatellisierung der damit verbundenen ethischen Probleme.
    Russlandfeldzug und Holocaust sind zwei Seiten einer Medaille, schließlich ging es bei diesem Krieg um die Vernichtung des Weltfeindes Nr.1: des „jüdischen Bolschewismus“. Zum einen in der Gestalt der Juden – mit dem Holocaust als Ergebnis; zum anderen in der Gestalt der bolschewistischen Sowjetunion – mit dem Ergebnis des „ungeheuerlichsten Eroberungs-, Versklavungs- und Vernichtungskrieges“ der Geschichte (Ernst Nolte, 1963).

    Literatur zur Präventivkriegsthese:
    Benz, Wigbert: Die Lüge vom deutschen Präventivkrieg 1941, in: Geschichte lernen H.52 (1996), S.54-59. (dort u.a. Hinweise zur unterrichtlichen Behandlung von Suworows Quellenverfälschungen, Lageberichten der Fremde Heere Ost u.a. Dokumenten zur Widerlegung der Präventivkriegsthese).
    Gorodetsky, Gabriel: Die große Täuschung. Hitler, Stalin und das Unternehmen „Barbarossa“, Berlin 2001
    Pietrow-Ennker, Bianka (Hg.): Präventivkrieg? Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion, Frankfurt 2000.
    Ueberschär, Gerd R. / Lev A. Bezymenskij (Hg.): Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941. Die Kontroverse um die Präventivkriegsthese, Darmstadt 1998 (der Band enthält alle wichtigen Dokumente auf deutscher und russischer Seite).
    Wischjlow, Oleg: Zu militärischen Absichten und Plänen der UdSSR im Sommer 1941, n: Babette Quinkert (Hg.): Wir sind die Herren des Landes. Ursachen, Verlauf und Folgen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, Hamburg 2002, S. 44 – 54, Zitat S.49
    Literatur/Belege zu Ursachen und Charakter des „Unternehmens Barbarossa“
    Die exakten Belege sowie die Literatur für den Schlussabschnitt / das Resümee „Zum Charakter des „Unternehmens Barbarossa“ findet sich unter:
    [Links nur für registrierte Nutzer] : Es handelt sich dort um die Online-Version meines Beitrages Das Unternehmen Barbarossa’ 1941 - Vernichtungskrieg und historisch-politische Bildung, in Informationen für den Geschichtslehrer, H.60/2000, S.5-33.

    © Wigbert Benz Last update: 02/23/2004 17:17:00
    URL: [Links nur für registrierte Nutzer]

    -
    Demgegenüber vertritt Dr Scheil eine abweichende Meinung:


    SYMPOSION.ORG
    Internetforum von Dr. Stefan Scheil
    V. Thesenpapiere zu: "Die Eskalation des Zweiten Weltkriegs"
    Das Unternehmen Barbarossa als Präventivkrieg


    [Links nur für registrierte Nutzer]

    Als die deutsche Armee am 22. Juni 1941 die Sowjetunion angriff, wurde als offizielle Begründung seitens der nationalsozialistischen Regierung angegeben, man hätte einem russischen Angriff zuvorkommen wollen. Seit diesem Tag wird darüber diskutiert, ob es sich bei dieser Präventivkriegsthese um eine Propagandabehauptung gehandelt oder ob dieses Motiv wirklich eine Rolle gespielt hat. Mir scheint das zweite plausibel und das Unternehmen Barbarossa tatsächlich ein Präventivkrieg gewesen zu sein. Als Begründung bringe ich hier einige Auszüge aus den Argumenten, die ich dazu bei einer Diskussion im Nachrichtendienst für Historiker angeführt habe. Allerdings stellte der Angriff auf die UdSSR nicht ausschließlich einen militärischen Präventivangriff dar, dessen Ziel etwa mit der Zerstörung der in Grenznähe aufmarschierten sowjetischen Streitkräfte erfüllt gewesen wäre, sondern zielte darüber hinaus immer auf die politische Auflösung "Großrußlands" und die Vernichtung der sowjetischen Ideologie, auch das wurde in dieser Diskussion deutlich.
    "Ich kann das Ende der Präventivkriegsthese nirgendwo entdecken. Gerade das von Ihnen angeführte Buch von Ueberschär (Gerd Ueberschär, Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion, Darmstadt 1998) bringt durchaus Material, das diese These stützt, etwa den Angriffsplan Schukows auf die deutsche Armee in Polen, dann die Bestätigung dafür, daß der Großteil der motorisierten und gepanzerten russischen Streitkräfte tatsächlich unmittelbar hinter der Grenze versammelt war, wo sie nicht der Verteidigung dienen konnten, und daß das russische Oberkommando im ‚Verteidigungsfall' in wenigen Tagen die Weichsel und in wenigen Wochen die Oder zu erreichen hoffte, sowie manches andere mehr.
    Ich habe den Eindruck, daß in dieser Debatte zwei Ebenen vermischt werden. Es wird unterstellt, es könne kein Präventivkrieg gewesen sein, da bei Hitler eindeutig ideologische Motive wie "Lebensraum", "Vernichtung des Bolschewismus" usw. zu erkennen seien. Dabei wird wenig berücksichtigt, daß der ideologische Hintergrund einen aktuellen Anlaß nicht ausschließt. Hitler selbst hat dazu in seinen letzten Diktaten an Bormann 1945 folgendes gesagt, nachdem er so etwas wie einen abschließenden Rückblick gehalten hatte und unter anderem zugegeben hatte, daß er persönlich für die Ermordung der Juden verantwortlich sei und daß die ‚bloße Existenz des Bolschewismus' allein schon als Angriffsgrund ausgereicht hätte:
    ‚Warum 1941? Weil es galt, keinen Augenblick länger als notwendig zu warten, um so weniger als unsere Gegner im Westen unaufhörlich rüsteten. Übrigens blieb auch Stalin nicht untätig. Auf beiden Fronten arbeitete also die Zeit gegen uns. Die Frage lautet demnach nicht: "Warum schon am 22. Juni?" sondern: "Warum nicht früher?" Ohne die von den Italienern mit ihrem idiotischen griechischen Feldzug verursachten Schwierigkeiten hätte ich die Russen in der Tat schon einige Wochen früher angegriffen. Es ging darum, sie solange hinzuhalten, und es war meine beständige Sorge während dieser letzten Wochen, Stalin könnte mir zuvorkommen.' (zit. n. Trevor-Roper, Hitlers politisches Testament, Hamburg 1981, S. 79) Hier sind also beide Motive klar vorhanden, die Ideologie ebenso wie der militärstrategisch präventive Anlaß. Über letzteres sollte offen diskutiert werden, und selbst wenn es dann ein Präventivkrieg gewesen sein sollte, wird dadurch kein von Deutschen in Rußland begangenes Verbrechen entschuldbar oder wird weniger schwer wiegen."
    "Es finden sich in beinahe allen Arbeiten der Präventivkriegstheoretiker mehr oder weniger ausführliche Erörterungen über Hitlers Motive für seine Politik im fraglichen Zeitraum. Darauf im einzelnen einzugehen, würde hier zu weit führen. Es ist auf der Basis von Hitlers Äußerungen seit dem Kriegsausbruch aber problemlos nachzuweisen, daß er die UdSSR zu jedem Zeitpunkt als bedeutende Macht begriffen hat, deren "Neutralität durch keine Abmachung und durch keinen Vertrag auf Dauer sichergestellt werden kann", wie er am 9. Oktober 1939 in seiner bekannten Denkschrift ausgeführt hat.
    Zur Erläuterung dieser Anspielung muß darauf hingewiesen werden, daß die UdSSR mit den Angriffen auf Polen und auf Finnland 1939 kurz hintereinander zwei Nichtangriffsverträge gebrochen hat, wobei auf der Vereinbarung mit Polen die Tinte noch nicht lange trocken war, sie stammte aus dem November 1938. Auch der "innere Zerfall" Polens, der beim Einmarsch russischer Truppen von sowjetischer Seite als Begründung genannt wurde, war durch den Vertragstext und ein Zusatzprotokoll über die "Definition des Aggressors" eindeutig als Grund für eine Intervention ausgeschlossen worden.
    In den Fällen Estland, Lettland und Litauen liegen die Dinge ähnlich. Auch hier hatte die UdSSR Nichtangriffsverträge gleichen Inhalts wie mit Polen abgeschlossen, die den militärischen Druck selbstverständlich verboten, mit dem die Annexion dieser Staaten 1940 betrieben wurde. Nehmen wir noch Rumänien (1940), Persien (1941) und Japan (1945) dazu, dann wurde zwischen 1939 und 1945 fast jeder Nachbar der UdSSR das Opfer einer völkerrechtswidrigen Aggression. Dies sind für Jedermann offensichtliche Tatsachen und nicht "vage Spekulationen über Stalins Politik", wie Ueberschär schreibt. Es ist, wie gesagt, ohne weiteres nachzuweisen, daß Hitler diese aggressive Zielrichtung der russischen Politik und die Bedenkenlosigkeit ihrer Vertragsbrüche kannte und in seine Kalkulationen mit einbezog. Aber erst die russische Annexion der baltischen Länder und von Teilen Rumäniens im Juni/Juli 1940, sowie die erneute Verschärfung des russischen Tons gegenüber Finnland verursachte bei ihm jenen Stimmungsumschwung, der in Richtung "Barbarossa" führte. Noch am 25. Juni 1940 hörte sich das ganz anders an:
    "Der Krieg im Westen ist beendet. Frankreich ist besiegt, mit England werde ich in kürzester Frist zu einer Verständigung kommen. Dann bleibt nur noch die Auseinandersetzung mit dem Osten. Das ist aber eine Aufgabe, die weltweite Probleme wie die Machtverteilung im Stillen Ozean aufwirft, sie kann man vielleicht in zehn Jahren Angriff nehmen, vielleicht muß ich sie auch meinem Nachfolger überlassen. Jedenfalls haben wir auf Jahre hinaus genug zu tun, das in Europa Erreichte zu verdauen und zu konsolidieren." (zit. n. Boehme, H.: Der deutsch-französische Waffenstillstand im Zweiten Weltkrieg, Stuttgart 1966, S. 79)
    Anfang Juli 1941 taucht dann zum ersten Mal in Halders Kriegstagebuch der Gedanke an eine militärische Demonstration im Osten auf und Ende Juli 1940 begannen sich die Pläne dafür zu konkretisieren. Hitlers Angebote an Molotow während des Besuchs im November waren Ausdruck seiner Befürchtungen hinsichtlich der russischen Absichten und ein Versuch, die Aggressionen der UdSSR in Richtung Süden zu lenken, ins östliche Mittelmeer, den Vorderen Orient und Indien. Als Molotow während der Gespräche dann aber deutlich machte, daß die russischen Interessen eher in Polen, Finnland, Bulgarien, Rumänien und in Dänemark (!) liegen würden, war es offensichtlich, daß die russischen Expansionsabsichten direkt gegen Deutschland gerichtet waren, da sie existentielle deutsche Bedürfnisse wie die Versorgung mit Öl (Rumänien), Nickel (Finnland) und den freien Verkehr durch die Ostseeausgänge (Dänemark) ausdrücklich in Frage stellten. Vor diesem Hintergrund wurden nach Molotows Abreise die Planungen für "Barbarossa" intensiviert und daß hinter diesen Maßnahmen ein Bedrohungsszenario stand, das läßt sich u.a. auch in Ueberschärs Forschungsbericht selbst aus einer Quelle nachlesen, wie sie unabhängiger kaum gedacht werden kann, nämlich aus dem Bericht eines russischen Agenten in der deutschen Führung, der im April 1941 wörtlich feststellt:
    "Hitler meint, daß ein Präventivkrieg gegen die UdSSR nötig sei, um nicht in eine Falle des stärkeren Feindes zu geraten." (Ueberschär, S. 204)
    Internetforum von Dr. Stefan Scheil
    V. Thesenpapiere zu: "Die Eskalation des Zweiten Weltkriegs"
    Das Unternehmen Barbarossa als Präventivkrieg (2)
    "Unter dieser historischen Beweislast fällt die Präventivkriegsthese in sich zusammen", so resümiert Wigbert Benz seine Entgegnung auf die von mir vorgebrachten Argumente. Schauen wir uns diese Beweislast also an.
    Zunächst ist zu sagen, daß Wigbert Benz zu den von mir vorgebrachten Zitaten Hitlers vom 25. Juni 1940 und des russischen Agenten vom April 1941 nichts zu entgegnen hat. Für jemanden, der die Thesen des anderen in sich zusammenfallen sieht, ist dies zu wenig. Er konzentriert sich statt dessen auf andere Schauplätze:
    1. Benz schließt von der Einschätzung der militärischen Stärke Rußlands seitens englischer, amerikanischer und deutscher Militärs auf deren wirkliche Stärke, die nur "relativ" gewesen sei. Diese Schlußfolgerung verwechselt die Einschätzung der Realität mit der Realität selbst. Die Rote Armee soll schwach gewesen sein, weil sie vom Ausland für schwach gehalten wurde. Das ist erstens offensichtlich unlogisch und zweitens durch die Ereignisse des Krieges eindrucksvoll widerlegt. Der Roten Armee gelang es trotz der Katastrophe in den Anfangswochen letzten Endes aus eigener Kraft, den deutschen Angriff aufzufangen und der Wehrmacht solche Verluste beizubringen, daß sie sich die Sommeroffensive 1942 eigentlich schon nicht mehr leisten konnte.
    Führt man sich das Ausmaß der Verluste in der Roten Armee vor Augen (Millionen Gefangene, Tausende Panzer und Zehntausende Geschütze), dann gibt es keinen vernünftigen Zweifel daran, daß die Rote Armee am Vorabend des deutschen Angriffs die stärkste Armee der Welt war und ihrem deutschen Gegner in den Schlüsselbereichen zahlenmäßig um ein Vielfaches überlegen. Das ist die Realität und nach diesen Fakten müssen die militärischen Optionen Stalins eingeschätzt werden. Benz' Statement, die UdSSR sei 1941 nicht die überlegene Macht gewesen, ist angesichts dieser Fakten haltlos. Dennoch hält er daran fest, und zwar - das ist aber nur eine Vermutung von mir - wahrscheinlich auch deshalb, weil die Legende von der unterlegenen Roten Armee in den Argumentationen der Gegner der Präventivkriegsthese generell einen wichtigen Mosaikstein bildet. Bezieht man die tatsächliche Stärke der Roten Armee in die Überlegungen ein, gewinnt diese These sofort erheblich an Plausibilität.
    2. In der Tatsache, daß die Rote Armee in Polen einmarschierte, will Benz keine kriegerische Absicht erkennen. Was die polnischen Offiziere davon gehalten haben würden, die teilweise gleich in den ersten Stunden des Einmarschs erschossen wurden, kann sich jeder selbst denken. Ich verweise auf das Ende in Katyn und zitiere aus Bogdan Musials Beitrag im Forum Ostpolen:
    "Resultat der knapp einundzwanzig Monate währenden sowjetischen Herrschaft in Ostpolen waren mehrere hunderttausend Deportierte (330.000 bis etwa 400.000) und Inhaftierte (etwa 120.000) sowie Abertausende von Gefolterten und Ermordeten."
    Im übrigen: Selbst wenn im Fall Polens noch die Angst vor einer deutschen Besetzung des ganzen Landes eine Rolle gespielt haben würde: Fühlte Stalin sich denn auch von Finnland aus bedroht?, oder von Litauen?, oder von Estland?, oder von Lettland?, oder von Rumänien?, oder von Persien?, oder gar von Japan im Jahr 1945? Keines dieser Länder stellte selbst eine Gefahr dar, keines war im Begriff, von einer größeren feindlichen Macht besetzt zu werden, alle waren geschützt durch internationale und/oder bilaterale Verträge mit der UdSSR. Die Politik der UdSSR war deshalb agressiv, sie stellte nach dem Sinn des Nürnberger Statuts vielfach ein Verbrechen gegen den Frieden dar und enthielt in ihrer Ausführung zahllose Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dies hinter angeblichen militärstrategischen Bedürfnissen verstecken zu wollen, enthält m.E. einen deutlichen Anteil Zynismus gegenüber den Opfern.
    3. Benz schreibt: "Die Tatsache, dass Stalin nach dem Nichtangriffspakt mit Hitler die Rote Armee in Polen einmarschieren ließ, wird in Verbindung mit kriegerischen Absichten Stalins gebracht. Scheil verkennt dabei, dass der sowjetische Diktator im August 1939 als Hitlers Entscheidung - wie die Quellen eindeutig belegen - zum Angriff auf Polen eindeutig feststand, nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten hatte: entweder dem deutschen Vorschlag eines Nichtangriffsvertrages plus der Abgrenzung der Einflusssphären zuzustimmen oder zuzusehen, wie die Wehrmacht nicht nur ganz Polen überrennt und besetzt, sondern damit auch unmittelbar an die Westgrenze der UdSSR vordringt!"
    Benz übernimmt an dieser Stelle die Interpretation der realsozialistischen Geschichtsschreibung, die immer von diesem angeblichen Mangel an Alternativen geschrieben hat. (Vgl. z.B. G.A. Deborin, Weltkrieg, Ostberlin 1959, S. 53 f.) Er dürfte aber wissen, daß Stalin eine ganze Reihe von Alternativen hatte, von denen mindestens zwei sofort ins Auge springen:
    3.1. Er konnte einen Vertrag mit den Westmächten schließen, deren Delegationen sich in Moskau aufhielten und nur auf einen Anruf warteten. Daß Hitler gegen eine englisch-französisch-polnisch-russische Koalition den Angriff auf Polen befohlen haben würde, scheint eher unwahrscheinlich. (Falls doch, wäre der Krieg in wenigen Wochen zu Ende gewesen, da die deutschen Munitionsvorräte kaum für den Krieg gegen Polen reichten und ohne Lieferungen aus der UdSSR auch nicht mehr aufgefüllt werden konnten. Selbst ohne militärische Aktivität der UdSSR wäre ein Angriff der Westmächte im Herbst 1939 von deutscher Seite allein schon deshalb nicht mehr abzuwehren gewesen. Aber dies ist ein anderes Thema).
    3.2. Wenn Stalin den Motiven der Westmächte mißtraute, wie die stalinistische Geschichtsschreibung erklärt, so mußte er überhaupt KEINEN Vertrag abschließen. Hätte Hitler dann, wie Wigbert Benz sagt, in jedem Fall Polen angegriffen, und die Westmächte ihm den Krieg erklärt, so hätte die UdSSR die Angelegenheit vor den Völkerbund bringen können, Deutschland als Aggressor verurteilen lassen können, Sanktionen verhängen und dann gelassen abwarten, wie Deutschland die Rohstoffe ausgehen. Deutschland konnte bekanntlich nur dank sowjetischer Lieferungen überhaupt die ersten zwei Jahre des Krieges durchstehen. Wären sie ausgefallen, hätten weder die Westoffensive noch gar das Unternehmen Barbarossa jemals vorbereitet werden können.
    So einfache Alternativen hatte Stalin also und er hätte sie ohne weiteres ergreifen können, hätte er den Frieden in Europa bewahren wollen. Aber wollte er das? Hören wir den Genossen Stalin selbst in einem Zitat vom 7. September 1939, das wiederum aus dem vorzüglichen Band von Ueberschär stammt, den niemand so richtig zu lesen scheint:
    "Stalin: Der Krieg wird zwischen zwei Gruppen kapitalistischer Staaten ... um die Aufteilung der Welt und um die Weltherrschaft geführt. Wir haben nichts dagegen, wenn sie ordentlich gegeneinander Krieg führen und sich gegenseitig schwächen. (!) Es wäre nicht schlecht, wenn durch die Hand Deutschlands die Position der reichsten kapitalistischen Länder (besonders Englands) zerrüttet werden würde. Ohne es zu wissen und zu wollen untergräbt Hitler das kapitalistische System. ... Wir können manövrieren und die eine Seite gegen die andere aufhetzen, damit sie sich um so heftiger gegenseitig zerfleischen. Der Nichtangriffspakt hilft Deutschland in gewisser Weise. Bei nächster Gelegenheit muß man die andere Seite aufhetzen ..." (zit. n. Ueberschär, S. 146)
    Das ist der angeblich wegen der deutschen Invasion in Polen so besorgte Stalin im Originalton, für den Hitler tatsächlich nichts anderes war als ein nützlicher Idiot, der weder weiß noch will, was er tut, und vor dem er nicht die geringste Angst hatte. Stalin hatte kein Interesse am Frieden, sondern an einem umfassenden Krieg. Dies also zur Natur der russischen Politik, in der sich nichts findet, was gegen einen überraschenden Angriff auf Deutschland spricht und zur Stärke der russischen Armee, die diesen Angriff jederzeit möglich machte. Fehlt noch das letzte Element, der Angriffsplan.
    Internetforum von Dr. Stefan Scheil
    V. Thesenpapiere zu: "Die Eskalation des Zweiten Weltkriegs"
    Das Unternehmen Barbarossa als Präventivkrieg (3)
    "1. Zunächst eine kurze Entschuldigung an Michael Schröders wegen der mißverständlichen Zitation des Berichts des russischen Agenten. Warum er aber die "Unabhängigkeit" der Quelle anzweifelt, weil sie vom russischen Geheimdienst aus den Äußerungen eines deutschen Offiziers ermittelt wurde, bleibt nun wiederum sein Geheimnis. So arbeiten Geheimdienste nun einmal. "Unterschlagen" habe ich im übrigen gar nichts, denn wir diskutieren hier doch nicht darüber, ob Hitler der "Initiator" eines Angriffsplans war oder ob es deutsche Angriffsvorbereitungen gab! Beides ist doch sonnenklar, es geht nur darum, warum Hitler diesen Plan exakt am 22. Juni 1941 zur Ausführung gebracht hat. Ein großer Teil des Beitrags von Michael Schröders rennt insofern offene Türen ein.
    Wer denn sonst als die UdSSR mit dem "stärkeren Feind" gemeint gewesen sein soll, von dem der Agent spricht, dafür warte ich auf Vorschläge von Herrn Schröders. Zur angeblichen Defensivstrategie der UdSSR siehe weiter unten, im Zusammenhang mit den Offensivplänen des russischen Generalstabs. Schröders schreibt: "Masers Quelle (muß) angesichts ihrer Provenienz aus deutscher Quelle und ihrer Mißtrauen erregenden Entstehungsbedingungen als zweifelhaft bewertet werden."
    Ich wüßte keinen Grund, warum sowjetische Quellen generell höher zu bewerten wären als deutsche. Das muß im Einzelfall entschieden werden. Was die "Entstehungsbedingungen" von Dokumenten des Zweiten Weltkriegs angeht, so ist es leider so, daß sie in vielen Fällen zweifelhaft sind. Es gibt in diesem Fall aber z.B. keinen Grund, an den unabhängig voneinander gemachten Aussagen der russischen Gefangenen über Stalins Rede vom Mai 1941 zu zweifeln. Es ist m.W. nicht festgestellt worden, daß den Gefangenen eine solche Version der Stalinrede von den Verhörern aufgezwungen worden wäre, wie es Schröders suggeriert.
    2. Dann möchte ich erneut auf Dinge hinweisen, auf die Wigbert Benz nicht eingeht, bzw. denen er nicht widerspricht:
    Ich habe Stalins Politik zwischen 1939 und 1945 aufgrund anschaulicher Beispiele insgesamt als ein Verbrechen gegen den Frieden gekennzeichnet, das in seiner Ausführung vielfache Verbrechen gegen die Menschlichkeit enthalten hat. Dies ist eine wichtige Feststellung deshalb, weil sie veranschaulicht, daß Stalin keine moralischen Skrupel plagten, und daß er keine innenpolitischen Rücksichten nehmen mußte, wenn er den unprovozierten Angriffskrieg auf fremde Länder befahl. Von dieser Seite stand also einem Angriff auf Deutschland nichts im Weg und Hitler, ich habe darauf hingewiesen, berücksichtigte diesen Umstand bereits in der Denkschrift vom 9. Oktober 1939.
    Ich habe nun bereits mehrere Zitate gebracht, die verdeutlichen, daß Hitler sich sehr wohl von der UdSSR bedroht fühlte und daß diese Bedrohung den Entschluß zum Angriff auf die UdSSR im Jahr 1941 verursacht hat. Ohne darauf im einzelnen einzugehen, wiederholt Wigbert Benz seine Überzeugung daß "Hitler und die Generäle eben keine Angst vor einem angeblich drohenden Überfall der UdSSR hatten". Ich kann etliche weitere Stellen anführen, die das Gegenteil zeigen. Schon Hitlers "Denkschrift zum Vierjahresplan" von 1936 begründet die weitere Aufrüstung praktisch ausschließlich damit, daß man der russischen Aufrüstung etwas entgegensetzen müsse. Das war bekanntlich keine Propagandaschrift, sondern ein internes Papier, von dem es m.W. nur drei Abschriften gab. Ich will aber zunächst nur darauf hinweisen, daß diese Argumente bisher unwidersprochen im Raum stehen und das tue ich insbesondere deshalb, weil sich durch die Beiträge von W. Benz und M. Schröders ständig der Vorwurf zieht, ich würde dieses oder jenes ignorieren.
    3. Ich habe nirgendwo von der "Notwendigkeit eines deutschen Präventivkriegs" gesprochen. Selbst wenn es ein Präventivkrieg war, war er niemals im strengen Sinn "notwendig".
    4. Ich wüßte nicht, wo ich etwas "negiert" hätte. Ich trenne nur, was auseinandergehalten werden muß. Selbstverständlich ist die Einschätzung alliierten und deutschen Generalstäbe wichtig, um die zeitgenössischen Entscheidungen der Alliierten und Deutschlands zu verstehen. Man darf diese Einschätzungen aber nicht, wie dies Wigbert Benz m.E. getan hat, als Beleg für die wirkliche Stärke der Roten Armee oder gar als Hinweis auf die Absichten Stalins nehmen, denn sie waren eben nur Vermutungen und noch dazu falsch. Hier liegt ein unzulässiger Schluß vor, auf den ich hinweisen wollte. Will man dagegen Stalins Handlungsoptionen abwägen, was ja der Sinn meines Argumentationsgangs war, so muß man selbstverständlich auf die später ermittelten Zahlen der wirklichen Stärke der Roten Armee zurückgreifen, die Stalin als einziger der Akteure gekannt hat. Sie sprechen die deutliche Sprache, die ich angedeutet habe. Die Rote Armee war der Wehrmacht zahlenmäßig nach Soldaten und in den Schlüsselbereichen des modernen Krieges (Panzer, Flugzeuge usw.) um ein vielfaches überlegen - und sie fühlte sich auch so. Zahlreiche Äußerungen russischer Militärs zeigen das.
    5. Was Wigbert Benz zu den nichtvorhandenen Handlungsalternativen Stalins zu sagen hat, ist nicht stichhaltig. Allerdings haben wir uns mit diesem Diskussionsstrang - den nicht ich eröffnet habe, wie ich betonen möchte - in den Bereich der Spekulation begeben, wo jedem etwas anderes plausibel erscheinen wird. Benz hat apodiktisch behauptet, es habe keine Alternativen gegeben und ich habe einige im Ansatz aufzeigen wollen. Wenn ich von "einfachen Alternativen" gesprochen habe, so deshalb, weil mir die beiden genannten besonders einsichtig scheinen. Es ist mir klar, daß es auch andere gibt und die Gesamtlage komplex war. Der Schlußsatz von Wigbert Benz zu diesem Thema fällt deshalb auf ihn und Gabriel Gorodetsky selbst zurück: "Wie kann ein Historiker angesichts der ungeheuer komplexen internationalen Situation im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges ernsthaft schreiben: "So einfache Alternativen hatte Stalin also...". In der Tat: wie kann ein Historiker angesichts dieser komplexen Situation schreiben, Stalin habe keine Alternativen gehabt....
    Wenn W. Benz schreibt, die Westmächte hätten die "Sicherheitsinteressen" der UdSSR nicht ausreichend gewürdigt, so übernimmt er erneut einen Topos der realsozialistischen Historiographie. Daß auch Gorodetsky ihn teilweise übernommen hat, zeigt eigentlich nur, wie lebendig diese Topoi noch immer sind. Diese sogenannten "Sicherheitsinteressen", die Stalin seine Delegation fordern ließ, bestanden in einem Einmarschrecht der UdSSR in die baltischen Länder, Polen und Rumänien. Das konnten die Westmächte gar nicht zugestehen, denn es berührte die Souveränität dieser Staaten, die von den Westmächten natürlich nicht wegen eines Abkommens mit der UdSSR in der Art verkauft werden konnte, wie Hitler das dann später getan hat. Es ist bezeichnend für Stalins Gedankenwelt, daß er offenbar davon ausging, mit den Westmächten ein ähnliches Abkommen wie mit Hitler abschließen zu können. Er hat sich dann am 7. September 1939 auch darüber beklagt, er hätte lieber mit den Westmächten abgeschlossen, aber die hätten nichts "bezahlen" wollen. (Ueberschär, Angriff, S. 146)
    In der Tat wollten die Westmächte nichts "bezahlen", sie wollten den Frieden und den Status quo in Europa erhalten und waren bereit, dafür in den Krieg zu gehen. Beides hätte auch den wohlverstandenen Sicherheitsinteressen der UdSSR gedient, und Stalin hätte das entsprechende Abkommen mit den Westmächte unterzeichnen können, wenn er auch an Frieden und dem Status quo interessiert gewesen wäre. Das war er nicht, wie das von mir angeführte Zitat veranschaulicht. (Ueberschär, Angriff, S. 146)
    Internetforum von Dr. Stefan Scheil
    V. Thesenpapiere zu: "Die Eskalation des Zweiten Weltkriegs"
    Das Unternehmen Barbarossa als Präventivkrieg (4)
    .
    "Ich erkenne die ideologischen Elemente in Hitlers Angriffsentscheidung nicht "nun" an, wie Sie schreiben, sondern hatte das bereits in meinem Eingangsbeitrag getan, wie Sie dann selbst hinzufügen. Immer wieder tauchen in Ihren Statements (und manchmal bei Herrn Benz, siehe meinen letzten Beitrag) solche kleinen Verdrehungen auf, die mir nicht zur sachlichen Diskussion beizutragen scheinen. Sie tun im weiteren erneut sehr ausführlich das, was zu unserer Diskussion nichts beitragen kann, denn sie nehmen die ideologischen und verbrecherischen Befehle des NS-Regimes als Beleg gegen die Präventivkriegsthese. Insofern geht erneut ein großer Teil Ihres Beitrags ins Leere, (eigentlich der ganze Punkt 3) denn die hier diskutierte Frage ist nicht, ob es ideologische Motive oder Verbrechen gegeben hat, sondern: "Warum 1941?"
    Daß Sie in diesem Zusammenhang erneut ausgerechnet Ernst Noltes altbekannten Satz als Kronzeugen des Vernichtungskriegs bemühen, wundert mich sehr. Sie dürften wissen, daß Nolte einen Kausalnexus zwischen dem Stalinismus und dem Nationalsozialismus behauptet und sich nicht scheut, sowohl den Vernichtungskrieg als auch den Holocaust als eine so direkte Folge des Stalinismus zu bezeichnen, daß Deutsche im moralischen Sinn für beides gar nicht verantwortlich sind. Deshalb kann er auch so polemisch die Einzigartigkeit des deutschen Krieges in Rußland behaupten, da sie in seiner Sicht letzten Endes auf die UdSSR zurückfällt. Ich denke nicht, daß Sie sich dieser Position anschließen wollen.
    Die Überlieferungen der Stalin-Rede sind in der Tat so umstritten, daß ein eigenes Diskussionsforum damit gefüllt werden könnte. Immerhin wird in allen Fällen deutlich, daß Stalin offensiv werden wollte, und zwar bald. Was die Verhörprotokolle betrifft, so gehen, glaube ich, vom Nürnberger-Prozeß über den Eichmann-Prozeß bis zum Tribunal in Den Haag alle Gerichte davon aus, daß solche exakten Erinnerungen an einzelne Äußerungen nach Jahren möglich sind, besonders wenn es um die Rede des Alleinherrschers geht, der von einem kommenden Krieg spricht. Da hören die Anwesenden denn doch schon mal genauer hin.
    Ich kann Ihren Schluß nicht nachvollziehen, daß der Agentenbericht über den "Präventivkrieg", den Hitler geplant hat, nicht die deutsche Einschätzung der Lage wiedergibt. Es ist ein Bericht über die Stimmungslage der deutschen Führung. Er ist so gut, wie ihn der russische Geheimdienst eben machen konnte. Insofern ist es eine unabhängige Bestätigung, daß in Deutschland intern und schon vor Kriegsbeginn vom Präventivkrieg die Rede war. Nicht mehr und nicht weniger.
    Den Generalstabsplänen der UdSSR vom September 1940 lagen KEINE "operativen Pläne eines möglichen Gegners Deutschland" zugrunde, wie Sie behaupten. Der Text stellt im Gegenteil ausdrücklich fest, daß operative Pläne des Gegners nicht bekannt seien (Ueberschär, Angriff, S. 166 ). Das muß auch allein schon deswegen so gewesen sein, weil es im September 1940 noch keine ausgearbeiteten deutschen operativen Pläne GAB. Wenn Schukow von einem deutschen Vorstoß nach Minsk schreibt, ist dies lediglich eine Spekulation, die ihm plausibel scheint.
    Es bleibt im weiteren ihr Geheimnis, wie Sie zur Einschätzung kommen können, eine russische Militärplanung mit dem Ziel, in der "allerersten Phase des Krieges" quer durch Polen bis nach Oberschlesien und Böhmen vorzustoßen, sei "defensiv" und benötige keinen Erstschlag, sondern es reiche ein "Gegenschlag". Das ist so offensichtlich haltlos, daß ich dazu nichts mehr sagen möchte.
    Wir sind uns in jedem Fall einig, daß Schukow den deutschen Angriff erwartet hat und deshalb am 15. Mai einen Offensivplan präsentiert hat. Das ist auch eindeutig belegt. Vielleicht habe ich die Schlußfolgerungen nicht deutlich genug gemacht, die sich daraus in Verbindung mit dem von Gorodetsky geschilderten Truppenverlegungen zwingend ergeben. Denn derselbe Schukow hat wenige Wochen später seinen Truppen befohlen, sich von den befestigten Verteidigungsstellungen zu "lösen" und sich "in unmittelbare Nähe der Grenze" zu begeben, wie Gabriel Gorodetsky schreibt. Dies kann militärisch nur EINEN EINZIGEN ZWECK gehabt haben: Schukow wollte seinen Plan vom 15. Mai ausführen. Andernfalls hätte er niemals den Befehl zum Verlassen der Verteidigungsstellungen und zum Vormarsch an die Grenze geben können, wo sie "quod erat demonstrandum" einem deutschen Angriff schutzlos ausgeliefert waren, von dem Schukow ja wie gesagt wußte, daß er bald kommen würde. Diese militärischen Maßnahmen Schukows geben nur in Verbindung mit einem unmittelbar bevorstehenden russischen Angriff einen Sinn. Gorodetsky bestätigt damit eine der wichtigsten Behauptungen Viktor Suworows. Auch dafür gibt es eine weitere unabhängige Bestätigung in der Aussage des Generals Wlassow nach seiner Gefangennahme 1942, der davon gesprochen hat, es sei eine russische Großoffensive im Süden aus dem Raum Lemberg geplant gewesen, während die russischen Truppen im Raum Minsk einen eventuellen deutschen Gegenstoß auffangen sollten. (Vgl. Hillgruber, Hitlers Strategie, S. 437) Wlassows oft bezweifelte Aussage wird durch die Lektüre von Schukows Angriffsplan und die Truppenbewegungen voll bestätigt.
    Internetforum von Dr. Stefan Scheil
    V. Thesenpapiere zu: "Die Eskalation des Zweiten Weltkriegs"
    Das Unternehmen Barbarossa als Präventivkrieg (5)
    "Hier nun eine Antwort auf Michael Schröders vierte Frage, ob sich nachweisen läßt, daß Hitler und/oder die Wehrmachtsführung russische Pläne kannten oder einen russischen Angriff fürchteten. Ich habe zu diesem Zweck eine Auswahl an Zitaten zusammengestellt, die ich jeweils nur kurz kommentiere. Aus Platzgründen wiederhole ich nicht die bereits zitierten Stellen aus "Mein Kampf" und dem "Zweiten Buch", auch nicht den bereits angeführten russischen Agentenbericht über den Präventivkrieg, sondern beginne mit der bereits angesprochenen, aber noch nicht zitierten "Denkschrift zum Vierjahresplan", die den ersten starken Kontrast zu Hitlers Programm aus seinen Büchern setzt.
    Diese Denkschrift gibt Auskunft über den Eindruck, den die sowjetische Rüstung in Deutschland hinterlassen hatte. Hitler hatte sie im Sommer 1936 geschrieben. Wahrscheinlich im (August, vgl. VfZ 1955, S. 184 ff) und hielt sie noch 1944 für wichtig genug, eine Abschrift davon an Alfred Speer zu übergeben. Danach ging alle Unruhe in Europa von der UdSSR aus, da sich dort
    "der Marxismus durch seinen Sieg ... eines der größten Reiche der Welt als Ausgangsbasis für seine weiteren Operationen geschaffen hat ... . Die militärischen Machtmittel dieses (des marxistischen d. Verf.) Angriffswillens steigern sich dabei in rapider Schnelligkeit von Jahr zu Jahr. Man vergleiche mit der heute tatsächlich geschaffenen Roten Armee die Annahmen des Militärs vor 10 oder 15 Jahren, um die gefährlichen Ausmaße dieser Entwicklung ermessen zu können. Man überlege sich aber die Ergebnisse einer weiteren Entwicklung in 10, 15 oder 20 Jahren, um sich ein Bild der dann eintretenden Verhältnisse zu machen. ... Gegenüber der Notwendigkeit der Abwehr dieser Gefahr haben alle anderen Erwägungen als gänzlich belanglos in den Hintergrund zu treten! " (Zit. n. VfZ 1955, S. 204/205. Hervorhebung im Original.)
    Der Kontrast könnte kaum größer sein zwischen diesen Äußerungen und der in "Mein Kampf" ausgesprochenen Erwartung, nach dem unvermeidlichen Ende des Rätesystems der UdSSR, was aus Hitlers Perspektive in erster Linie als "Zusammenbruch der Judenherrschaft in Rußland" zu werten sein würde, und damit als die "gewaltigste Bestätigung für die Richtigkeit der völkischen Rassentheorie", wäre Rußland als Staat ebenfalls am Ende und Deutschland würde davon profitieren können. Es waren Hitlers eigene Prognosen "vor 10 oder 15 Jahren", denen er hier zunächst intern eine deutliche Absage erteilte. Stalins persönliche Diktatur, seine Auseinandersetzung mit Trotzki, der den führenden Nationalsozialisten als Symbol für den "jüdischen" Charakter des Marxismus gegolten hatte und schließlich der Aufbau des modernen Industriestaats in Rußland hatten für eine neue Bewertung der UdSSR innerhalb der nationalsozialistischen Führung gesorgt, wenn diese Neueinschätzung vorläufig auch auf machtpolitischer Ebene hängen blieb. Die offensichtliche Effizienz des immer noch als "jüdisch" interpretierten realsozialistischen Regierungssystems hätte darüber hinaus prinzipiell zu einer Überprüfung der eigenen antisemitischen Vorurteile führen können, bewirkte aber neben anderen Faktoren zunächst nichts anderes als eine deutliche Reduktion des nationalsozialistischen Lebensraumprogramms von Ost- auf Mitteleuropa, ohne daß weitere ideologische Folgerungen gezogen wurden. Was Hitler etwas mehr als ein Jahr später im Hoßbach-Protokoll bekannt geben sollte, deutete sich hier in der Denkschrift zum Vierjahresplan bereits an: Mehr als die Wiederherstellung der deutschen Herrschaft über das Gebiet des Ersten Reichs unter den Vorzeichen des rassistischen Nationalstaats würde das Dritte Reich auf absehbare Zeit nicht erreichen können.
    Hitler suchte die "Lösung des deutschen Raumproblems" jetzt "inmitten des europäischen Kontinents" und nannte als Ziel die Eingliederung oder Eroberung Österreichs und der "Tschechei". Das sei genug für 1-3 Generationen. Einen Konflikt mit Rußland hoffte er jetzt zu vermeiden: "Einem militärischen Eingreifen Rußlands müsse durch die Schnelligkeit unserer Operationen begegnet werden." (Vgl. das Hoßbach-Protokoll in ADAP, D, I, Dok. 19, S. 25 f.) Ein Jahr nach dem Hoßbach-Protokoll notiert der frühere amerikanische Botschafter in Moskau Davies eine Äußerung Hitlers für sein Tagebuch, weil sie seiner eigenen Einschätzung bemerkenswert gleicht. Davies war einer der wenigen Kenner der russischen Stärke im Westen, wo sonst (Wigbert Benz hat darauf hingewiesen) die Einschätzung überwog, Rußland sei militärisch schwach:
    "Folgendes ist Hitlers Einschätzung:
    1. In Rußland hat man es mit einer Nation von 180 Millionen zu tun.
    2. Rußland ist territorial gegen Angriffe geschützt.
    3. Rußland kann nie durch Blockade besiegt werden.
    4. Seine Industriezentren sind gegen Luftangriffe gesichert, weil die wichtigsten Industriezentren sich 4000 bis 6000 km von jeder Grenze entfernt befinden.
    Diese vier Tatsachen", sagt er weiter, sollten genügen, um die gefährliche Macht dieses Landes deutlich zu machen. Zu alledem kommt noch die Stärke der revolutionären Idee und der entschlossene Versuch der Machthaber, eine Weltrevolution ins Werk zu setzen. Zu diesem Zweck ist eine Armee von der denkbar größten technischen Vollkommenheit geschaffen worden. Dem gleichen Ziel dient eine gefährliche Dumping-Politik mit Sklavenlöhnen, um so die Wirtschaftssysteme anderer Länder zu untergraben.
    "Die jetzige Entwicklung Rußlands gibt zu denken", fährt er fort. "1917 war Rußland am Letzten, 1920 war es vom Bürgerkrieg zerrissen. In den Jahren 1924-25 zeigten sich die ersten Anzeichen der Genesung mit der Erschaffung der Roten Armee. 1927 wurde der Erste Fünfjahrplan aufgestellt und später durchgeführt. 1932 folgte der Zweite Fünfjahrplan, der jetzt voll im Gang ist. Rußland hat einen soliden Handel, die stärkste Armee, die stärksten Tank-Korps und die stärkste Luftwaffe der Welt. Dies sind Tatsachen, über die man nicht hinweg kann." (Zit. n. Davies, Botschafter, S. 333, 6. September 1938
    -
    Soweit die Einschätzungen Dr Scheils. Jeder darf sich nunmehr ein Bild von der Lage machen und gern auch Benz’s Agumentation dagegen stellen.. Der Molotov-Besuch in Berlin vom Nov 1940 sei an dieser Stelle auch noch kurz erwähnt, da er nicht oder kaum in den beiden Arbeiten Beachtung findet.

    Wer will darf also gern an dieser Stelle weitere Nachforschungen betreiben. Ich persönlich habe jedenfalls zu der ganzen Angelegenheit meine Meinung.


    Weitere Hinweise könnte geben z. B.
    Valeri Danilov

    From Wikipedia, the free encyclopedia
    Valeri Danilov (also spelled: Valeriy; Russian:Валерий Дмитриевич Данилов) is a Russian military historian and a retired officer (Colonel). Danilov has Candidate of History Sciences degree (кандидат исторических наук) and is a professor at the Academy of Military Science.

    In 1993, Yuri Gorkov and Valeri Danilov published[1] a previously classified document, called Considerations to the plan of the strategic development of the armed forces of the Soviet Union[2], (dating back to May 15, 1941) which proposed a strike on Germany. Allegedly, it was composed by Zhukov and Timoshenko and presented to Stalin. The publishing of this plan initiated a longer discussion among the Russian historian over Stalin's actual strategy in 1941.
    Contrary to many historians both within Russia and the West (David Glantz), Valeri Danilov has argued that - taking into account the concentration of power to Stalin's hand - it is highly implausible, that the Soviet defense commissar and the chief of staff could have prepared such a document without Stalin's authorization. Considering the 1937 purges of the higher officers, it is hardly possible that staff officers would have risked antagonised official Soviet policy. Danilov suggests - and he is supported by Meltyukhov, Nevezhin and others - that this draft by Zhukov was actually basis for Soviet military planning in 1941.
    [edit] References
    1. ^ Y.A.Gorkov Gotovil li Stalin uprezhaiushchi udar protiv Gitlera v 1941 g., Novaia i noveishaia istoriia, 3/1993, S. 29-45. English: Was Stalin Preparing a Preemptive Strike Against Hitler in 1941? in Russian Studies in Histor, XXXVI, Nr.3, 1997/98, S. 22-46.
    2. ^ [Links nur für registrierte Nutzer]
    [edit] Works
    • Данилов.В.Д. Сталинская стратегия начала войны: планы и реальность -- Другая война. 1939-1945 гг; or Danilоv V. Hat der Generalsstab der Roten Armee einen Praventiveschlag gegen Deutschland vorbereitet? // Österreichische Militarische Zeitschrift. 1993. №1. S. 41-51. Online text in Russian
    • Данилов Валерий Забывчивость или обман? О некоторых нестыковках в освещении преддверия Великой Отечественной войны (Online text)
    • Валерий Данилов Сталин опоздал... - Родина, 1995, №7, с. 70-73 Online text
    Geändert von RUMPEL (18.02.2012 um 21:56 Uhr)

  4. #234
    Re-Re-Educated Benutzerbild von derRevisor
    Registriert seit
    25.09.2007
    Ort
    Gayrope
    Beiträge
    8.575

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von RUMPEL Beitrag anzeigen
    ...
    Ich meine Benz vs. Sheil mal vor Jahren in einem Historikerforum/Webseite gelesen zu haben. Scheil stand ziemlich alleine da und wurde weit abseits der Sachebene angegriffen, hat sich aber wacker gehalten. Benz ist im Grunde ein Armleuchter. Der hat nicht mehr drauf, als auswendig gelernte Litaneien herunterzubeten.

  5. #235
    Mitglied
    Registriert seit
    07.12.2010
    Beiträge
    9.300

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von derRevisor Beitrag anzeigen
    Ich meine Benz vs. Sheil mal vor Jahren in einem Historikerforum/Webseite gelesen zu haben. Scheil stand ziemlich alleine da und wurde weit abseits der Sachebene angegriffen, hat sich aber wacker gehalten. Benz ist im Grunde ein Armleuchter. Der hat nicht mehr drauf, als auswendig gelernte Litaneien herunterzubeten.
    Was erwartest Du? ^^ Und solche Hanseln treiben sich auch in den Forem herum. Einer ist schlauer als der andere.. Aber Geschichte ist wie sie ist. Da kann man dran rumdrehen wie man will. Die Wahrheit liegt irgendwann vor einem auf dem Tisch. Und wer sie nicht zur Kenntnis nehmen will, muss sich nicht wundern über den Lauf der Welt. WIR waren nur an 2 Kriegen beteiligt.. die "demokratische Allianz" hat deren 100e ausgefochten. Nebbich.

  6. #236
    GESPERRT
    Registriert seit
    24.02.2010
    Beiträge
    7.165

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von Brutus Beitrag anzeigen
    Bingo! Genau deshalb wurde Hitler von der UdSSR mit Rohstoffen beliefert, damit er möglichst lange gegen den Westen Krieg führen kann. ...
    ich kann mir vorstellen, daß stalin sich die von dir geschilderte position des lachenden dritten ausgedacht hat. aber es war der idiot hitler, der mit der entfesselung des zunächst europäischen krieges (1939-1941) seinen verbündeten mitverbrechers in die position brachte evtl. solchem kalkül nachzugehen.
    der letzte weltkrieg hatte m.e. zwei väter: hitler und stalin.

  7. #237
    GESPERRT
    Registriert seit
    27.10.2011
    Beiträge
    402

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von hephland Beitrag anzeigen
    der letzte weltkrieg hatte m.e. zwei väter: hitler und stalin.
    das sagt vielleicht schultze-rhonhoff, aber wie das bei vätern nunmal so ist, gabs nur einen: hitler.
    revisionisten versuchen aus der vorgeschichte gern die alleinschuld hitlers zu leugnen, aber das geht nicht.

  8. #238
    GESPERRT
    Registriert seit
    24.02.2010
    Beiträge
    7.165

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von Gomestus Beitrag anzeigen
    das sagt vielleicht schultze-rhonhoff, aber wie das bei vätern nunmal so ist, gabs nur einen: hitler.
    revisionisten versuchen aus der vorgeschichte gern die alleinschuld hitlers zu leugnen, aber das geht nicht.
    nun, stalin hat mit dem vertrag vom august 1939 hitler den weg zum krieg geebnet. erkläre mir, was daran falsch sein soll.

  9. #239
    GESPERRT
    Registriert seit
    27.10.2011
    Beiträge
    402

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von hephland Beitrag anzeigen
    nun, stalin hat mit dem vertrag vom august 1939 hitler den weg zum krieg geebnet. erkläre mir, was daran falsch sein soll.
    hitler hat den krieg gewollt. er faselte schon in "mein kampf" von lebensraum im osten. ob ihm stalin und andere (aus dummheit) dabei in die hände spielten ist irrelevant.
    siehe auch hitlers letzten vierjahresplan.

  10. #240
    Mitglied
    Registriert seit
    14.11.2010
    Beiträge
    1.976

    Standard AW: Vabanque-Spiel Barbarossa

    Zitat Zitat von Gomestus Beitrag anzeigen
    hitler hat den krieg gewollt. er faselte schon in "mein kampf" von lebensraum im osten. ob ihm stalin und andere (aus dummheit) dabei in die hände spielten ist irrelevant.
    siehe auch hitlers letzten vierjahresplan.
    Das gibt's doch nicht, alle Nase lang kommt hier jemand hinter seinem Stein vorgekrochen und will allen Ernstes mit "Mein Kampf" die Politik Hitlers begründen. Dagegen ist wohl kein Kraut gewachsen.

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 2 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 2)

Ähnliche Themen

  1. 70. Jahrestag Barbarossa - 22.06.1941
    Von Tankred im Forum Geschichte / Hintergründe
    Antworten: 16
    Letzter Beitrag: 05.07.2011, 20:36
  2. Rumänien verärgert Russland mit "Barbarossa"-Lob
    Von Cicero1 im Forum Internationale Politik / Globalisierung
    Antworten: 28
    Letzter Beitrag: 01.07.2011, 23:55
  3. Vor 70 Jahren begann das Unternehmen Barbarossa
    Von Candymaker im Forum Geschichte / Hintergründe
    Antworten: 11
    Letzter Beitrag: 24.06.2011, 13:33
  4. Woran scheiterte das Unternehmen Barbarossa?
    Von Lichtblau im Forum Geschichte / Hintergründe
    Antworten: 33
    Letzter Beitrag: 07.04.2007, 21:50

Nutzer die den Thread gelesen haben : 0

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben