Jüdische Disapora
Exil zwischen Zwang und Freiwilligkeit
* Die Juden verstanden und orthodoxe Juden verstehen noch heute jeden Ort, an dem Juden außerhalb Palästinas leben, als Exil, also als von Gott auferlegte Strafe.
Sie meinen, dass Juden diese Strafe nicht eigenmächtig verkürzen dürfen und deshalb im Exil leben müssen, bis der Messias wiederkehrt. Die Diaspora dagegen gilt ihnen meist als das freiwillige Leben außerhalb Palästinas. Alle jüdischen Gemeinden außerhalb des Heiligen Landes galten als Diaspora. Jahrhundertelang lebte sogar die überwiegende Mehrheit der Juden fern von Israel: Um das Jahr 70 gab es schätzungsweise zwei Millionen Juden in Palästina, dagegen rund vier Millionen Juden im Römischen Reich außerhalb Palästinas und etwa eine weitere Million außerhalb des Imperium Romanum.
In babylonischer und hellenistischer Zeit
* Die ersten Diasporagemeinden entstanden, nachdem Kyros 538 v.Chr. das babylonische Exil beendet hatte. Nicht alle freigelassenen Juden kehrten daraufhin nach Palästina zurück. Viele blieben freiwillig in Babylonien und gründeten dort blühende Gemeinden. Während der hellenistischen Epoche gab es jüdische Gemeinden im gesamten östlichen Mittelmeerraum. Am bekanntesten war die Diasporagemeinde von Alexandria, wo im 4. Jahrhundert v.Chr. rund 60 000 Juden lebten. Da die Gemeinden sich in der Regel freiwillig der vor Ort gültigen Staatsgewalt unterstellten, erhielten sie häufig bestimmte Rechte, die es ihnen erlaubten, ihre religiöse und kulturelle Identität zu bewahren. Andererseits nahmen sie Einflüsse ihrer Umgebung (etwa der ägyptischen, hellenistischen oder römischen Kultur) auf.
In römischer Zeit
* Im Römischen Reich durften die Juden in Zeiten friedlicher Koexistenz Synagogen und Friedhöfe errichten, ihre religiösen Bräuche (zum Beispiel die Heiligung des Sabbats) pflegen und manche Rechtsfragen eigenverantwortlich regeln. Andererseits kam es in der römischen Epoche in Alexandria und anderen Städten auch zu Ausschreitungen und Zwangsmaßnahmen gegen ortsansässige jüdische Gemeinden.
Nach der Staatsgründung
* Nach der Gründung des Staates Israel entbrannte ein Streit darüber, inwieweit es die Pflicht eines jeden Juden sei, aus der Diaspora ins Gelobte Land zurückzukehren.
Während die Zionisten grundsätzlich alle Gemeinden außerhalb Palästinas für Exilgemeinden hielten, betonten viele Diasporajuden ihre Autonomie und begründeten sie zum Teil religiös.
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