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  • Ein hohles Gedankenkonstrukt, das Nordkorea in die Sackgasse geführt hat.

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Thema: Fantastisches Nordkorea!

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  1. #1
    Chlorophyllmarxist Benutzerbild von mettwurst
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    Standard Die Juche-Ideologie: Heilslehre oder Sackgasse?

    Die Juche-Ideologie: Versuch einer Erläuterung

    Der User Fars hatte mich im Rahmen der Diskussion zum Thema “Wie hoch ist der Lebensstandard in Nordkorea?“ darum gebeten, die Juche-Ideologie zu erläutern. Da ich die Meinung vertrete, dass die Auseinandersetzung mit der Juche-Ideologie ein neues Diskussionsfeld eröffnet, habe ich mir erlaubt, dafür ein neues Thema zu schaffen.

    Ich hoffe, dass mein Versuch der Erläuterung der Juche-Ideologie einen Beitrag dazu leisten kann, die Entwicklungen und aktuellen Ereignisse in der Demokratischen Volksrepublik Korea und die Ursachen für die schwere ökonomische Krise in diesem Land ein wenig besser zu verstehen.

    Definition
    Die Juche-Ideologie [sprich: Dschutsche, korean.: 주체 사상, chin./japan.: 主体思想] , auch bekannt als Kimilsungismus, ist die offizielle Staatsideologie der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea). Der koreanische Begriff Juche bedeutet Subjekt, genauer gesagt, das denkende, fühlende und wollende Ich [1], gedacht als dasjenige, das denkend und handelnd die Welt meistert, wie es Kim Jong-Il (sprich: Kim Dschong-Il) des öfteren zu erklären pflegt. Oder um es in der englischen Übersetzung eines Zitats ihres Schöpfers Kim Il-Sung auszudrücken:
    “In a nutshell, the idea of Juche means that the masters of the revolution and the work of construction are the masses of the people and that they are also the motive force of the revolution and the work of construction.“ [2]

    Mensch und Gesellschaft gelten demgemäss als den objektiven Bedingungen der Umwelt durch die Kraft ihres Willens und der Ideologie als überlegen. Daran geknüpft wird meist der Begriff Chajusong (sprich: Tschadschusong), die reichlich mystisch gehaltene Formel von der souveränen Selbstbestimmung des Subjekts. Der Mensch ist Herr über alles, ist Herr der Welt und sein eigenes Schicksal und entscheidet daher alles. Der Mensch kennt keine Grenzen, alle Schwierigkeiten, mit denen er konfrontiert wird, sind Menschenwerk und können daher bezwungen werden.

    Entstehungsgeschichte
    Wie alle bemerkenswerten Phänomene der heutigen DVR Korea wird auch die Entstehung der Juche-Ideologie in die zwanziger Jahre datiert. Im Konflikt zwischen Nationalisten, Linksradikalen und den Anhängern der Komintern habe der Führer Kim Il-Sung (1912-1994) als Jüngling einen eigenständigen revolutionären Weg für die koreanische Halbinsel konzipiert. Die Frühschriften von Kim Il-Sung bestätigen scheinbar diesen Anspruch, doch werden sie erst seit Ende der sechziger Jahre publiziert. Vorher wurde nicht von ihnen gesprochen. Tatsächlich ist die erste Verwendung des Begriffs Juche erst 1955 nachweisbar. Als sich der Konflikt zwischen der Fraktion von Kim Il-Sung und den wirtschaftspolitisch bevormundeten Tendenzen der sowjetischen Schutzmacht abzeichnete, hielt Kim Il-Sung seine berühmte Ansprache “Über die Beseitigung des Dogmatismus und des Formalismus sowie die Durchsetzung des Juche in der ideologischen Arbeit“. Zunächst war damit noch keine völlige Absage an den proletarischen Internationalismus beabsichtigt. Doch von nun an stellte Kim Il-Sung ständig öffentlich die Frage: “Was ist gut für uns, was entspricht unseren speziellen koreanischen Gegebenheiten?“ Die heftigen Fraktionskämpfe innerhalb der Partei wurden von der siegreichen Gruppe um Kim Il-Sung im Namen des Patriotismus geführt. Die Gegner des Führers Kim Il-Sung, die sich am sozialistischen Lager orientieren wollte, wurden seit damals als “Kriecher“ und “Knechte der Fremden“ denunziert.

    Erst mit dem endgültigen Sieg von Kim Il-Sung über seine Gegner begann der Ausbau der Juche-Ideologie zu einer “vollständigen“ Weltanschauung, ein Projekt, das eng mit den Nachfolgeambitionen von Kim Jong-Il verbunden ist.

    Charakteristika
    Die vier Hauptsäulen der Juche-Ideologie sind Juche in der Ideologie, Souveränität in der Politik, Selbständigkeit in der Wirtschaft und Selbstverteidigung zum Schutze des Landes. Hierzu einige Zitate von Kim Jong-Il:
    “Juche in der Ideologie bedeutet geradezu die Befreiung der Menschen von den überholten Ideen und die ideologische Revolution zur Herausbildung einer neuen, der Juche-Weltanschauung. Das erfordert, alle dieser Weltanschauung wesensfremden überkommenen Ideen zurückzuweisen und insbesondere dem Kriechertum den Garaus zu machen. Das Kriechertum bedeutet Untertanengeist, der sich in der Verherrlichung und Anbetung grosser und entwickelter Länder äussert, ist der Nihilismus, der sich darin äussert, das eigene Land, die eigene Nation zu unterschätzen und sie herabzuwürdigen. Wer mit Kriechertum behaftet ist, himmelt andere an und gehorcht ihnen, auch den Revisionisten und Dogmatikern“ [3]

    “Das politische Chajusong ist, wie Genosse Kim Il-Sung sagte, das entscheidende Kriterium eines souveränen und unabhängigen Staates und der Lebensnerv. Jede Nation vermag erst dann ihre Unabhängigkeit und Freiheit zu gewährleisten, ihr Wohl und Gedeihen zu sichern, wenn die das politische Chajusong bewahrt.“ [4]

    “Die Wirtschaft ist die materielle Basis des gesellschaftlichen Lebens. Eine selbständige Wirtschaft ist eine Gewähr dafür, die Unabhängigkeit eines Landes zu konsolidieren, ein souveränes Leben zu gestalten, das Juche in der Ideologie , die Souveränität in der Politik und die Selbstverteidigung zuverlässig zu sichern und dem Volke ein wohlhabendes materielles und kulturelles Leben zuteil werden zu lassen. […] Der Aufbau einer selbständigen Nationalwirtschaft erfordert die Befolgung des Prinzips, aus eigener Kraft zu schaffen.“ [5]

    “Die Schaffung eines das ganze Volk und den ganzen Staat umfassenden Verteidigungssystems erfordert ausserdem, das ganze Volk zu bewaffnen und das ganze Land in eine Festung zu verwandeln.“ [6]

    Diese Zitate von Kim Jong-Il zu den vier Hauptsäulen der Juche-Ideologie mit ihrer besonders starken Betonung des Nationalen und der Forderung nach der Militarisierung der Gesellschaft verdeutlichen auch, weshalb es in der BRD gerade innerhalb der NPD (sic!) wachsende Sympathien für das politische System in der DVR Korea gibt. Das wird umso verständlicher, wenn man sich das folgende Zitat von Kim Jong-Il mal zu Gemüte gibt, das ausgerechnet auf jener vom User Genosse Ulbricht so oft und gerne zitierten Internetpräsenz [Links nur für registrierte Nutzer] zur Verfügung gestellt wird. Ich kann es mir nicht verkneifen, aber Juche ist die beste Waffe gegen Juche!

    “Da der sozialpolitische Organismus die Mitwirkung zahlreicher Menschen voraussetzt, ist ein Zentrum notwendig, das die Lebenstätigkeit der gesellschaftlichen Gemeinschaft einheitlich führt. Das Zentrum für das Leben des einzelnen Menschen ist das Gehirn. Ebenso ist das Zentrum für die Existenz der sozialpolitischen Gemeinschaft der Führer als das Gehirn des Kollektivs. Das rührt daher, dass er von zentraler Position aus die Tätigkeit dieses Organismus einheitlich lenkt. Der Führer ist das Zentrum, das die souveränen Ansprüche und Interessen der Volksmassen analysiert, zusammenfasst und zu einem Ganzen vereint. Gleichzeitig ist er der Mittelpunkt, der die schöpferischen Aktivitäten der Volksmassen zu deren Verwirklichung einheitlich führt.“ [7]

    Der “Führer“ – kaum ein Teil dieses Zitats löst bei uns in Deutschland derartiges Befremden aus. Unangenehme Assoziationen an die Vergangenheit der eigenen Heimat tauchen auf. Wer seine Kritik mit einer sachlichen Haltung formulieren will, zieht sich auf das Wort vom “Personenkult“ zurück. Doch das kann nicht über den totalitären Charakter der Juche-Ideologie hinwegtäuschen, deren stalinistischer Ursprung direkt erkennbar ist. Daneben existieren auffällige Anlehnungen an den Maoismus. Das gilt vor allem für die Wertschätzung von Kampagnen und grossen Sprüngen in der Wirtschaftsentwicklung, wie z.B. die Chollima-Bewegung (sprich: Tschollima) in den sechziger Jahren. Hierbei handelt es sich sozusagen um das nordkoreanische Pendant zum “Grossen Sprung nach vorne“ in der Volksrepublik China (Anm.: Chollima, ist ein Pferd aus der koreanischen Mythologie, das 400 Meilen an einem Tag zurücklegen kann). Aus der Sphäre Maos stammen auch viele Züge der nordkoreanischen Kultur- und Ideologiepolitik.

    Persönliche Anmerkungen
    Die Juche-Ideologie ist, wie nun jedermann unschwer einsehen kann, eine totalitäre Ideologie, in welcher ein Führer als Gehirn, und die ihm treu ergebene Partei als Nervenbahnen eines von den Volksmassen gebildeten Organismus fungieren, indem das Individuum aufgeht. Mir ist vollkommen schleierhaft, wieso es immer noch Menschen wie den Genossen Ulbricht gibt, die eine solche Weltanschauung hochleben lassen, die eindeutig faschistoide, teilweise sogar religiöse Charakterzüge trägt.

    Der 1994 verstorbene Begründer der Juche-Ideologie, der “Grosse Führer“ Kim Il-Sung, der, einzigartig in der Welt, obwohl tot, noch immer Präsident der DVR Korea ist und zwar bis in alle Ewigkeit (offizielle Bezeichnung: Ewiger Präsident), wird wie ein Gott verehrt. Seinem Sohn dem “Geliebten Führer“ Kim Jong-Il, der seine Nachfolge antrat, wird nicht wesentlich weniger gehuldigt. Gemeinsam mit der Juche-Ideologie bilden die beiden Kims die nordkoreanische Dreifaltigkeit: Den Vater (Kim Il-Sung), den Sohn (Kim Jong-Il) und den heiligen Geist (Juche-Ideologie). Amen!

    Zudem muss man sagen, dass es sich bei der Juche-Ideologie, gemessen an der Praxis des nordkoreanischen Daseins um eine sprüchemacherische Falschmünze handelt. Von einem wohlhabenden materiellen und kulturellen Leben kann angesichts der seit Jahren andauernden Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Nahrungsmittelknappheit nicht die Rede sein, auch wenn der Genosse Ulbricht & Co. nach wie vor felsenfest davon überzeugt sind, dass solche Behauptungen nichts als imperialistische Lügenmärchen sind.

    Darüber hinaus werden geschichtliche Ereignisse in P’yŏngyang nachträglich so verdreht, dass sie mit der Juche-Ideologie konform gehen. Augenscheinlichstes Beispiel dafür ist der Umstand, dass die militärische Unterstützung durch die Volksrepublik China, welche Nordkorea im Korea-Krieg ab dem 25. November 1950 zuteil wurde und das Land vor der sich abzeichnenden totalen Niederlage bewahrte, mit keinem Wort erwähnt wird. Stattdessen wird versucht, den Eindruck zu erwecken, die Koreanische Volksarmee hätte den Korea-Krieg völlig eigenständig und ohne fremde Hilfe ausgefochten, ja sogar gewonnen. Eine Schande, wenn man bedenkt, dass ca. 90.000 chinesische Volksarmisten ihr Leben liessen um das sozialistische Bruderland zu verteidigen.

    So, genug getextet für heute! Ich bin schon sehr gespannt, wie die weitere Diskussion zum Thema Juche-Ideologie verlaufen wird, obwohl ich mir keine falschen Hoffnungen mache, dass sich unverbesserliche, ideologisch verblendete Menschen vom Schlage des Genossen Ulbricht dadurch eines Besseren belehren lassen.

    Mit tonnenideologischen Grüssen

    Quellen
    [1] Essence Deutsch-Koreanisches Wörterbuch, Sŏul, S. 1613
    [2] Korean Review, P’yŏngyang 1982, S. 152
    [3] Kim Jong-Il, Über die Juche-Ideologie, P’yŏngyang 1982, S. 45
    [4] Kim Jong-Il, Über die Juche-Ideologie, P’yŏngyang 1982, S. 46
    [5] Kim Jong-Il, Über die Juche-Ideologie, P’yŏngyang 1982, S. 50-51
    [6] Kim Jong-Il, Über die Juche-Ideologie, P’yŏngyang 1982, S. 57-58
    [7] [Links nur für registrierte Nutzer]
    Geändert von mettwurst (21.06.2004 um 11:51 Uhr) Grund: Orthographische Korrektur

  2. #2
    Mitglied Benutzerbild von Fars
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    Standard

    Hallo, mettwurst!

    Ich danke dir für deinen Beitrag.
    Ein Toter als Präsident?! 8o Nach diesem Lacher, hat mein Mitbewohner seinen Asthma-Spray leerpumpen müssen!

    Ich hätte dann noch ein paar Fragen, die durchaus persönlicher Art sind, ich daher ihre Beantwortung nicht unbedingt einfordere:
    1. Du, der vermutlich nicht dem direkten Einfluss der nordkoreanischen Führung ausgesetzt wurdest, wie kamst du mit der Juche-Ideologie in Kontakt?
    2. Worin liegt die Schlüssigkeit dieser Ideologie? Und worin lag letztendlich in deinen Augen die Kraft, die dich überzeugte, jahrelang an sie zu glauben?
    3. Wie kam es zu deiner Abkehr von Juche?
    4. Warst du jemals in Nordkorea?
    5. Welche Religionen und Philosophien herrsch(t)en in Korea vor?
    6. Wie erklärst du dir die Denkweise von Menschen vom Schlage des Forumsmitglieds Genießer Ulbricht?

    Mir, als Wessi, erscheinen die ausgezogenen Sätze hohl, fremd, manchmal dumm angesichts der heutigen Lage Nordkoreas und schon fast wie aus einer anderen Zeit.

    Gruß Fars
    Spende Blut !

  3. #3
    Anti-Faschist Benutzerbild von Konfuzius_sagt
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    Daumen runter! Bitte lesen, hab mir mühe gegeben!

    Diese Ideologie setzt die dummheit der menschen vorraus. durch propaganda den sozialismus aufzwingen, den kapitalismus fertig machen, aber am ende trotzdem genauso handeln, nämlich die eigene bevölkerung ausbeuten.
    außerdem gibt es wiedersprüche innerhalb der ideologie. auf der einen seite wird gesagt, die menschen müssen geführt werden, brauchen gemeinschaft und sind voneinander abhängig ud auf der anderen seite wird das land witschaftlich isoliert und praktisch eingemauert.
    sozialismus darf nicht zwanghaft sein, sonst ist der wirkliche glaube an ihn und das vertrauen und der wille mitzuwirken nicht da.
    die überzeugung muss selbst kommen, man braucht die richtigen argumente für eine echte revolution, keine waffen. dann gibt es auch kein, wie in der ideologie beschriebenes "kriechertum", welches zu dumm für die ideologie ist.
    kein mensch ist zu dumm, um sozialistisch erzogen zu werden, man darf ihnene nur keine vorurteile in den kopf setzten, weil dies jede grundlage für ein perfektes zusammenleben zerstört.
    diese definition endet dann in einem klassenkampf, der dem rassenkampf in nichts nachsteht.deshalb versteh ich nicht, warum mettwurst(absolut geiler name!!!) china und mao so verteidigt. was da zu zeiten der kulturrevolution passiert ist höchster verrat an der menschlichkeit und am sozialismus. z.B. wer "bürgerliche" eltern hatt, kann kein revolutionär werden und muss bekämpft werden, und dann später aber doch und darf sich dann für die untaten rächen, die ihm angetan wurden, sodass das ganze land in bürgerkrieg versinkt.
    sozialismus ist nur dann echt, wenn kein blut vergossen wird, dann kann er wirklich was werden, aber zwang, organisation, gewalt, beschränktheit und ungleichheit haben nichts mit ihm zu tun!!
    gruß K s
    Antifaschismus läßt sich nicht verbieten!

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  4. #4
    Chlorophyllmarxist Benutzerbild von mettwurst
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    Standard Gegendarstellung

    Werter Konfuzius_sagt,

    alles was du eben über die Juche-Ideologie und den Sozialismus geschrieben hast, werde ich gerne unterschreiben. Allerdings muss ich an dieser Stelle eines richtig stellen. Es ist nämlich nicht so, dass ich, wie von dir behauptet, Mao Zedong oder das politische System der VR China verherrliche, obwohl ich zugeben muss, dass das mal so war. Die Tatsache, dass meine Signatur aus einem Zitat aus den Werken des "Grossen Steuermanns" besteht, hat nämlich weniger mit Glorifizierung seiner Person zu tun als viel mehr mit der Tatsache, dass ich damit auf die Verlogenheit des dortigen Systems hinweisen möchte. Während Mao Zedong einerseits in seinen Schriften die Todesstrafe in Ansätzen kritisiert, wurden und werden immer noch in keinem Staat der Erde soviele Exekutionen durchgeführt wie in der VR China. Dabei beruft sich die herrschende KPCh offiziell noch immer auf den Marxismus-Leninismus und die Ideen des Mao Zedong.

    Mit chinakritischen Grüssen

  5. #5
    Anti-Faschist Benutzerbild von Konfuzius_sagt
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    Standard

    an meine allerliebste mettwurst:
    was mao seinem volk angetan hat, war echt schlimm. ganz china wurde durch den bürgerkrieg zurückgeworfen und die kp konnte ihr macht frei entfalten, was sich kaum geändert hat, siehe 1989.
    aber durch die öffnung des marktes wird china nun vom westen audgebeutet, was ganz sicher nicht im sinne maos war. die chinesischen arbeiter sollte rechte auf echte gewrkschaften und mehr mitspracherechte haben, aber das nur so nebenbei.
    mit neolibertärsozialistisschem gruß
    K s
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  6. #6
    Chlorophyllmarxist Benutzerbild von mettwurst
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    Standard Meine Abkehr von der Juche-Ideologie

    Hallo Fars,

    ich hoffe dein asthmatischer Mitbewohner hat den Lachanfall einigermassen heil überstanden, den die skurrile Tatsache, dass in der DVR Korea ein Toter als "Ewiger Präsident" fungiert, ausgelöst hat. Was deine Fragen persönlicher Art an mich betrifft, so bin ich gerne bereit, dir diese zu beantworten.

    1. Wie ich mit der Juche-Ideologie in Kontakt kam
    Während meiner Zeit als Gymnasiast bin ich, eine Ironie des Schicksals, ausgerechnet im US-amerikanischen Magazin "National Geographic" auf einen Artikel über die Sozialistische Volksrepublik Albanien (SVRA) gestossen, der mein zukünftiges politisches Weltbild stark prägen sollte. Mir imponierte damals die Politik der SVRA, die auf totaler Autarkie beruhte und sich nicht bei den vom damaligen albanischen Staatschef Enver Hoxha (sprich: Hodscha) als "Sozialimperialisten" titulierten sowjetischen Herrschern in Moskau anbiederte. Zur Erklärung: Die SVRA brach Anfang der sechziger Jahre wegen ideologischer Differenzen mit der UdSSR und trat in Folge aus dem Warschauer Pakt und dem RGW (COMECON) aus. Die SVRA unter Enver Hoxha, der wie Mao Zedong, den Revisionismus unter Nikita Hruščëv ablehnte, liess sich auch nicht durch angedrohte Sanktionen (Einstellung der sowjetischen Getreidelieferungen) einschüchtern, sondern meinte noch: "Lieber fressen wir Gras als dass wir auf die Knie gehen!" Diese unnachgiebige Haltung gegenüber der Bevormundung durch eine Supermacht imponierte mir sehr und durch die ideologische Nähe der SVRA zur VR China kam ich mit den Theorien des "Grossen Vorsitzenden" Mao Zedong in Berührung. Es war dann nur eine Frage der Zeit, dass ich auf Kim Il-Sung und seine Juche-Ideologie stiess, die ja auch der Autarkie einen sehr hohen Stellenwert beimisst. Da es Mitte der achtziger Jahre noch kein Internet gab (das waren noch Zeiten!), musste ich mir anderweitig Informationen zur Juche-Ideologie beschaffen. Damals lebte ich noch in Helsinki, wo beide koreanische Staaten jeweils eine Botschaft unterhielten, da Finnland ja ein neutrales Land ist. Über die dortige Botschaft der DVR Korea konnte ich tonnenweise Material zur Juche-Ideologie beziehen. Die ganzen Schriften von Kim Il-Sung und Kim Jong-Il stehen noch immer in meinem ideologischen Giftschrank, wo ich bis heute die Werke von Marx, Engels, Lenin, Stalin, Mao & Co. aufbewahre.

    2. Wie konnte ich jahrelang an die Juche-Ideologie glauben
    Die Juche-Ideologie mit ihrer starken Betonung einer autarken Wirtschaft erschien mir damals als Modell, als “Dritter Weg“ insbesondere für die Staaten der “Dritten Welt“, die sich in Zeiten des Kalten Kriegs ansonsten nur in die Abhängigkeit Washingtons oder Moskaus begeben konnten. Diese starke Abhängigkeit von einer Supermacht betrachtete ich als äusserst kritisch und sah mich zudem in meiner Ansicht bestätigt als ich sozialistische Staaten wie die DDR, die ČSSR, die Ungarische VR, die SR Rumänien und die VR Bulgarien besuchte. Die Lebensbedingungen waren im allgemeinen bescheiden (DDR, ČSSR und Ungarn) bis sehr schlecht (Rumänien) und ich erklärte mir das damals mit dem Kriechertum gegenüber den Moskauer Revisionisten, die klammheimlich den Kapitalismus zu reinstallieren trachteten. Heute muss ich zugeben, dass das eine ziemlich abstruse Erklärung für die Missstände in den Staaten Osteuropas war. Als dann im Herbst 1989 ein sozialistisches Regime nach dem anderen stürzte und 1991 auch noch die UdSSR unterging, sah ich mich sogar noch weiter darin bestätigt, dass man unter dem Banner der Juche-Ideologie den richtigen Weg zum Sozialismus beschreitet (ich weiss, das ist echt krank!), denn das Regime der DVR Korea stand schliesslich wie ein Fels in der Brandung, während der Sozialismus überall sonst, selbst in der VR China und der SR Vietnam auf dem Rückzug war.

    3. Wie kam es zu meiner Abkehr von der Juche-Ideologie
    Mitte der neunziger Jahre hatte ich einen Studentenjob bei einer Firma in Wien, die allgemein als eine japanische galt, aber wie sich später herausstellte, waren die Eigentümer dieser Firma in Wirklichkeit Personen mit nordkoreanischer Staatsbürgerschaft, die Angehörige der koreanischen Minderheit in Japan waren. Zu dieser Zeit machten die ersten Nachrichten die Runde, dass es in der DVR Korea ernste Probleme bei der Versorgung der nordkoreanischen Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs insbesondere Nahrungsmitteln gäbe. Im Gegensatz zu Personen wie dem berühmt-berüchtigten User Genosse Ulbricht, habe ich diese Meldungen durchaus ernst genommen. Ich empfand es allerdings als sehr störend, dass ich in meinem Job mit ansehen musste, wie gleichzeitig offizielle Vertreter der DVR Korea, die bei uns ein und aus gingen, einem verschwenderischen und dekadenten Lebensstil mit dicken Mercedes-Limousinen, feucht-fröhlichen Gelagen und Prostituierten nachgingen, während in ihrem Heimatland der wirtschaftliche Ausnahmezustand herrschte und die Bevölkerung darbte. Die offiziellen Vertreter der DVR Korea waren also auch bloss der Vergnügungs- und Verschwendungssucht frönende Nomenklaturisten wie man sie aus anderen sozialistischen Staaten bereits kannte. Was mich aber am meisten schockierte war, dass mir ein offizieller Vertreter, dessen Namen ich zu seiner eigenen Sicherheit hier nicht nennen möchte, unter vier Augen auf meine Frage, was denn so im Zentralorgan der PdAK (Partei der Arbeit Koreas) geschrieben steht, offen gestand: “Da steht nur Scheisse drin!“ Mehr als bedenklich war auch die Aussage der Gattin eines nordkoreanischen Diplomaten bei einem Abendessen im bereits leicht angetrunkenen Zustand: “Wir wollen endlich frei sein.“ Es gab mir zu Bedenken, dass selbst die Nutzniesser des Systems sich sichtlich unfrei fühlten und nicht mehr voll hinter der Sache der Juche-Ideologie standen. Ab diesem Zeitpunkt begann meine Abkehr von der Juche-Ideologie.

    4. Ob ich jemals in der DVR Korea war
    Zu meinem Bedauern muss ich zugeben, dass ich noch nicht in der DVR Korea war, aber dafür kann ich Gründe anführen. Ich weigere mich nämlich in ein Land zu fahren, dass es mir nicht gestattet, mich frei im ganzen Land zu bewegen sondern mich im Rahmen eines “Delegationismus“ dazu verdammt, ausgewählte Musterbetriebe, Vorzeigekindertagsstätten und Modellschulen zu besuchen. Ich möchte selber entscheiden, wohin ich fahre und was ich sehen will. Und wenn es die Schattenseiten sind! Die starke Reglementierung des Reiseverkehrs in der DVR Korea war mir übrigens von jeher ein Dorn im Auge gewesen und ich möchte an dieser Stelle noch ein Erlebnis schildern, dass ich bei der Botschaft der DVR Korea in Helsinki hatte. Ich hatte 1987 nämlich die absurde Idee gehabt über die VR China via Nord- und Südkorea nach Japan zu reisen und beantragte daraufhin ein Transitvisum für die DVR Korea. Als die erfuhren, dass ich nach Südkorea wolle, meinte der Mitarbeiter der nordkoreanischen Botschaft allen Ernstes: “Das ist nicht gut für Ihre Gesundheit.“ Mir war im ersten Augenblick nicht klar, was damit gemeint sein sollte, also fragte ich nach. Die Antwort war einfach unglaublich: “In Sŏul herrscht eine hohe Luftverschmutzung und eine hohe Kriminalität. Das ist nicht gut für Ihre Gesundheit.“ Dank der väterlichen Fürsorge des “Grossen Führers“ Kim Il-Sung wurde mir also ein Visum verwehrt. Heute frage ich mich natürlich, wieso ich nicht schon damals Juche auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen habe, aber zu jenem Zeitpunkt war meine ideologische Verblendung wohl noch zu stark ausgeprägt.

    5. Welche Religionen und Philosophien herrschen bzw. herrschten in Korea vor
    Wenn es eine Philosophie gibt, welche Korea stärker beeinflusst hat als jedes andere Land, China eingeschlossen, dann ist es der Konfuzianismus. Was die heute vorherrschenden Religionen betrifft, so bekennen sich in Südkorea aktuell ca. 49% zum Christentum (die Missionare haben in Korea ganze Arbeit geleistet!) und ca. 47% zum Buddhismus (dieser war einst die stärkste Religion in Korea). Da in der DVR (Nord)korea die Religionsausübung erschwert wird und mir keine offiziellen Zahlen dazu vorliegen, kann ich dazu keinerlei Auskunft geben.

    6. Wie erkläre ich mir die Denkweise von Menschen vom Schlage des Users “Genosse Ulbricht“
    Ich bin zwar kein Psychologe, aber ich vermute mal, dass Menschen vom Schlage des Users “Genosse Ulbricht“ mit ihrem Festhalten an der Juche-Ideologie einfach versuchen originell und anders zu sein. Anscheinend haben sie damit Erfolg, denn man hat mir im Forum mitgeteilt, dass der Genosse Ulbricht bereits unter Artenschutz steht. Falls er und seine Genossen es aber tatsächlich Ernst meinen mit ihrer Glorifizierung der DVR Korea, dann leiden sie an einer schweren Form von Salonbolschewismus oder gar Realitätsverlust.

    Mit revisionistischen Grüssen
    Geändert von mettwurst (21.06.2004 um 17:26 Uhr) Grund: Orthographische Korrektur

  7. #7
    Mighty_Atom
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    Werte(r) Mettwurst,

    dass war aber eine lange Abhandlung zu Thema Juche und eine ehrliche Darstellung persönlich gegangener Wege des Denkens.

    Die kurze Darstellung von Juche/Nordkorea: Es ist ein völlig brutales Terrorregime, eine strukturelle Massenknechtungs- und wahrscheinlich sogar eine Massenvernichtungswaffe in den Händen einer Clique.

    Die Frau des offiziellen KDVR-Menschen hat, deinen Schilderungen zufolge, auf den Punkt gebracht, was alle Menschen denken, wenn sie am Leibe und in der Seele spüren, was Unfreiheit ist und dann einmal die Chance bekommen, Freiheit zumindest einmal zu beobachten, wenn auch nur als Gäste:

    "Ich will endlich frei sein."

    Die wirklich interessante Frage ist, wie die Zukunft Nordkoreas aussieht und wie die USA, Südkorea, Japan und wohl auch China und die EU vorgehen sollten um möglichst vielen Menschen dort schnell ein halbwegs Zukunftsreiches Leben sichern zu können.

    Gruss,

    Mighty Atom

  8. #8
    Anti-Faschist Benutzerbild von Konfuzius_sagt
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    an das globalatom:
    ich denke man müsste versuchen, durch umstrukturierungen innerhalb der PdAK(Kommunuistischen Partei der Arbeit Korea) reformen erzwingen, die abrüstung, liberalisierung und öffnung zum ausland bringen
    Antifaschismus läßt sich nicht verbieten!

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  9. #9
    Bereut nichts Benutzerbild von Kaiser
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    Zitat Zitat von Konfuzius_sagt
    an das globalatom:
    ich denke man müsste versuchen, durch umstrukturierungen innerhalb der PdAK(Kommunuistischen Partei der Arbeit Korea) reformen erzwingen, die abrüstung, liberalisierung und öffnung zum ausland bringen
    Die beste Chance Norkoreas ist mit seinen überlegenen militärischen Kräften und China im Rücken Südkorea zu erobern. Mit den südkoreanischen Reichtum und der nordkoreanischen Militärstärke könnte ein vereintes kommunistische Korea zu einer bedeutenden Macht Ostasiens aufsteigen.

    Mit Reformen alleine im Land ist es gewiß nicht getan. Dafür ist es zu spät. Will der Kommunismus dort überleben, muß er zwangsläufig aggressiv werden oder sich damit abfinden das er untergeht.
    Siegen heißt Leben

  10. #10
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    Zitat Zitat von Kaiser
    Die beste Chance Norkoreas ist mit seinen überlegenen militärischen Kräften und China im Rücken Südkorea zu erobern. Mit den südkoreanischen Reichtum und der nordkoreanischen Militärstärke könnte ein vereintes kommunistische Korea zu einer bedeutenden Macht Ostasiens aufsteigen.

    Dazu sollte man aber wissen dass das Verhältnis zwischen Koreanern und Chinesen in etwa so herzlich und innig ist wie zwischen Deutschen und Franzosen vor 1945.

    Die Chinesen werden den Teufel tun den Koreanern bei irgendetwas zu helfen: Man bekriegt sich seit vor 5000 Jahren der erste koreanische Staat entstand - und gegen solche Traditionen kommen gerade in Asien auch ideologische Gemeinsamkeiten kaum an.

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