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SPIEGEL ONLINE: Herr Segev, Israels Innenminister Eli Jischai hat Günter Grass wegen seines Gedichts "Was gesagt werden muss" zur Persona non grata erklärt und ein Einreiseverbot verhängt. Das Gedicht habe darauf abgezielt, "das Feuer des Hasses auf den Staat Israel und das Volk Israel anzufachen", so Israels Innenminister laut seines Sprechers. Ist ein Einreiseverbot der richtige Umgang mit einem Schriftsteller?
Das ist ein absolut zynischer und alberner Schritt des Innenministers. Und das Fatale daran ist: Er rückt Israel so in die Nähe fanatischer Regime - wie etwa Iran, Ländern, zu denen wir absolut nicht gehören wollen. Menschen nach ihrer politischen Meinung zu fragen, bevor sie einreisen, ist Zensur. In Israel herrscht eine sehr freie und offene Atmosphäre, jeder darf seine Meinung äußern. Im Übrigen ist mir nicht bekannt, dass Grass vorgehabt hätte, nach Israel zu reisen.
SPIEGEL ONLINE: Was ist die Motivation hinter dem Einreiseverbot?
Segev:
Es geht darum, sich im politischen Entrüstungswettbewerb zu überbieten. Die Kabinettsmitglieder konkurrieren darum, wer am extremsten ist. Jeder will sich als Verteidiger der nationalen Interessen profilieren.
Für den Innenminister ist es der Versuch, seine politische Zukunft zu sichern.
SPIEGEL ONLINE: Geht damit die Politik auf eine Stimmung in der israelischen Bevölkerung ein? Wie war dort die Reaktion auf das Grass-Gedicht?
Segev: Für die meisten war es kein besonders wichtiges Thema. Grass wird in Israel nicht als moralische Autorität gesehen. Trotzdem interessiert hier die Diskussion darüber, wie in Deutschland Kritik an der israelischen Regierung geübt wird. Auch ich finde das Grass-Gedicht nicht besonders wichtig. Wenn ich Ratgeber des Premiers wäre, hätte ich vorgeschlagen, gar nicht darauf zu reagieren. Wen kümmert es schon, was Grass zu Israel und Iran denkt?
SPIEGEL ONLINE: Bislang hat die israelische Regierung vor allem Rechtsextremisten die Einreise nach Israel verboten - etwa dem verstorbenen österreichischen Populisten Jörg Haider. Ist Grass nun durch sein Gedicht zu Israel und Iran ein Antisemit?
Segev: Natürlich nicht.
Im Grunde hat Grass nur das gesagt, was auch der ehemalige Mossad-Chef Meïr Dagan beinahe jeden Tag erklärt. Dagan warnt vor einem israelischen Angriff auf Iran. In Israel wird über dieses Thema sehr rege diskutiert - es ist kein Tabu.
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