... stehen die Kiezbewohner im Prenzlauer Berg vor verschlossenen Türen, wenn sie noch schnell was einkaufen wollen. Ein Anwohner hat mehr als 60 Kioske beim Bezirksamt angezeigt, nun müssen die "Spätis" am Sonntag die Rollladen früher runterlassen.

"Späti-Krieg" im Prenzlauer Berg

Kioskbesitzer Matthias Liebe ist immer noch etwas fassungslos, denn für ihn geht es um seine Existenz. "Sonntag ist ein wichtiger Umsatztag, ohne den geht es nicht", sagt der 45-Jährige, der am Szene- und Touristentreffpunkt Kollwitzplatz im Prenzlauer Berg den Kiosk "Kollwitz 66" betreibt.

Doch nachdem ein Anwohner seinen und mehr als 60 andere Kioske wegen Verstößen gegen das Ladenöffnungsgesetz beim Bezirksamt angezeigt hat, können Liebe und die anderen Kioskbetreiber ab Sonntagnachmittag nur noch eingeschränkt verkaufen und schließen sicherheitshalber spätestens um 20.00 Uhr – sonst drohen Geldbußen bis 2500 Euro oder gar die Schließung des Geschäfts.
Ein Punkt, wo die DDR dem "Westen" weit vorraus war, denn es wurde auch mal an die arbeitenten Menschen gedacht und wird nun durch einen innerlich von Hass zerfressenden Querulanten grundlos zerstört:
So konnte sich die Spätverkauf-Kultur der alten DDR halten: Für Schichtarbeiter wurden im Arbeiter- und Bauernstaat Spätverkaufsstellen geöffnet – denn in den anderen Läden waren die Regale leer, wenn die Menschen abends von der Arbeit kamen. Der "Späti" war geboren – nun droht ihm zumindest sonntags das Aus.
Die Rechtslage:
Denn am Sonntag dürfen bis 16.00 Uhr nur bestimmte Artikel wie Brötchen, Zeitungen und Milchprodukte verkauft werden. Wer dann noch eine Genehmigung zum Verkauf von Reisebedarf hat, darf diesen bis 20.00 Uhr anbieten.
Die Folgen:
So spielen sich seit Mitte März sonntags im Prenzlauer Berg bizarre Szenen ab. Viele Händler decken ab 16.00 Uhr die möglicherweise verbotenen Waren mit Tüchern ab, "Kasperletheater" nennen sie das. "Wie soll ich meinen Kunden erklären, dass sie ab 16.00 Uhr nun nicht mehr lesen dürfen?", fragt Betreiber Vadim Golovanov, während er ein schwarzes Leinentuch über den Zeitungen ausbreitet.

Auch Kühlschränke und Regale mit Bier, Wein und Schnaps werden verhüllt. Denn "Alkohol geht gar nicht", sagt das Bezirksamt. Dabei gehören zum Reisebedarf laut Gesetz auch "Lebens- und Genussmittel zum sofortigen Verzehr". Mancher Kunde sucht ungläubig nach einer versteckten Kamera oder glaubt an Umbauarbeiten. Doch montags sind die Tücher wieder weg.
Nein, das ist kein Aprilscherz, das ist das Ladenschlussgesetz in Reinkultur.

Fragen die sich stellen:
Ist Wein ein erlaubtes Genussmittel und wann ist ein Lebensmittel zum sofortigen Verzehr? Warum dürfen dann Tankstellen Tiefkühlpizza und Grillfleisch als Reisebedarf anbieten? "Das wollen wir jetzt klären", sagt Rechtsanwältin Heuser. "Die "Spätis" brauchen Sicherheit."
[Links nur für registrierte Nutzer]

Ladenschluss wie es perverser mal wieder nicht geht. Es ist kein Problem sonntags rund um die Uhr sein Geld in zwielichtigen Spielhallen zu verzocken, sein Geld in Bordelle zu tragen oder sich (In einer Kneipe) bis ins Koma zu saufen ... aber eine Tiefkühlpizza steht zur Diskussion?