Zitat von
Leo Navis
"Hass ist die Rache des Feiglings dafür, dass er eingeschüchtert ist."
George Bernard Shaw
Ich gehe auf eine Party.
Ich gehe mit einer Freundin und ihrem Freund; ich habe eine gewisse Furcht im Vorfeld, denn ich kenne da überhaupt niemanden, und ich habe keine Lust, dass es wird wie früher, wenn ich alleine und still in der Ecke saß, während sich meine Mitmenschen ganz hervorragend amüsieren.
Also fange ich schon im Vorfeld an zu trinken. Ich verdränge meine Angst, meine Furcht einfach, stülpe sie nach außen.
Auf der Party angekommen bin ich schon ein wenig angetrunken. Der Gastgeber macht einen Witz, ich fange laut an zu lachen, werde etwas schräg angeguckt; die Menschen sind offenbar nicht wie die Menschen, mit denen ich mich im Normalfall umgebe. Das macht mir Angst, meine Art kommt nicht an, zumindest nicht so, wie ich es gewohnt bin. Also betrink ich mich. Enttäuschung wächst. Ich nehme die Enttäuschung und mache etwas anderes daraus. Ich sehe es nicht als mein Versagen, ich sehe es als ihres. Ich fange an, zu hassen.
Ich bin relativ intelligent und meine Gedanken sind im Normalfall wohl durchdacht, weswegen ich, wenn ich solcherlei Projektionen aufbaue, diese auch vollständig durchziehe. Ich baue mir also ein Feindbild auf; da ich auf einer Studentenparty bin, klar, was sollte sich besser eignen als Studenten. Naturwissenschaftler gehen nicht, das bin ich ja selbst so halb, also stürze ich mich auf die Geisteswissenschaftler. Spreche den Männern die Männlichkeit ab und fannge an, sie mir zu unterwerfen. In meinem Kopf.
Ich werde nicht körperlich aggressiv, brauche ich gar nicht. Um mein Versagen zu kaschieren muss ich niemanden schlagen. Ich werde geistig aggressiv, und fange an, diese Menschen an die Wand zu diskutieren. Ich rede auf sie ein, und weil ich sehr schlau bin, schaffe ich das auch; einer gegen alle, und der eine gewinnt, weil die anderen überhaupt keine Ahnung haben, was hier überhaupt gespielt wird.
Der kleine Dämon tobt durch die Gegend. Und meine Mitmenschen haben Angst. Und ich die größte, während ich glaube, keine Angst zu kennen.
So fand ich meine Projektionsfläche; und meine ganze Wut, mein ganzer Zorn, wird übertragen von meiner Seele nach außen, auf diese Menschen.
Ich wünschte, sie könnten das hier lesen. Ich schäme mich fürchterlich. Es brauchte einen sehr schlauen Menschen, der mutig genug ist, mir höchst unbequeme Wahrheiten auf die Nase zu binden, ehe mir klar wurde, wie sehr ich mich verrannt habe .
Und ich denke mir immer noch: Wäre dieser Freund gestern nicht vorbei gekommen, hätten wir nicht über Stunden diskutiert. Dann würde ich noch immer hassen - und der Hass würde mich auffressen.