Zitat von
Dardonthinis
..... wenn man, wie Du, der so genannten normativen Kraft des Faktischen absoluten Vorrang gibt und damit alle "vollendeten Tatsachen" hinnimmt, egal, ob sie durch rechtmäßige oder unrechtmäßige Handlungen geschaffen wurden. Im Endeffekt ist das Völkerrechtsdarwinismus, dem auf lange Sicht alle "schwächeren" Völker zum Opfer fallen würden.
Wir stimmen darin überein, dass eine angenommene staatsrechtliche Rückkehr der Ostgebiete zu Deutschland niemals kriegerisch stattfinden darf und dass sie für die mittlerweile in ihnen aufgewachsenen Nachkommen der 1945 eingewanderten oder auch selbst in sie vertriebenen Polen, Russen und Tschechen ihre Heimat sind. Aber um sich für die Zukunft dem Recht des Stärkeren entgegen zu stellen, müssen die Rechtspositionen, die sich für Deutschland ergeben, wenn man von der Völkerrechtswidrigkeit der Gebietsabtrennungen und der geschlossenen Verträge ausgeht, standhaft weiter vertreten werden. Deswegen ist man noch lang kein abgehobener Theoretiker; wenn der Wiedervereinigungsanspruch schon vor 1989 aufgegeben worden wäre, weil ihn die bis damals eingetretene normative Kraft des Faktischen nur noch als bloße Theorie und nicht zu verwirklichen betrachtet hätte, wäre es 1990 nicht zur so genannten Wiedervereinigung gekommen - ich gebe zu, dass sich die damalige Lage hinsichtlich des Drangs der DDR-Bevölkerung zur Wiedervereinigung nicht mit der Stimmungslage der heute polnischen Bevölkerung in den Ostgebieten vergleichen lässt, aber das ist ein anderes Thema; hier geht es darum, wie man die normative Kraft des Faktischen und noch so theoretisch erscheinende Rechtspositionen gegeneinander austariert, um für die Zukunft weitere Triumphe des Völkerrechtsdarwinismus zu verhindern. Außerdem weiß man ja nie, ob sich nicht irgendwann der Wind plötzlich dreht und zu Lösungen führt, die man sich bis dahin vielleicht noch nicht einmal vorstellen konnte. Klar, es kann sein, dass sich der Wind niemals drehen wird, aber wenn er sich doch dreht und man ist nicht darauf vorbereitet, geht Kohls "Mantel der Gechichte" ungenutzt an einem vorbei!