Zitat von
Don Pacifico
@Nationalix: Zunächst mal freue ich mich, daß es noch andere gibt, welche sich ernsthaft für Japan interessieren. Bin ja selber kein Japanologe und beherrsche außer ein paar minimalen Grundkenntnissen die japanische Sprache nicht. Aber seit meiner Studienzeit las ich immer wieder Bücher über Japan und mich fasziniert das Land, obwohl ich noch nie dort war (immerhin hatte ich hier bei uns japanische Bekannte).
Es ist richtig, dass nach der Schlacht bei Sekigahara eine lange Friedenszeit herrschte. Nach meinem Wissen gab es aber immer mal wieder regionale Aufstände wegen Hungersnot.
Die Abschließung des Landes ("sakoku" - wörtlich: geschlossenenes Land) hatte aber auch Schattenseiten: Es herrschte eine technologische Rückständigkeit und eine feudalistische Gesellschaftsstruktur. Man lese den Roman "Shogun" von James Clavell. Trotz einiger schriftstellerischer Freiheiten halte ich den für sehr realistisch: Die Samurai hatten im Auftrag ihrer Lehnsherren das Sagen und konnten theoretisch Bürger und Bauern ungestraft enthaupten, nur um die Schärfe ihrer Klingen zu überprüfen.
Mich faszinierte sehr wohl die Treue der Samurai zu ihrem Lehnsherrn, für denn sie auch in den Tod gingen. Man lese auch die Geschichte von den "sieben Samurai". Der Avatar von unserem Foruumskollegen Samurai, Toshiro Mifune, hat ja in dem Film dazu mitgespielt (Regisseur: Aklira Kurosawa), ebenso spielte er Fürst Toranaga (die literarische Entsprechung für Tokugawa Ieyasu)in der US-Fernsehserie "Shogun".
Auf der anderen Seite fehlen mir bei einer solchen Gesellschaftsstruktur "checks and balances". Brutale Lehnsherren und ihre Samurais konnten eigentlich machen, was sie wollten, solange sie nicht einem noch Mächtigeren in die Quere kamen.
Bewunderswert ist, wie schnell sich Japan nach der durch Perry erzwungenen Öfnung den technologischen Standard des Westens aneignete, ebenso auch das politische System.
Leider aber muß man wohl davon ausgehen, daß es sich bis 1945 nur vordergründig um eine Demokratie mit Ministerpräsidenten, Kabinetten, Parlament und Kaiser handelte. Darunter herrschte immer noch eine halbfeudale, miilitaristische Struktur. Wie sonst war es möglich, daß Japan im Fernen Osten sich imperalistisch betätigte (Korea, China, Vasallen-Staat Mandschukuo usw.) und später im Pazifischen Krieg General Tojo Hideki (Tojo ist der Familienname) und die anderen Militärs das Sagen hatten? Die Militärs konnten vom Parlament unkontrolliert agieren.
Denken wir auch an das grauenhafte Massaker von Nanking und andere Kriegsverbrechen (Todesmarsch von Bataan) und Menschenrechtsverletzungen (man google bitte mal nach "Shiro Ishii" und "Unit 731").
Noch mal: Ich bewundere die Japaner, das Japan von heute ist nicht mehr das Japan vomn Tojo und Konsorten, aber man muß eben auch die Schattenseiten ihrer Geschichte bedenken.
Bin davon überzeugt: Hätte sich Japan früher dem Westen geöffnet und schon früher demokratische Strukturen kennengelernt oder zm Beispiel humanistische Bewegungen wie Dunants Rotes Kreuz, dann wären Nanking etc. etc., die extrem schlechte Behandlung von Kriegsgefangenen und alles weitere vermutlich nie passiert.