Mein lieber Arnd, es ist schön, wie du hier mit Überzeugung dein gelerntes Wissen wiedergibst. Ich weiß, dass das bis heute so unterrichtet und auch sonst überall verkündet wird. Alleine: Es stimmt so nicht.
Der Kreis um Stauffenberg war zum einen durch persönliche Eitelkeit zum Handeln motiviert. Man wollte zeigen, dass Hitler nicht für den besseren - mehrheitlich preussisch-adligen - Teil der deutschen Offiziere steht. Das hat ein Mitverräter Stauffenbergs auch klar so formuliert. Zum anderen hatten die Verräter über Hans Bernd Gisevius Kontakt zu kommunistischen Kreisen und strebten eine Einigung mit Stalin an, hätten also - im Erfolgsfall - Deutschland bereits 1944 und dann vermutlich in gänzlicher Ausdehnung unter die bolschewistische Terrorherrschaft gebracht.
Die Amerikaner, denen offenbar deine Sympathie in gewissem Umfang gehört, hoffst du doch quasi auf ihre menschenfreundliche Anständigkeit, waren mit Ausnahmen - z.B. General Patton - von einem Kreuzzugsgeist beseelt und spätestens nach Januar 1943 für keinerlei "Sonderlösung" mit Deutschland verhandlungsbereit. Solch eine Lösung strebten die Verräter um Stauffenberg, wie oben erwähnt, aber auch gar nicht an. Stalin dagegen, der wohl als einziger der "großen Drei" eine zutreffende Vorstellung von seinen Kriegskoalitionären hatte, wäre evtl. schon bereit gewesen, sich mit einem von Hitler befreiten Deutschland zu einigen - und sei es nur, um mehr als das in Teheran beschlossene Terrotorium (Oder als Westgrenze der sowjetischen Expansion) einstreichen zu können.
Die Zeit zum Handeln jedesmal verpassen nennt ihr die Dinge sich entwickeln lassen.
Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, das man zur rechten Stunde nicht getan?
Emanuel Geibel
Überzeugen ist unfruchtbar.
Walter Benjamin
(1892 - 1940)
Bevor es jemand anderes sagt: Verantwortung kann man für Handlung und für Unterlassung tragen, und die kollektive Verantwortung wird meistens aus der Unterlassung abgeleitet, soweit es den HC betrifft.
Ich persönlich lehne das ab, weil ich nicht sehe, wie selbst eine Mehrheit der Deutschen in der Zeit nach Januar 1942 eine fundamentale Änderung der politischen Zustände im Land hätte herbeiführen sollen.
Die war in der Tat erheblich eingeschränkt. Das Hitlerregime ging mit "Systemkritiker" nicht gerade sanft um. Zum aktiven Widerstand haben sich nur wenige entschlossen und sie wussten auch was mit den Juden geschah, nachdem sie verhaftet und in Güterzügen gepfercht nach Osten deportiert wurden.
Dass die Angst im nationalsozialistischen Deutschland ein Grundgefühl gegenüber der Obrigkeit war, ist wohl unbestritten.
Servus umananda
Überzeugen ist unfruchtbar.
Walter Benjamin
(1892 - 1940)
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