Eine Gruppe von Unabhängigkeitsbefürwortern, die seit Jahren stetig wächst, fällt allerdings aus dem Blickfeld: Etliche Oberschlesier möchten ihr Schicksal ohne Eingriffe aus Warschau entscheiden.
Im Gegensatz zum überwiegend deutsch besiedelten Niederschlesien, gab es in Oberschlesien schon immer eine Mischbevölkerung aus Polen und Deutschen. Gerade im ereignisreichen 20. Jahrhundert begann es dort zu brodeln. Nach dem Fall des Deutschen Kaiserreiches wurde dort 1921 eine Volksabstimmung über den Verbleib bei Deutschland abgehalten. Bei einer enorm hohen Beteiligung von ca. 98 Prozent sprachen sich 60 Prozent der Befragten für den Verbleib der Region bei Deutschland aus.
Polen, mit dem Ergebnis unzufrieden, griff das geschwächte Reich an. Die Reaktionen der Oberschlesier waren unterschiedlich: auf deutscher Seite bildete sich ein Freikorps und auf polnischer Seite brachen Aufstände aus. Schließlich kam die ostoberschlesische Bergbauregion um Kattowitz zu Polen und genoss weitgehende Autonomie.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden aufgrund der ethnisch nicht klar abgesteckten Grenzen nur wenige Oberschlesier vertrieben. So durften, im Gegensatz zu den Niederschlesiern, etwa 800.000 Oberschlesier, die entweder polnischer Sprache, aber deutscher Herkunft oder deutscher Sprache, aber polnischer Herkunft waren, als Autochthone bleiben. So wie etwa 300.000 Deutsche, die im Bergbau als Fachkräfte gebraucht wurden.
Aufgrund dieser bewegten Geschichte sehen sich die heutigen Oberschlesier weder als Deutsche, noch als Polen, sondern als Schlesier. Ihre früheren preußischen Mitbürger sahen sie nicht als Deutsche an. Die Polen wiederum verdächtigen sie der Kollaboration mit den Deutschen. Der Begriff „Schlesier“ tauchte zum Erstaunen vieler Polen bei einem Zensus 2001 auf, obwohl er eigentlich nicht vorgegeben war. Etwa 180.000 Menschen bekannten sich damals zu dieser Nationalität. Die Dunkelziffer wird etwa drei– bis viermal so hoch geschätzt.
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