Die Südtiroler Rockband Frei.Wild füllt mit ihren patriotischen Liedern ganze Konzerthallen – linke Kulturjournalisten reagieren mit Wortdiarrhoe.
ohannes Radke ist nicht gerade einer, der die gute Laune erfunden hat. Der Journalist und Autor, der für die Netzseite „Störungsmelder“ (Untertitel: „Wir müssen reden. Über Nazis. Ein Blog“) der linksliberalen Hamburger Wochenzeitung Zeit regelmäßig zur Feder greift, fühlt sich von Problemen und Gefahren umzingelt. Umso schlimmer ist es, wenn andere das Bedrohungsszenario gar nicht wahrzunehmen scheinen – und die eigenen Warnungen in den Wind geschrieben sind.
Die erfolgreiche Südtiroler Musikgruppe „Frei.Wild“ ist so ein schwerer Fall, der Radke Kopfzerbrechen bereitet. Denn während Frei.Wild in Südtirol, Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland ganze Hallen füllt, wähnt Nazi-, Pop- und Geschmackspapst Radke bei den vier jungen Südtiroler Musikern „dumpfen Patriotenrock“. Sein Konzertbesuch in Zürich – sofern man ihm glaubt, daß er tatsächlich selber dort war – wurde zum Horrortrip für Radke. Auf Zeit-online schreibt er: „Stur dreschen die Südtiroler ihre vier Akkorde in die Gitarren. ,Südtirol, wir tragen deine Fahne, denn du bist das schönste Land der Welt‘, huldigt der Grölgesang der Heimat. Die Fans singen begeistert mit: ,Südtirol, deinen Brüdern entrissen, schreit es hinaus, laßt es alle wissen. Südtirol, du bist noch nicht verloren. In der Hölle sollen deine Feinde schmoren.‘“ Für Radke scheint es unbegreiflich, daß solche Leute überhaupt irgendwo öffentlich auftreten dürfen – und noch unbegreiflicher, daß es für diese Art von Musik offensichtlich auch noch ein Publikum gibt.
Dabei ist die Gruppe Frei.Wild tatsächlich ein Phänomen. Kaum eine* andere etablierte deutschsprachige Musikgruppe besingt so hemmungslos Heimatliebe und Patriotismus. Selbst in Berlin und Hamburg fahren tiefergelegte VW-Golfs mit riesigen Frei.Wild-Aufklebern auf ihren Heckscheiben durch die Gegend. Festivalgänger und Nachtschwärmer aus dem Ruhrgebiet wissen plötzlich, daß man in Südtirol Deutsch spricht, obwohl es im Schul*atlas doch zu Italien gehört. Oder um es anders zu sagen: Wahrscheinlich haben die vier Musiker von Frei.Wild vor allem unter Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland mehr für die Südtiroler Sache getan, als alle Fremdenverkehrsämter zwischen Salurn und Sterzing zusammen. Und was die Kastelruther Spatzen für die Generation 50 Plus im Musikantenstadl erreichten, machen Frei.Wild nun für ein jüngeres deutschsprachiges Publikum.
Musikalisch kommen Frei.Wild laut, rockig und trotzig daher, die großen Schicksalsmelodien sind nicht ihre Sache. Aber das ist auch gar nicht deren Anspruch. In den Liedern von Frei.Wild geht es zur Sache. Es geht um Freundschaft, Treue, Ehre, Zusammenhalt und natürlich immer wieder um die Heimat Südtirol. Diese Mischung ist für die linksliberale Kulturschickeria, die an sich mit kraftvollen Gewaltgesängen keine Probleme hat (wenn diese dem linken Punkrock entstammen) zutiefst suspekt.
Doch an Frei.Wild scheinen sich die linken Kritiker derzeit die Zähne aus*zubeißen. Denn die simple Faustregel im Musikgeschäft lautet: Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg. Seit einem prestigeträchtigen Auftritt auf dem Wacken-Open-Air im Jahr 2009 – immerhin dem größten Heavy-Metal-Festival der Welt – scheint der Weg für Frei.Wild nur steil nach oben zu gehen. Vor dem WM-Achtelfinalspiel Deutschland gegen England spielte die Band auf dem FIFA Fan Fest vor dem Berliner Olympiastadion vor etwa 500.000 Zuschauern. Auf ihren Touren treten sie mittlerweile stets in ausverkauften Hallen auf, im November letzten Jahres in Hamburg vor 10.000 Gästen in der *O2-World. Die US-Stars Jennifer Lopez und Lady Gaga haben das nicht *geschafft – Südtiroler Heimatrock schon. In Berlin stürmten ebenfalls 10.000 Besucher ins Velodrom, um Frei.Wild gebührend zu feiern.
Unter den Fans war auch der Jour*nalist Jens Uthoff, der im Auftrag der links*alternativen tageszeitung ein Ticket löste. Sein taz-Konzertbericht führt vor Augen, daß der Geist schon lange nicht mehr links weht: Uthoff beschwert sich über die Fans, über die Musik, über die Texte, eigentlich über alles. Natürlich vor allem über Konzertveranstalter und das Management, die des schnöden Mammons wegen sich mit einer rechten Rockcombo aus Südtirol schmücken. Manche Passagen Uthoffs haben den Charakter eines pflichtbewußt angefertigten IM-Berichts für die Stasi: „Auf den T-Shirts um ihn herum ist viel altdeutsche Schrift zu lesen, die Kameradschaft Worms steht in unserer direkten Nachbarschaft. Viele eiserne Kreuze, ,Pit Bull‘-Tattoos auf dem Schädel und massig Onkelz-Klamotten.“ Doch Uthoff stört sich nicht nur am strammen Patriotismus der Südtiroler, auch das Innenleben der Band ist dem linken Miesepeter viel zu wenig basisdemokratisch. In Frei.Wild-Sänger Philipp Burger entdeckt Uthoff gar diktatorische Züge: „Auch auf der Bühne agiert er als Frontmann, der zweite Gitarrist Jonas Notdurfter darf gelegentlich ,Danke‘ an die Fans richten, das er grölt, als habe er gutturale Gastritis.“ Und überhaupt, Philipp Burger. Der sei immerhin einmal Mitglied der Südtiroler Freiheit*lichen gewesen, sozusagen der Schwesterpartei der österreichischen FPÖ. Auf Konzerten schmettert Burger den Besuchern regelmäßig entgegen, daß Frei.Wild mit „Nazis“ nichts zu tun habe. Das reicht aber Politkommissaren wie Uthoff und Radke nicht. Denn was fehlt, ist ein Bekenntnis zu linken Idealen. Daher nehmen weder taz noch Zeit Frei.Wild ihre Dauerdistanzierung vom politischen Extremismus „von rechts und links“ ab.
Die linken etablierten Medien bemühen daher mittlerweile eine ganze Armada an linksradikalen Soziologen und „Rechtsextremismus-Experten“, um Frei.Wild böse Absichten nach*zuweisen. So ist sich die Zeit nicht zu schade, den „Politikwissenschaftler Christoph Schulze vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin“ (Apabiz) gegen Frei.Wild an die Front zu schicken. Und Schulze erklärt pflichtschuldigst: „Entgegen aller Beteuerungen vertreten Frei.Wild sehr wohl politische Inhalte, und zwar ultranationalistische.“ Und Schulze hyperventiliert weiter, wer einen Zusammenhang zwischen menschlicher Abstammung und dem Heimatboden behaupte, bewege sich auf „brandgefährlichem Terrain“. So absurd und dumm solche Aussagen auch sein mögen – Schulzes Apabiz wird immerhin mit Steuer*geldern durch den Berliner Senat ge*fördert.
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