Analyse ueber Absichten, Hintergruende und Wirkungen des geplanten
bilateral Freihandelsabkommens TTIP zwischen der EU und USA:

3SAT Makro / 20. März 2014

Freihandelsabkommen Teil 1 – Die Vorteile

Wie immer gibt es zwei Meinungen – die einen sind dafür, die anderen sind dagegen. Beim Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA verläuft die Trennlinie letztlich zwischen denen, die freien Austausch von Waren und Dienstleistungen für eine gute Sache halten, und jenen, die darin vor allem Risiken erkennen.
Wie meist im Leben ist die Wirklichkeit komplizierter. Und der Freihandel hält so manche Überraschung parat. Im Guten wie im Schlechten. Unsere Sendung zum Freihandelsabkommen an diesem Freitag bietet jedenfalls eine gute Gelegenheit, dem Thema einmal in einer Miniserie zu Leibe zu rücken.

Drei Wissenschaftler des ifo-Instituts haben im Auftrag der Bertelsmann Stiftung versucht zu ermitteln, wie sich ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken würde. Das ifo-Institut, soviel sollte von vornherein klar sein, hält freien Handel für eine gute Sache.
Die Studie unterscheidet grundsätzlich zwei Szenarien.

1. Zollszenario


Das Zollszenario untersucht, wie sich Handelsbeziehungen entwickeln könnten, wenn es zwischen den Handelspartnern keine Zölle mehr gäbe. Zölle führen zu höheren Preisen. Waren aus dem Ausland werden künstlich verteuert und haben auf dem heimischen Markt einen schweren Stand. Möchte ein Kunde ein Produkt aus dem Ausland kaufen, muss er tiefer in die Tasche greifen. Aber auch Produkte aus dem eigenen Land werden teurer, da der Konkurrenzdruck aus dem Ausland geringer ist.

Bei Zöllen ist der Kunde immer der Dumme. China erhebt z.B. Zölle in der Größenordnung von 60-80% auf importierte Luxusautos. Damit werden deutsche Premiummarken in China fast unbezahlbar. Die heimischen Produzenten werden hingegen geschützt, da sie sich nicht im echten Wettbewerb beweisen müssen.
Zölle sind somit ein Instrument der Einkommens-Umverteilung von den Konsumenten zu den Produzenten. Darüberhinaus entsteht weiterer volkswirtschaftlicher Schaden durch eine Verzerrung von Konsum- und Produktionsentscheidungen.

Die Zölle im transatlantischen Handel liegen bei 3,5%. Das ist nicht viel. Der Vorteil eines zollfreien Handels liegt dennoch auf der Hand. Tatsächlich aber, sagt die ifo-Studie, macht der Wegfall von Zöllen im Rahmen des Freihandelsabkommens nur einen kleinen Teil der Handelserleichterungen aus. Damit wären wir bei Szenario 2.

2. Szenario umfassender Liberalisierung

Hier geht es, vereinfacht gesagt, um einheitliche Standards und Regeln. Abgesehen davon, dass Unternehmen am liebsten gar keine Vorschriften hätten, geht es in der Praxis vor allem um deren Vereinheitlichung in einem möglichst großen Markt. Nehmen wir einen fiktiven mittelständischen Hersteller von Wärmepumpen aus dem Schwäbischen. Der hat sein Produkt gemäß hiesiger Vorschriften entwickelt und darf die Pumpen verkaufen. Nehmen wir weiter an, es gibt eine EU-weite Wärmepumpenverordnung, dann könnte unser Hersteller seine Pumpen anstandslos auch in Spanien verkaufen – ohne Sachverständige in Wärmepumpenfragen, Anwälte und Übersetzer bezahlen zu müssen und ohne langwierige Korrespondenz mit spanischen Behörden.
In die USA dürfte unser Unternehmen nicht liefern, obwohl das ein großer, attraktiver Markt ist. Dort gibt es aber leider andere Vorschriften. Jetzt muss erst in einem aufwendigen Verfahren geklärt werden, ob das deutsche Produkt den amerikanischen Anforderungen entspricht. Gegebenenfalls muss umkonstruiert oder eine spezielle US-Variante entwickelt werden.

Das kostet Zeit und Geld und stellt einen gravierenden Wettbewerbsnachteil gegenüber der amerikanischen Konkurrenz dar. Die so entstehenden Kosten entziehen dem Unternehmen unmittelbar Kapital, das nicht mehr für Investitionen zur Verfügung steht. Die Kosten stiften keinen Nutzen für den Konsumenten.

Generell gilt: Je kleiner das Unternehmen, desto größer sind die grenzüberschreitenden Markteintrittsbarrieren. Durch Erarbeitung gemeinsamer Standards oder gegenseitige Anerkennung bestehender Standards ergeben sich für unseren schwäbischen Wärmepumpenbauer die entscheidenden Vorteile eines gemeinsamen Marktes.
Das ifo-Institut erwartet nach Absenkung handelspolitischer Barrieren eine Ausweitung der wichtigen Direktinvestitionen, Zweit- und Drittrundeneffekte durch verstärkte öffentliche und private Investitionen und mehr Planungssicherheit für die beteiligten Akteure. All dies würde über einen längeren Zeitraum betrachtet mit einer Ausweitung des transatlantischen Handels von 80% belohnt werden.

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3SAT Makro / 21. Maerz 2014

Freihandelsabkommen Teil 2 – Unbeabsichtigte Nebenwirkungen


In Freihandelsabkommen Teil 1 – Die Vorteile haben wir betrachtet, wie der Abbau von Handelshemmnissen den Warenaustausch belebt. Um 80%, erwartet die Ifo-Studie. Wie kommen die darauf?
Während man das einfache Zollszenario noch halbwegs mit einem Modell berechnen kann, wäre eine Modellierung des viel komplexeren Szenarios umfassender Liberalisierung aufgrund einer Unzahl von zu treffenden Annahmen nicht seriös darstellbar. Es wäre schlicht Kaffeesatzleserei.

Die ifo-Studie wählt daher einen anderen Ansatz. Sie betrachtet die realen Daten zweier seit langer Zeit existierenden Freihandelszonen, der Europäischen Union und der NAFTA (North American Free Trade Agreement – USA, Kanada, Mexiko). Hier werden jeweils die Daten mit 126 Handelsnationen ermittelt und bringen die Wissenschaftler zu der etwas sperrigen Aussage:

“Über alle Sektoren hinweg und im Durchschnitt über alle beteiligten Länder, zeigen die Daten, dass die existierenden Abkommen den Handel im Aggregat um etwa 80 Prozent erhöhen.”


Nun kann man hier durchaus die Frage stellen, ob nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Die EU ist als enges politisches Bündnis weit mehr als eine Freihandelszone. Man könnte argumentieren, dass die wirtschaftlichen Vorteile der EU größer sind, als bei einer transatlantischen Freihandelszone ohne entsprechenden politischen Unterbau. Die NAFTA ihrerseits besteht bloß aus drei Nationen mit einem wirtschaftlichen Riesen und zwei relativen Zwergen. Man kann also die Annahmen der ifo-Studio trefflich kritisieren. Sehr wohl aber sind es reale Daten und keine Prognosen. Und es sind die einzigen Vergleichswerte, die es gibt.

Innereuropäischer Handel bricht ein

Ok, nehmen wir also an, der Handel zwischen den USA und er EU stiege um 80%. Wie sehen die Handelsströme im Detail aus? Hier lohnt es sich, genau hinzuschauen. Veränderung des deutschen Außenhandels mit traditionellen Partnerländern. Der Handel mit den USA steigt, innerhalb Europas geht er deutlich zurück.
Betrachten wir die Veränderungen der Handelsvolumina zwischen Deutschland und einigen wichtigen Handelspartnern im Szenario einer umfassenden Liberalisierung, so ergibt sich zwar ein starker Anstieg des Warenaustausches mit den USA (+93%), aber starke Einbrüche mit fast allen anderen Handelspartnern.
Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Vergleich mit den europäischen Krisenländern. Der Handel Deutschlands mit Griechenland, Irland, Italien, Spanien und Portugal addiert sich auf ein etwas größeres Volumen als der Handel mit Frankreich (136 Mrd. Euro Exporte, 97 Mrd. Euro Importe). Er fällt im Freihandelsszenario um 31%. Deutschlands Handel mit den BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika (132 Mrd. Euro Exporte, 136 Mrd. Euro Importe) fällt um 10%.

Der innereuropäische Handel geht also stark zurück, während praktisch nur der Handel mit den USA ansteigt. (Das tut er übrigens auch für die europäischen Krisenstaaten. Der Handel mit Amerika steigt hier um 80-90%.)
Die Erklärung lautet wie folgt: Der europäische Markt führte zu einer außergewöhnlichen Begünstigung des innereuropäischen Handels. Durch eine Ausdehnung der Freihandelszone auf die USA endet diese exklusive Begünstigung. Es kommt zur teilweisen Rückabwicklung der Handelsvolumina und zu einer stärkeren Orientierung des Warenaustausches an rein ökonomischen Kriterien. Es könnte jetzt für ein Unternehmen günstiger sein, seine Waren in die USA zu verkaufen als nach Schweden bzw. Komponenten für seine Produktion in Amerika zu beziehen statt in Frankreich.

Dies hat übrigens eine bedeutsame politische Implikation: Die durch den innereuropäischen Handel geschaffene Bindewirkung der Europäischen Union lässt nach. Die Beziehungen zu Amerika gewinnen an Wert.
Schön, aber wozu ist diese ganze Freihandelsnummer dann gut?

Pro-Kopf-Einkommen steigt

Obwohl, wie dargelegt, das innereuropäische Handelsvolumen stärker fällt als der transatlantische Handel zulegt, erwartet die ifo-Studie langfristig ein steigendes reales Pro-Kopf-Einkommen (gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf). Real bedeutet nach Abzug von Inflation.

Es fällt auf, dass die Wirtschaftsleistung in Europa zwar überall steigt, durchschnittlich um knapp 5%, die Volkswirtschaften aber in sehr unterschiedlichem Maße vom Freihandelsabkommen profitieren würden.
Am besten kommt Großbritannien weg, mit einem Anstieg des realen Pro-Kopf-Einkommens von fast 10%. Die Briten haben auch heute schon sehr hohe Handelsvolumina mit den USA und profitieren daher besonders von einem Abbau von Handelsbeschränkungen. Spanien profitiert ebenfalls deutlich, weil es teure europäische Importe durch günstige amerikanische ersetzen könnte, was wohlfahrtssteigernd wirkt.

Mit am wenigsten profitiert Frankreich, da die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA generell nicht so intensiv sind. Zudem hat die eher protektionistische französische Wirtschaftstradition mit mehr Wettbewerb so ihre Probleme.
Tendenziell profitieren kleine Länder, z.B. die Balten, stärker vom Freihandel als große, da sie zur Versorgung mit Waren und Dienstleistungen stärker in die internationale Arbeitsteilung eingebunden sind als große Volkswirtschaften. Die Länder Südosteuropas profitieren hingegen eher unterdurchschnittlich von einem Freihandelsabkommen mit den USA, weil sie schlicht etwas ab vom Schuss liegen.

Was bedeutet das Freihandelsabkommen für den Rest der Welt? Verdammt viel. Und es wartet so manche Überraschung.

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Freihandelsabkommen Teil 3 – Dabeisein ist alles

In Freihandelsabkommen Teil 2 – Unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben wir gesehen, dass der innereuropäische Handel zwar fällt, das Pro-Kopf-Einkommen aber aufgrund der Preisvorteile des transatlantischen Handels steigt. Was bedeutet das nun für den Rest der Welt? Eine bemerkenswerte Konsequenz des transatlantischen Freihandelsabkommens wäre eine gewaltige Sogwirkung für Wohlstand und Wirtschaftsaktivität auf das neue Traumpaar EU und USA. Praktisch dem ganzen Rest der Welt weht ein kalter Wind ins Gesicht.

Die ifo-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der größte Profiteur eines umfassenden Freihandelsabkommens die USA wären, mit einem langfristigen realen Einkommenszuwachs pro Kopf von 13,4%, gefolgt von Europa, wie in Freihandelsabkommen Teil 2 bereits dargestellt. Erstaunlich ist, dass trotz zusätzlich geschaffenen Wohlstands (weltweit +3,3%) dieser ausschließlich innerhalb der Freihandelszone entsteht und nirgends sonst. Im Gegenteil.

Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit in Prozent beim Szenario der umfassendenden Liberalisierung des transatlantischen Handels. EU und USA gewinnen, der Rest der Welt verliert.

Die größten Einkommensverluste entstehen dort, wo man es nicht unbedingt erwarten würde: Australien, Mexiko, Japan, Chile, Norwegen – traditionell wichtige Handelspartner der USA bzw. Europas. Es kommt zu weitreichender Handelsumlenkung von außerhalb der Freihandelszone in die Freihandelszone. Das Vergnügen ist ausschließlich den Beteiligten der Party vorbehalten.

Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das Pro-Kopf-Einkommen Brasiliens sinkt nicht langfristig um 2,1%. Stützt man sich auf die Zahlen des IWF und kalkuliert für Brasilien mit einem realen Wachstum von 3,5% pro Jahr, dann ergäbe sich nach zehn Jahren ein Zuwachs der Wirtschaftsleistung von rund 40%. Hiervon müsste man die Einbußen von 2,1%, die sich laut ifo-Studie aus dem transatlantischen Freihandelsabkommen für Brasilien ergeben, abziehen.

Trotzdem: Unterm Strich ergäbe sich eine Situation, in der Europa und die USA eine weltwirtschaftliche Dominanz zurückerlangen, die mit dem Aufstieg der Schwellenländer bereits verloren schien. Der Rest der Welt steht unter Zugzwang. Viele Länder, vor allem traditionelle Handelspartner Europas und der USA, werden die im Freihandelsabkommen ausgehandelten Standards übernehmen müssen, wollen sie die skizzierten Nachteile vermeiden.

Kanada, dem hier eine besonders frostige Zukunft prophezeit wird, hat kürzlich bereits ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen. Dies ist in der ifo-Studie noch nicht berücksichtigt.

Dabeisein ist alles

Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die Tatsache, dass China intensive Verhandlungen mit den Ländern Südostasiens führt, dort Handelshemmnisse abzubauen. Auch arbeitet man an einem Freihandelsabkommen mit Japan und Südkorea. Dies steht, wie wir in der makro-Sendung zum Thema Freihandelsabkommen: Handel ohne Grenzen” zeigen werden, in direkter Konkurrenz zu Bemühungen der USA, ihrerseits die Länder Ost- und Südostasiens mit einem Freihandelsabkommen als Partner zu gewinnen.

Die in der ifo-Studie skizzierte Dominanz der transatlantischen Freihandelszone könnte also von kurzer Dauer sein. Insgesamt stimmt das Denken in regionalen Freihandelszonen eher bedenklich. Viel besser wäre ein globales Handelsabkommen im Rahmen der WTO-Verhandlungen. Dann wären die Schwellenländer nicht so eindeutig die Verlierer der Entwicklung. Leider haben die 160 Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO seit 20 Jahren nichts Substantielles mehr zustande gebracht. Die jetzt entstehenden regionalen Abkommen sind wohl die unvermeidliche Konsequenz daraus.

Das transatlantische Freihandelsabkommen wird bombardiert mit Kritik. Dabei drängt sich der Eindruck auf, die mediale Berichterstattung verbeißt sich in Nebenkriegsschauplätze wie Chlorhühnchen. Viel wichtiger wäre eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Entwicklungsländer besser in den Welthandel eingebunden werden können, damit sie an der Wertschöpfung teilhaben

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Freihandelsabkommen Teil 3 – Dabeisein ist alles

In Freihandelsabkommen Teil 2 – Unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben wir gesehen, dass der innereuropäische Handel zwar fällt, das Pro-Kopf-Einkommen aber aufgrund der Preisvorteile des transatlantischen Handels steigt. Was bedeutet das nun für den Rest der Welt? Eine bemerkenswerte Konsequenz des transatlantischen Freihandelsabkommens wäre eine gewaltige Sogwirkung für Wohlstand und Wirtschaftsaktivität auf das neue Traumpaar EU und USA. Praktisch dem ganzen Rest der Welt weht ein kalter Wind ins Gesicht.

Die ifo-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der größte Profiteur eines umfassenden Freihandelsabkommens die USA wären, mit einem langfristigen realen Einkommenszuwachs pro Kopf von 13,4%, gefolgt von Europa, wie in Freihandelsabkommen Teil 2 bereits dargestellt. Erstaunlich ist, dass trotz zusätzlich geschaffenen Wohlstands (weltweit +3,3%) dieser ausschließlich innerhalb der Freihandelszone entsteht und nirgends sonst. Im Gegenteil.

Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens weltweit in Prozent beim Szenario der umfassendenden Liberalisierung des transatlantischen Handels. EU und USA gewinnen, der Rest der Welt verliert.

Die größten Einkommensverluste entstehen dort, wo man es nicht unbedingt erwarten würde: Australien, Mexiko, Japan, Chile, Norwegen – traditionell wichtige Handelspartner der USA bzw. Europas. Es kommt zu weitreichender Handelsumlenkung von außerhalb der Freihandelszone in die Freihandelszone. Das Vergnügen ist ausschließlich den Beteiligten der Party vorbehalten.

Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das Pro-Kopf-Einkommen Brasiliens sinkt nicht langfristig um 2,1%. Stützt man sich auf die Zahlen des IWF und kalkuliert für Brasilien mit einem realen Wachstum von 3,5% pro Jahr, dann ergäbe sich nach zehn Jahren ein Zuwachs der Wirtschaftsleistung von rund 40%. Hiervon müsste man die Einbußen von 2,1%, die sich laut ifo-Studie aus dem transatlantischen Freihandelsabkommen für Brasilien ergeben, abziehen.

Trotzdem: Unterm Strich ergäbe sich eine Situation, in der Europa und die USA eine weltwirtschaftliche Dominanz zurückerlangen, die mit dem Aufstieg der Schwellenländer bereits verloren schien. Der Rest der Welt steht unter Zugzwang. Viele Länder, vor allem traditionelle Handelspartner Europas und der USA, werden die im Freihandelsabkommen ausgehandelten Standards übernehmen müssen, wollen sie die skizzierten Nachteile vermeiden.

Kanada, dem hier eine besonders frostige Zukunft prophezeit wird, hat kürzlich bereits ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen. Dies ist in der ifo-Studie noch nicht berücksichtigt.

Dabeisein ist alles

Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die Tatsache, dass China intensive Verhandlungen mit den Ländern Südostasiens führt, dort Handelshemmnisse abzubauen. Auch arbeitet man an einem Freihandelsabkommen mit Japan und Südkorea. Dies steht, wie wir in der makro-Sendung zum Thema Freihandelsabkommen: Handel ohne Grenzen” zeigen werden, in direkter Konkurrenz zu Bemühungen der USA, ihrerseits die Länder Ost- und Südostasiens mit einem Freihandelsabkommen als Partner zu gewinnen.

Die in der ifo-Studie skizzierte Dominanz der transatlantischen Freihandelszone könnte also von kurzer Dauer sein. Insgesamt stimmt das Denken in regionalen Freihandelszonen eher bedenklich. Viel besser wäre ein globales Handelsabkommen im Rahmen der WTO-Verhandlungen. Dann wären die Schwellenländer nicht so eindeutig die Verlierer der Entwicklung. Leider haben die 160 Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO seit 20 Jahren nichts Substantielles mehr zustande gebracht. Die jetzt entstehenden regionalen Abkommen sind wohl die unvermeidliche Konsequenz daraus.

Das transatlantische Freihandelsabkommen wird bombardiert mit Kritik. Dabei drängt sich der Eindruck auf, die mediale Berichterstattung verbeißt sich in Nebenkriegsschauplätze wie Chlorhühnchen. Viel wichtiger wäre eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Entwicklungsländer besser in den Welthandel eingebunden werden können, damit sie an der Wertschöpfung teilhaben

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Die Infografiken aus den 3 Texten koennen in den Links direkt angeschaut werden.

Ausserdem gegebe ich folgenden Sendungshinweis:

heute Freitag den 21. Maerz um 21.00 Uhr
in 3SAT Makro: Handel ohne Grenzen
Freihandelsabkommen zwischen EU und USA

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