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Darauf hat die Welt gewartet: Im Zeichen angesagter sexueller "Vielfalt" hat zum ersten Mal ein Schriftsteller den Mut gefunden, sich zu seiner lange ausschließlich im Verborgenen gelebten Heterosexualität zu bekennen. Zwar war in Literaturkreisen schon öfter darüber gemunkelt worden, dass dieser oder jener Autor heterosexuell sei, und es gab auch immer wieder die eine oder andere versteckte Anspielung; aber keiner wagte offen über dieses Tabuthema zu sprechen. Mit seinem Schritt an die Öffentlichkeit will der Schriftsteller Akif Pirincci diesen quälenden Zustand jetzt beenden.
"Akif Pirinçci: Ich bekenne mich zu meiner Heterosexualität
von Akif Pirinçci
Erster prominenter heterosexueller Schriftsteller outet sich
Als erster prominenter heterosexueller Schriftsteller begründet Pirinçci im „Zeit“-Interview sein langes Schweigen. Er will die Debatte in der Literatur voranbringen.
Vor einiger Zeit zog sich Akif Pirinçci aus dem öffentlichen Leben als Schriftstellerprofi zurück und tauchte nur noch sporadisch auf Facebook auf. Nun wendet er sich noch einmal an die Öffentlichkeit. Der bekloppte Türke hat sich entschieden, mit einem in der Literaturwelt bislang tabuisierten Thema in die Offensive zu gehen: „Ich äußere mich zu meiner Heterosexualität“, sagt Pirinçci im Gespräch mit der „Zeit“, die am Donnerstag erscheint, „weil ich die Diskussion über Heterosexualität unter Schriftstellern voranbringen möchte“. Er habe das Gefühl, dass jetzt ein guter Moment dafür gekommen sei.
Das Bewusstsein, heterosexuell zu sein, war „ein langwieriger und schwieriger Prozess“ im Leben des 54-jährigen ehemaligen Mittelfeldautors, der insgesamt weiß der Teufel wie viele Bücher für die Deutsche Nationalbüchermannschaft rausgehauen hat. „Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einer Frau, am liebsten einer 21-jährigen Kunststudentin, zusammenleben möchte“, sagt Pirinçci. Er äußert sich so offen, wie es vor ihm noch kein anderer deutscher Schriftsteller getan hat. Heterosexualität werde in der Kunstwelt „schlicht ignoriert“. Bis heute kenne er keinen Schriftsteller persönlich, der das zu seinem Thema gemacht habe.
Der Erfolgsautor weiter: „Wissen sie, wir Künstler gelten ja im Bewusstsein der Öffentlichkeit als stockschwul und als Weichei. So will man uns sehen, etwas anderes wird nicht akzeptiert. Wenn sie einen Verlagsvertrag bekommen möchten, können Sie ja nicht sagen, ich komm gerade aus dem Bett mit Susanne. Man sagt es dir nicht direkt ins Gesicht, sondern der Verleger drückt dir in seinem Büro ganz subtil ein Tütü und Stöckelschuhe in die Hand. Am schlimmsten war es auf der Frankfurter Buchmesse, wo wir Schriftsteller anlässlich öffentlicher Auftritte uns rote Lippen schminken, Limonade mit gespreiztem kleinem Finger trinken und in diesem affektierten hohen Schwulenton sprechen mussten. Und auch im Alltag steht man unter öffentlicher Kontrolle. Ich konnte nie ohne die alten Kleider von meiner Mutter aus dem Haus, sonst wurde ich gemobbt.“
Er habe sich immer wieder über die Widersprüche geärgert, die in der Literaturwelt im Umgang mit Heterosexualität aufgebaut würden. Das professionelle Schreiben sei ein absolut verschwulter Beruf: „Sensibilität bis zu zehnfachen Heulkrämpfen am Tag, nur weil man versehentlich eine Ameise zertreten hat, Schuhtick, stundenlanges Gequatsche über Parfüms usw.“ Das passe nicht zu dem Klischee, das sich viele Leute von einem Heterosexuellen machten, nämlich: „Heteros stehen auf Weibertitten.“
Pirinçci sagt: „Ich habe mich nie dafür geschämt, dass ich nun mal so bin.“ Trotzdem seien die Sprüche der Kollegen nicht immer einfach zu ertragen gewesen.
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