Zitat von
Leo Navis
Menschen brauchen etwas woran sie glauben können. Während früher Glaube an die christliche (eine) Gottheit dominierte, ist es eben heute der Materialismus/Determinismus der Welt.
Philosophisch gesehen ist der Materialismus natürlich nicht haltbar; klassisches Induktionsproblem Humes, nach dem wir über die angebliche objektive, materielle Welt nichts wissen können. Jung hat das mal sehr schön in seinen "Archetypen" beschrieben (Schweizer Psychiater letztes Jahrhundert): Der Mensch möchte funktionstüchtig bleiben und braucht eine Verknüpfung zwischen seiner psychischen Realität und der Realität die er wahrnimmt, weswegen er sich selbst in die Außenwelt assimiliert. Während also früher die Außenwelt über Götter etc in die Innenwelt assimiliert wurde, die Welt also Teil des Individuums war, ist es heute umgedreht: Das Individuum ist Teil der Außenwelt und nichts weiter als ein aus Teilchen bestehendes Etwas. Letzten Endes ist beides nichts weiter als der Versuch der Erklärung der erlebten Realität.
Ich persönlich finde ja meine persönliche Lösung am besten, nach der "die Welt" nichts weiter ist als ein mentaler Zustand des Ichs. Dementsprechend würde die Welt nichts weiter als eine Projektion dessen sein, was wir das "Gehirn" nennen. Das wäre im Einklang mit deterministischen/materialistischen Erklärungsversuchen, es würde lediglich die Frage ob es eine Außenwelt wirklich gibt egalisieren (was wir, wie gesagt, sowieso nicht wissen können).
Die Grundlage dieser Sichtweise ist, simpel gesprochen, die Frage "Gibt es den Mond wenn ihn keiner anguckt". Wir würden in dem Moment davon ausgehen dass außerhalb der eigenen persönlichen Wahrnehmung es keine "Realität" gäbe, da der Terminus Realität immer nur in Verbindung mit der Wahrnehmung des Individuums Sinn ergäbe. Anders ausgedrückt: Man kann nichts wahrnehmen außerhalb der eigenen Wahrnehmung - logischerweise - und ob es etwas außerhalb der eigenen Wahrnehmung tatsächlich gibt wird egalisiert da man es sowieso nicht rauskriegen kann, weil jede Art von Information ja immer erst mal durch den eigenen Wahrnehmungsapparat laufen müsste.
Wie kommt es nun dazu dass dieser Apparat annimmt, es gebe eine äußere Realität - eine materialistische Welt? Nun, um leistungsfähig zu bleiben. Es kann sich selbst nicht mehr am Leben erhalten indem es die Realitäten seiner eigenen psychischen Wirklichkeit auf eine Gottheit oder ähnliches projiziert, da dieses "widerlegt" wurde (wurde es natürlich nicht, aber aufgrund der allgemeinen Entwicklung ist es für das Individuum kein "gutes" dh leistungsfähiges Modell mehr davon auszugehen), also braucht es einen Ersatz - und es nimmt einfach den allgemeinen Glauben der Gesellschaft - den Materialismus. Es ist für den Standardmenschen einfach nicht sinnvoll sich soweit Gedanken über die Welt zu machen dass es überhaupt das Existieren einer Außenwelt infrage stellt, auch wenn das eine durchaus sinnvolle und logische Frage ist (sollte jedem philosophisch interessierten spätestens seit Popper klar sein), stattdessen nimmt es einfach an dass diese auch real existiert und die Wahrnehmung auf Realität basiert.
Interessant ist dabei - um mal der mentalen Theorie ein wenig Vorschub zu leisten - die Tatsache, dass beispielsweise ein Photon ohne den entsprechenden Interpretator "Auge" und letzten Endes "Gehirn" überhaupt keinen Sinn ergibt. Wir brauchen ja überhaupt erst mal einen Interpretator wie ein Gehirn um die Daten die die angebliche Außenwelt uns liefert überhaupt verarbeiten zu können, weswegen das komplette Universum ohne ein Gehirn das in der Lage ist dieses zu verarbeiten für das Individuum selbst natürlich keinerlei Sinn ergibt. Es ergibt lediglich dann Sinn ohne eben dieses wenn wir eines von zwei Dingen annehmen: Entweder eine Art Weltgeist - Gott - oder eine fixe real existierende Außenwelt - was uns zum Materialismus führt.
Mit anderen Worten: Solcherlei Glaubenskomplexe sind dazu den Menschen am Leben zu erhalten - ihn leistungsfähig zu halten - damit er sein Primärziel, das Überleben der menschlichen Spezies, verwirklichen kann. Es ist ein Kunstgriff der Psyche ohne Beweise Dinge anzunehmen ("glauben") - wie eben Weltgeist (der letztlich lediglich eine Selbstprojektion ist) oder auch Materialismus (also das Annehmen einer fixen Außenwelt - eben auch eine Selbstprojektion). Wir nehmen in dem Moment den Menschen als biologisches Wesen an, das versucht innerhalb der Welt zu überleben - also eine stark materialistische Weltsicht, eigentlich - nehmen aber weiterhin an, dass die komplette Welt die ihn umgibt und die es wahrnimmt lediglich eine Selbstprojektion seines Gehirns ist, was durchaus Sinn ergibt, schließlich kann man die Welt nur deshalb wahrnehmen weil gewisse Reize über das Gehirn verarbeitet werden.
Es ist eine Art Mischform aus beidem.
Keine Ahnung ob das Deine Frage irgendwie beantwortet. Ich hoffe. ^^