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Thema: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

  1. #81
    Wetterleuchten Benutzerbild von Makkabäus
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Zitat Zitat von Cerridwenn Beitrag anzeigen
    Nur Mütter wissen genau, dass ihre Kinder auch wirklich ihre Kinder sind. Daher ist das Talmudjudentum klüger!
    Muss du jeden Strang mit deinem Femen Kram zumüllen ? Das ist hier nicht das Thema.
    Die tiefsten Brunnen tragen die höchsten Wasser - Meister Eckhart

  2. #82
    Mitglied Benutzerbild von Cerridwenn
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Zitat Zitat von Makkabäus Beitrag anzeigen
    Muss du jeden Strang mit deinem Femen Kram zumüllen ? Das ist hier nicht das Thema.


    Das hat doch nichts mit Femen Kram Müll zu tun.


    Diese Tatsache liegt der Entscheidung der Talmudjuden zugrunde. Die waren doch nicht doof!
    Was nennen die Menschen am liebsten dumm? Das Gescheite, das sie nicht verstehen. Marie von Ebner Eschenbach

  3. #83
    Wetterleuchten Benutzerbild von Makkabäus
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Zitat Zitat von dZUG Beitrag anzeigen
    Bist du Papst-Fan oder was :-).
    Man bekommt hier gar nichts mit, war aber echt erstaunt letzten Woche am Samstag.
    Der Getränkemarkt hat die Süddeutsche drin gehabt, mit Papst und Taube.
    Das verscheucht doch die Leute hahahahahaha
    Was ist deine Meinung zum Strang-Thema ?
    Die tiefsten Brunnen tragen die höchsten Wasser - Meister Eckhart

  4. #84
    a.D. Benutzerbild von Gärtner
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Zitat Zitat von dZUG Beitrag anzeigen
    Bist du Papst-Fan oder was :-).
    Man bekommt hier gar nichts mit, war aber echt erstaunt letzten Woche am Samstag.
    Der Getränkemarkt hat die Süddeutsche drin gehabt, mit Papst und Taube.
    Das verscheucht doch die Leute hahahahahaha[/QUOTE]

    Beim gut sortierten Weinhändler bekommst du sogar erstklassige Weine mit Taube im Logo, vom Bürgerspital zum Hl. Geist in Würzburg.



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    "Die beiden Gelehrten Gabundus und Terentius diskutierten 14 Tage und 14 Nächte
    lang über den Vokativ von Ego. Am Ende griffen sie zu den Waffen."

    Umberto Eco

  5. #85
    a.D. Benutzerbild von Gärtner
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Zitat Zitat von Makkabäus Beitrag anzeigen
    In einer unserer Kirchen wird jedes Jahr ein Israel-Sühne-Tag abgehalten, um die Wurzel des Christentums nicht hochmütig gegenüber zutreten.

    Es gibt aber noch keine erschöpfende und befriedigende Arbeit über die grundlegende Frage, was das Christentum dem Judentum zu verdanken hat.
    Es ist ein Gebiet, dessen Erforschung für das Verständnis des Christentums von hervorragender Bedeutung wäre.
    Die Briefe des Paulus z.b. strotzen nur so vor rabbinischer Tradition.
    Das hat man heute vergessen, wie bei Jesus, war auch Paulus ein Rabbi.
    Das trifft nicht unbedingt zu. Gerade im Rahmen der theologischen Wissenschaften befassen sich mehrere Unterdisziplinen mit dem jüdischen Erbe des Christentums. Dies schon deshalb, weil der jüdische Tanach auch Teil der Bibel der Christen ist. Von Textkritikern und Exegeten über historische Forscher und Religionswissenschaftler bis zu Fundamentaltheologen und Dogmatikern hat eine Vielzahl von Gelehrten das eng ineinander verschränkte Verhältnis von Judentum und Christentum ausgeleuchtet.
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  6. #86
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Guten Morgen Makkabäus,


    du zitierst Adolf von Harnack:

    Eine solche Ungerechtigkeit wie die der Heidenkirche gegenüber dem Judentum ist in der Geschichte fast unerhört.
    Die Heidenkirche streitet ihm alles ab, nimmt ihm sein heiliges Buch, und, während sie selbst nichts anderes ist als transformiertes Judentum, durchschneidet sie jeden Zusammenhang mit demselben: die Tochter verstößt die Mutter, nachdem sie sie ausgeplündert hat.

    Ist das so? Ist das Christentum nur ein „transformiertes Judentum“, das seine Mutter ausplündert und dann verstößt?

    Sind Christentum und Judentum Brüder (der ältere und der jüngere) im Geiste, die ihre nahe Verwandtschaft nach langem Ringen versöhnlich anerkennen, oder doch eher „feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung“ ?

    Oder ist das Christentum etwas ganz anderes? Etwas Eigenes, das sich zwar auch jüdischer Bild-Sprache bedient, aber sich doch wesentlich vom Judentum unterscheidet?


    Ich will diesen Fragen einmal nachgehen und frage zunächst bei der Autorität nach, dessen wortgewaltige Einsichten mir nun seid mehr als zwei Jahrzehnten schwer im Magen liegen und die ich mit meinen kaum zulänglichen Erkenntnis-Organen noch immer (mehr schlecht als recht) verdaue:

    In seinen späteren Jahren ganz Werkzeug, ganz Hammer jenes altvorderen Gottes geworden, der sich den Schutt der Jahrtausende aus den Augen reibt und endlich empor springt, um die gotischen Dome zu zerschlagen, schreibt Friedrich Nietzsche im „Antichrist“:

    (Anmerkung: Ich zitiere alle folgenden Texte ausführlich (z.B. den ganzen Abschnitt) und im Zusammenhang, was zwar nicht gerade dem straffen Aufbau meines Beitrages dienlich sein mag, mir jedoch aus verschiedenen Gründen dennoch wichtig ist, nicht zuletzt weil mir die entsprechenden Zitate auch über unsere Fragestellung hinaus sehr lesenswert erscheinen.)


    24.
    Ich berühre hier nur das Problem der Entstehung des Christentums. Der erste Satz zu dessen Lösung heißt: das Christenthum ist einzig aus dem Boden zu verstehn, aus dem es gewachsen ist, – es ist nicht eine Gegenbewegung gegen den jüdischen Instinkt, es ist dessen Folgerichtigkeit selbst, ein Schluß weiter in dessen furchteinflößender Logik. In der Formel des Erlösers: »das Heil kommt von den Juden«. – Der zweite Satz heißt: der psychologische Typus des Galiläers ist noch erkennbar, aber erst in seiner vollständigen Entartung (die zugleich Verstümmlung und Überladung mit fremden Zügen ist –) hat er dazu dienen können, wozu er gebraucht worden ist, zum Typus eines Erlösers der Menschheit. – Die Juden sind das merkwürdigste Volk der Weltgeschichte, weil sie, vor die Frage von Sein und Nichtsein gestellt, mit einer vollkommen unheimlichen Bewußtheit das Sein um jeden Preis vorgezogen haben: dieser Preis war die radikale Fälschung aller Natur, aller Natürlichkeit, aller Realität, der ganzen inneren Welt so gut als der äußeren. Sie grenzten sich ab gegen alle Bedingungen, unter denen bisher ein Volk leben konnte, leben durfte; sie schufen aus sich einen Gegensatz-Begriff zu natürlichen Bedingungen, – sie haben, der Reihe nach, die Religion, den Cultus, die Moral, die Geschichte, die Psychologie auf eine Unheilbare Weise in den Widerspruch zu deren Natur-Werthen umgedreht. Wir begegnen demselben Phänomene noch einmal und in unsäglich vergrößerten Proportionen, trotzdem nur als Copie: – die christliche Kirche entbehrt, im Vergleich zum »Volk der Heiligen«, jedes Anspruchs auf Originalität. Die Juden sind, ebendamit, das verhängnißvollste Volk der Weltgeschichte: in ihrer Nachwirkung haben sie die Menschheit dermaaßen falsch gemacht, daß heute noch der Christ antijüdisch fühlen kann, ohne sich als die letzte jüdische Consequenz zu verstehn.
    Ich habe in meiner »Genealogie der Moral« zum ersten Male den Gegensatz-Begriff einer vornehmen Moral und einer ressentiment-Moral psychologisch vorgeführt, letztere aus dem Nein gegen die erstere entsprungen: aber dies ist die jüdisch-christliche Moral ganz und gar. Um Nein sagen zu können zu Allem, was die aufsteigende Bewegung des Lebens, die Wohlgerathenheit, die Macht, die Schönheit, die Selbstbejahung auf Erden darstellt, mußte hier sich der Genie gewordne Instinkt des ressentiment eine andre Welt erfinden, von wo aus jene Lebens-Bejahung als das Böse, als das Verwerfliche an sich erschien. Psychologisch nachgerechnet, ist das jüdische Volk ein Volk der zähesten Lebenskraft, welches, unter unmögliche Bedingungen versetzt, freiwillig, aus der tiefsten Klugheit der Selbsterhaltung, die Partei aller décadence-Instinkte nimmt, – nicht als von ihnen beherrscht, sondern weil es in ihnen eine Macht errieth, mit der man sich gegen »die Welt« durchsetzen kann. Die Juden sind das Gegenstück aller décadents: sie haben sie darstellen müssen bis zur Illusion, sie haben sich, mit einem non plus ultra des schauspielerischen Genie's, an die Spitze aller décadence Bewegungen zu stellen gewußt (– als Christentum des Paulus –), um aus ihnen Etwas zu schaffen, das stärker ist als jede Ja-sagende Partei des Lebens. Die décadence ist, für die im Juden- und Christentum zur Macht verlangende Art von Mensch, eine priesterliche Art, nur Mittel: diese Art von Mensch hat ein Lebens-Interesse daran, die Menschheit krank zu machen und die Begriffe »gut« und »böse«, »wahr« und »falsch« in einen lebensgefährlichen und weltverleumderischen Sinn umzudrehn. –

    Nietzsche versteht das Christentum hier also als Kopie des Judentums, als „letzte jüdische Consequenz“.
    Man ist als Christ bei Juden unter Verwandten und dies selbst dort, wo sich Christen antijüdisch fühlen. Man teilt denselben falschen, nämlich einen konsequent gefälschten Blick auf die Wirklichkeit, man ist demselben welt-verneinenden „decadence-Instinkt“ entsprungen. Christen sind keine Gegenkraft zum Judentum, sondern seine ureigene Folgerichtigkeit.


    Noch deutlicher drückt Nietzsche dies hier aus: (Antichrist, 44)


    44.
    Was Paulus später mit dem Logiker-Zynismus eines Rabbiners zu Ende führte, war trotzdem bloß der Verfalls-Prozeß, der mit dem Tode des Erlösers begann. - Diese Evangelien kann man nicht behutsam genug lesen; sie haben ihre Schwierigkeiten hinter jedem Wort. Ich bekenne, man wird es mir zugute halten, daß sie eben damit für einen Psychologen ein Vergnügen ersten Ranges sind, - als Gegensatz aller naiven Verderbnis, als das Raffinement par excellence, als Künstlerschaft in der psychologischen Verderbnis. Die Evangelien stehn für sich. Die Bibel überhaupt verträgt keinen Vergleich. Man ist unter Juden: erster Gesichtspunkt, um hier nicht völlig den Faden zu verlieren. Die hier geradezu Genie werdende Selbstverstellung ins “Heilige”, unter Büchern und Menschen nie annähernd sonst erreicht, diese Wort- und Gebärden-Falschmünzerei als Kunst ist nicht der Zufall irgend welcher Einzel-Begabung, irgend welcher Ausnahme-Natur. Hierzu gehört Rasse. Im Christentum, als der Kunst, heilig zu lügen, kommt das ganze Judentum, eine mehrhundertjährige jüdische allerernsthafteste Vorübung und Technik zur letzten Meisterschaft. Der Christ, diese ultima ratio der Lüge, ist der Jude noch einmal - drei-mal selbst ... Der grundsätzliche Wille, nur Begriffe, Symbole, Attitüden anzuwenden, welche aus der Praxis des Priesters bewiesen sind, die Instinkt-Ablehnung jeder andren Praxis, jeder andren Art Wert- und Nützlichkeits-Perspektive – das ist nicht nur Tradition, das ist Erbschaft: nur als Erbschaft wirkt es wie Natur. Die ganze Menschheit, die besten Köpfe der besten Zeiten sogar (Einen ausgenommen, der vielleicht bloß ein Unmensch ist -) haben sich täuschen lassen. Man hat das Evangelium als Buch der Unschuld gelesen ... kein kleiner Fingerzeug dafür, mit welcher Meisterschaft hier geschauspielert worden ist. - Freilich: bekämen wir sie zu sehen, auch nur im Vorübergehn, alle diese wunderlichen Mucker und Kunst-Heiligen, so wäre es am Ende, - und genau deshalb, weil ich keine Worte lese, ohne Gebärden zu sehn, mache ich mit ihnen ein Ende ... Ich halte eine gewisse Art, die Augen aufzuschlagen, an ihnen nicht aus. - Zum Glück sind Bücher für die Allermeistern bloß Literatur -- Man muß sich nicht irreführen lassen: "richtet nicht!" sagen sie, aber sie schicken alles in die Hölle, was ihnen im Wege steht. Indem sie Gott richten lassen, richten sie selber; indem sie Gott verherrlichen, verherrlichen sie sich selber; indem sie die Tugenden fordern, deren sie gerade fähig sind – mehr noch, die sie nötig haben, um überhaupt oben zu bleiben -, geben sie sich den großen Anschein eines Ringens um die Tugend, eines Kampfes um die Herrschaft der Tugend. "Wir leben, wir sterben, wir opfern uns für das Gute" (- “die Wahrheit”, "das Licht", das “Reich Gottes”): in Wahrheit tun sie, was sie nicht lassen können. Indem sie nach Art von Duckmäusern sich durchdrücken, im Winkel sitzen, im Schatten schattenhaft dahinleben, machen sie sich eine Pflicht daraus: als Pflicht erscheint ihr Leben der Demut, als Demut ist es ein Beweis mehr für Frömmigkeit ... Ah diese demütige, keusche, barmherzige Art von Verlogenheit! "Für uns soll die Tugend selbst Zeugnis ablegen" ... Man lese die Evangelien als Bücher der Verführung mit Moral: die Moral wird von diesen kleinen Leuten mit Beschlag belegt, - sie wissen, was es auf sich hat mit der Moral! Die Menschheit wird am besten genasführt mit der Moral! - Die Realität ist, daß hier der bewußteste Auserwählten-Dünkel die Bescheidenheit spielt: man hat sich, die “Gemeinde”, die "Guten und Gerechten" ein für allemal auf die Eine Seite gestellt, auf die “der Wahrheit” - und den Rest, “die Welt”, auf die andre ... Das war die verhängnisvollste Art Größenwahn, die bisher auf Erden dagewesen ist: kleine Mißgeburten von Muckern und Lügnern fingen an, die Begriffe “Gott”, “Wahrheit”, “Licht”, “Geist”, “Liebe”, “Weisheit”, “Leben” für sich in Anspruch zu nehmen, gleichsam als Synonyma von sich, um damit die “Welt” gegen sich abzugrenzen, kleine Superlativ-Juden, reif für jede Art Irrenhaus, drehten die Werte überhaupt nach sich um, wie als ob erst “der Christ” der Sinn, das Salz, das Maß, auch das letzte Gericht vom ganzen Rest wäre ... Das ganze Verhängnis wurde dadurch allein ermöglicht, daß schon eine verwandte, rassenverwandte Art von Größenwahn in der Welt war, der jüdische: sobald einmal die Kluft zwischen Juden und Judenchristen sich aufriß, blieb letzteren gar keine Wahl, als dieselben Prozeduren der Selbsterhaltung, die der jüdische Instinkt anriet, gegen die Juden selber anzuwenden, während die Juden sie bisher bloß gegen alles Nicht-Jüdische angewendet hatten. Der Christ ist nur ein Jude "freieren" Bekenntnisses. -

    Das lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
    Nach Nietzsche sind Juden und Christen also tatsächlich Brüder im Geiste; allerdings schon ab einem frühen Zeitpunkt*feindliche Brüder. Sie müssen sich feindlich gesonnen sein, weil beide demselben jüdischen Selbsterhaltungsinstinkt, demselben eigensinnigen Größenwahn unterworfen sind.

    Von Ungerechtigkeit (Harnack) der kopierenden Christen gegenüber den Juden kann, wenn man Nietzsche folgen will, aber keine Rede sein, sehr wohl jedoch von Konsequenz, Folgerichtigkeit oder Notwendigkeit.

    Das jüdische Mem (modern ausgedrückt), das ist ein größenwahnsinniger Auserwählten-Dünkel, ein radikaler Wille zur Lüge, zur Verfälschung der Welt im eigenen Sinne, ein Wille nach Auflösung aller (nichtjüdischen) Dinge, hat in jedem Christen eine Heimstatt gefunden, unabhängig davon, ob es sich bei diesem Christen um einen norddeutschen Bauern, einen römischen Prälaten, einen Owambo aus dem südwestlichen Afrika, oder einen Han-chinesischen Mönch handelt.

    Alle, als Christen, sind nur Juden (dreimal Juden!) eines „freieren Bekenntnisses“; alle hocken im Winkel, im Schatten, im Mucker-Ghetto und verneinen alles andere; alles was nicht dem eigenen Jude-sein entspricht, wird verleugnet, zersetzt, vernichtet.


    Wir wollen bei der Beantwortung unserer Frage nach dem Verhältnis von Christentum und Judentum jedoch dem „Antichristen“ das Feld nicht allein überlassen und schauen uns beim nächsten Mal einen anderen Gedanken Nietzsches aus einer etwas früheren Schrift etwas genauer an.



    Gruß


    Rabenfeder


    (wird fortgesetzt)

  7. #87
    a.D. Benutzerbild von Gärtner
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Zitat Zitat von Rabenfeder Beitrag anzeigen
    (...) Das jüdische Mem (modern ausgedrückt), das ist ein größenwahnsinniger Auserwählten-Dünkel, ein radikaler Wille zur Lüge, zur Verfälschung der Welt im eigenen Sinne, ein Wille nach Auflösung aller (nichtjüdischen) Dinge, hat in jedem Christen eine Heimstatt gefunden, unabhängig davon, ob es sich bei diesem Christen um einen norddeutschen Bauern, einen römischen Prälaten, einen Owambo aus dem südwestlichen Afrika, oder einen Han-chinesischen Mönch handelt.

    Alle, als Christen, sind nur Juden (dreimal Juden!) eines „freieren Bekenntnisses“; alle hocken im Winkel, im Schatten, im Mucker-Ghetto und verneinen alles andere; alles was nicht dem eigenen Jude-sein entspricht, wird verleugnet, zersetzt, vernichtet.
    Daß mit dem Christentum der von den Juden das erste Mal formulierte Gedanke vom Heil der Menschen geweitet und sich auf die ganze Welt erstreckt, ist sicherlich nichts schattenhaftes. Es geht eben nicht um Abgrenzung, sondern um die Einladung, in die Gnade der universalen Erlösung einzutreten, ins Licht der vollendeten Gottgeschöpflichkeit.

    Bei allem Respekt vor dem großen Philosophen Nietzsche (er ist neben Martin Luther der große Deutschlehrer unseres Volkes), aber die Expertise, sich sachverständig zu den theologischen Implikationen etwa des jüdisch-christlichen Verhältnisses zu äußern, die besitzt er nicht.
    "Die beiden Gelehrten Gabundus und Terentius diskutierten 14 Tage und 14 Nächte
    lang über den Vokativ von Ego. Am Ende griffen sie zu den Waffen."

    Umberto Eco

  8. #88
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Das Gleichnis des Paulus im Römerbrief mit dem Ölbaum ist versöhnlich, es zeigt auf das es ein Happy End geben wird.
    Die tiefsten Brunnen tragen die höchsten Wasser - Meister Eckhart

  9. #89
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Guten Morgen Gärtner,


    Du schreibst:

    Bei allem Respekt vor dem großen Philosophen Nietzsche (er ist neben Martin Luther der große Deutschlehrer unseres Volkes), aber die Expertise, sich sachverständig zu den theologischen Implikationen etwa des jüdisch-christlichen Verhältnisses zu äußern, die besitzt er nicht.

    Aha. Mag sein.

    Nietzsche allerdings betrachtete Christentum und Judentum wohl eher weniger als Theologe, sondern als Psychologe. Fehlt ihm etwa auch die Expertise, sich sachverständig zu den psychologischen Implikationen des jüdisch-christlichen Verhältnisses zu äußern?


    Daß mit dem Christentum der von den Juden das erste Mal formulierte Gedanke vom Heil der Menschen geweitet und sich auf die ganze Welt erstreckt, ist sicherlich nichts schattenhaftes. Es geht eben nicht um Abgrenzung, sondern um die Einladung, in die Gnade der universalen Erlösung einzutreten, ins Licht der vollendeten Gottgeschöpflichkeit.

    Der „Antichrist“ würde Dir wohl entgegnen, dass das Heil „das von den Juden kommt“ nicht wesensgleich ist mit dem Heil, dem heil sein, ganz sein, gesund sein, gerettet und erlöst sein, das sich in den anderen heidnischen Erlösungs- und Mysterienkulten griechischer oder orientalischer Herkunft finden lässt, die in der (griechischen) Antike schon lange bekannt waren oder aber spätestens zur römischen Kaiserzeit in die antike Welt eindrangen.
    (Wir lassen einmal alle nicht antiken Vorstellungen vom Heil, z.B. germanische, slawische oder keltische, außer Acht.)


    Aus der ungefähren Entstehungszeit des „Antichrist“, dem Jahre 1888, stammt folgender Text aus dem Nachlass, der anschaulich werden lässt, wie Nietzsche in jenen Tagen dachte:


    Die zwei Typen:
    Dionysos und der Gekreuzigte.
    Festzuhalten: der typische religiöse Mensch—ob eine décadence-Form?
    Die großen Neuerer sind sammt und sonders krankhaft und epileptisch
    : aber lassen wir nicht da einen Typus des religiösen Menschen aus, den heidnischen? Ist der heidnische Cult nicht eine Form der Danksagung und Bejahung des Lebens? Müßte nicht sein höchster Repräsentant eine Apologie und Vergöttlichung des Lebens sein?
    Typus eines vollgerathenen und entzückt-überströmenden Geistes ...
    Typus eines die Widersprüche und Fragwürdigkeiten des Daseins in sich hineinnehmenden und erlösenden Typus?
    — Hierher stelle ich den Dionysos der Griechen:
    die religiöse Bejahung des Lebens, des ganzen, nicht verleugneten und halbirten Lebens
    typisch: daß der Geschlechts-Akt Tiefe, Geheimniß, Ehrfurcht erweckt
    Dionysos gegen den “Gekreuzigten”: da habt ihr den Gegensatz. Es ist nicht eine Differenz hinsichtlich des Martyriums,—nur hat dasselbe einen anderen Sinn. Das Leben selbst, seine ewige Fruchtbarkeit und Wiederkehr bedingt die Qual, die Zerstörung, den Willen zur Vernichtung ...
    im anderen Fall gilt das Leiden, der “Gekreuzigte als der Unschuldige,” als Einwand gegen dieses Leben, als Formel seiner Verurtheilung.
    Man erräth: das Problem ist das vom Sinn des Leidens: ob ein christlicher Sinn, ob ein tragischer Sinn ... Im ersten Falle soll es der Weg sein zu einem seligen Sein, im letzteren gilt das Sein als selig genug, um ein Ungeheures von Leid noch zu rechtfertigen
    Der tragische Mensch bejaht noch das herbste Leiden: er ist stark, voll, vergöttlichend genug dazu
    Der christliche verneint noch das glücklichste Los auf Erden: er ist schwach, arm, enterbt genug, um in jeder Form noch am Leben zu leiden ...
    “der Gott am Kreuz” ist ein Fluch auf Leben, ein Fingerzeig, sich von ihm zu erlösen
    der in Stücke geschnittene Dionysos ist eine Verheißung ins Leben: es wird ewig wieder geboren und aus der Zerstörung heimkommen

    Vielleicht wird Nietzsches Bild vom Schattenhocker hier nun deutlicher:

    Wer das Sein heil machen will, dem kann es nicht genug sein; das Sein erscheint diesem Mucker und Winkelhocker fehlerhaft und zerbrochen.
    Ein solcher priesterlicher Typ richtet (sich) gegen die Welt, gegen das Leben; „diese Art von Mensch hat ein Lebens-Interesse daran, die Menschheit krank zu machen und die Begriffe »gut« und »böse«, »wahr« und »falsch« in einen lebensgefährlichen und weltverleumderischen Sinn umzudrehn. –.“

    Entgegen Deiner Behauptung, geht es dem Juden-Christen Nietzsche zufolge also sehr wohl um Abgrenzung, nämlich um Abgrenzung vom Sein und damit auch um Abgrenzung zu allem das nicht jüdisch/christlich ist.


    Ins Licht tritt derjenige, der ja zum Sein sagt, dem das Sein selbst heilig genug ist, auch alles Leid zu rechtfertigen. In der Kommunion mit einem solchen lebensbejahenden Gott, mit dem zerstückelten und ewig wiederkehrenden und damit heil werdenden Gott Dionysos (Soter) findet der Suchende sein Heil, als eine „Verheissung ins Leben“.


    Du schreibst:

    Daß mit dem Christentum der von den Juden das erste Mal formulierte Gedanke vom Heil der Menschen geweitet und sich auf die ganze Welt erstreckt (…)

    Bist Du sicher, dass Du hier bereits nicht dem oben angesprochenen jüdischen Größenwahn und Auserwählten-Dünkel auf den Leim gehst?


    Das von Makkabäus angesprochene Ölbaumgleichnis aus dem Paulusbrief an die Römer

    Das Bild vom Ölbaum

    13*Euch, den Heiden, sage ich: Gerade als Apostel der Heiden preise ich meinen Dienst,
    14*weil ich hoffe, die Angehörigen meines Volkes eifersüchtig zu machen und wenigstens einige von ihnen zu retten.
    15*Denn wenn schon ihre Verwerfung für die Welt Versöhnung gebracht hat, dann wird ihre Annahme nichts anderes sein als Leben aus dem Tod.
    16*Ist die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist es auch der ganze Teig; ist die Wurzel heilig, so sind es auch die Zweige.
    17*Wenn aber einige Zweige herausgebrochen wurden und wenn du als Zweig vom wilden Ölbaum in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest und damit Anteil erhieltest an der Kraft seiner Wurzel,
    18*so erhebe dich nicht über die anderen Zweige. Wenn du es aber tust, sollst du wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.
    19*Nun wirst du sagen: Die Zweige wurden doch herausgebrochen, damit ich eingepfropft werde.
    20*Gewiss, sie wurden herausgebrochen, weil sie nicht glaubten. Du aber stehst an ihrer Stelle, weil du glaubst. Sei daher nicht überheblich, sondern fürchte dich!
    21*Hat Gott die Zweige, die von Natur zum edlen Baum gehören, nicht verschont, so wird er auch dich nicht verschonen.
    22*Erkenne die Güte Gottes und seine Strenge! Die Strenge gegen jene, die gefallen sind, Gottes Güte aber gegen dich, sofern du in seiner Güte bleibst; sonst wirst auch du herausgehauen werden.
    23*Ebenso werden auch jene, wenn sie nicht am Unglauben fest halten, wieder eingepfropft werden; denn Gott hat die Macht, sie wieder einzupfropfen.
    24*Wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgehauen und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest, dann werden erst recht sie als die von Natur zugehörigen Zweige ihrem eigenen Ölbaum wieder eingepfropft werden.

    illustriert wunderbar den angesprochenen jüdischen Größenwahn und Auserwählten-Dünkel und auch wie sich der Rabbi Paulus die „Versöhnung“ vorstellt:
    Die unbeschnittenen Juden aus den wilden Ölbäumen fügen sich als eingepfropfte Äste in den edleren Ölbaum der beschnittenen Juden ein, denn „ nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich“.


    Folgen wir dem „Antichristen“, dann wird klar, warum Nietzsche die Mission des Paulus so kritisch sah; warum sind die Juden „ das verhängnißvollste Volk der Weltgeschichte“?

    Doch sicher nicht, nur weil sie da sind, weil sie existieren.
    Dem Original, den Juden selbst zollt der „Antichrist“ doch durchaus Respekt:
    „ Psychologisch nachgerechnet, ist das jüdische Volk ein Volk der zähesten Lebenskraft, welches, unter unmögliche Bedingungen versetzt, freiwillig, aus der tiefsten Klugheit der Selbsterhaltung, die Partei aller décadence-Instinkte nimmt, – nicht als von ihnen beherrscht, sondern weil es in ihnen eine Macht errieth, mit der man sich gegen »die Welt« durchsetzen kann. Die Juden sind das Gegenstück aller décadents “

    Das Verhängnis beginnt in dem Augenblick, wo der Jude (in Gestalt des Rabbi Paulus) auf Wanderschaft geht, wo der jüdische Volksgott Kosmopolit wird.
    Was für die Juden aus Instinkt heraus gegen die Welt gut ist, ist für alle anderen in der Welt Gift.
    Es bedeutet für sie (nicht für die Juden) decadence, Auflösung, Zersetzung, Krankheit, Lebensfeindlichkeit, Untergang, Tod.
    Sicherlich nicht das Heil.


    Also sprach der „Antichrist“:


    Wo in irgend welcher Form der Wille zur Macht niedergeht, giebt es jedesmal auch einen physiologischen Rückgang, eine décadence. Die Gottheit der décadence, beschnitten an ihren männlichsten Tugenden und Trieben, wird nunmehr nothwendig zum Gott der physiologisch– Zurückgegangenen, der Schwachen. Sie heißen sich selbst nicht die Schwachen, sie heißen sich »die Guten« ... Man versteht, ohne daß ein Wink noch noth thäte, in welchen Augenblicken der Geschichte erst die dualistische Fiktion eines guten und eines bösen Gottes möglich wird. Mit demselben Instinkte, mit dem die Unterworfnen ihren Gott zum »Guten an sich« herunterbringen, streichen sie aus dem Gotte ihrer Überwinder die guten Eigenschaften aus; sie nehmen Rache an ihren Herren, dadurch daß sie deren Gott verteufeln. – Der gute Gott, ebenso wie der Teufel: Beide Ausgeburten der décadence, – Wie kann man heute noch der Einfalt christlicher Theologen so viel nachgeben, um mit ihnen zu decretiren, die Fortentwicklung des Gottesbegriffs vom »Gotte Israels«, vom Volksgotte zum christlichen Gotte, zum Inbegriff alles Guten, sei ein Fortschritt? – Aber selbst Renan thut es. Als ob Renan ein Recht auf Einfalt hätte! Das Gegentheil springt doch in die Augen. Wenn die Voraussetzungen des aufsteigenden Lebens, wenn alles Starke, Tapfere, Herrische, Stolze aus dem Gottesbegriffe eliminirt werden, wenn er Schritt für Schritt zum Symbol eines Stabs für Müde, eines Rettungsankers für alle Ertrinkenden heruntersinkt, wenn er Arme-Leute-Gott, Sünder-Gott, Kranken-Gott par excellence wird, und das Prädikat »Heiland«, »Erlöser« gleichsam übrig bleibt als göttliches Prädikat überhaupt: wovon redet eine solche Verwandlung? eine solche Reduktion des Göttlichen? – Freilich: »das Reich Gottes« ist damit größer geworden. Ehemals hatte er nur sein Volk, sein »auserwähltes« Volk. Inzwischen gieng er, ganz wie sein Volk selber, in die Fremde, auf Wanderschaft, er saß seitdem nirgendswo mehr still: bis er endlich überall heimisch wurde, der große Kosmopolit, – bis er »die große Zahl« und die halbe Erde auf seine Seite bekam. Aber der Gott der »großen Zahl«, der Demokrat unter den Göttern, wurde trotzdem kein stolzer Heidengott: er blieb Jude, er blieb der Gott der Winkel, der Gott aller dunklen Ecken und Stellen, aller ungesunden Quartiere der ganzen Welt! ... Sein Weltreich ist nach wie vor ein Unterwelts-Reich, ein Hospital, ein souterrain-Reich, ein Ghetto-Reich ... Und er selbst, so blaß, so schwach, so décadent... Selbst die Blassesten der Blassen wurden noch über ihn Herr, die Herrn Metaphysiker, die Begriffs-Albinos. Diese spannen so lange um ihn herum, bis er, hypnotisirt durch ihre Bewegungen, selbst Spinne, selbst Metaphysicus wurde. Nunmehr spann er wieder die Welt aus sich heraus – sub specie Spinozae –, nunmehr transfigurirte er sich in's immer Dünnere und Blassere, ward »Ideal«, ward »reiner Geist«, ward »Absolutum«, ward »Ding an sich« ... Verfall eines Gottes: Gott ward »Ding an sich«...


    Aber, wie schon angekündigt, wollen wir uns nicht allein dem Urteil des „Antichristen“ unterwerfen, sondern unsere Untersuchung zum Verhältnis zwischen Judentum und Christentum ein wenig ausweiten.
    Du erwähnst Martin Luther. Dieses Stichwort greifen wir beim nächsten Mal auf...



    Gruß


    Rabenfeder
    Geändert von Rabenfeder (17.04.2014 um 01:49 Uhr)

  10. #90
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    Standard AW: Ecclesia und Synagoga ! Feindliche Schwestern ohne Hoffnung auf Versöhnung ?

    Guten Morgen,


    das Osterfest ist gefeiert und so ist es an der Zeit unser Thema, das Verhältnis von Christentum und Judentum, voranzubringen.

    Erinnern wir uns noch einmal an Gärtners Behauptung, dass im Judentum zum ersten Mal der Gedanke des Heils der Menschen formuliert wurde und dass dieser sich dann durch das Christentum geweitet und sich auf die ganze Welt erstrecken konnte.
    Wir haben gesehen, dass Nietzsche in seinem letzten Schaffensjahr dem Heil „dass von den Juden kommt“ eine andere Vorstellung vom Heil entgegengestellt hat, nämlich die des Dionysos, der Heilbringer und der Welt dennoch zugewandter griechischer Gott.

    Fragen wir bei einer anderen Autorität nach, was es mit dem Heil und Dionysos auf sich hat; wenden wir uns also an Mircea Eliade und seine „Geschichte der religiösen Ideen“:
    Gleich zu Beginn des 26.Kapitels (Synkretismus und Kreativität im hellenistischen Zeitalter: das Versprechen des Heils) erfahren wir:


    §205. Die Mysterienreligionen
    Wie wir schon festgestellt haben (§184), macht das Versprechen von Heil die Neuheit und das grundlegende Charakteristikum der hellenistischen Religionen aus.
    Gewiß handelte es sich in erster Linie um individuelles Heil, die Herrscherkulte jedoch verfolgten ein entsprechendes Ziel. Die Gottheiten, von denen man annahm, sie hätten den Tod und die Auferstehung gekannt, waren dem Menschen näher als die Stadtgottheiten. Ihr Kult enthielt eine mehr oder weniger ausführliche Initiation (Katechese, Riten, esoterische Belehrung), nach welcher der Neophyt im Konventikel zugelassen war. Die Zugehörigkeit zu einer Mysteriengemeinschaft hinderte keineswegs die Initiation in andere geheime Bruderschaften. Wie alle geistigen Strömungen dieser Zeit hat sich auch die Hoffnung auf Heil unter dem Vorzeichen des Synkretismus entwickelt.

    Eliade sieht im Versprechen von Heil durch die Götter, „die Tod und Auferstehung gekannt haben“ also das wesentliche Merkmal der hellenistischen Religionen und nicht des Judentums.
    Gärtners Behauptung scheint also zumindest fragwürdig zu sein, wenn er sich nicht auf eine bestimmte und begrenzte Konzeption des Heils bezieht.

    Eliade fährt fort:

    Der religiöse Synkretismus ist in der Tat das dominierende Kennzeichen der Epoche. Als uraltes, vielfältig bezeugtes Phänomen hatte der Synkretismus bei der Entstehung der hethitischen, griechischen und römischen Religion, in der Religion Israels, im Mahayana-Buddhismus und im Taoismus eine wichtige Rolle gespielt. Was jedoch den Synkretismus in der hellenistischen und römischen Epoche auszeichnet, sind sein Umfang und seine überraschende Kreativität. Weit davon entfernt, Abnutzungs- oder Sterilitätserscheinungen zu zeigen, scheint der Synkretismus vielmehr die Bedingung jedweder religiösen Schöpfung zu sein. Wir haben seine Bedeutung im nachexilischen Judentum gesehen (§202). Später werden wir einen analogen Prozeß in bestimmten Schöpfungen der iranischen Religiösität entdecken (§212). das Urchristentum breitet sich ebenfalls in einer synkretistischen Umwelt aus. Gewiß ist in der uns interessierenden Epoche ein einziger Gott – Serapis – das Ergebnis einer bewußt vollzogenen Verschmelzung zweier Göttergestalten.
    Aber die griechisch-orientalischen Mysterien, die eschatologisch-apokalyptischen Spekulationen, der Herrscherkult – um nur einige zu nennen – zeigen anschaulich die Bedeutung und Lebenskraft synkretistischen Denkens.

    Nach Eliade scheint also jede Religionsschöpfung aus einer Vermischung verschiedener religiöser Vorstellungen hervorzugehen. Dies ist für unsere Untersuchung insofern interessant, als auch das Christentum somit eine originäre synkretistische Schöpfung oder Stiftung sein kann, ohne dem Judentum über ein bestimmtes Maß hinaus zur Dankbarkeit oder gar einem Schuldgefühl (aufgrund der Ungerechtigkeit, die Harnack zu sehen meinte) verpflichtet zu sein.
    Wir wollen aber auch Nietzsches Aussage im „Antichrist“ hinterfragen, „die christliche Kirche entbehrt, im Vergleich zum »Volk der Heiligen«, jedes Anspruchs auf Originalität.“ und auch untersuchen, ob wir denn dann das Judentum etwa verantwortlich machen müssten, als „das verhängnißvollste Volk der Weltgeschichte“ einen verderblichen Einfluss mit und durch das sich ausweitende Christentum ausgeübt zu haben.

    Doch zunächst hören wir Mircea Eliade weiter zu:

    Man könnte sagen, die Heilsversprechungen versuchten den furchterregenden Einfluß der Göttin Tyche („Zufall“, lat. Fortuna) zu bannen. Tyche, kapriziös und unberechenbar, bringt unterschiedslos Glück und Unglück; sie manifestiert sich als ananke („Notwendigkeit“) oder heimarmene („Schicksal“) und zeigt ihre Macht besonders im Leben der größten Persönlichkeiten, wie etwa Alexanders. Das Schicksal wird schließlich sogar mit astralem Fatalismus verbunden.
    Die Existenz der Menschen wird ebenso wie der Bestand von Städten und Staaten von den Sternen bestimmt. Diese Lehre und die Astrologie – als die Technik, die deren Prinzipien anwendet – entwickeln sich aus den Beobachtungen der Sternenbahnen durch die Babylonier. Gewiß war die Theorie der Entsprechung von Mikro- und Makrokosmos schon seit langem in Mesopotamien (§24) und auch andernorts in der asiatischen Welt bekannt. Nun jedoch fühlt sich der Mensch nicht mehr den kosmischen Rythmen nur verbunden, sondern er entdeckt, daß er durch die Sternenbewegungen determiniert ist.
    Dieser pessimistischen Konzeption konnte nur durch die Überzeugung, daß bestimmte göttliche Wesen vom Schicksal unabhängig, ja ihm sogar überlegen sind, die Grundlage entzogen werden.
    Bel wird als Herr des Zufalls, Fortuna rector, proklamiert. In den Isis-Mysterien versichert die Göttin dem Initiierten, daß sie das Leben über die vom Schicksal bestimmte Grenze hinaus verlängern könne. Im „Preis der Isis und Osiris“ spricht die Göttin:
    „Ich habe das Schicksal überwunden, und das Schicksal gehorcht mir.“ Ja mehr noch: Tyche (oder Fortuna) wird zum Attribut der Isis. Zahlreiche mysteriosophische und hermetische Texte versichern, daß die Initiierten nicht mehr vom Geschick determiniert sind.

    Man ist versucht, auch Christus in die Reihe der befreienden und vom Schicksal erlösenden Götter einzureihen.
    Nietzsche hingegen sieht im „Antchrist“ einen fundamentalen Unterschied zwischen den heidnischen Heilsgöttern, insbesondere Dionysos, und dem jüdischen Christus, bei dem „der psychologische Typus des Galiläers noch erkennbar [ist], aber erst in seiner vollständigen Entartung (die zugleich Verstümmlung und Überladung mit fremden Zügen ist –) hat er dazu dienen können, wozu er gebraucht worden ist, zum Typus eines Erlösers der Menschheit.“
    Während für den „Antchristen“ der Gott der Christen „trotzdem kein stolzer Heidengott [wurde]: er blieb Jude, er blieb der Gott der Winkel, der Gott aller dunklen Ecken und Stellen, aller ungesunden Quartiere der ganzen Welt! ... Sein Weltreich ist nach wie vor ein Unterwelts-Reich, ein Hospital, ein souterrain-Reich, ein Ghetto-Reich ...“ so sah er, wie wir gesehen haben, in Dionysos etwas anderes.

    Wer war Dionysos?


    Eliade schreibt:

    §206. Mystischer Dionysos

    In hellenistischer Zeit war Dionysos der populärste griechische Gott. Sein öffentlicher Kult wurde „gereinigt“ und vergeistigt, wobei die Ekstase (die jedoch in den Dionysos-Mysterien weiterhin eine wichtige Rolle spielte) eliminiert wurde. Außerdem war die Dionysos-Mythologie sehr lebendig. Die bildenden Künste, besonders die Sarkophag-Dekorationen, ließen sich in reichem Maße von den bekannten mythologischen Begebenheiten anregen, in erster Linie von den Kindheitsgeschichten des Dionysos (die wunderbare Geburt, die Getreideschwinge), der Befreiung der Ariadne und dem darauffolgenden hieros gamos.
    Die Mythologie, die Kultorte und die Monumente wiesen mit aller wünschenswerten Deutlichkeit auf die doppelte Natur des Dionysos hin: von Zeus und einer Sterblichen abstammend, verfolgt und dennoch siegreich, gemordet und wiedererstanden. In Delphi zeigte man sein Grab, seine Auferstehung aber war auf zahlreichen Monumenten bildlich dargestellt. Es war ihm gelungen, seine Mutter unter die Olympier aufsteigen zu lassen; vor allem hatte er Ariadne aus der Unterwelt zurückgeholt und geheiratet. In hellenistischer Zeit symbolierte ja die Gestalt Ariadnes die menschliche Seele.
    Mit anderen Worten: Dionysos löste die Seele nicht nur vom Tod, sondern vereinigte sich mit ihr in mystischer Hochzeit.

    Wir ahnen, was Nietzsche meinte, als er notierte:

    : aber lassen wir nicht da einen Typus des religiösen Menschen aus, den heidnischen? Ist der heidnische Cult nicht eine Form der Danksagung und Bejahung des Lebens? Müßte nicht sein höchster Repräsentant eine Apologie und Vergöttlichung des Lebens sein?
    Typus eines vollgerathenen und entzückt-überströmenden Geistes ...
    Typus eines die Widersprüche und Fragwürdigkeiten des Daseins in sich hineinnehmenden und erlösenden Typus?
    — Hierher stelle ich den Dionysos der Griechen:
    die religiöse Bejahung des Lebens, des ganzen, nicht verleugneten und halbirten Lebens
    typisch: daß der Geschlechts-Akt Tiefe, Geheimniß, Ehrfurcht erweckt

    In der fehlenden Sakralisierung des Geschlechtlichen liegt vielleicht der wesentliche Unterschied zum Kult des „Gekreuzigten“.

    Hören wir Eliade:

    (…) Jedenfalls darf man festhalten, daß das Vorzeigen des Phallus einen religiösen Vorgang darstellte, denn es handelte sich um das Zeugungsorgan des Dionysos, der Gott und zugleich Sterblicher war, der den Tod besiegt hatte. Man braucht sich nur an die Sakralität des linga Shivas zu erinnern, um sich klarzumachen, daß in bestimmten kulturell-religiösen Kontexten das Zeugungsorgan eines Gottes nicht nur das Geheimnis seiner Schöpferkraft symbolisiert, sondern auch seine Gegenwart bewirkt.
    In der modernen westlichen Welt ist eine solche religiöse Erfahrung gewiß nicht nachvollziehbar. Denn im Unterschied zu den Mysterien hat das Christentum einen sakramentalen wert der Sexualität nie gekannt. Man könnte die gleiche Feststellung hinsichtlich der dionysischen rituellen Mahlzeiten treffen, bei denen sich die Initiierten blumenbekränzt einer fröhlichen Trunkenheit, die als göttliche Besessenheit betrachtet wurde, überließen. Es ist für uns schwierig, die Sakralität einer solchen Lustbarkeit zu erfassen. Sie war jedoch die Antizipation der Glückseligkeit jenseits des Grabes, die den Initiierten der Dionysos-Mysterien versprochen war.

    Warum ist es für Christen so schwer, „ die Sakralität einer solchen Lustbarkeit zu erfassen“?

    Offenbart sich nicht zuletzt in diesem fundamentalen Unverständnis das sich vom Sein abgrenzende und von der Welt abwendende Heilsversprechen der Christen?


    Mircea Eliade beschließt seinen Abschnitt über den mystischen Dionysos so:

    Späte Texte, die eine orphische Eschatologie widerspiegeln, betonen die Rolle des Dionysos als König der neuen Zeit. Trotz seines kindlichen Alters hat ihn Zeus herrschen lassen über alle Götter des Universums (Fr.orph.207). Die Epiphanie des göttlichen Kindes zeigt die neue Jugend des Universums, die kosmische Palingenesie, an. (Das Kind als Zeichen der Wiedergeburt und Erneuerung führt den religiösen Symbolismus des Phallus fort.) Die sich an den Triumph des Dionysos knüpfenden Hoffnungen, also die einer periodischen Regenerierung der Welt, schließen den Glauben an die bevorstehende Wiederkehr des Goldenen Zeitalters ein. Dies erklärt die Popularität des Titels „Neuer Dionsyos“, der im Umkreis unseres zeitalters verschiedenen Personen von anderen (oder sich selbst) beigelegt worden ist.

    So ähnlich und doch so verschieden, möchte man ausrufen, wenn man sich Dionysos und dem Gekreuzigten vergleichend nähert, nicht wahr?

    (Mir kommt außerdem noch das berühmte Gleichnis von den drei Verwandlungen des Geistes in „Also sprach Zarathustra“ in den Sinn, warum der Geist zuerst zum Kamel, dann zum Löwen und schließlich noch zum aus sich rollenden Rad, zum Kind, werden muss. Göttliches Dionysos-Kind!)


    Beim nächsten Mal beschäftigen wir uns noch einmal näher mit dem vielleicht eigentlichen Stifter des Christentums, mit dem Apostel der Heiden, mit Saulus, aus dem Paulus wurde.
    Vielleicht erfahren wir mehr über das andersgeartete Wesen des Gekreuzigten und seiner Herkunft aus „dem verhängnißvollsten Volk der Weltgeschichte“...

    Martin Luther und der angekündigte Nietzsche-Text müssen noch ein Weilchen warten!



    Gruß


    Rabenfeder

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