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Der Einfluss der Wissenschaftler auf die amerikanische Regierung blieb freilich gering. Im aufziehenden Kalten Krieg ging sie insbesondere zum neomarxistischen Denker Marcuse auf Distanz. In einem späteren Interview meinte Marcuse, sie hätten praktisch umsonst gearbeitet.
Aber sein eigenes Engagement und seine geistige Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus hatte sich mit Kriegsende keineswegs erledigt. 1946 unternahm er eine längere offizielle Reise nach Deutschland. Dabei besuchte er auch seinen ehemaligen Lehrer Martin Heidegger. Heidegger hatte sich 1933 in der berüchtigten Freiburger Rektoratsrede zur nationalsozialistischen Bewegung bekannt, wohl in der verblendeten Annahme, er als Philosoph sei dazu berufen, wie es Habermas einmal ausdrückte, "den Führer zu führen".
"Aus diesem Besuch ist ein Briefwechsel entstanden. Heidegger spricht von seinem Verhalten als einem Irrtum. Und Marcuse versucht ihm zu zeigen, dass ein Denker mit solch einem Anspruch in einer solchen Situation sich nicht einfach irren kann, und er versucht Heidegger dazu zu bewegen, wenigstens etwas zur Vernichtung der europäischen Juden zu sagen.
Und Heidegger weicht aus, und sagt: Nun ja, was nach dem Krieg die Alliierten mit den Flüchtlingen gemacht haben, das sei im Prinzip dasselbe, wie das, was die Nazis mit den Juden gemacht hätten. Und darüber war Marcuse höchst empört, denn diese Art von unreflektierter Gleichsetzung konnte Marcuse nicht unwidersprochen stehenlassen und der Kontakt ist nach 1947 auch völlig abgebrochen."
Marcuse ging für immer zurück in die USA und wurde zum Vordenker der Studentenrevolte, insbesondere mit seinem Buch "Der eindimensionale Mensch", wo er die These der Technokratie weiterentwickelt, nun mit kritischem Blick auf die moderne amerikanische Gesellschaft.