Raed Saleh er könnte der erste muslimische Regierende Bürgermeister (gleich Ministerpräsident in den Flächenbundesländern) werden. Klinken putzen ist angesagt, natürlich bei seiner muslimischen Wählerschaft. Da geht er in die Berliner Vorzeigemoschee, zu den Vorzeigetürken und redet um den Brei herum!
Am 3. Oktober nutzte der SPD-Fraktionschef eine Neuköllner Moschee als Bühne. Er sprach aber am Thema vorbei, meint Gunnar Schupelius.
An Raed Saleh (37) kommt man in diesen Tagen nicht vorbei. Man sieht ihn überall. Er ist Fraktionschef der SPD im Abgeordnetenhaus und will Regierender Bürgermeister werden. Also nutzt er jede Bühne zur eigenen Werbung. Am 3. Oktober, dem Nationalfeiertag, nutzte er eine Moschee als Bühne, die Sehitlik am Columbiadamm, Neukölln.
Es war 16.30 Uhr und die Moderatorin hatte ihn als “Bezirksoberbürgermeisterkandidat” angekündigt. Saleh störte dieser Irrtum nicht. Ohne Schuhe, die man in der Moschee am Eingang auszieht, saß er da und strahlte gewinnend in die Runde. Wie immer. Saleh ist ein sympathischer Mann.
Er ist Moslem, spricht aber selten darüber und nie in einer Moschee. Was hätte er also zu sagen in diesen turbulenten Zeiten, in denen die Angst vor dem islamischen Extremismus täglich wächst?
Einer, der sich anschickt, Berlins erster muslimischer Bürgermeister zu werden, der müsste klare Worte finden, dachte ich. Saleh fand sie nicht. Er blieb allgemein. Das wirkte unpassend.
“Mir ist wichtig, dass die Konflikte aus Nahost nicht zu uns kommen”, sagte er und ging damit am Thema vorbei. Denn diese “Konflikte”, also die islamistische Radikalisierung ist ja längst in Berlin angekommen und geht sogar von hier aus: Immer mehr heilige Krieger fahren von Berlin nach Syrien.
Neben Saleh auf dem Podium saß die deutschstämmige Lydia Nofal, die zum Islam konvertiert ist. Sie sagte, die Syrienfahrer seien “kein innermuslimisches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem”. Was immer das heißen mochte, Saleh nickte energisch dazu und sagte: “Sie tun so, als täten sie es im Namen des Islam. Wir wissen, dass es nicht so ist.” Nun bekam er Applaus und fuhr fort: “Die Mehrheit der Berliner Moscheen ist nicht in der Verantwortung, definitiv nein!”
Das ist sicherlich richtig, zum Glück findet in der Mehrheit der Berliner Moscheen keine Radikalisierung statt. Aus diesem Satz folgt aber auch, dass dann die Lage in einer Minderheit an Moscheen unübersichtlich ist. Und an diese Moscheen hätte Saleh auch das Wort richten müssen.
Ich weiß, das ist schwierig. Wenn ich unter Muslimen bin, spüre ich eine leicht genervte Grundstimmung: Warum müssen wir uns rechtfertigen für Verbrechen, die wir nicht begangen haben? Saleh wich vor dieser Grundstimmung zurück.
Er streichelte lieber die muslimische Seele des Publikums, anstatt sie mit den Zeichen der Zeit zu konfrontieren. Und die stehen auf Extremismus.
Mehr als 80 Prozent aller Saudis und sogar ein Viertel aller Türken sympathisieren in Umfragen mit der Idee eines islamischen Gottesstaates. Diese Stimmung färbt auf Europa, Deutschland und Berlin ab, wo die Salafisten kräftig nach Anhängern suchen.
Diese bittere Wahrheit möge derjenige nicht ausklammern, der Regierender Bürgermeister von Berlin werden will.
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