In meinen frühen 20ern bin ich auch schon gereist. Bevorzugt maritim. In einem marinegrauen Stahlkasten auf dem alle dasselbe anhatten.
Spaß beiseite. In meiner Familie ist das Reisen tief verankert. Obwohl meine Sippe unser Dorf über 400 Jahre kaum verlassen hatte (die Kreisstadt war schon eine Weltreise) begann das Reisen aus heutiger Sicht höchst ungewöhnlich. Nämlich mit einem vierjährigen Aufenthalt meines Urgroßvaters in Frankreich. Besser gesagt im Erdreich Frankreichs. Begeistert über seine Zeit dort und sein Schicksal im Rollstuhl als Spätfolge dieses Aufenthaltes schickte er seine zwei Söhne auf noch weitere Reisen in hoheitlicher Mission. Der eine hatte das zweifelhafte Glück, seinen rechten Fuß in den westlichen Ausläufern der zentralasiatischen Steppe nördlich des Kaspischen Meeres als Mitglied der feldgrauen Reisegruppe zu lassen. Der zweite, maritim begeistert wie ich, durfte sogar noch weiter raus. In einem Monsun-Boot, das ihn bis ins japanisch besetzte Penang und Surabaja im heutigen Malaysia brachte. Und auf den Grund der Java See (U 168). Wo er dann wohl noch heute liegt.
Nach dem Krieg verspürte mein Großvater (der von der feldgrauen Fraktion) das dringende Bedürfnis, weiterhin die Welt zu sehen. Da kam ich dann ins Spiel und wurde von meinen Großeltern mitgenommen. So sah ich in den 1970er Jahren, also vor meinem 10. Lebensjahr, so ungewöhnliche Orte wie Ocho Rios und Montego Bay auf Jamaica, die Nationalparks Amboseli, Massai Mara und Tsavo in Kenia, Martinique, Barbados, St. Lucia, Grenada und die British Virgin Islands. Somit habe ich bereits als Kind absonderliches in dieser Richtung erlebt. Und als "normal" empfunden obwohl meine schulische Umwelt allenfalls nach Spanien fuhr. Dann begann mein Vater dienstlich viel zu reisen, wurde für eine Fertigung der Degussa in den USA und in Brasilien verantwortlich. Was sollte auch anderes aus mir werden als eine Mischung aus den auf mich als Kind einprasselnden Einflüssen. Dummerweise weiß ich diese Reisen erst heute zu schätzen (Kinder können sowas ja nur sehr eingeschränkt) aber ich sehe sie auch als Bürde. Als ich Mitte Dreißig war, begann mich das Reisen zu langweilen. Singapur? Taipei? Seoul? New York? L.A.? Langweilig. Was für ein arroganter Schnösel ich doch war. Heute, zusammen mit meiner Frau, habe ich gelernt Privatreisen wieder zu genießen. Ja mich darauf zu freuen. Und ich beginne mich für Europa zu interessieren. Im Sommer waren wir in Jerez de la Frontera. In der Jagueda Militar (die Hofreitschule Spaniens) und in Cordoba. Ich war begeistert. Nächstes Jahr geht's nach Nord-Ostpreußen. Trakehnen.....