Ein für alle Mal!
Tel Aviv, Israel (Weltexpress). In diesem Krieg haben beide Seiten dasselbe Ziel: der Situation, die vor dem Krieg bestand, ein Ende zu machen. Ein für alle Mal!
Dem Raketenbeschuss nach Israel vom Gazastreifen her, ein Ende zu machen. Ein für alle Mal. Der Blockade des Gazastreifens durch Israel und Ägypten ein Ende machen – ein für alle Mal.
Warum kommen die beiden Seiten nicht ohne ausländische Einmischung zu einander und stimmen in dem „wie du mir so ich dir“ überein?
Sie können nicht, weil sie nicht mit einander reden. Sie können einander töten, aber sie können nicht mit einander reden. Um Himmels willen nicht!
Das ist kein Krieg gegen Terror. Der Krieg als solcher ist ein Terrorakt.
Keine Seite hat eine andere Strategie, als die zivile Bevölkerung der andern Seite zu terrorisieren. Die palästinensischen Kampftruppen in Gaza versuchen, durch das Raketenwerfen auf israelische Städte und Dörfer ihren Willen aufzuerlegen und zu hoffen, dass dies die Moral der Bevölkerung bricht, und sie zwingt, die Blockade, die den Gazastreifen in ein Open-Air-Gefängnis verwandelt, aufzuheben.
Die israelische Armee bombardiert die Bevölkerung des Gazastreifens und zerstört ganze Stadtteile in der Hoffnung, dass die Bewohner (die, die überleben) die Hamas-Führung abschütteln.
Beide Hoffnungen sind natürlich töricht. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass die Terrorisierung einer Bevölkerung sie dahin bringt, sich hinter ihren Führern zu einigen und den Feind noch mehr zu hassen. Dies geschieht jetzt auf beiden Seiten.
Wenn man in einem Krieg über beide Seiten spricht, kann man kaum den Eindruck der Symmetrie vermeiden. Aber dieser Krieg ist von Symmetrie weit entfernt.
Israel hat eine der größten und wirksamsten Militärmaschinerien der Welt. Hamas und seine lokalen Verbündeten kommen auf etwa ein paar Tausend Kämpfer. Wenn überhaupt.
Am besten kann man es mit der mythologischen Geschichte von
David und
Goliath vergleichen. Aber diesmal sind wir Goliath, und sie sind David. Die Geschichte wird im Allgemeinen missverstanden. Es stimmt, Goliath war von riesiger Gestalt, und David war ein kleiner Hirte. Aber Goliath war bewaffnet mit altmodischen Waffen – mit schwerer Rüstung, Schwert und Schild – und konnte sich kaum bewegen, während David eine moderne Überraschungswaffe hatte: die Schleuder, mit der er aus der Entfernung töten konnte.
Hamas hoffte, dasselbe mit seinen Raketen zu erreichen, deren Reichweite eine Überraschung war. Auch die Zahl und die Wirksamkeit ihrer Tunnel, die unter die israelische Grenze reichen. Doch dieses Mal war auch Goliath erfinderisch, und die „Eiserne Kuppel“-Raketenbatterien fingen praktisch alle Raketen aus Gaza ab. Sie hätten sonst die Bevölkerungszentren, einschließlich meines Tel Aviver Stadtviertels schädigen können.
Jetzt wissen wir, dass keine Seite die andere Seite zur Kapitulation zwingen kann. Es ist ein Unentschieden. Warum also weiter töten und zerstören?
Da liegt der Hase im Pfeffer. Wir können nicht mit einander reden. Wir benötigen einen Vermittler. Eine Karikatur in Haaretz zeigte in dieser Woche, wie Israel und Hamas mit einander kämpfen und eine Schar Vermittler in einem Kreis um sie herumtanzen. Sie wollen alle vermitteln. Sie kämpfen mit einander, weil jeder von ihnen vermitteln will, wenn möglich alleine.
Ägypten, Katar, die US, die UN, die Türkei, Mahmoud Abbas, Tony Blair und andere mehr. Vermittler in Hülle und Fülle. Jeder will etwas von dem Elend des Krieges gewinnen. Eine traurige Bande. Beinahe alle von ihnen sind bemitleidenswert, einige von ihnen rundweg abstoßend.
Sehen wir uns Ägypten an: beherrscht von einem blutbefleckten militärischen Diktator. Er ist ein fulltime Kollaborateur von Israel, wie es Hosni Mubarrak vor ihm war, nur wirkungsvoller. Da Israel alle Land und Meergrenzen des Gazastreifens beherrscht, ist Ägyptens Grenze Gazas einzige Verbindung mit der Welt - falls sie geoffnet ist.
Aber Ägypten, der frühere Führer der arabischen Welt, ist jetzt ein Subunternehmer Israels, noch entschiedener als Israel selbst, den Gazastreifen auszuhungern und die Hamas auszurotten. Das ägyptische Fernsehen ist voller „Journalisten“, die die Palästinenser in vulgärsten Tönen verfluchen und die vor ihrem neuen Pharao kriechen.
Aber Ägypten besteht jetzt darauf, der einzige Makler der Feuerpause zu sein. Der UN-Generalsekretär eilt durch die Welt. Er wurde für diesen Job von den US gewählt, weil er nicht außergewöhnlich klug ist. Jetzt sieht er bemitleidenswert aus. Aber nicht bemitleidenswerter als John Kerry, eine pathetische Figur, die hier und dorthin fliegt, um jeden davon zu überzeugen, dass die US noch immer Weltmacht ist. Vergangen sind die Tage, in denen Henry Kissinger die Führer Israels und der arabischen Länder kommandierte, was sie tun oder lassen sollten (Besonders sagte er ihnen, nicht mit einander, sondern nur mit ihm zu reden.)
Welches ist die genaue Rolle von Mahmoud Abbas? Offiziell ist er auch der Präsident des Gazastreifens. Aber er macht den Eindruck, als versuche er, zwischen der de facto Gaza-Regierung und der Welt zu vermitteln. Er ist viel näher an Tel Aviv denn an Gaza.
Und so geht die Liste weiter. Die lächerliche Figur Tony Blair. Die europäischen Außenminister versuchen eine Fotogelegenheit mit ihrem neo-faschistischen israelischen Kollegen zu bekommen. Alle zusammen eine widerliche Ansicht.
Anmerkungen:
Vorstehender Artikel von
Uri Avnery wurde aus dem Englischen von Ellen Rohlfs übersetzt. Die Übersetzung wurde vom Verfasser autorisiert. Die Erstveröffentlichung in
[Links nur für registrierte Nutzer] erschient am 28.07.2014. Alle Rechte beim Autor.