Mindestlohn: Jetzt wird der Zoll von der Kette gelassen
Roland TichyVon
Roland Tichy
Seit Mitternacht 0.00 Uhr gilt also das MiLoG – das Mindestlohngesetz. Nun gönnt man ja den Betroffenen gerne etwas mehr Geld – aber das MiLoG ist mehr: Es ist ein neues Gesetz zur Überwachung von Menschen und Wirtschaft, ein bürokratisches Monster. Es drückt die Grundhaltung der Großen Koalition gegenüber der Wirtschaft aus: Jeder Arbeitgeber ist ein potentieller Verbrecher; und die Kontrolle darüber wird jetzt allumfassend und flächendeckend ausgerollt. Dazu wird eine “Auftragshaftung” eingeführt – jedes Unternehmen ist für den Lieferanten seines Lieferanten verantwortlich. Die Lohnfindung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, mit Tarifverträgen und dem Zusammenwirkung früherer „Tarifparteien“ – auch das wird beendet und damit ein wesentliches Merkmal der Marktwirtschaft, die Deutschland seit den Zeiten Ludwig-Erhards erfolgreich gemacht hat. Und das alles ist im erklärten Sinne der CDU, sagt einer ihrer Vertreter.
Ausbau des Zolls zur Überwachungsbehörde
1.600 neue Zöllner sollen laut Bundesfinanzministerium in den nächsten Jahren eingestellt werden, um nicht nur die Einhaltung von 8,50 € Mindestlohn zu überwachen – das MiLoG ist ja nur Anlass für eine generelle Überwachung und weitere Kontrolle. Der Chef der Zollgewerkschaft, Dieter Dewes, forderte schon 2500 neue Kontrolleure. Klar, für diejenigen, die anderer Leute Arbeit kontrollieren, gibt es viel zu tun: 30 Gesetze sind tangiert, Verordernungen, Tarifverträge und andere Regeln. Alles, alles muss kontrolliert werden; dabei gibt es nur vergleichsweise wenige Tricks, um das MiLoG zu umgehen, etwa durch unbezahlte Überstunden, über Scheinselbstständigkeit bis hin zu Teilzeitstellen, die sich zu Vollzeitstellen addieren.
Und damit das ja nicht geschieht, müssen Arbeitgeber nun bis zu einem Monatseinkommen von 2958 Euro Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit dokumentieren und für zwei Jahre nachweisen.
Bei dieser Grenze geht man davon aus, dass kaum jemand mehr als 348 Stunden im Monat zu je 8,50 Euro arbeitet – was zum Beispiel 29 Tage zu je zwölf Stunden wären. Es ist eine absurde Vorstellung, dass Arbeitnehmer sich das gefallen lassen.