Zitat von
Dima
Ich möchte noch was zum Ausgangsbeitrag dieses Stranges hinzufügen.
Stichwort: Pflegeheim.
Da habe ich heute von einer berufserfahrenen Altenpflegerin Informationen aus erster Hand bekommen.
Wir sind ja momentan in Stuttgart auf Verwandtschaftsbesuch. Meine Oma wollte den Bruder unseres 2012 verstorbenen Opas besuchen. Es handelt sich um seinen älteren Bruder, der vor kurzem 80 Jahre alt geworden ist. Seit seinem Schlaganfall im Herbst 2009, also vor sechs Jahren, befindet er sich in einer Pflegeeinrichtung in einer kleineren Stadt nahe Stuttgart.
Seine Bezugsperson ist eine (ebenfalls aus Russland stammende) Altenpflegerin, die den Beruf schon seit 14 Jahren ausübt.
Als der Bruder meines Opas Anfang 2010 im Pflegeheim aufgenommen wurde, gab es da noch einen schönen Garten, es gab eine Wiese mit Ziegen, eine Vogelvoliere und ein Insektenhotel. Etwas, wo man sich wohl fühlen und interessante Entdeckungen machen konnte.
Doch vor einem Jahr wurden die Mittel dafür gestrichen. Die Ziegen mussten weg, die Vögel mussten weg, das Insektenhotel wurde abgebaut und abtransportiert. Die Gartenhecken wird nicht mehr schön hergerichtet, sondern so lieblos zusammengeschnibbelt. Alles verfällt, alles ist trist.
Die Zimmer sind oft dreckig und wenn überhaupt nur sehr oberflächlich gereinigt, weil an Personal gespart wird und das Putzen schnell, schnell, schnell gehen muss. In dem Zimmer, wo der Bruder meines Opas drin wohnt, liegen auf dem Boden Staubfusseln, Haare, alles Mögliche. Das Waschbecken hat bestimmt schon seit Wochen keinen Putzlappen mehr gesehen.
Im gesamten Heim ist die Luft schwer und muffig. Lüften? Fehlanzeige. Die Heizkosten müssen gespart werden. Perfekte Ausgangsvoraussetzung für Keime und Bakterien!
Außerdem werden statt eigener qualifizierter Pflegekräfte, den man Mindestlohn und Sozialversicherung zahlen muss, immer mehr "Subunternehmer" aus Rumänien ausgesetzt (vor dem Pflegeheim standen gleich auch mehrere Autos mit rumänischen Kennzeichen), den man keinen Mindestlohn und keine Sozialversicherung zahlen muss. Die ackern für so wenig Geld, dass sich die Senioren darüber beschweren, wie unsäglich "grobe, unfreundliche Osteuropäer" mit ihnen umgehen und kaum ein Wort Deutsch sprechen. Und die meisten dieser Rumänen sind nicht einmal examinierte Altenpfleger, sondern einfache, angelernte Reinigungskräfte!
Es gibt zwar einige, wenige Assistenzkräfte für die Altenpfleger, dabei handelt es sich jedoch um Hotelfachleute... die haben immerhin das nötige organisatorische Know-How, aber die haben überhaupt keine Ahnung davon, wie man mit kranken und alten Menschen umzugehen hat...
Vor 10 Jahren, so sagte die russischsprachige Altenpflegerin, war der Job natürlich schon sehr hart, aber heute ist es unvorstellbar. Es herrscht so eine große Belastung, dass man trotz unzähliger Überstunden nicht mehr hinterherkommt. Mittlerweile hat sich bei ihr eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Geschehnissen entwickelt. Ebenso wie bei anderen Mitarbeitern des Heimes. Und das ist das Gefährliche, wie sie selber sagte. Noch ein paar Jahre und dann ist da allen alles scheißegal...