Zitat von
lucid
Ja, das seh ich auch so.
Meiner Meinung nach gab es früher mehr Gemeinschaftssinn auf allen Ebenen (Familie, Freunde, Staat, usw), wobei so ein Urteil über die Zeit vor meiner Geburt sicher nicht unproblematisch ist, aber im meine den Verfall sogar aktuell wahrzunehmen (zumindest im öffentlichen Raum).
Heute fördert der Staat nur noch Individualismus, Konkurrenz und Bindungslosigkeit, oft wohl nichtmal mit Absicht aber ziemlich konsistent.
Das Problem gibt es wohl auch schon lange und war insgesamt gesehen wohl auch eine der Ursachen für das Aufkommen des Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus.
Zumindest der Nationalsozialismus hatte wohl gewisse Erfolge bei Förderung der Förderung des sozialen Zusammenhalts.
Möchte man das wiederholen (also nur diesen Aspekt mein ich), wird man das aber glaub ich nicht umsonst bekommen.
Also es scheint wohl immer eine Art Dualismus zwischen Bindung und persönlicher Freiheit zu geben. Z.B. sind Ehen viel instabiler und der Familienzusammenhalt geringer seitdem das Eherecht eine leichtere Scheidung ermöglicht und das gesellschaftlich allgemein akzeptiert wird.
Meine Mutter erzählt öfter mal, dass , dass früher mehr in der Nachbarschaft geredet wurde und die Leute intoleranter waren ggü. anderen Lebensweisen, aber gleichzeitig beschwert sie sich auch dass sich die Leute heute asozialer benehmen. Ich denk da gibt es einen Zusammenhang. Also derart, dass soziale Bindungen immer auch die persönliche Freiheit reduzieren.
Frauen haben irgendwie oft diese Vorstellung, dass sozusagen durch göttliche Vorsehung (oder auch systematische Partnersuche) Leute zusammenkommen können, die eh genau das gleiche wollen, so dass garkeine Anpassung oder Unterdrückung notwendig ist, aber ich glaub das ist etwas zu naiv. Also das stimmt sicherlich bis zu einem Grad, aber auch in den perfektesten Beziehungen gibt es Interessenkonflikte die man nicht weiter reduzieren kann, wo sich dann einer (oder beide) unterordnen müssen. Fehlt dazu die Bereitschaft ist man zwar freier, aber auch unsicherer gebunden.
Den Gedanken kann man auch auf grössere Gruppen wie Staaten übertragen. Der Fehler in den heutigen Vorstellungen ist glaub ich, dass man da keine Grenzen mehr zieht, also im Grunde die Gruppe aller Menschen als die wichtigste betrachtet (daher "Menschenrechte"), aber das ist dann realistisch gesehen keine wirkliche Gruppe oder Gemeinschaft mehr, jedenfalls keine zu der man sinnvoll loyal sein kann oder die irgendwie organisiert werden könnte (weshalb man auch nie von Menschenpflichten spricht, obwohl die symmetrisch zu den Rechten bestehen müssten). Und so stehen sich dann im Kapitalismus alle einzeln als Feinde (allenfalls in unsicheren Zwecksbündnissen organisiert) gegenüber.
Ich glaub eine bessere Lösung als heute geht schon Richtung Faschismus oder zumindest Katholizismus, also zu einer Gesellschaft mit mehr sozialer Kontrolle und weniger individueller Freiheit.