1968
Anfang April explodieren nachts in zwei Frankfurter Kaufhäuser Brandsätze, die einen hohen Sachschaden verursachen. Drei Tage später werden Thorwald Proll, Gudrun Ensslin, Andreas Baader und Horst Söhnlein festgenommen und im Oktober zu je drei Jahren Haft verurteilt.
1969
Im Juni erhalten die Frankfurter Kaufhausbrandstifter bis zur Entscheidung über die Revision Haftverschonung.
12. November: Der Bundesgerichtshof verwirft die Revision. Die Verurteilten sollen die Reststrafe von 22 Monaten absitzen.
1970
4. Februar: Das Gnadengesuch für die Brandstifter wird abgelehnt. Andreas Baader und Gudrun Ensslin kommen der Aufforderung, ihre Strafe anzutreten,
nicht nach.
12. Februar: In Heidelberg wird das Sozialistische Patientenkolletiv (SPK) gegründet.
4. April: Andreas Baader wird bei einer Verkehrskontrolle in West-Berlin verhaftet; am 14. Mai wird er während einer »Ausführung« aus einem Berliner Uni-Institut gewaltsam befreit, dabei wird ein Institutsangehöriger verletzt.
22. Mai: In der linksradikalen Zeitschrift agit 883 erscheint die erste öffentliche Erklärung der RAF unter dem Titel
»Die Rote Armee aufbauen«.
15. Juni: Der Spiegel druckt ein Interview mit Ulrike Meinhof ab.
8. Oktober: Horst Mahler, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Brigitte Asdonk und Monika Berberich werden in West- Berlin wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der RAF sowie der Baader-Befreiung festgenommen.
20. Dezember: In Oberhausen wird Karl-Heinz Ruhland verhaftet und macht als erster Aussagen über die Gruppe.
1971
April: Es erscheint
»Das Konzept Stadtguerilla«; im Juni wird das RAF-Strategiepapier
»Die Lücken der revolutionären
Theorie schließen – Die Rote Armee aufbauen!« veröffentlicht. Es erscheint im September auch als
Rotbuch 29 im Berliner
Wagenbach-Verlag unter dem Titel
»Kollektiv RAF – Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa«.
Das Buch wird sofort nach Erscheinen verboten und beschlagnahmt.
15. Juli: Bei der bisher größten Fahndungsaktion gegen die RAF wird Petra Schelm bei ihrer Festnahme erschossen, ihr Begleiter Werner Hoppe verhaftet
und später wegen versuchten Mordes angeklagt.
22. Oktober: Margit Schiller wird in Hamburg festgenommen, dabei wird der Polizist Norbert Schmid erschossen. Der tötliche Schuß stammt aber
nicht aus ihrer Waffe. Im November wird als erster Häftling der RAF Astrid Proll in den »Toten Trakt« verlegt – einen völlig abgeschiedenen Teil des Gefängnisses Köln-Ossendorf.
4. Dezember: Bei einer Fahndungsaktion in West-Berlin mit 3 000 Polizisten wird der Student Georg von Rauch durch
einen Kopfschuß getötet.
Im Laufe des Jahres werden in Kassel, München, Hannover, Kiel und Berlin politisch motivierte Banküberfälle registriert, bei denen eine knappe Million
Mark erbeutet werden. In Berlin und München kommt es zu
zahlreichen Anschlägen u.a. auf Justizgebäude, US-Einrichtungen, Polizeireviere, Banken.
1972
2. März: In Augsburg erschießen Beamte einer Sonderkommission des bayerischen Kriminalamtes den Student Thomas Weisbecker, seine Begleiterin Carmen Roll wird verhaftet. Am gleichen Tag kommt es in Hamburg zu einem Schußwechsel. Wolfgang Grundmann und Manfred Grashof werden
festgenommen, Grashof und der Hauptkommissar Hans Eckardt schwer verletzt. Eckardt stirbt drei Wochen später an den Folgen der Schußverletzung.
April: Die Schrift
»Rote Armee Fraktion: Stadtguerilla und Klassenkampf« erscheint und wird auszugsweise im Spiegel veröffentlicht.
»Mai-Offensive« der RAF
11. Mai: Sprengstoffanschlag des
»Kommandos Petra Schelm« auf das
Hauptquartier des 5. US-Corps in Frankfurt, dabei werden ein Soldat getötet und 13 Personen verletzt.
12. Mai: Sprengstoffanschläge des
»Kommando Thomas Weisbecker« auf das Polizeipräsidium in Augsburg und das bayerische Landeskriminalamt in München.
15. Mai: In Karlsruhe exlodiert im Wagen des mit Ermittlungen gegen die RAF beschäftigten Bundesgerichtshof-Richters Buddenberg eine Bombe des
»Kommandos Manfred Grashof«. Bei dem Anschlag wird die Frau des Bundesrichters verletzt.
19. Mai: In Hamburg explodieren zwei Bomben im
Springer-Hochhaus. Weitere Bomben können entschärft werden. Trotz
rechtzeitiger Warnungen läßt Springer sein Haus
nicht räumen, es werden 17 Arbeiter verletzt.
24. Mai: Im europäischen
Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg kommt es zu Bombenexplosionen. Drei amerikanische Soldaten werden getötet, fünf weitere verletzt. Das
»Kommando 15. Juli« übernimmt die Verantwortung.
31. Mai: Auf einem (verbotenen) Teach-In der Roten Hilfe in Frankfurt wird eine Tonbanderklärung Ulrike Meinhofs abgespielt.
1. Juni: Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe werden in Frankfurt nach einem Feuergefecht mit der Polizei verhaftet, Baader dabei schwer verletzt. Im November erscheint das vierte Papier der RAF mit dem Titel
»Die Aktion des Schwarzen September in München – Zur
Strategie des antiimperialistischen Kampfes «. In dem Text wird die Aktion als beispielhaft für die
»revolutionäre Strategie des antiimperialistischen Kampfes« gewürdigt.
7. Juni: Gudrun Ensslin wird in Hamburg verhaftet.
9. Juni: Festnahme von Brigitte Mohnhaupt und Bernhard Braun in Berlin.
15. Juni: Ulrike Meinhof und Gerhard Müller werden in Hannover von einem Quartiergeber
verraten und
verhaftet.
Müller stellt sich später als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung.
25. Juni: Bei einer Hausdurchsuchung in Stuttgart
erschießt die Polizei den britischen Handelsvertreter
Ian McLeod durch die
geschlossene Schlafzimmertür.
Vormieter der Wohnung waren RAF Mitglieder. Ein Verfahren gegen den Todesschützen der Polizei leht die Staatsanwaltschaft ab, der Beamte habe sich in
Putativ-Notwehr befunden.
29. Juni: Katharina Hammerschmidt stellt sich in Begleitung ihres Rechtsanwaltes Otto Schily der Polizei.
9. Juli: Klaus Jünschke und Irmgard Möller werden in Offenbach festgenommen.
26. Juli: Werner Hoppe wird in Hamburgwegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt.
1973
17. Januar – 12. Februar: 40 politische Gefangene treten in den ersten gemeinsamen Hungerstreik und fordern die Aufhebung
der Isolationshaft und insbesondere, daß Ulrike Meinhof aus dem
»Toten Trakt« herauskommt.
8. Mai – 29. Juni: Hungerstreik von 80 politischen Gefangenen, um die Gleichstellung der politischen mit allen anderen Gefangenen und freie politische Information zu erreichen. Erstmals wird die Zwangsernährung praktiziert.
20. Juni: Ausbruch von Inge Viett (noch Bewegung 2. Juni) aus dem Frauengefängnis in Berlin-Moabit.
16. Juli: Erste Razzia der Zellen von Baader, Ensslin, Meins, Möller und Raspe durch das BKA.
22. November: Ali Jansen wird in Berlin wegen zweifachen Mordversuchs zu 10 Jahren Haft verurteilt.
1974
Januar: Monika Berberich wird für verhandlungsunfähig erklärt. Sie war seit Oktober 1970 völlig isoliert. Der Prozeß gegen Katharina Hammerschmidt
wird abgebrochen, nach 17 monatiger Haft wird sie wegen einer Krebserkrankung entlassen, die notwendige ärztliche Behandlung wurde von den
verantwortlichen Ärzten der Strafanstalt, trotz Proteste der Anwälte, nicht durchgeführt. Zweieinhalb Jahre später stirbt Katharina Hammerschmidt im Alter von 30 Jahren in einem Berliner Krankenhaus.
4. Februar: In Hamburg werden Helmut Pohl, Ilse Stachowiak, Christa Eckes und Rechtsanwalt Eberhard Becker verhaftet; in Frankfurt werden Margit Schiller, Kai-Werner Allnach und Wolfgang Beer festgenommen; in Amsterdam ein paar Tage später Axel Acherrath und Ekkehard Blenk. In Hamburg und Frankfurt werden dabei Waffen, Sprengstoff und Papiere sichergestellt.
4. Februar: Astrid Proll wird wegen Haftunfähigkeit aus dem Gefängnis entlassen und taucht unter.
21. Mai: In München wird der als
»Sympathisant « verdächtige Taxifaher Günther Jendrian von einem Fahndungskommando erschossen.
13. September – 5. Februar 1975: Dritter kollektiver Hungerstreik von 40 Gefangenen. Ergebnis sind stundenweiser Umschluß und gemeinsame Freistunde.
27. September: In einer Erklärung von Monika Berberich für die Gefangenen der RAF wird Horst Mahler aus der RAF ausgeschlossen. Mahler hatte sich kurz vorher der maoistischen KPD angeschlossen.
9. November: Nach 54 Tagen Hungerstreik, zuletzt mit Zwangsernährung,
stirbt Holger Meins in der Strafanstalt Wittlich.
19. November: Rechtsanwalt von Plottnitz stellt im Namen der Angehörigen von Holger Meins gegen den Genaralbundesanwalt Buback, den Vorsitzenden im Stammheimer Prozeß, Prinzing, des Chef des BKA, Herold, den Wittlicher Anstaltsleiter und den Anstaltsarzt Strafanzeige wegen Mordes bzw. Totschlags.
26. November: Die Kanzleien der Rechtsanwälte Eschen, Spangenberg und Ströbele in West-Berlin werden durchsucht
29. November: Horst Mahler wird in Berlin zu 14 Jahren, Ulrike Meinhof zu acht Jahren Haft verurteilt.
1975
20. Januar: Im Spiegel erscheint ein ausführliches Interview mit den Gefangenen aus der RAF Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe; in diesem Gespräch äußern sie sich zu ihrem politischen Selbstverständnis und den Haftbedingungen.
März/April: Die Rechtsanwälte der Stammheimer Gefangenen
Kurt Groenewold, Klaus Croissant und
Christian Ströbele werden vom Verfahren suspendiert und ausgeschlossen.
24. April: Das
»Kommando Holger Meins« besetzt die deutsche Botschaft in Stockholm, nimmt zwölf Geiseln und verlangt die Freilassung von 26 politischen Gefangenen. Obwohl das Kommando den Militärattaché Andreas von Mirbach und Botschaftsrat Heinz Hillegart
erschießt, geht die Bundesregierung nicht auf die Forderungen ein. Beim Sturm auf die Botschaft kommt es zu einer Explosion, bei der das Kommandomitglied
Ulrich Wessel getötet wird. Siegfried Hausner erliegt am 4. Mai, nach seiner Auslieferung in die BRD, seinen Verletzungen. Festgenommen werden
Karl-Heinz Dellwo, Hanna Krabbe, Bernhard Rössner und Lutz Taufer.
10. Mai: Rechtsanwalt Haag wird kurzzeitig festgenommen und seine Verteidigungsunterlagen beschlagnahmt. Am Tag darauf läßt er durch seine Kanzlei mitteilen, daß er in die Illegalität gegangen sei.
21. Mai: In der
»Mehrzweckhalle« in Stuttgart-Stammheim beginnt der Prozeß gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe.
13. September: Im
Hamburger Hauptbahnhof explodiert eine Bombe, für die in den
Medien die RAF verantwortlich gemacht wird. Die Gefangenen der RAF sprechen von einer
faschistischen Provokation. In der Folgezeit kommt es zu
weiteren Anschlägen auf öffentliche
Einrichtungen, von der sich die RAF
distanziert.