Die Deutsche Rentenversicherung verschickt nach wie vor täglich Zigtausende Briefe an ihre Kunden, in denen steht, wie viel sie einmal erwarten dürfen, wenn sie in den Ruhestand gehen. „Nicht toll“ werden sich wohl einige sagen, aber da lesen sie noch den Nachsatz, dass die Summe höher ausfallen könnte, wenn sich die Rente jährlich um 1,5 oder – im besonders optimistischen Fall – sogar um 2,5 Prozent erhöht. Wie bitte? Wo doch alle von Nullrunden reden. Die Behörde verschweigt, dass von Erhöhung nicht die Rede sein kann, denn Reallöhne stagnieren, von denen sich letztlich die Renten ableiten.
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Leider ist das nur ein Teil der Wahrheit, denn die Rentenlage ist noch weit katastrophaler, als es uns die Ruhestandsgeld-Verwahrer vorgaukeln. Das Rentensystem beruht auf dem Umlageverfahren, somit zahlen die Aktiven für die Ruheständler. Die Höhe der Renten hängt ganz wesentlich von der Zahl und dem Einkommen derer ab, die Beiträge an die Rentenkasse zahlen. Wenn deren aktuelle Zahl sinkt, müsste logischerweise auch die Rente sinken. Der Gesetzgeber hat aber festgeschrieben, dass die Renten nominal nicht gekürzt werden dürfen – ein Dilemma. Was tun? Die Beiträge steigen nächstes Jahr von 19,5 auf 19,9 Prozent. Mehr ist nicht durchzusetzen. Die Regierung könnte den 80-Milliarden-Euro-Zuschuss erhöhen, was auch nur beschränkt geht. Bleibt noch, die Renten faktisch zu kürzen. Sie werden künftig eben erst ab dem 67. Lebensjahr gezahlt. In diese Richtung stößt der Vorschlag von Sozialminister Franz Müntefering.
Die Lücke zwischen tatsächlichem und gewolltem Renteneintrittsalter wird damit immer größer, weil der Durchschnittsrentner bereits mit 60,9 Jahren sein erstes Ruhegeld bezieht. Zustehen würde es ihm aber erst ab 65. Heute muss er gut vier Jahre überbrücken, künftig werden es sechs Jahre sein. Dumm für die Beteiligten, dass sie diese Lücke mit eigenem Geld auffüllen müssen.