Für vieles gibt es inzwischen Tage: Den Weltfrauentag, den Weltnichtrauchertag, den Volkstrauertag etc. Am 27. Januar gedenken wir den Opfern des Holocaust, am 09. November der Reichspogromnacht und dem Mauerfall, am 01. September dem Kriegsausbruch. Alles Dinge, die der Beginn unendlichen Leids waren. Wann aber gedenken wir den Opfern der Arbeit? So einen Tag gibt es nicht, zumindest ist er mir nicht bekannt; dabei ist es höchste Zeit, diesen Gedenktag endlich einzuführen. Seitdem es Menschen gibt, sterben Menschen an der Arbeit bzw. deren Folgen. Viele denken jetzt im ersten Moment an irgendwelche Sklaven im alten Ägypten oder sonst wo. Richtig, die starben auch – an der Arbeit. Aber wie ist es heute? Sterben heute denn keine Menschen mehr an der Arbeit? Fakt ist: Noch heute sterben schätzungsweise rund 5.000 Menschen täglich an der Arbeit! Jeder von uns hat noch die Bilder des 11. September 2001 im Kopf. Damals kamen durch die feigen Terroranschläge mehr als 3.000 Menschen ums Leben – an einem Tag. Die ganze Welt war geschockt. Dieselbe Welt verschließt aber die Augen vor der Tatsache, dass täglich viel mehr Menschen durchs Arbeiten vernichtet werden.
Nun mag mancher denken, so etwas käme nur in China oder irgendwelchen afrikanischen Ländern vor. Wer so denkt, irrt! Erst vor kurzem wurde in Berlin wieder ein Polizist erschossen. Nicht etwa, weil der Täter ihn nicht mochte, sondern einfach aufgrund seiner Arbeit als Polizist. Auch ist mir ein Fall bekannt von einem 16-jährigen Lehrling, der vor einigen Jahren in eine Müllpresse fiel und sofort zerquetscht wurde. So ein junges Leben, gerade mal 16 Jahre: Er hatte noch alles vor sich, sei es nun richtiges Geld verdienen, Urlaub mit der Freundin machen, eine Familie gründen, mit dem Auto fahren usw. Alles Dinge, die er nie machen konnte. Warum? Wegen der Arbeit. Hätte er damals weiterhin die Schulbank gedrückt, anstatt mit dem Arbeiten anzufangen, wäre nie in die Müllpresse gefallen und noch heute am Leben. Wer weiß, vielleicht würde er sich ja an den Diskussionen hier im Forum beteiligen?
Hat sich einer von euch schon mal darüber Gedanken gemacht, warum viele über 50 keine Arbeit mehr finden? Ganz einfach: Sie sind körperlich am Ende. Und das liegt nicht an irgendwelchen Extremsportarten, sondern in der Regel einfach an zu harter körperlicher Arbeit. Wie oft habe ich mich schon mit älteren Leuten unterhalten, deren Rücken und Kniescheiben völlig kaputt waren, oftmals schon mit Mitte 30. Man muss sich das einfach vorstellen: Mit paarunddreißig schon ein körperliches Wrack – der Arbeit sei dank.
Nun mag mancher hier argumentieren, viele täten heute keine körperliche Arbeit mehr, ein Großteil der Werktätigen sei ja heute in Büros untergebracht. Richtig, aber meint ihr denn tatsächlich, dass hier das Verletzungsrisiko wesentlich geringer ist? 1997 habe ich einer PC Zeitschrift einen Fall von einer Frau gelesen, deren Gesundheit durch einen Laserdrucker ruiniert wurde. Ende 20 war die Dame. Sie wird bis ans Ende ihres Lebens schwerbehindert sein. Kein Einzelfall. Genauso wenig wie es sich um Einzelfälle handelt, wenn jemand aus einem höheren Regal etwas holen will, sich auf ein Podest stellt, ausrutscht, blöd hinfällt und tot ist.
Wie man sieht, sind praktisch alle Berufe gefährlich, zumindest ist mir keine Branche bekannt, die keine Arbeitsunfälle zu beklagen hat.
Trotzdem bekommen wir es jeden Tag immer und immer wieder zu hören, egal ob von Gewerkschaften, Linken, Konservativen, Liberalen oder der NPD: Wir brauchen mehr Arbeit. Ja, hier sind sie sich alle einig. Mehr arbeiten sollen sie, die Menschen, anstatt dass wir uns darüber freuen würden, dass wir Menschen uns durch den technologischen Fortschritt vom Laster der Arbeit allmählich befreien und nun endlich Zeit für uns selbst haben. Nein, stattdessen geht der Arbeitsterror weiter, Tag für Tag, Stunde für Stunde.
Da ich meinen Standpunkt nun ausführlich dargelegt habe, meine Frage nun an euch: Seid auch ihr der Auffassung, dass ein internationaler Gedenktag für die Opfer der Arbeit eingeführt werden muss?