Erst nach und nach wird das ganze Ausmaß des Grauens deutlich: Rund 90 Kilometer südlich von Bagdad ist ein Massengrab mit mindestens 3000 Leichen entdeckt worden. An der Fundstelle in dem Dorf Al-Mahawil bei Hilla könnten bis zu 15.000 Menschen begraben sein, berichteten BBC-Korrespondenten aus dem Irak.

Iraker hätten die Leichen in Al-Mahawil mit Baggern und teilweise sogar mit den bloßen Händen ausgegraben. Der Gestank sei unerträglich. Die Menschen würden versuchen, ihre Angehörigen anhand von Brillen, Kleidungsstücken und anderen persönlichen Gegenständen zu identifizieren. "Die Kinder des Irak sehen Dinge, die sie nie hätten sehen dürfen", sagte ein BBC-Korrespondent.

Bei dem neuen Fund handelt es sich möglicherweise um politische Gefangene, die nach einem Schiiten-Aufstand gegen Saddam Hussein 1991 erschossen oder hingerichtet wurden, hieß es in dem BBC-Bericht. Aber unter den Opfern seien auch ganze Familien. "Wir fanden Leichen aufeinander gestapelt, wir vermuten noch viele viele mehr", sagte ein irakischer Arzt. US-Marineinfanteristen, die sich in dem Ort aufhalten, hätten von einem "Anblick der Hölle" gesprochen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit Sitz in New York kritisierte die USA scharf: Der Bürgermeister von Hilla habe die US-Truppen bereits Anfang Mai um Hilfe bei der Bewachung der Gräber gebeten, die jedoch abgelehnt worden sei. "Die US-Regierung hat nicht auf wichtige Informationen über Massengräber in Irak reagiert", erklärte die Organisation in Bagdad. Nun versuchten verzweifelte Hinterbliebene, die Toten selbst auszugraben und vernichteten dabei wichtige Spuren, die Gerichtsmedizinern Hinweise auf die Identität der Opfer hätten geben können.

Human Rights Watch berichtete von einem weiteren Massengrab im Dorf Muhammad Sakran, 40 Kilometer nördlich von Bagdad. Es enthalte die Leichen von mehr als 1.000 Irakern. Ein Massengrab mit mehr als 120 Leichen ist nach einem Bericht des britischen Senders BBC nahe der südirakischen Stadt Basra entdeckt worden. Nach Angaben des Senders gehen Menschenrechtsorganisationen inzwischen davon aus, dass im Irak bis zu 200.000 Menschen in Massengräbern verscharrt wurden.

Quelle: t-online.de