"Die politischen Eliten sind hilflos"
Der österreichische Dichter Robert Menasse, 52, sprach mit SPIEGEL ONLINE über die Ursachen des europäischen Rechtspopulismus, den Kulturkampf mit dem Islam und das Ende der Political Correctness.
SPIEGEL ONLINE: Herr Menasse, ein preisgekrönter österreichischer Autor schreibt in den Niederlanden ein Stück über das europäische Phänomen des Rechtspopulismus, das in den Schubladen des Wiener Burgtheaters verstaubt, bis es schließlich an einer deutschen Provinzbühne aufgeführt wird. Was sagt man zu so viel Hasenfüßigkeit?
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Dichter Menasse: "Provinzialismus ist feige"
Menasse: Provinzialismus ist, wenn man nichts anderes kennt, als die eigene kleine Welt, und in ihr seine Ruhe haben möchte. Insofern hat sich das Burgtheater als provinziell erwiesen. Ich habe ein Stück über ein europäisches Problem geschrieben, und das Burgtheater hat befürchtet, dass der österreichische Kunststaatssekretär sich darin wieder erkennen könnte. Das Stück aber ist keineswegs verstaubt: Im Gegenteil, es glänzt leider vor Aktualität.
SPIEGEL ONLINE: ...weil bei den österreichischen Nationalratswahlen gerade erst sowohl Rechtspopulist Haider als auch die FPÖ mit ihren ausländerfeindlichen Parolen gestärkt hervorgegangen sind?
Menasse: In ganz Europa legen die Rechtspopulisten und Rechtsextremen zu, und in ganz Europa erweisen sich die klassischen politischen Eliten als hilflos. Sie gestalten nicht mehr, sie moderieren nur noch eine Entwicklung, die ihnen selbst übermächtig erscheint. Dabei geben just sie ein verheerendes Beispiel, geradezu ein Vorbild für die Rechtspopulisten ab: denn auch sie verweisen unausgesetzt auf Sündenböcke: schuld sei "Brüssel" oder "die Globalisierung" oder "die Sachzwänge". Der Unterschied ist nur, dass die Rechtspopulisten den Sündenböcken ein konkreteres Gesicht geben.
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