Die Verfolgung von Christen nimmt immer größere Ausmaße an. Sie findet weltweit statt, vor allem aber in muslimischen Ländern.
Die säkularen Kultureliten des Westens haben sich daran gewöhnt, mit dem Christentum ihren gnadenlosen Spott zu treiben – man hat schließlich nichts zu befürchten, keine Fatwa, keine Morddrohungen, und kann sich zugleich seines kritischen Geistes rühmen. Man kann den christlichen Glauben als Relikt einer irrationalen Vergangenheit abtun und ihm, in Gestalt des amerikanisch-christlichen Fundamentalismus, einen sinistren Einfluss auf die Politik der USA unterstellen.
Aus dieser Weltsicht heraus sind Christen als Opfer eigentlich unvorstellbar, anders als Muslime, deren Verbände und Sprecher im Westen gerne und oft Klage führen über Islamophobie und andere Formen der Diskriminierung und die damit bei besagtem westlichen Publikum auf offene Ohren stoßen.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Nirgends genießen Muslime mehr religiösen und politische Freiheit als in den liberalen Demokratien der westlichen Welt. Dagegen werden Christen in wachsendem Maße rund um die Welt verfolgt. "Open doors", eine wohltätige Organisation, die sich für bedrängte christliche Gemeinden und Individuen einsetzt, spricht von einer der "gravierendsten Ungerechtigkeiten" der Welt, die gleichwohl kaum wahrgenommen werde.
Rund 200 Millionen Christen in mehr als 60 Ländern werden wegen ihres Glaubens verfolgt oder erleiden schwere Nachteile in ihrem privaten wie beruflichen Leben. Selbst das buddhistische Königreich Bhutan mit einer Religion, die normalerweise mit Toleranz assoziiert wird, weigert sich, die Existenz des christlichen Glaubens anzuerkennen. In Indien greift unter Hindus eine fundamentalistische Strömung um sich, in mehreren indischen Staaten wurde ein gesetzliches Verbot gegen die Verbreitung des christlichen Glaubens verhängt.
Die überlebenden kommunistischen Staaten haben nichts von ihrem alten atheistischen Hass verloren – in China mit einer, trotz allem stetig wachsenden Zahl von nunmehr 70 Millionen Christen, sitzen mehr von ihnen im Gefängnis als irgendwo sonst in der Welt. Im benachbarten Nordkorea schmachten an die 50.000 Christen in Arbeitslagern, in denen Folter an der Tagesordnung ist.
Am düstersten aber sieht es für Christen aus, die in der islamischen Welt leben. Manchesmal ist die Verfolgung von Regierungen sanktioniert, des Öfteren geht sie von Moscheen und der islamischen Straße aus, mit zunehmender Wucht und Geschwindigkeit. Besonders akut ist das Problem entlang der Bruchlinie zwischen christlichem sowie animistischem Afrika und dem islamischen Norden des Schwarzen Kontinents, von Kenia und Sudan bis zu Nigeria.
Im Nahen Osten existieren die ältesten christlichen Gemeinden überhaupt, nun schrumpfen sie rapide. Der Papst und das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury, riefen die Christen in der Region auf, der "Versuchung der Emigration" zu widerstehen, obgleich sie, wie Benedikt XVI. es ausdrückte, mit "wenig Licht und zu viel Schatten leben müssen". Ein schlagendes Beispiel liefert Bethlehem: Noch 1948 betrug der christliche Anteil der Bevölkerung 85 %, heute ist er auf 12 % gefallen.
In Ländern wie Iran und Saudi-Arabien herrscht nackte Unterdrückung; Gottesdienste sind untersagt, christliche Literatur verboten. Diskriminierung existiert auf vielfältige Weise: An Universitäten erzielen muslimische Studenten bessere Resultate, weil ihnen für die Kenntnis des Korans automatisch 20 Punkte gutgeschrieben werden. Gewaltsame Übergriffe häufen sich, in Pakistan, in der Türkei und in Nigeria. Nicht immer können die Regierungen dieser Länder verantwortlich gemacht werden. In Ägypten, wo zirka 10 Millionen koptische Christen leben, wächst mit der Sogkraft des islamischen Fundamentalismus die Zahl der Übergriffe und Einschränkungen. In Pakistan erweisen sich Sharia und Blasphemie-Gesetze als wirksame Mittel der Unterdrückung. Einheimische Christen gelten als "Spione" der "Kreuzzügler", die für alles verantwortlich gemacht werden – für die Invasion des Iraks, die dänischen Karikaturen, die "Unterdrückung" der Muslime.
Es ist die besonders tragische Situation der Christen im Nahen Osten: Stets werden sie im Zusammenhang mit dem Westen gesehen, doch dieser Westen nimmt sie kaum wahr. Insbesondere gilt das für Europa, das nach den Worten des Papstes längst "gottlos" geworden und wo gewiss nicht der Wille vorhanden ist, die alten christlichen Gemeinden des Nahen Ostens, ob in Bagdad, Alexandria und Istanbul, zu schützen. Es bleibt unleugbar, dass die meist verfolgte Religion der Welt das Christentum ist. Und es gibt keinen Staat, der sich für die bedrängten Christen verantwortlich fühlte.
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