Ein Grund für die sog. Parteienverdrossenheit ist sicher, dass nicht mehr so richtig auszumachen ist, für was eine Partei eigentlich steht. Alle versammeln sich in der sog. Mitte und wollen für jeden etwas dabei haben, weil es sonst möglicherweise für Mehrheiten nicht mehr reicht.

Richtungspartei ist "out", Volkspartei ist "in".

Natürlich hat man als Volkspartei auch ein Programm. Doch ohne Koalition geht es ja nicht mehr, und da muss man Kompromisse machen. Und der Wähler erkennt nicht mehr, was er da eigentlich gewählt hat - und ist verdrossen, weil seine Meinung wohl nicht mehr vertreten wird.

Jetzt kommt da eine Partei daher die Richtung zeigt. Scheinbar! Sie will alle diejenigen aufsammeln, die unzufrieden sind und nach sozialer Gerechigkeit rufen. Sie finden das in der Mitte nicht mehr, die von den sog. Sachzwängen beherrscht ist und jeden Tag mit neuen Versprechungen daher kommt.

So gesehen ist es eigentlich ganz gut, dass es wieder eine Partei zu geben scheint, die Richtung ausgeben will. Doch will sie das wirklich? Da wird man hinsehen müssen. Sie macht Versprechungen, die sie nicht halten muss und auch nicht kann. Sie ist doch mehr noch ein "Rattenfänger von Hameln".

Trotzdem wird sie hoffentlich eine wohltuende Wirkung auf die Parteienlandschaft entwickeln. Dass nämlich die auch mehrheitsfähigen Parteien endlich überlegen, ob sie nicht doch wieder etwas mehr Richtung zeigen müssen und auch wirklich dazu stehen. Es darf nicht so weiter gehen, dass es nur noch darum geht an der Macht zu bleiben. Der Wechsel zwischen den Richtungen ist es, der eine Demokratie ausmacht. Die Mitte ergibt sich dann aus dem Wechsel ganz von alleine.

Und wir brauchen wieder ein mehrheitsbildendes Wahlrecht. Das war mal das System nach d'Hondt. Es wurde gerne abgelöst, damit es der F.D.P. leichter wurde, die 5 %-Klausel zu überspringen. Das erleichterte zwar die eine oder andere Koalition, doch mehr Richtung hat es unserer Demokratie nicht gegeben. Vielleicht sollte die große Koalition darüber einmal nachdenken. Hoffen wir, dass das "Raumschiff Berlin" noch Funkkontakt zur Erde hält.