Am Anfang war die Skepsis groß. „Jetzt auch noch Türkisch lernen?“ 15 Beamte des Heilbronner Polizeireviers haben einen Türkisch-Kurs abgeschlossen, den die Volkshochschule mit einer muttersprachlichen Dozentin speziell für die Polizisten organisiert hat.
„Heilbronn hat eine große türkische Gemeinde. Wir stoßen im Alltag immer wieder auf Menschen, die sehr schlecht oder kein Deutsch sprechen“, erklärt Revierleiter Andreas Mayer. Grundlagen für eine Basisverständigung und Einblicke in die türkische Kultur sollte der Kurs den Beamten vermitteln. Acht Doppelstunden büffelten die Beamten Vokabeln - sofern es die Dienstlage zuließ. Gerade am Anfang, als der Polizistenmord alle Kräfte band, fielen auch Stunden aus. Inzwischen sind die Kollegen laut Mayer „begeistert“. Ein zweiter Kurs für Streifenpolizisten ist geplant.
Rund 9000 Türken leben in Heilbronn, es ist die größte ausländische Gruppe. Weil es türkische Geschäfte, Firmen, Ärzte oder Fahrschulen gibt, sind türkische Mitbürger nach Angaben des Revierleiters „nicht unbedingt gezwungen“, die deutsche Sprache zu verstehen. Als bürgerorientierte Polizeiarbeit wertet Mayer den Türkisch-Sprachkurs. Er soll ein Symbol sein, dass auch staatliche Stellen ihren Beitrag zu einer positiven Integrationspolitik leisten. „Wir haben einen ersten Schritt getan. Das soll türkische Staatsbürger aber auf keinen Fall von ihrer Pflicht entbinden, ihrerseits die deutsche Sprache zu lernen.“
An den Lippen von Nesrin Durukan-Yilmaz klebten die Blicke der lernwilligen Polizisten. Die Deutschlehrerin und Übersetzerin aus Ankara, die seit fast sechs Jahren in Heilbronn lebt, lobt die uniformierten Teilnehmer als „fleißige Schüler“.
Neuland Ein Lehrwerk zu einem Türkisch-Sprachkurs für Polizisten gibt es nicht. Mit Folie, Projektor und Stift übersetzt die Dozentin Redewendungen aus dem Polizeialltag, gestern ging es um häusliche Gewalt. Die 29-Jährige spricht die Sätze vor, im Chor murmeln die Beamten mit etwas holpriger Aussprache die Worte nach. „Die Aussprache ist schon schwer“, gibt Marius Müller zu. Er hat aber schon erlebt, dass ein „Guten Tag, wie geht es Ihnen“ auf Türkisch bei Zeugenbefragungen das Eis brechen kann. Dass die türkische Sprache „einfach aufgebaut ist“, wenn man die Vokalharmonie beherrscht, hat Jürgen Groß am meisten überrascht.
Einen Aha-Effekt hat auch Nesrin Durukan-Yilmaz erlebt. „Müssen meine Mitbürger überhaupt nicht mehr Deutsch lernen?“, hat sie zu Anfang über den Kurs gedacht. Als sie Bekannten von den Türkisch lernenden Polizisten erzählte, merkte sie, wie sich „manche ein bisschen schämten“, sich bisher nicht mehr um die deutsche Sprache bemüht zu haben.