Verlage kehren zu alter Rechtschreibung zurück

Hamburg/Berlin (rpo). Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wird bald Nachrichten wieder in alter Rechtschreibung lesen. Denn Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag kehren zur alten Regelung zurück. Gleichzeitig appellieren sie auf weitere Verlage, sich anzuschließen.


Axel Springer AG und der Spiegel-Verlag erreichen mit ihren Print- und Online-Medien rund 60 Prozent der Bevölkerung. Gleichzeitig appellierten die Verlage am Freitag in Hamburg und Berlin an andere Verlage sowie an die Nachrichtenagenturen, sich diesem Schritt anzuschließen und gemeinsam dem Beispiel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zu folgen, die als einziges Blatt die Umstellung nach kurzer Zeit wieder rückgängig gemacht hatte. Ziel dieser Maßnahme sei die Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung.

Hintergrund der Initiative sei die mangelnde Akzeptanz des neuen Regelwerks und die zunehmende Verunsicherung darüber. Nach fünf Jahren praktischer Erprobung in den Druckmedien und sechs Jahren in den Schulen habe die Reform weder für professionell Schreibende noch für Schüler Erleichterung oder Vereinfachung gebracht.

Im Gegenteil: Die Verunsicherung wachse, Vermischungen von alter und neuer Rechtschreibung seien an der Tagesordnung. "Wer vor der Reform sicher schreiben konnte, macht heute Fehler. Eltern benutzen eine andere Orthografie als Kinder. Lehrer sind zutiefst verunsichert", erklärten die Verlage. Heutigen Schülern begegne der ganz überwiegende Teil der deutschen Literatur und literarischen Überlieferung in der bisherigen Rechtschreibung. Da auch die Mehrheit der deutschsprachigen Schriftsteller es ablehne, ihre Werke in neuer Schreibung erscheinen zu lassen, tue sich eine immer breitere Kluft zwischen gelerntem und gelesenem Deutsch auf.

Bereits die erste Version der Reform sei mit gravierenden Mängeln behaftet gewesen. Eine Vielzahl von Ergänzungen habe die orthografischen Konventionen in einem Maße erschüttert, dass auf absehbare Zeit die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung verloren scheine. Zahlreiche Umfragen belegten, dass die Reform von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werde. Der Grund dafür liege nicht in einer angeblichen Reformscheu, sondern in der von vielen Bürgern erkannten oder empfundenen Unausgegorenheit der Neuregelung.

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