Zitat von
Frei-denker
In einem Nachbarthread postete Misteredd das "soziale" Programm der FDP als Beleg dafür, dass die FDP soziale Marktwirtschaft wolle.
Im Folgendem werde ich eine Auseinandersetzung zu den einzelnen Punkten dieses Programms bringen. Punkte wie Kinderkrippen und Krankenversicherung klammere ich dabei aus, weil mir das Kinderkrippenprogramm eh unrealistsich erscheint und ehrlich gesagt auch nicht sonderlich interessiert. Die Krankenversicherung kenne ich zuwenig, um abschätzen zu können, wie sich da das Programm der FDP auswirken würde.
Die Erörterung der einzelnen Punkte ist recht umfangreich, weswegen ich die Auseinandersetzung auf mehrere Postings splitte.
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Der erste Punkt ist das Rentensystem, das die FDP etablieren möchte.
Falsch. Eine Gesellschaft, die aufgrund von Verdreifachung der Produktivität, der Verdreifachung des BIPs und einer Vervierzigfachung seines Exportüberschusses in den letzten Jahrzehnten immer mehr Güter herstellt, kann seinen Lebensstandart aus dieser Güterproduktion bzw. diesem Export finanzieren - vorausgesetzt, dass es an dieser Produktionssteigerung beteiligt ist und nicht nur ein paar Konzerne.
Es bedarf nur einer staatlichen Teileinziehung dieser Güter und anschließende Umverteilung.
Wenn die Rentendeckung über das Kapital erfolgt, dann musst Du die Güter gar nicht umverteilen, da das Kapital dann in diesen Konzernen steckt. Die Kapitalrente führt erheblich dazu bei, dass die Konzerne bei dem Volk verbleiben.
Auch hier keine Rede von einer Finanzierung der Renten aus der Produktionssteigerung. Obendrein soll noch die Pflicht der Unternehmer, in die Sozialkassen einzuzahlen aufgehoben und die Renten über Steuern finanziert werden.
Für den Unternehmer sind die Kosten für die Sozialkassen sowieso nur Arbeitskosten. Es ist im schlichtweg egal, obsie an den Arbeitnehmer oder die Sozialkasse abgeführt werden müssen. Für mich sind das schlicht vorenthaltene Lohnbestandteile, die verstaatlich werden. Aber der Staat kann viel schlechter mit Geld umgehen - vor allem mit meinem Geld, als ich es selbst kann.
Was passiert übrigens, wenn keine Produktionssteigerung eintritt ?
Bereits hier schimmert durch, worauf es hinausläuft: Auf eine Entlassung der Unternehmerverbände aus ihrer Mitfinanzierung der Renten.
Die finanzieren sie sowieso nicht mit. Das ist Augenwischerei.
Dass der Arbeiter bei einem völlig mit Importarbeitern überfrachteten Arbeitsmarkt eine Lohnerhöhung äquivalent zum Arbeitgeberbeitrag zu den SVs durchsetzen kann, ist natürlich völlig unrealistisch.
Wieso, siehe meine Ausführung weiter oben. Dem Arbeitgeber ist es egal, an wen er zahlen muss.
Ebenso glaubt hier sicher niemand, dass Westerwelle die Steuern für Unternehmen im Maße ihrer heutigen SV-Beiträge anheben will.
Das haben die auch nicht geschrieben. Die schreiben nur, dass die Unterstützung der Schwächeren eben nicht durch die Sozialkassen erfolgen soll, sondern besser steuerfinanziert werden sollte. Rente von der Rentenkasse, Sozialhilfe von der Steuer.
Es geht schlicht und einfach um eine Abwälzung der Arbeitgeberbeiträge zur Rente auf die Arbeiter. Das ganze Gesülze von "Fairness" und "Gerechtigkeit" dient da nur als plumper Versuch, eine unanständige Forderung in einem besserem Licht erscheinen zu lassen.
Die Arbeitgeberbeiträge müssen sowieso von dem Arbeitnehmer erwirtschaftet werden. Sie werden ihm nur durch den Staat weggenommen.
Es gehört schon eine gewisse Dreistigkeit dazu, als mitregierende Partei 50 Jahre lang Steuern erhöht zu haben und nun der Bevölkerung was von Steuersenkung erzählen zu wollen!
Da gibt es mehr als genug Steuersenkungen, für die die FDP der Impulsgeber war.
Aufgrund der durch Wegfall des Arbeitgeberbeitrages sinkenden Löhne -denn der AG-Beitrag ist nichts anderes als ein Teil des Lohns- wird der Staat die Steuern ganz erheblich anheben müssen, um die Ausfälle in der Rentenkasse zu kompensieren.
Nein, denn der Plan sieht ja gerade die Ablösung der Rentnenkasse vor. Der Arbeitnehmer erhält den bislang vorenthaltenen und sozialisierten Lohn. Davon soll er sich (muss aber nicht) einen Kapitalstock ansparen, von dem er später gut leben kann.
Und die Unternehmerverbände werden den Arbeitern sicher nicht ihren bisherigen AG-Beitrag überlassen - die werden einfach die Löhne senken. Mit der hier propagierten privaten Vorsorge kann es daher nichts werden.
Das ist Deine Vermutung, aber eben nicht das besprochene Programm.
Im Endeffekt stecken sich die Unternehmer nur die Rente der Arbeiter in die Tasche und die Arbeiter werden trotz harter Arbeit im Rentenalter arm sein.
Das werden sie eher mit dem jetzt bestehenden Umlagesystem sein. Denn für ihren Aufwand erhalten sie keine Rendite.
Die FDP will also Rentenkürzungen, wenn jemand mit 60 auf einem Arbeitsmarkt mit Altersdiskrimminierung keine Arbeit mehr findet. Jemand, der z.B. 40 Jahre auf dem Baugerüst gestanden hat. Unanständig und geschmacklos.
Das ist Blödsinn. Die FDP will, dass jeder selbst bestimmen kann, wann er in Rente gehen will. Wenn jemand 40 Jahre auf dem Baugerüst stand, dann kann er in dieser Zeit locker so viel kapital ansparen, dass er sehr gut davon leben kann. Da ihm davon nichts weggenommen wird, um anderen armen zu helfen, reicht das dann sehr gut aus. Er wäre dann auch nicht mehr der Willkür des Staates ausgesetzt, die eben einmal das renteneintrittsalter um zwei Jahre nach hinten verlegen.
Man mache sich das klar: Nicht genug damit, dass Westerwelle den Arbeitern die Rente kürzen und die Unternehmer aus der Mitfinanzierung der Renten entlassen will - jetzt will er den Unternehmern auch noch die Beiträge zur Arbeitslosenvers. hinterherwerfen. Den daraus resultierenden Fehlbetrag im Staatshaushalt soll dann der Arbeiter über Steuern bezahlen.
Steuern zahlen alle, vor allem auch Unternehmen!
Auch hier eine Umverteilung der Lasten vom Unternehmer auf den Arbeiter.
Wer an dieser Stelle noch nicht begriffen hat, wessen Interessen die FDP vertritt, wird es auch nicht mehr.
Sagt doch gleich, dass ihr die Rente insgesamt senken wollt - das wäre ehrlicher.
Denn dass das Alter der Menschen steigt, weiß jedes Kind.
Da noch das Wort "gerecht" in den Mund zu nehmen, ist glatter Hohn.
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Soweit die FDP zum Thema Rente. Weitere Themen im Anschluß.