Eine herausragender Staatsmann war Mustafa Kemal Atatürk, der "Vater der Türken", ohne den es den türkischen Staat in den heutigen Grenzen nicht gäbe. Die Verehrung dieses Mannes in der Türkei ist allgegenwärtig, in jeder Amtsstube hängt sein Konterfei, jeder ansatzweise größere Ort hat einen Platz mit einem Atatürk - Denkmal, seine Prinzipien werden eingehalten, an seinem Todestag wird eine Gedenkzeit in Form von Schweigeminuten eingelegt. Gemessen an den Leistungen dieses Mannes für das Land ist die türkische Hochachtung keineswegs als Kult zu verstehen, sondern sehr verständlich.



Nach der türkischen Niederlage im 1. Weltkrieg wurde das Land durch den Vertrag von Sevres, den die Sultansregierung am 10. Juni 1920 unterzeichnete, von den Allierten schonungslos aufgeteilt. Ostthrakien und weite Teile der Ägäisküste sollte an die Griechen gehen, Mittelmeergebiete wurden den Italienern zugesprochen, Teile des Südostens Frankreich. Istanbul und die Meerengen wurden internationalisiert und standen unter britischer, französischer sowie russischer Bewachung. Weiterhin entstand in Ostanatolien ein armenischer Staat und in der Gegend um das heutige Diyarbakir war eine autonome kurdische Region geplant. Die Türkei war durch diesen Vertrag vollständig am Boden zerstört worden, lediglich Zentralanatolien blieb weitestgehend unberührt.

Diese verheerende Situation schaffte den Rahmen für den Aufstieg des Mustafa Kemal, der den Widerstand gegen die Allierten organisierte und das kriegsmüde sowie demoralisierte Volk mobilisierte, indem er an ihren Stolz und Nationalismus appellierte. Weite Teile des Landes wurden zurückerobert. Am 30. August 1922 gelang der entscheidende Durchbruch bei Dunlumpinar gegen die Griechen - dieser Tag ist noch heute als Tag des Sieges "zafer bayrami" ein Nationalfeiertag. Schliesslich wurden die Griechen völlig geschlagen und am 09. September 1922 aus Izmir in die Ägäis zurückgeworfen. Die Allierten erkannten, dass die Bedingungen des Vertrags von Sevres nicht zu halten waren. Am 24. Juli 1923 wurde der Vertrag von Lausanne unterzeichnet, der die Souveranität der Türkei in ihren heutigen Grenzen anerkannte. Die türkische Republik wurde am 29. Oktober 1923 ausgerufen, Mustafa Kemal war ihr Präsident, die Sultane längst im Exil und ihre Herrschaft beendet.

In der Folgezeit leitete Mustafa Kemal zahlreiche Reformen ein, die das Land in die Moderne führen und dem Westen öffnen sollte. Um nur einige zu nennen: Das Kalifat wurde abgeschafft, der Fez und religiöse Kleidung verboten, eine strikte Trennung zwischen Religion und Staat beschlossen, bürgerliche Gesetze eingeführt, das arabische Alphabet abgeschafft, Ehen, die nur in religiöser Form geschlossen wurden, für ungültig erklärt.

Der Kemalismus besteht aus 6 Prinzipien:
- dem Nationalbewußtsein: Erhalt der nationalen Souveranität und der Förderung des Stolzes auf die neue Republik
- Laizismus: Klare Trennung zwischen Staat und Religion
- Republikanisches System: Absage an die Sultansherrschaft und Begründung der türkischen Republik
- Mobilisierung des Volkes: Motivierung jedes einzelnen Bürgers zum Beitrag für die neue Türkei
- Reformierung: Modernisierung
- Etatismus: Lenkung des Wirtschaftssystems durch den Staat

Die Reformen des Mustafa Kemal Atatürk wirken in der Türkei bis heute fort, die politischen Parteien sind seinen Prinzipien verpflichtet, in den Schulen werden seine Errungenschaften gelehrt. Ohne ihn gäbe es weder Land noch Staatsform der Türkei. Er lebt im Geiste seiner "Kinder", der Angehörigen einer kompletten Republik, weiter. Manche Menschen sind unsterblich......