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Thema: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

  1. #1

    Standard Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    Ein Thread für an kritischer Gesellschaftstheorie interessierte User.
    Im Folgenden bespreche ich den klassischen Text "Nationalsozialismus und Antisemitismus" von dem US-Marxisten Moishe Postone ([Links nur für registrierte Nutzer]). Dabei werde ich aus meiner Sicht zentrale Textstellen zitieren und kommentieren.

    Kurzes Abstract für Schnell-Leser:
    Moishe Postone untersucht das moderne antisemitische Denken auf seine erkenntnistheoretischen Wurzeln hin. Dabei nimmt er zentrale Motive der Marxschen Ökonomiekritik auf und zeigt, wie das antisemitische Denken sich einerseits gegen bestimmte soziale Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft (v.a. das Geld und den Zins) wendet und sie personalisiert im Konstrukt des "Juden" - und andererseits die Technologie und den Arbeitsbegriffunkritisch annimmt. Dies ist möglich, weil aus dem personalistisch-naturalistischen Denken des Antisemiten "Geschichte" und "Gesellschaft" als dynamische Vermittlungssysteme verschwunden sind. Im antisemitischen Denken erscheint das Individuum durch eine "innere Natur" determiniert. Die "Natur des Juden" ist es für den Antisemiten, das „gute“, "schaffende Kapital" mit dem Zinsfluch zu belegen. Geld, Kredit und Kapital stehen für den Antisemiten also in keinem logischen Verhältnis.
    Meine ausführliche Besprechung für Detail-Leser nun im Folgenden:

    Teil 1:
    1.) Der moderne Antisemitismus ist für Postone eine kohärente Weltanschauung mit ihren ganz eigenen Charakteristika:
    Der moderne Antisemitismus ist dadurch gekennzeichnet, daß die Juden für die geheime Kraft hinter jenen Widersachern, dem plutokratischen Kapitalismus und dem Sozialismus gehalten werden. "Das internationale Judentum" wird darüber hinaus als das wahrgenommen, was hinter dem "Asphaltdschungel" der wuchernden Metropolen, hinter der "vulgären, materialistischen, modernen Kultur" und, generell, hinter allen Kräften, die zum Niedergang althergebrachter sozialer Zusammenhänge, Werte und Institutionen führen, steht. Die Juden stellen demnach eine fremde, gefährliche und destruktive Macht dar, die die soziale "Gesundheit" der Nation untergräbt. Für den modernen Antisemitismus ist nicht nur sein säkularer Inhalt charakteristisch, sondern auch sein systemartiger Charakter. Er beansprucht, die Welt zu erklären.
    Der moderne Antisemitismus ist also als Bedürfnis zu verstehen, Phänomene der modernen Welt umfassend auf eine bestimmte Art und Weise zu erklären. Dieser universale Charakter der antisemitischen Weltanschauung hängt mit der Struktur der gesellschaftlichen Ordnung selbst zusammen und ihrer inneren Verarbeitung durch das antisemitische Subjekt.
    Die abstrakte Herrschaft des Kapitals, wie sie besonders mit der raschen Industrialisierung einhergeht, verstrickte die Menschen in das Netz dynamischer Kräfte, die, weil sie nicht durchschaut zu werden vermochten, in Gestalt des "Internationalen Judentums" wahrgenommen wurden.
    Diese Angst des Antisemiten vor der Abstraktheit und dem Universalismus der bürgerlichen Ordnung muß nun nach Postone auf der Basis "einer materialistischen Erkenntnistheorie" untersucht werden. Dabei nimmt der Antisemitismus sowohl auf das Bedürfnis nach Erklärung der Welt Rücksicht wie auch auf das "Unbehagen an der Moderne". Dennoch, auch das werden wir sehen, verbleibt der Antisemitismus auf dem Boden der Moderne, genauer auf ihrem ambivalenten, selbstwidersprüchlichen Boden, der immer Aufklärung und Gegen-Aufklärung als notwendig miteinander verbundene Erkenntnisprinzipien hervorbringt. Seine Rückwärtsgewandtheit zeigt nach vorne, sein geschichtslos-biologistisches Menschenbild ist das herrschende. Wie der Antisemitismus aus der subjektiven Verarbeitung und Aneignung der "Moderne" durch das Waren produzierende Subjekt entsteht, ist zentrales Thema bei Postone. Der Antisemitismus ist eine Form entfremdeter Erkenntnis eines entfremdeten Menschen.
    Die von Marx getroffene "Unterscheidung zwischen Wesen und Erscheinung" der kapitalistischen Produktionsweise wurde zur weiteren Untersuchung des Problems analytisch fruchtbar gemacht von Postone.
    2.) Um Wesen und Erscheinungsform der kapitalistischen Produktionsweise zu unterscheiden bedient sich Marx der Theorie des Warenfetischismus:
    Was dem Begriff des Fetischs vorausgeht, ist Marx' Analyse der Ware, des Geldes, des Kapitals als Formen gesellschaftlicher Verhältnisse und nicht nur als bloße ökonomische Bestimmungen. Nach seiner Analyse erscheinen kapitalistische Formen gesellschaftlicher Beziehungen nicht als solche, sondern drücken sich in vergegenständlichter Form aus. Weil Arbeit im Kapitalismus auch die Funktion einer gesellschaftlichen Vermittlung hat ("abstrakte Arbeit"), ist die Ware nicht bloß Gebrauchsgegenstand, in dem konkrete Arbeit vergegenständlicht ist, sondern sie verkörpert auch gesellschaftliche Verhältnisse.(...) . Als Objekt drückt die Ware soziale Verhältnisse aus und verschleiert sie gleichzeitig.(...) Der Fetisch verweist nun auf die Denkweisen, die auf Wahrnehmungen und Erkenntnissen basieren, die in den Erscheinungsformen der gesellschaftlichen Verhältnisse befangen bleiben.
    Betrachtet man die besonderen Charakteristika der Macht, die der moderne Antisemitismus den Juden zuordnet - nämlich Abstraktheit, Unfaßbarkeit, Universalität, Mobilität - dann fällt auf, daß es sich hierbei um Charakteristika der Wertdimension jener gesellschaftlichen Formen handelt, die Marx analysiert hat.
    Wenn der Antisemitismus also nicht selbst anthropologisch (und somit ahistorisch) verstanden werden soll, sondern als spezifische Denkform der Moderne und als Reaktion auf diese, muß die "Moderne" selbst unter dem Aspekt von Abstraktion, Universalität und geldförmiger Beziehungen verstanden werden. Die dafür notwendige analytische Synthesis hat allein Marx bereitgestellt mit seiner Theorie von Ware, Wert und Marktform. Ohne ein angemessenes Verständnis der gesellschaftlichen Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft sowie ihrer Vermittlungsformen kann keine kritische Theorie der Gesellschaft auskommen. Postone referiert deshalb ausführlich die Marxsche Analyse der Warenform:
    Die dialektische Einheit von Wert und Gebrauchswert in der Ware erfordert, daß dieser "Doppelcharakter" sich in der Wertform entäußert, in der er "doppelt" erscheint: als Geld (die Erscheinungsform des Werts) und als Ware (die Erscheinungsform des Gebrauchswerts). Diese Entäußerung erweckt den Schein, als enthalte die Ware, die eigentlich sowohl Wert wie Gebrauchswert ausdrückt, nur letzteren, das heißt, sie erscheint als rein stofflich und "dinglich". Weil die gesellschaftliche Dimension der Ware dabei entfällt, stellt sich das Geld als einziger Ort des Wertes dar, als Manifestation des ganz und gar Abstrakten anstatt als entäußerte Erscheinungsform der Wertseite der Ware selbst. Die dem Kapitalismus eigene Form vergegenständlichter gesellschaftlicher Beziehungen erscheint so auf der Ebene der Warenanalyse als Gegensatz zwischen Geld als Abstraktem einerseits und stofflicher Natur andererseits. Die kapitalistischen gesellschaftlichen Beziehungen scheinen ihren Ausdruck nur in der abstrakten Dimension zu finden - etwa als Geld und als äußerliche, abstrakte, allgemeine "Gesetze".
    Die Verbindung von Gebrauchswert und Tauschwert der Ware, von Konkretem und Abstraktem, ist notwendige Voraussetzung kapitalistischer Warenproduktion: Der Gebrauchswert braucht die Wertform, um über den Tausch vom Produzenten zum Konsumenten zu gelangen und Bedürfnisse zu befriedigen. Der Wert wiederum kann nicht existieren ohne den Gebrauchswert, denn wenn die Ware nicht konsumiert wird (also keinen individuellen Nutzen stiftet), findet auch kein Tausch statt. Im Gebrauchswert kommt also die stoffliche, unmittelbare Dimension der Ware zur Geltung, während in der Wertform ihre abstrakte, gesellschaftlich vermittelte Seite sich zeigt. Das entfremdete Bewußtsein des Antisemiten blendet die Vermittlung von Abstraktem und Konkretem aus und wendet die stoffliche Seite des Produktionsprozesses gegen seine gesellschaftlichen Vermittlungsformen.
    Und weil beide Seiten der Antinomie vergegenständlicht sind, erscheint jede als quasi-natürlich: Die abstrakte Seite tritt in der Gestalt von "objektiven" Naturgesetzen auf, und die konkrete Seite erscheint als reine stoffliche Natur. Die Struktur entfremdeten gesellschaftlicher Beziehung, die dem Kapitalismus eigen ist, hat die Form einer quasi-natürlichen Antinomie, in der Gesellschaftliches und Historisches nicht mehr erscheinen.
    Mit der Überhöhung einer Seite der Antinomie und der Verurteilung der anderen wird dieser Widerspruch aber nicht aufgehoben, sondern affirmiert. Die stoffliche Welt des Kapitals wird gegen die Vermittlung der stofflichen Elemente ausgespielt:
    Formen antikapitalistischen Denkens, die innerhalb der Unmittelbarkeit dieser Antinomie verharren, tendieren dazu, den Kapitalismus nur unter der Form der Erscheinungen der abstrakten Seite dieser Antinomie wahrzunehmen, zum Beispiel Geld als "Wurzel allen Übels". Dem wird die bestehende, konkrete Seite dann als das "natürliche" oder ontologisch Menschliche, das vermeintlich außerhalb der Besonderheit kapitalistischer Gesellschaft stehe, positiv entgegengestellt. So wird - wie etwa bei Proudhon - konkrete Arbeit als das nicht-kapitalistische Moment verstanden, das der Abstraktheit des Geldes entgegengesetzt ist. Daß konkrete Arbeit selbst kapitalistische gesellschaftliche Beziehungen verkörpert und von ihnen materiell geformt ist, wird nicht gesehen.
    Das kapitalistische Arbeitsregime als Agens und Lebensnerv der Kapitalakkumulation wird somit nur in der Zirkulationssphäre verortet, während die konkrete Tätigkeit innerhalb kapitalistischer Produktionsverhältnisse der Kritik entzogen wird. Der Antisemit frönt also dem Arbeitswahn des bürgerlichen Marktsubjektes und arrangiert sich mit der technologischen Überwältigung der Arbeit durch die Produktivkräfte wie Ernst Jünger in "Der Arbeiter" ausführt. Er möchte nur mit der "Zinsknechtschaft" brechen, nicht aber mit dem Arbeitsregime. Letzteres gilt ihm als von gesellschaftlichen Formbestimmungen unabhängig, als „naturhaft“ und transhistorisch.
    „Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit“ Jean Jacques Rousseau.

  2. #2

    Standard Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung II

    Teil 2:

    3.) Entscheidend für das Verständnis des antisemitischen Denkens ist folglich über den Waren- und Arbeitsfetisch hinaus der Kapitalfetisch:
    Wie angedeutet, läßt der "Doppelcharakter" auf der logischen Ebene der Warenanalyse die Arbeit als ontologische Betätigungsweise erscheinen und nicht als eine Tätigkeit, die materiell von den gesellschaftlichen Beziehungen geformt wird; er stellt die Ware als rein stoffliches Ding dar und nicht als Vergegenständlichung vermittelter gesellschaftlicher Beziehungen. Auf der logischen Ebene des Kapitals läßt der "Doppelcharakter" (Arbeits- und Verwertungsprozeß) industrielle Produktion als ausschließlich materiellen schöpferischen Prozeß, ablösbar vom Kapital, erscheinen. Die manifeste Form des Konkreten ist nun organischer. So kann das industrielle Kapital als direkter Nachfolger "natürlicher" handwerklicher Arbeit auftreten und, im Gegensatz zum "parasitären" Finanzkapital, als "organisch" verwurzelt. Seine Organisation scheint der Zukunft verwandt zu sein; der gesellschaftliche Zusammenhang, in dem es sich befindet, wird als eine übergeordnete, „organische“ Einheit gefaßt: Gemeinschaft, Volk, Rasse.(...)
    Kapital selbst - oder das, was als negativer Aspekt des Kapitalismus verstanden wird - wird lediglich in der Erscheinungsform seiner abstrakten Dimension verstanden: als Finanz- und zinstragendes Kapital. In dieser Hinsicht steht die biologistische Ideologie, die die konkrete Dimension (des Kapitalismus) als "natürlich" und "gesund" dem Kapitalismus (wie er erscheint) gegenüberstellt, nicht im Widerspruch zur Verklärung des Industriekapitals und seiner Technologie. Beide stehen auf der "dinglichen" Seite der Antinomie.
    Die konkreten Existenzformen des Kapitals bleiben somit von jeglicher Kritik unberührt. Die gesamten konkreten Produktionsformen werden akzeptiert und lediglich ihre Verbindung zum (dem industriellen Produktionsprozeß rein äußerlich gegenüberstehenden) Finanzkapital kritisiert - wobei das Finanzkapital selbst mit dem wuchernden Juden gleich gestellt wird. Der Antisemitismus läßt sich somit problemlos mit den technischen Seiten der kapitalistischen Moderne verbinden:
    In fetischistischem "Antikapitalismus" dieser Art wird beides, Blut wie Maschine, als konkretes Gegenprinzip zum Abstrakten gesehen. Die positive Hervorhebung der "Natur", des Blutes, des Bodens, der konkreten Arbeit, der Gemeinschaft, geht ohne weiteres zusammen mit einer Verherrlichung der Technologie und des industriellen Kapitals.
    Im Antisemitismus kommt also nicht eine "archaische Natur" des Menschen oder das Bedürfnis nach einem "Sündenbock" zutage, sondern eine subjektive Verarbeitung des Verhältnisses von gegenständlicher, von Menschen gemachter Welt zu den Prozessen gesellschaftlicher Vermittlung. Der Antisemit nimmt die Welt dabei so wie sie ist an und versteht ihre konkreten Existenzformen als "natürlich", während er die nicht-konkreten Vermittlungsformen (deren oberste Form das Geld ist) und mit ihnen alle universalistischen Strukturelemente ablehnt. Er ist somit für den Partikularismus und gegen den Universalismus, für das Volk und gegen die Menschheit, für das Land und gegen die Stadt, für den Verstand und gegen die Vernunft.
    Solche Denkformen begleiten die Entwicklung des industriellen Kapitalismus. Sie sind Ausdruck jenes antinomischen Fetischs, der die Vorstellung erzeugt, das Konkrete sei "natürlich", und dabei das gesellschaftlich "Natürliche" zunehmend so darstellt, daß es biologisch erscheint. Diese Form des "Antikapitalismus" ERSCHEINT daher nur so, als ob sie sehnsüchtig rückwärts gewandt sei; als Ausdruck des Kapitalfetischs drängt sie in Wirklichkeit vorwärts. Sie tritt auf im Übergang vom liberalen zum organisierten industriellen Kapitalismus
    Als subjektives Moment der Krisenverarbeitung kann der Antisemitismus freilich in jeder Phase des Kapitalismus auftreten, denn sein entfremdet-mystisches Erkenntnisprinzip kann unterschiedliche inhaltliche Verbindungen eingehen. Modernisierung und Antisemitismus schließen sich also keineswegs aus. Der Antisemitismus möchte die Moderne lediglich vom "Terror" der Abstraktheit und des Universalismus befreien. An das Konkrete gekettet soll das Individuum seine Welt als unabänderliches "Natur"-Produkt verstehen.
    Diese Form des "Antikapitalismus" beruht also auf dem einseitigen Angriff auf das Abstrakte. Abstraktes und Konkretes werden nicht in ihrer Einheit als begründende Teile einer Antinomie verstanden, für die gilt, daß die wirkliche Überwindung des Abstrakten - der Wertseite - die geschichtlich-praktische Aufhebung des Gegensatzes selbst sowie jeder seiner Seiten einschließt. Statt dessen findet sich lediglich der einseitige Angriff gegen die abstrakte Vernunft, das abstrakte Recht und, auf anderer Ebene, gegen das Geld- und Finanzkapital. So gesehen entspricht dieses Denken seiner komplementären liberalen Position in antinomischer Weise: Im Liberalismus bleibt die Herrschaft des Abstrakten unbefragt; eine Unterscheidung zwischen positiver und kritischer Vernunft wird nicht getroffen.
    Der "antikapitalistische" Angriff bleibt jedoch nicht bei der Attacke auf das Abstrakte als Abstraktem stehen. Selbst die abstrakte Seite erscheint vergegenständlicht. Auf der Ebene des Kapitalfetischs wird nicht nur die konkrete Seite naturalisiert und biologisiert, sondern auch die erscheinende abstrakte Seite, die nun in Gestalt des Juden wahrgenommen wird. So wird der Gegensatz von stofflich Konkretem und Abstraktem zum rassischen Gegensatz von Arier und Jude. Der moderne Antisemitismus besteht in der Biologisierung des Kapitalismus – der selbst nur unter der Form des erscheinenden Abstrakten verstanden wird - als internationales Judentum.
    Mit der Personalisierung bzw. Biologisierung des Kapitalismus selbst verwirklicht sich das antisemitische Denkmuster. Das Unbehagen an der Moderne wird nun auf die verhassten Personifikationen des Kapitals übertragen. Mit der Projektion sämtlicher abstrakter Eigenschaften auf die Juden wird die gesellschaftliche Organisationsform von jeder Kritik befreit und die Auslöschung des Judentums mit der Überwindung des Kapitalismus gleichgesetzt. Noch in der Vernichtung der Juden haben ja die Nazis die Juden physisch "verwertet" (Haut, Zähne, Menschenversuche etc.) und damit die Logik der ökonomischen Vernunft an den Opfern ihrer Projektion exekutiert. Jüdisches Vermögen ging an deutsche Großbanken und konnte so in "nationales Kapital" verwandelt werden. Die Personifikation des Kapitals beinhaltet somit immer die Auslöschung einer Gruppe Kapitalbesitzer zum Vorteil der anderen. Der Antisemit ist somit auch aus Sicht des Kapitals ein gern gesehener Verbündeter gegen konkurrierende und zu okkupierende Kapitalien. Die aktuelle Angst vor dem "bösen US-Kapital" ist ein Beispiel für diesen Mechanismus: Das "gute" deutsche Kapital wird dabei gegen das fremde US-Kapital gehegt. Man möchte völkisch-national statt globalisiert-international ausgebeutet werden. Weiter reicht die Kritik des Antisemiten nicht.
    4.) Hierbei ist sich Postone sicher:
    Die Juden hätten durch keine andere Gruppe ersetzt werden Können.
    Dies hatte spezifisch historische Gründe, die Postone untersucht. Als international und rational orientierte Gruppe, die seit dem Mittelalter in die Rolle der Geldkapitalisten gedrängt wurde, waren die Juden prädestiniert für ihre Rolle als Personifikation der abstrakten Seite der Warenporoduktion.
    Der moderne Antisemitismus ist also eine besonders gefährliche Form des Fetischs. Seine Macht und Gefahr liegen darin, daß er eine umfassende Weltanschauung liefert, die verschiedene Arten antikapitalistischer Unzufriedenheit scheinbar erklärt und ihnen politischen Ausdruck verleiht. Er läßt den Kapitalismus aber dahingehend bestehen, als er nur die Personifizierung jener gesellschaftlichen Form angreift. Ein so verstandener Antisemitismus ermöglicht es, ein wesentliches Moment des Nazismus als verkürzten Antikapitalismus zu verstehen. Für ihn ist der Haß auf das Abstrakte charakteristisch. Seine Hypostasierung des existierenden Konkreten mündet in einer einmütigen, grausamen - aber nicht notwendig haßerfüllten Mission: der Erlösung der Welt von der Quelle allen Übels in Gestalt der Juden.(...)
    Auschwitz war eine Fabrik zur "Vernichtung des Werts", das heißt zur Vernichtung der Personifizierung des Abstrakten. Sie hatte die Organisation eines teuflischen industriellen Prozesses mit dem Ziel, das Konkrete vom Abstrakten zu "befreien". Der erste Schritt dazu war die Entmenschlichung, das heißt die "Maske" der Menschlichkeit wegzureißen und die Juden als das zu zeigen, was "sie wirklich sind", Schatten, Ziffern, Abstraktionen.
    Der zweite Schritt war dann, diese Abstraktheit auszurotten, sie in Rauch zu verwandeln, jedoch auch zu versuchen, die letzten Reste des konkreten gegenständlichen "Gebrauchswerts" abzuschöpfen: Kleider, Gold, Haare, Seife.
    Auschwitz, nicht die "Machtergreifung" 1933, war die wirkliche "Deutsche Revolution" - die wirkliche Schein-"Umwälzung" der bestehenden Gesellschaftsformation. Diese Tat sollte die Welt vor der Tyrannei des Abstrakten bewahren. Damit jedoch "befreiten" die Nazis sich selbst aus der Menschheit.
    Der Antisemit haßt das Abstrakte, den Intellekt, den Universalismus. Die in der Warenproduktion sich vollziehende Realabstraktion freilich erkennt er nicht und somit auch nicht den Kapitalismus als spezifisches, historisch gewachsenes Produktionssystem. Weil sein Haß sich nur auf ausgewählte Personengruppen bezieht, ist er leicht instrumentalisierbar und seine Rebellion eine, welche die kapitalistischen Produktionsverhältnisse nicht aufhebt. Deshalb ist der Antisemitismus Wahn: Er rebelliert ohne zu verstehen und wendet sich gegen eine Ordnung, der er sich doch sklavisch unterwirft. Seine Rebellion ist Affirmation, denn noch in seinem Aufbegehren reproduziert er die entfremdeten Erkenntnisformen der kapitalistischen Ordnung: Biologismus (bzw. Naturalismus) und ahistorischen Subjektivismus, Unterwerfung unter das bürgerliche Arbeitsregime, Selbstentmächtigung und Anti-Intellektualismus. Das Selbsterhaltungs-Subjekt der Marktwirtschaft rekonstituiert sich als völkische Konkurrenzmonade. Im völkischen Darwinismus widerspiegelt sich der Kampf der Marktsubjekte und wendet sich gegen die letzten Reste zivilisatorischer Hemmungen. Auch hier erweist sich der Antisemitismus als funktionales Element kapitalistischer Modernisierung.
    Van Moorrison
    „Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit“ Jean Jacques Rousseau.

  3. #3
    Benutzerbildbandit Benutzerbild von Menschenfreund
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    Standard AW: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    Alles, was du sagst, klingt mal so richtig schwul.
    Jeder ist seines Glückes Schmied.

  4. #4
    Gegen Ausbeuterei Benutzerbild von Frei-denker
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    Standard AW: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    Wenn ich das richtig gelesen habe, schwafelt in dem im Startposting zitierten Artikel ein Jude über Antisemitismus - und welch Wunder, kein Wort über den Zusammenhang zwischen jüdischem Verhalten und Antisemitismus.

    Es ist einfach an der Realität vorbeigefachsimpelt, sich Seitenweise über Antisemiten zu echauffieren, jedoch die Rolle der Juden in der Geschichte völlig zu ignorieren.

    Nur ein alberner Versuch, durch eine Aneinanderreihung möglichst hochtrabend vormulierter Platitüden den Schein von Wissenschaftlichkeit vorzugauckeln.

    --------------------------

    Vielmehr muß man die Frage stellen, inwieweit der Zusammenhang von jüdischem Fehlverhalten in der Geschichte und Abneigung gegen Juden eine Rolle gespielt haben.

    Hier mal ein paar ins Auge fallende Aspekte jüdischen Verhaltens in den letzten Jahrhunderten:

    -Abzocken der einheimischen Bevölkerung durchs Zinsspiel bzw. Zinswucher

    - Die Hauptsklavenhändler im sogenannten Dreickshandel sollen einem Artikel im Web zufolge Juden gewesen sein. Kann den Wahrheitsgehalt dieser Meldung im Moment allerdings nicht prüfen. Halte ich aber für möglich.

    - Während der Industrialisierung waren es offenbar vielfach jüdische Bankiers und Geldwechsler, die, weil sie reich waren, sich die Fabriken und damit die Produktionsmittel aneignen konnten, die Bevölkerung mit schändlicher Ausbeuterei aussaugten. Meines Wissen spricht sogar Karl Marx deswegen über Kapitalisten nicht selten von jüdischen Kapitalisten.

    - In beiden Weltkriegen waren mit die größten Kriegsprofiteure jüdische Großbanken: J.P.Morgan, Warburg usw., die über ihre Firmen General Motors und Adam Opel beide Kriegsseiten belieferten und so am Tot anderer Menschen profitierten.

    - In der Weimarer Republik war es ebenfalls die J.P.Morgan-Bank, die über den Dowes- und Youngplan Deutschland aussaugte, übrigens zahlen wir daran heute noch. Selbst Stalin äußerte sich damals in der Prawda abfällig über diese Machenschaften der Morgans.

    - Rothschild profitierte seit Napoleons Zeiten ebenfalls vom Krieg und finanzierte mehrere Kriegsparteien.

    - Die russische Revolution bzw. Lenin und Trozki wurden vom jüdischen Bankhaus Warburg, Wall Street, finanziert.

    - Jüdische Bolschewisten, Leiter der Tscheka, metzelten in der russischen und ukrainischen Zivilbevölkerung. Unter anderem die orthodoxen Priester ab. Die Gulags waren eine Erfindung jüdischer Tscheka-Kommandeure. Nachzulesen in "Archipel Gulag" von Alexandr Solchenyzin.

    - Der jüdische General Kaganowitsch war entscheidend für die Maßnahmen verantwortlich, die zum Holodomor in der Ukraine führten. Ca. 6 Mio. Tote unter der Zivilbevökerung, davon ca. 3 Mio. Kinder. Siehe Wikipedia.

    - Darüber hinaus machen sich Juden mit unverschämtem und beleidigendem Verhalten a la Michel Friedmann oder Reich-Ranizki sicher nicht gerade beliebt.

    - Tausende Tote durch Israelis im Nahen Osten. Ethnische Säuberungen und Menschenrechtsverbrechen in der Westbank. Entgegen UN-Resolutionen, entgegen Völkerrecht.


    Also, wer über Abneigung gegenüber Juden spricht und all diese Punkte unter den Tisch fallen läßt, setzt sich nicht nur nicht mit den wahren Verhältnissen auseinander, sondern verrät gleich, dass es ihm um schwarz-weiß-Malerei geht: Juden gut, Nichtjuden schlecht.

    Plumpe Antifa-Phrasen machen solch undifferenzierte Betrachtung natürlich keinen Deut besser.
    US-Hegemonie, Zionismus und international operierende Konzerne

    - der Faschismus unserer Zeit.

  5. #5
    GESPERRT
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    Standard AW: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    Aber bei den Zinssachen muss man auch beachten das Juden damals keine Wahl hatten weil es ihnen verboten war ein Handwerk auszuüben!

    Die Arbeit mit Geld hat sich dann über die Generationen verfestigt, und es waren auch nicht alle Juden reich die Ostjuden waren meistens sogar ärmer als die nichtjüdische Bevölkerung

  6. #6
    Gegen Ausbeuterei Benutzerbild von Frei-denker
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    Standard AW: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    Zitat Zitat von Humanismus Beitrag anzeigen
    Aber bei den Zinssachen muss man auch beachten das Juden damals keine Wahl hatten weil es ihnen verboten war ein Handwerk auszuüben!

    Die Arbeit mit Geld hat sich dann über die Generationen verfestigt, und es waren auch nicht alle Juden reich die Ostjuden waren meistens sogar ärmer als die nichtjüdische Bevölkerung
    Ob sie wirklich keine andere Wahl hatten als Zinswucherer zu werden bezweifle ich mal. Es gab ja sicher auch noch tausend andere Berufe, die sie durchaus hätten machen können. Auch sollen sie bereits lange vor diesen Gesetzen primär Zinsnehmer gewesen sein - auch zu Mohammeds Zeiten in Mekka und Medina. Könnte man als Gegenindiz zur These einer zwangsweisen Zinswucherer-seinmüssen ansehen.

    Aber das ist auch nicht der Punkt. Denn selbst wenn die Verhältnisse sie zum Zinsspiel gedrängt hätten, so bliebe die Tatsache, dass dieses Verhalten Abneigung erzeugte.

    Also nicht der Umstand, dass sie Juden waren, sondern das Verhalten an sich.
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    - der Faschismus unserer Zeit.

  7. #7
    Vorstand der Stammchatter Benutzerbild von Mark Mallokent
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    Standard AW: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    Zitat Zitat von Van Moorrison Beitrag anzeigen
    Ein Thread für an kritischer Gesellschaftstheorie interessierte User.
    Im Folgenden bespreche ich den klassischen Text "Nationalsozialismus und Antisemitismus" von dem US-Marxisten Moishe Postone ([Links nur für registrierte Nutzer]). Dabei werde ich aus meiner Sicht zentrale Textstellen zitieren und kommentieren.

    Kurzes Abstract für Schnell-Leser:
    Moishe Postone untersucht das moderne antisemitische Denken auf seine erkenntnistheoretischen Wurzeln hin. Dabei nimmt er zentrale Motive der Marxschen Ökonomiekritik auf und zeigt, wie das antisemitische Denken sich einerseits gegen bestimmte soziale Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft (v.a. das Geld und den Zins) wendet und sie personalisiert im Konstrukt des "Juden" - und andererseits die Technologie und den Arbeitsbegriffunkritisch annimmt. Dies ist möglich, weil aus dem personalistisch-naturalistischen Denken des Antisemiten "Geschichte" und "Gesellschaft" als dynamische Vermittlungssysteme verschwunden sind. Im antisemitischen Denken erscheint das Individuum durch eine "innere Natur" determiniert. Die "Natur des Juden" ist es für den Antisemiten, das „gute“, "schaffende Kapital" mit dem Zinsfluch zu belegen. Geld, Kredit und Kapital stehen für den Antisemiten also in keinem logischen Verhältnis.
    Meine ausführliche Besprechung für Detail-Leser nun im Folgenden:

    Teil 1:
    1.) Der moderne Antisemitismus ist für Postone eine kohärente Weltanschauung mit ihren ganz eigenen Charakteristika:

    Der moderne Antisemitismus ist also als Bedürfnis zu verstehen, Phänomene der modernen Welt umfassend auf eine bestimmte Art und Weise zu erklären. Dieser universale Charakter der antisemitischen Weltanschauung hängt mit der Struktur der gesellschaftlichen Ordnung selbst zusammen und ihrer inneren Verarbeitung durch das antisemitische Subjekt.

    Diese Angst des Antisemiten vor der Abstraktheit und dem Universalismus der bürgerlichen Ordnung muß nun nach Postone auf der Basis "einer materialistischen Erkenntnistheorie" untersucht werden. Dabei nimmt der Antisemitismus sowohl auf das Bedürfnis nach Erklärung der Welt Rücksicht wie auch auf das "Unbehagen an der Moderne". Dennoch, auch das werden wir sehen, verbleibt der Antisemitismus auf dem Boden der Moderne, genauer auf ihrem ambivalenten, selbstwidersprüchlichen Boden, der immer Aufklärung und Gegen-Aufklärung als notwendig miteinander verbundene Erkenntnisprinzipien hervorbringt. Seine Rückwärtsgewandtheit zeigt nach vorne, sein geschichtslos-biologistisches Menschenbild ist das herrschende. Wie der Antisemitismus aus der subjektiven Verarbeitung und Aneignung der "Moderne" durch das Waren produzierende Subjekt entsteht, ist zentrales Thema bei Postone. Der Antisemitismus ist eine Form entfremdeter Erkenntnis eines entfremdeten Menschen.
    Die von Marx getroffene "Unterscheidung zwischen Wesen und Erscheinung" der kapitalistischen Produktionsweise wurde zur weiteren Untersuchung des Problems analytisch fruchtbar gemacht von Postone.
    2.) Um Wesen und Erscheinungsform der kapitalistischen Produktionsweise zu unterscheiden bedient sich Marx der Theorie des Warenfetischismus:

    Wenn der Antisemitismus also nicht selbst anthropologisch (und somit ahistorisch) verstanden werden soll, sondern als spezifische Denkform der Moderne und als Reaktion auf diese, muß die "Moderne" selbst unter dem Aspekt von Abstraktion, Universalität und geldförmiger Beziehungen verstanden werden. Die dafür notwendige analytische Synthesis hat allein Marx bereitgestellt mit seiner Theorie von Ware, Wert und Marktform. Ohne ein angemessenes Verständnis der gesellschaftlichen Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft sowie ihrer Vermittlungsformen kann keine kritische Theorie der Gesellschaft auskommen. Postone referiert deshalb ausführlich die Marxsche Analyse der Warenform:

    Die Verbindung von Gebrauchswert und Tauschwert der Ware, von Konkretem und Abstraktem, ist notwendige Voraussetzung kapitalistischer Warenproduktion: Der Gebrauchswert braucht die Wertform, um über den Tausch vom Produzenten zum Konsumenten zu gelangen und Bedürfnisse zu befriedigen. Der Wert wiederum kann nicht existieren ohne den Gebrauchswert, denn wenn die Ware nicht konsumiert wird (also keinen individuellen Nutzen stiftet), findet auch kein Tausch statt. Im Gebrauchswert kommt also die stoffliche, unmittelbare Dimension der Ware zur Geltung, während in der Wertform ihre abstrakte, gesellschaftlich vermittelte Seite sich zeigt. Das entfremdete Bewußtsein des Antisemiten blendet die Vermittlung von Abstraktem und Konkretem aus und wendet die stoffliche Seite des Produktionsprozesses gegen seine gesellschaftlichen Vermittlungsformen.

    Mit der Überhöhung einer Seite der Antinomie und der Verurteilung der anderen wird dieser Widerspruch aber nicht aufgehoben, sondern affirmiert. Die stoffliche Welt des Kapitals wird gegen die Vermittlung der stofflichen Elemente ausgespielt:

    Das kapitalistische Arbeitsregime als Agens und Lebensnerv der Kapitalakkumulation wird somit nur in der Zirkulationssphäre verortet, während die konkrete Tätigkeit innerhalb kapitalistischer Produktionsverhältnisse der Kritik entzogen wird. Der Antisemit frönt also dem Arbeitswahn des bürgerlichen Marktsubjektes und arrangiert sich mit der technologischen Überwältigung der Arbeit durch die Produktivkräfte wie Ernst Jünger in "Der Arbeiter" ausführt. Er möchte nur mit der "Zinsknechtschaft" brechen, nicht aber mit dem Arbeitsregime. Letzteres gilt ihm als von gesellschaftlichen Formbestimmungen unabhängig, als „naturhaft“ und transhistorisch.
    Es besteht insofern eine Analogie ja Verwandtschaft, zwischen Kommunismus und Antisemitismus als der eine das "Kapital" und der andere die "Juden" für alle Übel dieser Welt verantwortlich macht.
    Und auch der Denkfehler, den beide machen, ist identisch: Beide ziehen, um ihre These zu beweisen, beispielhaft einzelne Kapitalisten bzw Juden heran, beide unterlassen es jedoch nachzuweisen, daß die Vergehen, welche diese individuell begangen haben auf ihr spezielles Kapitalist-sein bzw. Jude-sein zurückzuführen sind. :]
    Ich stehe hier, ein Herkules mit Fackeln! Sie sollen lodern, leuchten, knistern und auch knackeln!
    Mitglied der FDL

  8. #8

    Standard Denkfehler bei Mark Mallokent

    Zitat Zitat von Mark Mallokent Beitrag anzeigen
    Es besteht insofern eine Analogie ja Verwandtschaft, zwischen Kommunismus und Antisemitismus als der eine das "Kapital" und der andere die "Juden" für alle Übel dieser Welt verantwortlich macht.
    Also nur weil Marxisten eine Art der Ursache ausmachen ("das Kapital") und Antisemiten auch (nämlich "die Juden"), liegt noch kein vergleichbarer Ansatz vor.
    Marxisten denken nämlich strukturalistisch statt personalistisch, historisch-materialistisch statt idealistisch, dialektisch statt positivistisch.
    Außerdem denken sie sehr institutionalistisch (man denke nur an die marxistische Staats- und Rechtstheorie, also an [Links nur für registrierte Nutzer], [Links nur für registrierte Nutzer] oder [Links nur für registrierte Nutzer]).
    Insofern bestätigt sich Deine Behauptung in keinster Weise, wenn man mal genauer hinschaut.
    Und auch der Denkfehler, den beide machen, ist identisch: Beide ziehen, um ihre These zu beweisen, beispielhaft einzelne Kapitalisten bzw Juden heran, beide unterlassen es jedoch nachzuweisen, daß die Vergehen, welche diese individuell begangen haben auf ihr spezielles Kapitalist-sein bzw. Jude-sein zurückzuführen sind. :]
    Was Du da zusammen halluzinierst ist total falsch.
    Der Marxismus kritisiert überhaupt nicht "einzelne Kapitalisten", auch wenn es da natürlich genügend Verbrecher gibt.
    Der Marxismus kritisiert die kapitalistische Produktionsweise, der Kapitalist selbst ist für Marx eine "Charaktermaske", also ein an seine soziale Rolle gebundenes Subjekt. Das "individuelle Vergehen" tritt hier also vollkommen zurück hinter die gesellschaftliche Produktion der Rolle in ihrem sozialen Handlungskontext.
    Sehr gut nachzulesen hier:

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    Van
    „Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit“ Jean Jacques Rousseau.

  9. #9
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    Standard AW: Denkfehler bei Mark Mallokent

    Zitat Zitat von Van Moorrison Beitrag anzeigen
    Also nur weil Marxisten eine Art der Ursache ausmachen ("das Kapital") und Antisemiten auch (nämlich "die Juden"), liegt noch kein vergleichbarer Ansatz vor.
    Marxisten denken nämlich strukturalistisch statt personalistisch, historisch-materialistisch statt idealistisch, dialektisch statt positivistisch.
    Himmler beispielsweise hat betont, daß er gegen manche Juden gar nichts habe, daß er sie lediglich aus übergeordneten Gesichtspunkten verfolge. Das könnte man durchaus als strukturalistisches Denken bezeichnen.

    Zitat Zitat von Van Moorrison Beitrag anzeigen
    Außerdem denken sie sehr institutionalistisch (man denke nur an die marxistische Staats- und Rechtstheorie, also an [Links nur für registrierte Nutzer], [Links nur für registrierte Nutzer] oder [Links nur für registrierte Nutzer]).
    Letztere kenne ich nicht, allerdings wäre es höchste Zeit mal an einer marxisitischen Staatstheorie zu arbeiten. Genau da liegt nämlich das wohl größte Defizit des Marxismus, daß er die Rolle des Staates nie hat erfassen können, bzw. diesen lediglich als Büttel des Großkapitals versteht.

    Zitat Zitat von Van Moorrison Beitrag anzeigen
    Insofern bestätigt sich Deine Behauptung in keinster Weise, wenn man mal genauer hinschaut.
    Das Kompliment kann ich dir zurückgeben. :]

    Zitat Zitat von Van Moorrison Beitrag anzeigen
    Was Du da zusammen halluzinierst ist total falsch.
    Der Marxismus kritisiert überhaupt nicht "einzelne Kapitalisten", auch wenn es da natürlich genügend Verbrecher gibt.
    Er kritisiert sie (vielleicht) nicht, aber enteignet sie, verfolgt sie und ermordet sie.

    Zitat Zitat von Van Moorrison Beitrag anzeigen
    Der Marxismus kritisiert die kapitalistische Produktionsweise, der Kapitalist selbst ist für Marx eine "Charaktermaske", also ein an seine soziale Rolle gebundenes Subjekt. Das "individuelle Vergehen" tritt hier also vollkommen zurück hinter die gesellschaftliche Produktion der Rolle in ihrem sozialen Handlungskontext.
    Sehr gut nachzulesen hier:

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    Van
    Marx selbst war lediglich ein Schreibtischtäter, dem es immer an der Gelegenheit fehlte, seine Theorien auszuprobieren. Aber seine Schülen haben, nachdem sie die Macht ergriffen hatten, durchaus gezeigt, daß sie nicht nur den Kapitalismus, sondern auch den Kapitalismus verfolgten. :]
    Ich stehe hier, ein Herkules mit Fackeln! Sie sollen lodern, leuchten, knistern und auch knackeln!
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  10. #10
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    Standard AW: Antisemtismus und Nationalsozialismus - eine erkenntniskritische Betrachtung

    @mark mallokent: warum hast du noch nicht meinem beitrag zugestimmt X( X(

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