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Mikroorganismen etwa werden zum Leidwesen des Menschen relativ rasch resistent, wenn man sie allzu sorglos mit Antibiotika bekämpft. Der Kabeljau ist im Atlantik infolge des starken Drucks der Fischerei deutlich kleiner und früher geschlechtsreif als noch vor wenigen Jahrzehnten. Der Heilige Pippau, ein gelber Korbblütler, hat laut einer Untersuchung in Montpellier heute auf Stadtgebiet deutlich schwerere Samen als noch vor zwölf Jahren. Hier zeigt sich exemplarisch die Wirkungsweise der natürlichen Selektion: In einer Stadt können vornehmlich schwere Samen keimen, die in der Nähe der Mutterpflanze bleiben. Die leichten, weit fliegenden Samen hingegen landen mit grosser Wahrscheinlichkeit auf dem Asphalt – sie stammen also von einem «ungeeigneten» Pflanzentypus, der auf diese Weise automatisch eliminiert wird. Auf dem Land hingegen gibt es keinen Trend zu schwereren Samen.
Auch neue Arten entstehen hier und jetzt: In den USA ist die Population der Hagebuttenfliege in Spaltung begriffen – es entsteht gerade eine neue Art, die Apfelfruchtfliege, die ihre Eier in Äpfel statt Hagebutten legt. In der Nähe von Bonn spaltet sich derzeit eine Feuersalamander-Population: Die eine Gruppe pflanzt sich in Bächen fort, die andere in stehenden Gewässern. Die genetischen Unterschiede sind bereits deutlich.
Überdies wird oft unterschätzt, wie rasch sich Arten anpassen können. Ein berühmtes Beispiel ist der Birkenspanner – ein Schmetterling, den es in einer hellen und einer dunklen Variante gibt. Als sich im 19. Jahrhundert in Manchester wegen der Luftverschmutzung die Birken verdunkelten, hatten die dunklen Spanner plötzlich eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit. In nur fünfzig Jahren schnellte ihr Anteil an der ganzen Population von unter zehn auf über neunzig Prozent hoch. Genauso rasch ging es mit den dunklen Birkenspannern wieder abwärts, als sich im 20. Jahrhundert die Luft wieder verbesserte.