Der Zwangsheirat entkommen – dem Leid nicht
9. März 2009, 09:09 Uhr
Sie ist erst zehn, doch die ganze Welt kennt sie: Nodschud Ali aus dem Jemen wurde zwangsverheiratet, dann verprügelt und vergewaltigt. Damit unterscheidet sie sich nicht von vielen ihrer Altersgenossinen. Doch Nodschud erkämpfte sich die Scheidung. Trotzdem ist sie auch heute noch nicht frei.
Als Nodschud Ali im vergangenen April das Gerichtsgebäude in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa verließ, sah alles nach einem Sieg aus. Die Neunjährige hatte die Scheidung ihrer Ehe durchgesetzt, in die sie ihr Vater für umgerechnet 1100 Euro Brautgeld verkauft hatte, und sich so aus eigener Kraft von einem 21 Jahre älteren Mann befreit, der sie jeden Tag geprügelt und vergewaltigt hatte. Das Urteil war eine Sensation, nicht nur in ihrer streng islamischen Heimat, und Nodschud Ali auf einmal die bekannteste Jemenitin der Welt. "Ich will zurück in die Schule gehen und nie, nie wieder heiraten", sagt sie damals den Reportern. "Ich bin so glücklich, wieder frei zu sein."
Nicht einmal ein Jahr nach ihrem Triumph sieht es nun aber so aus, als wäre frei bleiben fast so schwer wie frei werden.
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Nodschud Ali ist nach dem Prozess aus Sehnsucht nach ihrer Familie wieder bei ihren Eltern eingezogen - und ihr Vater, der sie schon einmal verkauft hat, hat entdeckt, dass mit seiner berühmten Tochter auch nach der Scheidung noch was zu verdienen ist. "Er ist kein schlechter Mensch", sagt Minoui, "nur ein einfacher Mann vom Land, der jeden Tag ohne Job zwei Frauen und 16 Kinder ernähren muss." Immer noch klopfen fast täglich Menschen an seine Tür, um die kleine Muslimin zu sprechen, die sich aus der Zwangsheirat befreit hat. Und da viele bereit sind, dafür zu bezahlen, lässt der Vater das Mädchen nicht mehr zur Schule gehen und hat ihr den Kontakt zu ihrer Anwältin verboten.