. . . dürfte die Bundesrepublik Deutschland, begrifflich genaugenommen, überhaupt keine Verfassungsorgane haben, denn unser Grundgesetz ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 146 keine Verfassung, sondern nur ein Provisorium, welches von einer vom Volk gemeinsam verabschiedeten Verfassung ersetzt werden soll. Das Grundgesetz ist per definitionem lediglich ein ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte. Die sogenannten "Deutschen Väter des Grundgesetzes" dürften dabei kaum mehr als Punkt und Komma gesetzt haben.
Art. 146 GG betont den transitorischen Charakter des Grundgesetzes. Er schränkt dessen Geltung ein auf die Zeit bis zum Inkrafttreten einer Verfassung, die vom gesamten deutschen Volk nach dessen Wiedervereinigung in freier Entscheidung beschlossen worden ist. Das Bundesverfassungsgericht1 teilt daher meine folgerichtige Auffassung, daß erst eine neue Verfassung als endgültige Entscheidung des deutschen Volkes über seine staatliche Zukunft angesehen werden kann: Haben Sie diesen Satz schon einmal von einem Politiker gehört? Mitnichten, denn er wird sich davor hüten. Warum? Eine neue, vom Volk verabschiedete Verfassung dürfte die heutige Parteiendiktatur jäh beenden.
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Die Bundesregierung vertritt daher die in einer Denkschrift zum Einigungsvertrag festgehaltene (opportunistische!) Rechtsauffassung, daß eine Anwendung des Art. 146 zwar möglich, aber nicht notwendig sei und die Präambelaussage "Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk" die Beendigung des transitorischen Charakters des Grundgesetzes klarstelle.
Für Grundgesetzkenner ist diese Rechtsauffassung eine Farce und begründet obendrein den Tatbestand des arglistigen Verhaltens.
Erstens ist das Grundgesetz in seinem jetzigen Bestand völlig eindeutig und unstrittig nach besatzungsrechtlichen Vorgaben und nicht in freier Entscheidung des deutschen Volkes beschlossen worden. Zweitens ist das Grundgesetz 1949 nach der Präambel a.F. ohne Beteiligung derjenigen Deutschen zustande gekommen, "denen mitzuwirken versagt war". Dieser Mangel konnte auch nicht durch den Staatsvertrag behoben werden, der den Beitritt der ehemaligen DDR zum Grundgesetz vorsieht. Dies folgt allein daraus, daß die ehemalige DDR als politische Vertretung der dortigen Bevölkerung keinen Einfluß auf das Grundgesetz nehmen konnte.