Folgendes Interview des Parteivorsitzenden der NPD fand ich heute in der Welt, wie ist Ihre Meinung dazu?
Interview:
"Ein Verbotsverfahren wird uns kostenlose Werbung sein"
NPD-Chef Voigt über Hitler als Vorbild seiner Partei, den Aufmarsch am 8. Mai und über Neonazis als willkommene Mitglieder - Interview
DIE WELT: Die Bundesregierung will die Aufmärsche von Rechtsextremisten an sensiblen Orten unmöglich machen. Hält Ihre Partei am Antrag fest, am 8. Mai, dem 60. Jahrestag des Kriegsendes, am Berliner Holocaust-Mahnmal aufzumarschieren?
Udo Voigt: Wenn das ein Gesetz ist, das nur gegen Nationale gemacht wird, dann werden wir bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um unser Recht zu bekommen.
DIE WELT: Wer die NS-Gewaltherrschaft verherrlicht und verharmlost, dem drohen künftig bis zu drei Jahre Gefängnis. Werden Sie sich nun auf die Zunge beißen?
Voigt: Wir haben bisher niemals die Gewaltherrschaft verharmlost oder in irgendeiner Weise verherrlicht. Das sind reine Schaufenstergesetze.
DIE WELT: Fürchten Sie das erneut diskutierte NPD-Verbotsverfahren?
Voigt: Überhaupt nicht. Sollte es durchgeführt werden, wird es genauso scheitern wie das erste. Der Antrag wird ins Leere laufen. Die V-Mann-Problematik war ja nur ein nachgeschobenes Argument, um das Scheitern der Antragsteller zu kaschieren.
DIE WELT: Freuen Sie sich auf einen erneuten Verbotsantrag?
Voigt: Es gibt keine neuen Punkte, die ein Verbot rechtfertigen würden. Uns wird ein solches Vorgehen kostenlose Werbung für den Einzug in den Bundestag sein, den wir 2006 schaffen wollen. Wir sind nicht verfassungswidrig. Immer wieder neue Anläufe erhöhen nicht die Aussicht auf Erfolg.
DIE WELT: Warum setzt die NPD auf Provokation als Mittel der politischen Auseinandersetzung?
Voigt: Provokation ist generell ein Mittel des politischen Kampfes. Wir setzen aber nicht gezielt nur darauf.
DIE WELT: Ist der Trauermarsch in Dresden aus Ihrer Sicht eine Provokation?
Voigt: Die NPD hat lediglich die Schirmherrschaft übernommen. Die Junge Landsmannschaft Ostpreußen führt diesen Marsch doch seit Jahren durch.
DIE WELT: Warum haben die sächsischen NPD-Abgeordneten eine Schweigeminute für die Opfer des NS-Regimes verweigert?
Voigt: Wir haben uns nicht der Opferehrung verweigert, doch sahen wir keinen Grund, einseitig der Toten von Auschwitz zu gedenken.
DIE WELT: Auf dem Bundesparteitag im vergangenen Herbst haben Sie Neonazis mit krimineller Vergangenheit in den Vorstand aufgenommen. Warum?
Voigt: Zunächst wehre ich mich gegen den Diffamierungsbegriff Neonazi.
DIE WELT: Der neugewählte Thorsten Heise hätte nichts gegen diese Bezeichnung.
Voigt: Die NPD möchte eine deutsche Volksfront schaffen, und da gehören alle nationalen Gruppen und Strömungen dazu. Herr Heise ist in den letzten Jahren nicht mehr straffällig geworden. Sein NPD-Eintritt soll ein Signal an die freie Szene sein.
DIE WELT: Warum sollten sich "alle" Gruppen vereinen; sind Sie nicht an inhaltlicher Abgrenzung interessiert?
Voigt: Wenn Leute national sind, ist es unsere wichtigste Aufgabe, mit ihnen zu sprechen und zu schauen, ob man sie in die NPD integrieren kann. Wir sind kein Spielfeld für Uniform-Fetischisten, die in Braunhemden den historischen Nationalsozialismus wiederbeleben wollen. Das gehört bei Herrn Heise auch der Vergangenheit an.
DIE WELT: Glauben Sie, daß Heise sein Weltbild geändert hat?
Voigt: Es ist sicherlich ein nationales Weltbild. Ich denke, daß er nicht Hitlerist ist. Ich weiß nicht, ob er jemals einer war und kann das nicht unterstellen.
DIE WELT: Denken Sie das, oder sind Sie davon überzeugt?
Voigt: In einen Menschen kann man nicht hineinschauen, aber es gab Gespräche. Bei uns handelt es sich um junge, aktionistische Leute, die etwas verändern wollen und bereit sind, ein persönliches Risiko zu tragen. Wir holen sie von der Straße runter.
DIE WELT: Ihnen geht es um Resozialisierung?
Voigt: Nein, dieses Lager hat immer gedacht, über Wahlen gebe es nie Erfolge für nationales Gedankengut. Nun zeigt ihnen die NPD, daß es doch geht. Außerdem brauchen wir Leute, die nicht umknicken, wenn der Sturm wieder ansetzt.
DIE WELT: Was meinen Sie mit "Sturm"?
Voigt: Angriffe von linken Gewalttätern auf nationale Funktionsträger, das Abfackeln von Autos und Überfälle auf unsere Parteizentrale. Dafür braucht man Leute, die nicht weich werden.
DIE WELT: Wie viele Ihrer Mitglieder zählen zum harten Kern?
Voigt: Von den 5300 sind es vielleicht 2000.
DIE WELT: Ist die NPD eine Partei nur für Deutsche?
Voigt: Selbstverständlich. In unserer Satzung steht, daß nur Deutsche Mitglied bei uns werden können. Zum Beispiel haben wir einen Stützpunkt von Rentnern in Alicante, die NPD-Mitglieder sind. Oft fragen die, ob nicht auch Spanier eintreten können. Aber das vollziehen wir nicht.
DIE WELT: Und wenn ein Spanischstämmiger mit deutschem Paß in die NPD eintreten will?
Voigt: Noch kann er Antrag auf Mitgliedschaft stellen, das kann auch ein Dunkelhäutiger. Aber bisher hat sich noch keiner gefunden, der einen solchen Antrag stellt.
DIE WELT: Ein Dunkelhäutiger mit deutscher Staatsbürgerschaft ist für Sie ein Deutscher?
Voigt: Für mich ist er es nicht, weil wir uns am Abstammungsprinzip des Reichsstaatsbürgerschaftsrechts orientieren, das bis 2001 Geltung hatte. Wir wollen unsere Satzung dahingehend ändern, daß nur Mitglied bei uns werden kann, wer einen deutschen Vater hat.
DIE WELT: Eine deutsche Mutter reicht nicht?
Voigt: Da orientieren wir uns streng am Reichsstaatsbürgerschaftsgesetz, das bis 2001 für alle Bundesbürger gültig war. Eine Arisierung werden wir nicht durchführen.
DIE WELT: Laut NPD-Programm finden Sie es richtig, daß die Mutter Hausfrau ist.
Voigt: Das ist der Idealfall, aber das sollte letztendlich der Frau überlassen bleiben. Natürlich kann sie sich über Arbeit selbst verwirklichen. Aber in erster Linie hat sie die Aufgabe, für die Familie dazusein.
DIE WELT: Die ideale Rolle der Frau ist die der Mutter?
Voigt: Ja.
DIE WELT: Sie finden Adolf Hitler einen großen Staatsmann, wie Sie jüngst sagten.
Voigt: Nur ein großer Staatsmann kann große Verbrechen begehen. Weil es ein laufendes Ermittlungsverfahren gibt, werde ich auf Rat meiner Anwälte dieses Thema jedoch nicht weiter vertiefen.
DIE WELT: Die Öffentlichkeit sollte die von Ihnen gemachte Äußerung doch wohl so verstehen, daß Sie Hitler bewundern.
Voigt: Hitler hat natürlich Phantastisches geschafft, er hat die Arbeitslosigkeit innerhalb von wenigen Jahren beseitigt.
DIE WELT: Arbeitsplätze auf Pump, die mit dem Krieg finanziert werden sollten. Zur gleichen Zeit wurden die Eliten aus dem Land gedrängt.
Voigt: Das ist die andere Seite. Der historische Nationalsozialismus kann für uns kein Vorbild sein. Hitler haben wir die größte Niederlage Deutschlands zu verdanken. Ich habe aber kein Verständnis, daß im Sinne der Political Correctness von jedem Politiker in Deutschland erwartet wird, sich nur in eine bestimmte Richtung zu äußern.
DIE WELT: Wie will denn die NPD Arbeitsplätze schaffen?
Voigt: Indem wir ein Ausländerrückführungsgesetz erlassen. Wir werden ein Abwandern der deutschen Industrie nicht fördern und Billigimporte verbieten. Wir sind Globalisierungsgegner und stehen für eine raumorientierte Volkswirtschaft.
DIE WELT: Wie wollen Sie Deutschland für ausländische Investoren attraktiv gestalten? Voigt: In erster Linie sollten wir uns um die deutschen Investoren kümmern. Ausländer sollten keinen Grund und Boden erwerben dürfen.
DIE WELT: Unsere Wirtschaft ist stark exportorientiert. Wenn jedes Land jene Wirtschaftsordnung umsetzen würde, die Sie propagieren, und die Grenzen wieder dichtgemacht würden, hätten wir eine Massenarmut ganz neuer Qualität.
Voigt: Das ist eine Hypothese, das macht ja nicht jedes Land, wir fordern es erst einmal für Deutschland.
DIE WELT: Darf ein Holocaust-Leugner in der NPD bleiben?
Voigt: Die NPD macht zumindest keine Gewissenskontrolle.
DIE WELT: Es gibt also keinen Ausschlußgrund für NPD-Mitglieder, die den Holocaust leugnen?
Voigt: Dann hätten wir Günter Deckert ausschließen müssen.
DIE WELT: Warum wurde er nicht ausgeschlossen?
Voigt: Diese Frage wird mir jetzt zum ersten Mal gestellt, darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht.
DIE WELT: Sie sagen, die NPD schaue nicht zurück. Ihre Jugendorganisation aber feiert alljährlich Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß.
Voigt: Sie hat ein Recht, sich mit der eigenen Identität zu befassen und positive Beispiele aus der Geschichte wie Heß herauszusuchen. Er saß 40 Jahre lang unschuldig in Einzelhaft. Immerhin ist er nach England geflogen, um Frieden zu schaffen.
DIE WELT: Und was hat er davor so alles gemacht?
Voigt: Zumindest hat er nicht wie Globke an den Nürnberger Rassegesetzen mitgewirkt und hinterher im Kabinett von Adenauer gesessen.
DIE WELT: Die Rassegesetze tragen seine Unterschrift.
Voigt: So weit habe ich mich nicht mit der Person beschäftigt. Selbst, wenn das so gewesen ist: Im Weltkrieg, angesichts so vieler Toter, hat er sein Leben in den Dienst des Friedens gestellt und es auch riskiert. Das ist eine tolle Sache.
DIE WELT: Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung. Was stört Sie daran?
Voigt: Wir empfinden den 8. Mai nicht als Tag der Befreiung, sondern als Besetzung.
Mit NPD-Chef Udo Voigt sprachen Frank Käßner und Jan Rübel
Artikel erschienen am Sam, 12. Februar 2005
[Links nur für registrierte Nutzer]
Bitte füge stets den vollständigen Link hinzu. DG.