Die Wirtschaftskrise bringt Führungskräfte an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit - und darüber hinaus. Zweifel oder gar Furcht dürfen sie nicht zeigen und fressen sie in sich hinein. Die Folge: Massive psychische Störungen. Protokoll eines Zusammenbruchs.
Es ist der vierte November, ein Dienstag, es ist trüb, wie Novembertage nun einmal sind, und Frank Korte* schreit, wie er noch nie geschrien hat.
Auf der Intensivstation brauchen die Ärzte vier volle Stunden, um seinen Blutdruck auf 220 zu 130 runterzubringen.
Es beginnt alles ganz langsam. Vor dem Zusammenbruch arbeitet Korte, 42, sportlich und mit George-Clooney-Schläfen, als Regionalleiter im Marketing eines Pharmakonzerns, hat sein eigenes Team, verdient gut.
Irgendwo auf dieser Jagd nach dem nächsten Erfolg fängt Kortes Leben an zu erodieren. Pausen, Privatleben, Ruhe - das ist alles nicht mehr drin. Er funktioniert, aber er lebt nicht mehr.
Bei einem Geschäftsessen fällt er vom Stuhl, wird das erste Mal ins Krankenhaus eingeliefert.
Erst auf der Mainzer Intensivstation kommt die Einsicht. In den zwei Wochen, die er dort am Tropf hängt, wird Korte klar, dass er sterben kann, wenn er so weitermacht.
Und so kommen sie am Ende nach Wendisch Rietz: ausgebrannt, tabletten- oder alkoholsüchtig und mit Ängsten, die so groß sind und so unterdrückt, dass die Managerwracks taube Arme oder Beine bekommen, weil sie ihren Gefühlen kein anderes Ventil lassen. Das muss mühsam geschaffen werden - in zahllosen Therapiesitzungen. Hintereinanderweg. Bis zu acht Stunden am Tag.
Korte wird entlassen; weil die Krankenkasse nicht alle Kosten übernimmt, hat ihn die Therapie die Summe "eines Daimler" gekostet. Es war, wie er sagt, die beste Investition seines Lebens, aber geheilt ist er noch nicht.
Er ist zusammengebrochen, hat Schwäche gezeigt. Die Wahrheit würde ihn vollends stigmatisieren.
- wenn schon seine Familie nicht versteht, was mit ihm passiert ist, wie soll es da sein Arbeitgeber? Seine Mutter hat sich zurückgezogen, sie begreift nicht, was mit ihrem Sohn los ist. Auch seine Brüder sind verunsichert - es ist das alte Vorurteil, dass "irre" sei, krank im Kopf, wer sich einer Psychotherapie unterzieht.
Glücklich hat ihn die Therapie nicht gemacht. "Ich weiß nur, dass ich es eines Tages sein werde", ist er sicher.
Aufs Happy End aber wartet er noch.